OGH 15Os124/98

OGH15Os124/9827.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Riesenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kolarz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Albert M***** wegen des teils als unmittelbarer Täter, teils als Bestimmungstäter begangenen Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 11 zweiter Fall FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. April 1998, GZ 12 d Vr 8359/97-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Albert M***** wurde - weitgehend anklagekonform - des teils als unmittelbarer Täter, teils als Bestimmungstäter begangenen Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 11 zweiter Fall FinStrG schuldig erkannt und hiefür zu einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er in Wien fortgesetzt vorsätzlich durch Aufnahme fingierter Rechnungen in das Rechenwerk einerseits von Anfang 1991 bis Mai 1992 als de iure-Geschäftsführer der Albert M***** GesmbH, somit als unmittelbarer Täter, Abgabenverkürzungen bewirkt, andererseits von Mai 1992 bis Mai 1995 als Prokurist der genannten Kapitalgesellschaft den de iure-Geschäftsführer, Robert P*****, dazu bestimmt, Abgabenverkürzungen zu bewirken, und zwar

1. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe wahrheitswidriger Jahreserklärungen eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, nämlich (hier zusammengefaßt) für die Veranlagungsjahre 1991, 1992 und 1993 insgesamt um 215.261 S an Umsatzsteuer, 361.308 S an Körperschaftssteuer und 171.054 S an Gewerbesteuer, sowie

2. durch Unterlassung der Einbehaltung und Abfuhr eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer (hier zusammengefaßt) für die Jahre 1991, 1992 und 1993 um insgesamt 536.201 S.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, den Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

In der undifferenziert auf Z 5 und Z 5a gestützten Mängel- und Tatsachenrüge (unter Hinweis darauf teilweise auch in der Rechtsrüge) kritisiert der Beschwerdeführer die erstgerichtlichen Feststellungen (US 4 zweiter Absatz iVm US 5 oben), wonach er "während des gesamten Zeitraumes" faktischer Geschäftsführer des Unternehmens und auch für die Fatierungen gegenüber der Finanzbehörde zuständig war, während der ab 13.Mai 1992 eingetragene Geschäftsführer Mag.Robert P***** lediglich als Treuhandgesellschafter des Angeklagten ohne Kontozeichnungsbefugnis fungierte, als unvollständig und aktenwidrig, weil nicht beachtet worden sei, daß Mag. P***** ausgesagt habe, gegen Jahresende 1993 und Anfang 1994 sei die Situation sehr trist gewesen und er habe sich seit Jänner 1994 intensivst um das Rechnungswesen bzw die Buchhaltung gekümmert. Die Beschwerde leitet daraus ab, daß den Angeklagten für die am 10.Mai 1994 und am 11.Mai 1995 eingebrachten Abgabenerklärungen für die Jahre 1992 und 1993 keine Verantwortung treffe und demnach der (verbleibende) strafbestimmende Wertbetrag (betreffend das Jahr 1991) unter der Grenze für die gerichtliche Zuständigkeit liege (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG).

Die Nichtigkeitsbeschwerde zielt nach dem Gesagten darauf ab, einen Freispruch mangels Zuständigkeit des Gerichtes gemäß § 214 FinStrG zu erwirken; der Rechtsmittelantrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Strafsache zu neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen, ist demnach nicht folgerichtig.

Soweit der Beschwerdeführer mit der Nichtigkeitsbeschwerde eine am 9. Juni 1998 - somit nach dem erstgerichtlichen Urteil - ausgestellte Bestätigung der BAWAG (über seine Zeichnungsberechtigung bis 27. Jänner 1994) und eine Vereinbarung vom 12.Jänner 1996 vorlegt, verkennt er, daß im Nichtigkeitsverfahren Neuerungsverbot herrscht und demnach auch eine Beweisaufnahme durch den Obersten Gerichtshof ausgeschlossen ist (Mayerhofer StPO4 E 15 a, 16, 18, 19, 21, 22). Auf diese Urkunde ist - abgesehen davon, daß sie keine den Angeklagten günstigere Entscheidung bewirken könnte - nicht einzugehen.

Indem der Angeklagte die behauptete Alleinverantwortlichkeit des Mag. P***** bereits auf das "Jahresende 1993" vorverlegt, geht er mit seiner Argumentation nicht vom Inhalt der Aussage dieses Zeugen aus, der lediglich den Eintritt der tristen wirtschaftlichen Situation "gegen Jahresende 1993 und Anfang 1994" bezeichnete, nicht aber das Einsetzen seiner Prüfung des (laufenden) Buchhaltungs- und Rechnungswesens, das er mit Jänner 1994 terminisierte.

Der Nichtigkeitswerber übergeht des weiteren, daß der genannte Zeuge nach dem Inhalt der Selbstanzeige vom 12.September 1995 in die hier maßgeblichen Bücher für die Jahre 1991 bis 1993 erst unmittelbar vor der (am 29.August 1995 angekündigten - Blatt 4 des Arbeitsbogens) Betriebsprüfung Einsicht nahm und die Abgabenerklärungen für die Jahre 1992 und 1993 gar nicht vom Zeugen Mag. P***** verfaßt und unterzeichnet sind, sondern allein von der damals bevollmächtigten Steuerberaterin Dr. Ulrike B*****, welche die Jahresabschlüsse nach den ihr vorgelegten Unterlagen verfaßte, die vom Angeklagten erstellt worden waren und nach dem Gesagten zum Zeitpunkt der Abgabenerklärungen von Mag. P***** noch keiner Kontrolle unterzogen worden waren (Jahresabschnitte 1992 und 1993 des Veranlagungsaktes).

Nur unter Vernachlässigung dieser aus den Akten ersichtlichen Beweisgrundlagen gelangte der Beschwerdeführer zu seiner unzutreffenden Behauptung eines formalen Begründungsmangels und erheblicher Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen. Daß allerdings für die Abgabenjahre 1992 und 1993 nicht eine Bestimmung des Mag. P***** vorlag, sondern in Wahrheit eine Bestimmung der ersichtlich als voratzloses Werkzeug handelnden Steuerberaterin Dr. B*****, ist angesichts des in beiden Fällen gleichen rechtlichen Ergebnisses kein entscheidungswesentlicher Umstand.

Desgleichen tut es nichts zur Sache, daß das Verhalten des Beschwerdeführers nach der Sachverhaltsgrundlage rechtsrichtig als "Beitragstäterschaft" zu beurteilen gewesen wäre, weil gemäß der durch § 11 FinStrG institutionalisierten Einheitstäterschaft die drei Täterschaftsformen rechtlich gleichrangig sind (Dorazil/Harbich FinStrG § 11 Anm 1 f sowie E 2 a, 2 b, 12, 21, 23, 24; § 33 E 3 a).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt zur Gänze einer gesetzmäßigen Darstellung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Dafür wäre nämlich nicht nur ein striktes Festhalten am objektiven und subjektiven Tatsachensubstrat und dessen Vergleichung mit dem darauf angewendeten Gesetz erforderlich, sondern auch der Nachweis auf dessen Basis, daß dem Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes an sich oder zufolge eines Festsstellungsmangels ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Verschweigen oder bestreiten die Ausführungen einen festgestellen Umstand oder erweitern sie die Tatsachengrundlage, kritisieren sie - wie vorliegend - nur erneut mit schon bekannten, teils unsubstantierten, teils unwesentlichen Argumenten die zum Nachteil des Angeklagten ausgefallene tatrichterliche Lösung der Schuldfrage und sind daher unbeachtlich (Mayerhofer aaO § 281 E 26 f, 30; § 281 Z 9 E 5).

Dies trifft auf das gesamte Beschwerdevorbringen zu, weil darin durchwegs bloß aufgrund eigener beweiswürdigender Überlegungen für den Angeklagten günstigere, indes urteilskonträre Feststellungen gefordert (verbis: "..... hätte festgestellt werden müssen") und "gewünscht" werden.

Aus den dargelegten Gründen war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der unsubstantiierten Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO des Rechtsmittelwerbers - die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO iVm § 285a Z 2 schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß über die zudem erhobene Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

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