OGH 10ObS160/98x

OGH10ObS160/98x1.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinrich Basalka und Mag. Dr. Walter Zeiler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Josef K*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Jänner 1998, GZ 7 Rs 262/97x-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juli 1997, GZ 31 Cgs 86/95v-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Begründung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, so daß es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Strittig ist in der Revision nur mehr die Anerkennung von Ersatzzeiten des Klägers im Zeitraum März 1949 bis April 1959, in dem er mit Unterbrechungen für verschiedene Unternehmen als Handelsreisender, technischer Mitarbeiter, Kundenberater und Verkäufer tätig war. Nachdem feststeht, daß der Kläger in diesem Zeitraum nicht zur Pflichtversicherung gemeldet war, macht er geltend, daß er - ohne Gewerbeberechtigung, über die er erst ab 27. 4. 1959 verfügte - selbständig tätig gewesen sei. Die vom Kläger ursprünglich geforderte Anrechnung von Ersatzzeiten gemäß § 2 Abs 1 Z 1, § 6 Abs 3 Z 1, § 116 Abs 1 Z 1 GSVG iVm § 3 Abs 2 HKG scheitert daran, wie schon die Vorinstanzen richtig begründeten, daß der Kläger mangels Gewerbeberechtigung nicht zum selbständigen Betrieb insbesondere des Gewerbes des Handelsagenten (Handelsvertreters) berechtigt und demnach nicht Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft war und daher auch keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG begründet war bzw bei einem früheren Wirksamkeitsbeginn des GSVG (das heißt vor dem 1. 1. 1958) begründet gewesen wäre (Pauger, Gewerberecht (1993), 44; SSV-NF 2/124, 4/70; SVSlg 12.986, 38.856). Die tatsächliche Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ohne Berechtigung hiezu begründet nicht die Mitgliedschaft bei einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft und in der Folge auch nicht die Versicherungspflicht nach dem GSVG (SVSlg 9887, 9928, 26.610, 33.637, 36.035).

Soweit der Revisionswerber meint, durch eine vom Magistrat Wien ausgestellte amtliche Vertreterlegitimation zur Tätigkeit des Handelsreisenden berechtigt gewesen zu sein, und daraus abzuleiten versucht, es hätte "zwei Arten von Selbständigen" gegeben, die "damals völlig gleichberechtigt nebeneinander bestanden" hätten, kann ihm nicht gefolgt werden. Entgegen seiner Auffassung gab es keine "zwei Arten von Selbständigen" je nachdem, ob sie über einen Gewerbeschein oder eine amtliche Legitimation verfügten. Nach der damals geltenden GewO 1859 war das Gewerbe des Handelsagenten - je nach Gegenstand der Vermittlung - ein freies, gebundenes oder konzessioniertes Gewerbe. Je nach dem konnte erst die Anmeldung (neben der Erfüllung sonstiger Voraussetzungen) bzw die Erteilung einer Konzession die Gewerbeberechtigung begründen (Branberger/Knauer, Das österreichische Gewerberecht2 1955), 37, 59, 72 ff). Zur Legitimation wurde dem Gewerbeberechtigten ein Gewerbeschein ausgestellt; dieser bildete für den Gewerbetreibenden den entsprechenden Ausweis (Branberger/Knauer aaO 62, 123). Die vom Erstgericht festgestellte Legitimationskarte, über die der Kläger verfügte, war kein Ausweis eines selbständigen Gewerbetreibenden, sondern vielmehr der Ausweis eines unselbständigen (angestellten) Handlungsreisenden (§§ 59, 59 b GewO 1859; VO des Handelsministeriums vom 27. 12. 1902 RGBl Nr 242; Branberger/Knauer aaO 123; Mache, GewO4 (1968), 547 ff). Es gab somit nicht "zwei Arten von Selbständigen" in dem dem Revisionswerber vorschwebenden Sinn. Seine Ansicht, es würde rückwirkend für die Pension eine Gewerbeberechtigung verlangt, die bei der Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht benötigt worden wäre, ist demnach unbegründet. Der darauf aufbauende Vorwurf des Revisionswerbers, durch § 116 Abs 1 Z 1 GSVG würde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, geht daher ins Leere (vgl SVSlg 9886).

Für den Standpunkt des Revisionswerbers ist auch nichts aus der Einführung einer weiteren Gruppe von Pflichtversicherten im § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ab 1. 1. 1998 durch das ASRÄG 1997 (BGBl 1997 Nr 139) gewonnen. Richtig ist zwar, daß es bei diesem Personenkreis nicht auf die Mitgliedschaft zu einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft ankommt; die sogenannten "Ausübungsersatzzeiten" gemäß § 116 GSVG werden jedoch bei dem neu einbezogenen Personenkreis nicht berücksichtigt (§ 273 Abs 8 und 9 GSVG; RV 886 BlgNR 20.GP, 107 und 111).

Der Revision war daher aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Ausreichende Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor.

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