OGH 2Ob236/98i

OGH2Ob236/98i10.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr.Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Maria S*****, vertreten durch Dr. Reinhold Glaser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 55.645,-- sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Mai 1998, GZ 53 R 437/97i-12, womit das Teilzwischenurteil des Bezirksgerichtes Gastein vom 20. Oktober 1997, GZ 1 C 210/97a-4, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Zahlung von S 55.645,-- sA als Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, an dem eine bei ihr sozialversicherte Radfahrerin und die Beklagte als Fußgängerin beteiligt waren, und behauptete ein 50 %iges Mitverschulden der Beklagten. Weiters erhob sie ein entsprechendes, den Ersatz künftiger Pflichtleistungen betreffendes Feststellungsbegehren.

Das Erstgericht sprach mit (Teil-)Zwischenurteil aus, daß das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehe. Es hielt eine Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Lasten der Radfahrerin für angemessen.

Das Berufungsgericht ging von einer Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten der Radfahrerin aus, gab daher der Berufung der Beklagten nicht, der Berufung der Klägerin hingegen teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß das Zahlungsbegehren dem Grunde nach als zu zwei Dritteln, dh in Ansehung des Gesamtschadens somit zu einem Drittel, als zu Recht bestehend erkannt wurde. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision unzulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu klären gewesen sei und im übrigen die Bedeutung der Rechtssache nicht über den Einzelfall hinausreiche.

Auf Antrag der beklagten Partei änderte es diesen Ausspruch gemäß § 508 Abs 3 ZPO dahin ab, daß die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil keine Entscheidung des Höchstgerichts zu einer genau gleichgelagerten Sachverhaltskonstellation vorliege; insbesondere fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Schadensteilung zwischen einem Fußgänger, der einen gemäß § 52 lit b Z 16 StVO gekennzeichneten Radweg benutzt, und einem Radfahrer, der gegen den Fußgänger fährt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Beklagten ist unzulässig.

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Daß ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt wurde, bedeutet keineswegs schon, daß eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen erheblichen Bedeutung vorliegt, weil andernfalls die ordentliche Revision im Zulassungsbereich nahezu immer zulässig wäre. Insbesondere ist bei einer bloßen Ermessensentscheidung, wie jener über die Teilung oder die Schwere des Verschuldens im allgemeinen - von einer krassen Verkennung der Rechtslage abgesehen - eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen (RIS-Justiz RS0087606; Kodek in Rechberger § 502 ZPO Rz 3 mwN). Aus der vom Berufungsgericht in seinem gemäß § 508 Abs 3 ZPO gefaßten Beschluß gegebenen Begründung läßt sich die Erheblichkeit der zu lösenden Rechtsfragen demnach nicht ableiten.

Aber auch in der Revision wird keine solche Rechtsfrage aufgezeigt. Daß ein Radweg gemäß § 2 Abs 1 Z 8 StVO für den Fahrrad- und nicht für den Fußgängerverkehr bestimmt ist, wird von der Rechtsmittelwerberin ohnehin nicht in Zweifel gezogen. Wenn das Berufungsgericht ihre Verschuldensquote unter den festgestellten Umständen des Einzelfalls mit einem Drittel bemessen hat, so liegt darin keine auffallende, zu ihren Lasten vorgenommene Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmen hätte. Auch wenn andere Fußgänger ebenfalls den Radweg benutzt haben, war es jedenfalls vertretbar, das Verschulden der Beklagten gegenüber jenem der Radfahrerin nicht zu vernachlässigen.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht bedarf, war die Revision der Beklagten - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (vgl 2 Ob 217/98w) abgeänderten Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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