OGH 12Os106/98

OGH12Os106/981.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 11. September 1997, GZ 13 Vr 311/96-34, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten Franz H***** und des Verteidigers Mag. Deutschmann zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB zu Punkt a/II/b, demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffen- den Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Franz H***** wurde (a/I) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB und (a/II) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Gunskirchen

"I) als Inhaber und Betreiber der nicht protokollierten Einzelfirma Franz H***** (Tischlereibetrieb) und Schuldner mehrerer Gläubiger in der Zeit von 1993 bis spätestens 30.6.1995 seine Zahlungsunfähigkeit durch unverhältnismäßige Kreditbenutzung und Kalkulationsfehler herbeigeführt,

II) in der Zeit vom September bis Mitte Dezember 1995 als Schuldner mehrerer Gläubiger

a/ dadurch, daß er trotz eines bestehenden Generalzessionsvertrages mit der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich in mehreren Fällen Kundenzahlungen in der Höhe von zumindest 878.579 S bar kassierte und in der Folge bei Casinobesuchen in Tschechien, Slowenien und Deutschland verspielte, sein Vermögen wirklich verringert,

b/ Bestandteile seines Vermögens verheimlicht, indem er sowohl seinen Gläubigern als auch dem Masseverwalter gegenüber seine Geschäftsanteile bzw Aktien an der Woody Development Inc. mit Sitz in Texas sowie das ihm zustehende Drittel an Zahlungen der Woody Development Inc. in Höhe von US-Dollar 7.000 am 12.09.1995 und in der Höhe von US-Dollar 2.000 nach Konkurseröffnung verschwieg,

und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt bzw geschmälert, wobei er durch die Tat einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt hat".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Sofern der Beschwerdeführer zum Schuldspruch a/I (Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StPO) rügt (Z 4), daß seine Anträge auf Einvernahme der Zeugen Othmar und Herta K***** sowie auf Einsichtnahme in die Buchhaltung abgewiesen wurden, vermag er damit eine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte nicht aufzuzeigen:

Denn die beantragte Vernehmung des Ehepaares K***** zum (nur aus der Sicht des erwarteten Gewinnes entscheidungsrelevant aussagekräftigen) Volumen des erst in Anbahnung gewesenen Geschäftes läßt die gebotene (hier nicht von selbst einsichtige) Konkretisierung der antragsspezifischen Eignung der Beweisquelle, die in diesem Fall zum Tragen kommende Kalkulation des Beschwerdeführers offenzulegen und damit jenes Mindestmaß an sachbezogener Schlüssigkeit vermissen, von der die prozessuale Antragstauglichkeit unabdingbar abhing (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 19 c ff).

Der Antrag auf Einsichtnahme in die Buchhaltung zum Beweis dafür, daß insbesondere im November und Dezember 1995 Zahlungen nur von der Auffanggesellschaft, nicht aber vom Angeklagten geleistet wurden (297), betrifft hingegen ausschließlich den Anklagevorwurf des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB, von dem der Beschwerdeführer rechtskräftig freigesprochen wurde (b/ des Urteilssatzes).

Da somit beide Beweisanträge bereits vom Ansatz her verfehlt sind, kann es sanktionslos auf sich beruhen, daß ihre Abweisung weder anläßlich der Verkündung der Zwischenerkenntnisse in der Hauptverhandlung noch im Urteil begründet wurde.

Auch die zum Schuldspruch a/I erhobene Mängelrüge geht ins Leere. Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt undeutlicher Urteilsbegründung "den Grad an Gewißheit" tatrichterlicher

Konstatierungen durch Formulierungen wie etwa "... erscheint die Verantwortung des Angeklagten ... als reine Schutzbehauptung" oder

"die Aussage des Zeugen ..." erscheint durchaus nachvollziehbar" als "nicht eindeutig" kritisiert, ist ihm zu entgegnen, daß "erscheinen" im hier gegebenen Sachzusammenhang - jegliche sprachliche Unschärfen ausschließend - "sichtbar, wahrnehm- bar werden, sich zeigen, sich in bestimmter Weise darstellen" bedeutet (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 2, S 970).

Die weitere Beschwerdeargumentation, das Urteil sei unzureichend begründet, weil die Bezeichnung der Verantwortung des Angeklagten zum Schuldspruchfaktum a/I als Schutzbehauptung "eine reine Scheinbegründung dar- stelle", entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie die dazu getroffenen Annahmen des Erstgerichtes zur wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens des Beschwerdeführers (US 5 f), deren resümierenden Abschluß die gerügte Urteilspassage bildet, mit Stillschweigen übergeht.

Die Behauptung schließlich, das Erstgericht stütze seine Feststellung, wonach zwischen dem Angeklagten und der Firma K***** kein rechtsgültiger Vertrag zustandekam, aktenwidrig auf die Angaben der Zeugin Annemarie F*****, weil diese (lediglich) aussagte, sie wisse nichts von einem fixen Vertrag, ist ihrerseits nicht aktenkonform. Denn diese Zeugin gab im Anschluß an das von der Beschwerde zitierte Aussagezitat zur Frage des aus dem in Rede stehenden (bloß) in Aussicht genommenen Auftrag allenfalls erzielbaren Gewinnes präzisierend zu Protokoll: "das kann man gar nicht sagen, es war ja noch nicht fix abgeschlossen" (258).

Berechtigt hingegen ist die zum Schuldspruchteilfaktum a/II/b erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), soweit sie sich gegen die Tauglichkeit der (hier) verheimlichten, schon durch die Verwendung des Wortes "bzw" sowie mangels näherer Substantiierung jedweder rechtlicher Zuordnung entzogenen "Gesellschaftsanteile bzw Aktien an der Woody Development Inc. mit Sitz in Texas" als Tatobjekte im Sinn des § 156 StGB richtet. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer zu den problematisierten objektiven Tatbestandserfordernissen darauf, daß das von der Bankrotthandlung des Täters erfaßte Vermögen dem Zugriff seiner inländischen Gläubiger zugänglich sein muß, Feststellungen dazu hingegen nicht getroffen wurden.

Aus den Urteilsannahmen "Aufgrund der Aktienzertifikate von US$ 15.000,-- ergibt sich, daß der Angeklagte, Gertraud H***** und Karin S***** zu je einem Drittel die Aktien an der Gesellschaft halten. Die Bilanz zum 31.07.1996 wies ein offenes Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 121.952,-- auf. Von diesem Gesellschafterdarlehen wurden am 12.09.1995 an den Angeklagten Zahlungen in Höhe von US$ 7.000,-- und nach Konkurseröffnung US$ 2.000,-- überwiesen. Diese Geldbeträge wurden mit einem Scheck auf die Oberbank in Wels überwiesen und vom Angeklagten behoben. Familienintern waren diese Geldbeträge als Absicherung für eine Tochter des Angeklagten gedacht. Die eingenommenen Geldbeträge wurden jedoch vom Angeklagten und seiner Frau verbraucht" (US 8), kann ferner - beschwerdekonform - nicht abgeleitet werden, daß es sich bei den in Rede stehenden Geldbeträgen um Bestandteile des Vermögens des Angeklagten handelte.

Diese Feststellungsmängel machen die Aufhebung des Schuldspruchs zum Urteilsfaktum a/II/b, als Folge davon auch des Strafausspruchs und die Verfahrenserneuerung im aufgezeigten Umfang unumgänglich.

Im zweiten Rechtsgang wird somit zunächst die Rechtsform sowohl des in Rede stehenden, in Texas gegründeten Unternehmens als auch der Beteiligung des Angeklagten daran, des weiteren die Zugriffsmöglichkeit inländischer Gläubiger (nicht auf das Vermögen der Woody Development Inc., wie die Beschwerde rechtsirrig vermeint, sondern) auf dessen gegebenenfalls daraus resultierende Vermögensrechte - allenfalls auf Grund zwischenstaatlicher Verträge - sowie weiters zu klären sein, ob die vom Beschwerdeführer behobenen in Rede stehenden Geldbeträge seinem Vermögen zuzurechnen sind.

Irrelevant hingegen ist - der Beschwerde zuwider - "welcher Betrag vom Angeklagten verbraucht wurde", weil (hier) nur die Verringerung des Befriedigungsfonds der Gläubiger nicht aber die dazu tatplangemäßen Modalitäten entscheidungswesentlich sind.

Die zum Schuldspruchfaktum a/II/a (subsidiär) eine Tatbeurteilung als Veruntreuung nach "§ 133 StGB" anstrebende Subsumtionsrüge ist gleichfalls nicht berechtigt. Anvertraut im Sinn des § 133 StGB ist ein Gut, wenn der alleinige Gewahrsam daran auf Grund eines vertragsmäßigen oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses, also im Einvernehmen mit dem Berechtigten erlangt wird (Leukauf/Steininger Komm3 § 133 RN 3, SSt 56/17). Da der zwischen dem Angeklagten und der A***** abgeschlossene (vom Angeklagten in weiterer Folge durch Barinkassi gebrochene) verdeckte Generalzessionsvertrag schon diese für die Annahme einer Veruntreuung unabdingbare objektive Tatbestandsprämisse fallbezogen ausschließt, kann das weitere auf die gegenteilige Annahme gestützte Beschwerdevorbringen auf sich beruhen.

Damit erübrigt sich aber eine Erwiderung auf den im Hinblick auf die vom Erstgericht unterlassene Bewertung der Anteile des Angeklagten an der Woody Development Inc. die Annahme der Qualifikation des § 156 Abs 2 StGB problematisierenden Beschwerdeeinwand, weil die bezügliche Wertgrenze schon mit dem zum Teilfaktum a/II/a angenom- menen Schadensbetrag überschritten wird.

Verfehlt sind letztlich auch die Beschwerdeausführungen, die die Beurteilung des in Rede stehenden Betrages von 878.579 S im Hinblick auf die bereits erwähnte (stille) Globalzession und des übrigen vom Schuldspruch a/II erfaßten Vermögens unter Hinweis auf die Bestimmung des § 3 KO als Schuldnervermögen im Sinn des § 156 StGB kritisieren. Denn zum einen führte der Angeklagte, wenngleich unter damit einhergehender Verletzung des abgeschlossenen Generalzessionsvertrages durch Eigeninkassi bei den übernommenen Schuldnern, den Wert der zunächst der A***** übertragenen Forderungen seinem Vermögen zu, zum andern ist die Konkursmasse nicht selbständiger Rechtsträger sondern Vermögen des Gemeinschuldners, das durch die Konkurseröffnung nur seiner Verfügung entzogen ist (Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung8 § 1 KO E 1).

Von der behaupteten "Fremdheit" der vom Schuldspruch a/II erfaßten Vermögensbestandteile kann somit keine Rede sein.

Im nicht berechtigten Umfang war die Nichtig- keitsbeschwerde daher zu verwerfen und insgesamt spruch- gemäß zu entscheiden.

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