OGH 8ObA199/98t

OGH8ObA199/98t24.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Walter Darmstädter in der Arbeitsrechtssache der klagenden (und widerbeklagten) Partei P*****- - GmbH, ***** vertreten durch Dr. Erwin Bajc und Dr. Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte (und widerklagende) Partei Ing. Kurt T*****, vertreten durch Dr. Werner Anzenberger, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 212.906,79 sA und restliche S 12.112,27 sA (Revisionsinteresse S 225.019,06 sA), infolge Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 1997, GZ 7 Ra 230/97s-27, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Jänner 1997, GZ 22 Cga 169/95b-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende (und widerbeklagte) Partei ist schuldig, dem Beklagten (und Widerkläger) die mit S 11.430,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.905,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte (und Widerkläger) war von 1990 bis zu seiner Entlassung am 22. September 1995 als technischer Angestellter bei der klagenden (und widerbeklagten) Partei beschäftigt. Die klagende Partei bot ein - vom Beklagten als Angestelltem der Klägerin ausgearbeitetes - Werk (Herstellung und Lieferung von Rohrleitungen für einen Tunnelofen der V***** AG) an, wobei der Beklagte, dem die Gestattung für eine selbständige, die klagende Partei aber nicht konkurrenzierende Tätigkeit erteilt worden war, sodann den Zuschlag für ein das Anbot der klagenden Partei unterbietendes Konkurrenzanbot erhielt. Mit der am 24. 10. 1995 eingebrachten Klage erklärte die klagende Partei wegen Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot ihren Eintritt gemäß § 7 Abs 2 AngG und begehrte - neben einer einstweiligen Verfügung - die Abtretung seiner Ansprüche gegen den Besteller an sie bis zu einem Betrag S 360.000,--.

Die Begründung der Berufungsentscheidung, die klagende Partei habe mit ihrer Klage bindend das Eintrittsrecht gewählt und könne daher nicht später (in der Tagsatzung vom 8. 2. 1996) ihr Begehren auf "Schadenersatz, hilfsweise Eintritt" umstellen, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist zu entgegnen:

Rechtliche Beurteilung

1.) Die Lehre stimmt überein, daß im Falle des Verstoßes eines Angestellten gegen das Konkurrenzverbot nach § 7 AngG (Martinek ua, AngG7, Erl 10 zu § 7, 207: Durch die gerichtliche Geltendmachung des Schadenersatzanspruches oder den Eintritt in das Handelsgeschäft hat der Arbeitgeber von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und bleibt hierauf beschränkt) ebenso wie in allen vergleichbaren Sanktionen für den Fall des Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot - etwa im Gesellschaftsrecht - die einmal durch die Mitteilung des Beschlusses bzw die Einbringung der Klage erfolgte Ausübung des Wahlrechtes bindend (unwiderruflich) ist (Gellis, Komm z GmbHG3, § 24 Rz 6: Die getroffene Entscheidung ist bindend; Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG §§ 77 bis 84 Rz 79: Die Wahl ist ein einseitiges Gestaltungsrecht der Gesellschaft...... Das Wahlrecht wird spätestens mit der Klagseinbringung ausgeübt. Ist die Wahl getroffen, ist sie nicht mehr widerruflich; Torggler/Kucsko in Straube HGB2 I § 113 Rz 14: Mit der Mitteilung der Entscheidung [ergänze über den Beschluß, ob und welche Ansprüche geltend gemacht werden] an den Gesellschafter ist das Wahlrecht erloschen). Mit anderen Worten: das Wahlrecht ist durch die einmal ausgeübte Wahl - sei es durch Mitteilung an den Verpflichteten, sei es durch Einbringung der Klage - endgültig erloschen. Das entspricht der allgemeinen Regelung über die Einmaligkeit (Schwimann/Binder, ABGB2 § 906 Rz 15) der Ausübung des Wahlrechtes durch den Gläubiger. Von der einmal getroffenen und dem Vertragspartner mitgeteilten Wahl kann nicht mehr einseitig abgegangen werden, weil dieser sonst in unzumutbarer Ungewißheit gehalten würde. Auch die Zurückziehung der zugestellten, die Wahl enthaltenden Klage kann die geschehene materiellrechtliche Gestaltung nicht mehr beseitigen (Reischauer in Rummel ABGB2 I § 906 Rz 4). Abgesehen von der materiell-rechtlichen Gestaltungswirkung, die auch nicht durch eine Zurücknahme der Klage beseitigt werden kann, könnte nach Ablauf der Frist des § 7 Abs 3 AngG aus materiell-rechtlichen Gründen auch eine Klagsänderung nicht mehr erfolgen. Zwischen der Klagseinbringung am 24. 10. 1995 und der "Klagsänderung" am 8. 2. 1996 war die Dreimonatsfrist des § 7 Abs 3 AngG ab der spätestens mit der Klagseinbringung jedenfalls anzunehmenden Kenntnis vom Abschluß des Geschäftes für die Geltendmachung eines neuen Anspruches verstrichen. Nur innerhalb einer kurzen Klagefrist - unabhängig von einer zulässigen Klagsänderung gemäß § 235 ZPO - könnte eine Ergänzung oder Änderung des Klagsvorbringens erfolgen (vgl zur Frist des § 105 Abs 4 ArbVG: SZ 69/256 = DRdA 1997/39, 323 [M.Ritzberger-Moser]).

2.) Die Wirksamkeit der Anordnung von Überstunden auch dann, wenn laut Kollektivvertrag nur die "ausdrücklich" angeordneten Überstunden zu leisten und zu bezahlen sind, durch schlüssiges Verhalten des Arbeitgebers (Zuweisung eines Arbeitspensums, das sich nach den dem Arbeitgeber bekannten Umständen nicht in der Normalarbeitszeit bewältigen läßt) ist durch die Rechtsprechung gesichert (Arb 10.219 = SZ 56/27).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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