OGH 6Ob195/98i

OGH6Ob195/98i16.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Dr.Manfred E*****, infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse des Betroffenen sowie des für das Verfahren bestellten einstweiligen Sachwalters, Dr.Franz Insam, Rechtsanwalt, Roseggerkai 3/6/11, 8010 Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 25.Mai 1998, GZ 2 R 200/98s-23, womit infolge Rekurses des Betroffenen der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25.März 1998, GZ 21 P 186/97d-15, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Das Sachwalterverfahren wird eingestellt.

Text

Begründung

Der Betroffene ist Rechtsanwalt und übt seinen Beruf in Graz aus. Gegen ihn waren in der Vergangenheit zahlreiche Disziplinarverfahren anhängig. Der Betroffene stand und steht mit der für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer des Landes Steiermark in einem Dauerkonflikt, der seinen Ursprung in der Rechtsmeinung des Betroffenen hat, die Zwangsmitgliedschaft bei der Kammer und die damit verbundenen finanziellen Belastungen seien unzulässig. Er steht auf dem Standpunkt, daß die Mitgliedsbeiträge verschwendet und ihre Verwendung nicht ordnungsgemäß offengelegt und verrechnet werden. Der Betroffene führte einen Rechtsstreit über die Rückzahlung von Beiträgen. Einen Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer focht der Betroffene bis zum Verwaltungsgerichtshof an. Er brachte weiters gegen den Unterstützungsverein der Steiermärkischen Rechtsanwälte zu 2 C 1333/97v des Bezirksgerichtes für ZRS Graz eine Klage auf Zurückzahlung von Werbebeiträgen in der Höhe von 9.200 S mit der Begründung ein, er sei nicht Mitglied dieses Vereins (an diesen Verein bezahlte Werbebeiträge führen nach der Beitragsordnung dazu, daß sich die an die Rechtsanwaltskammer zu leistenden Werbebeiträge entsprechend reduzieren). In einem vorbereitenden Schriftsatz warf der Betroffene (Kläger) im anhängigen Verfahren der Rechtsanwaltskammer vor, daß sie einen im Vergleich zur Rechtsanwaltskammer Vorarlberg um das Vierfache höheren Kammerbeitrag einhebe und die Werbebeiträge in Millionenhöhe ohne Kontrolle nicht nachvollziehbar verwende (2 C 1333/97v-4). In der Tagsatzung vom 23.10.1997 wurde die seinerzeitige erfolglose Prozeßführung des Klägers gegen die Rechtsanwaltskammer erörtert. Der Kläger wiederholte seinen Vorwurf überhöhter Kammerbeiträge und behauptete ein aus Kammerbeiträgen erzieltes Vermögen der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer von 52 Mio S. Der beklagte Verein äußerte sich dahin, daß der Kläger "aufgrund seines heutigen Vorbringens zu erkennen gegeben" habe, "daß er nicht prozeßfähig ist" und stellte den Antrag, "gemäß § 6a ZPO vorzugehen" (2 C 1333/97v-7).

Am 7.11.1997 verfügte der Prozeßrichter die Übermittlung des Aktes an die zuständige Pflegschaftsabteilung des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz gemäß § 6a ZPO unter Hinweis auf eine vom beklagten Verein vorgelegte Urkunde über die Kammerbeiträge der Vorarlberger Rechtsanwälte, wodurch das Prozeßvorbringen des Klägers widerlegt sei. Das Pflegschaftsgericht ordnete daraufhin eine Erstanhörung (§ 237 AußStrG) an. Der geladene Betroffene erschien zu zwei Terminen nicht. Er leistete erst der dritten Ladung für den 11.12.1997 Folge. In der Tagsatzung verweigerte er ein Eingehen zur Sache. Er finde "das ganze eben so lächerlich". Es sei ihm egal, ob das Sachwalterverfahren fortgesetzt werde. Der Betroffene äußerte die Vermutung, daß die Anregung des beklagten Vereins, gemäß § 6a ZPO vorzugehen, auf eine Absprache mit der Rechtsanwaltskammer zurückgehe. Für den Fall der Fortsetzung des Sachwalterschaftsverfahrens möge Dr.Franz Insam zum einstweiligen Sachwalter bestellt werden. Der Betroffene verweigerte die Fertigung des Protokolls über die Erstanhörung.

Das Erstgericht bestellte am 18.12.1997 Dr.Franz Insam zum einstweiligen Sachwalter im Verfahren über die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters (§ 238 Abs 1 AußStrG). Es hätten sich "doch gewisse Anhaltspunkte für eine Sachwalterschaft" ergeben (ON 3). Das Rekursgericht hob über Rekurs des Betroffenen diesen Beschluß wegen Begründungsmängeln auf.

Der Betroffene legte am 30.1.1998 ein von ihm eingeholtes psychiatrisches Sachverständigengutachten vor, in dem der Sachverständige nach Darstellung der durchgeführten Befundaufnahmen (insbesondere der durchgeführten Tests) dem Betroffenen attestierte, psychisch gesund und völlig prozeßfähig zu sein (ON 9).

Am 2.2.1998 langte beim Erstgericht eine zum anhängigen Sachwalterschaftsverfahren eingebrachte Sachverhaltsdarstellung des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer ein (ON 10), in der gegen den Betroffenen zahlreiche Vorwürfe erhoben werden. Dem Schreiben waren mehrere Urkunden (Schreiben des Betroffenen an die Rechtsanwaltskammer; Rechtsmittel des Betroffenen; ein Schreiben des Präsidenten des Disziplinarrates der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer) beigelegt. Die Vorwürfe lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Bei der Rechtsanwaltskammer seien zahlreiche Beschwerden gegen den seit 1983 als Rechtsanwalt tätigen Betroffenen eingegangen, wonach dieser verbal auffällig aggressiv sei; er beschimpfe Klienten und Kollegen; er spreche dem Alkohol auch in Bürozeiten zu; er komme der Residenzpflicht nicht nach; er nehme Schriftstücke fallweise nicht entgegen.

2. Gegenüber der Rechtsanwaltskammer habe der Betroffene seine "verbal aggressiv unglaublich beleidigendes sowie ignorantes Verhalten" noch gesteigert; er versuche sich einer Disziplinarbehandlung durch globale Ablehnungserklärungen und verleumderische Unterstellungen zu entziehen.

3. Durch massive Alkoholabhängigkeit sei ein geistiger Abbau herbeigeführt worden.

4. Der Betroffene habe in Disziplinarverfahren die Zustellung von Schriftstücken vereitelt.

5. Gegen den Kammeranwalt und den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer habe sich der Betroffene massiv ehrenbeleidigend geäußert.

6. Der Betroffene habe in Delegierungsverfahren (Delegierung von Disiplinaruntersuchungen von der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer an die Rechtsanwaltskammer Wien) haltlose Betrugsvorwürfe erhoben.

7. Der Betroffene lehne die Übernahme von Verfahrenshilfevertretungen ab.

8. Der Betroffene stelle grundlose Ablehnungsanträge.

Das Erstgericht verfügte am 24.2.1998 eine neuerliche Anhörung des Betroffenen. Dieser äußerte sich diesmal zur Sache. Er bestritt den Vorwurf, er hätte mehrmals Schriftstücke nicht behoben. Zum Vorwurf aggressiver Verhaltensweisen gegenüber der Rechtsanwaltskammer erklärte er, daß er genauso "zurückschreibe, wie die Kammer mich behandelt". Er habe keine Alkoholprobleme. Die anhängigen fünf Disziplinarverfahren seien "eigentlich nur Racheakte". Dort ginge es nur um Kleinigkeiten. Am Schluß der Vernehmung hielt der Erstrichter im Protokoll seinen persönlichen Eindruck über den Betroffenen fest (S 5 zu ON 12).

Mit dem angefochtenen Beschluß bestellte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang neuerlich Dr.Franz Insam zum Verfahrensvertreter des Betroffenen. Es stellte fest, daß der Betroffene in der Tagsatzung vom 24.2.1998 einen sehr vorbereiteten Eindruck erweckt habe. Beim Sprechen hätte man das Gefühl gehabt, daß er sich zusammennehme und sich um kontrollierte Aussagen bemühe. Wenn er nicht spreche, wirke er abwesend und unkontrolliert. Sein Gesichtsausdruck sei müde gewesen, er habe blaß gewirkt. Weiters sei bekannt, daß der Betroffene in den letzten Jahren sein verbal-aggressives, beleidigendes sowie ignorantes Verhalten gegenüber Kollegen, der Rechtsanwaltskammer sowie deren Funktionären und Klienten gesteigert habe. Indem er in offensichtlich verwirrtem Zustand verhandle, stelle er nicht (gemeint: nicht nur) eine Gefahr für die rechtssuchende Bevölkerung, sondern auch für sich selbst dar. Aufgrund eines Beschlusses des Disziplinarrates der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer stehe fest, daß beim Betroffenen im Jahr 1989 eine akute Pankreatitis bei chronischem Alkoholabusus diagnostiziert worden sei. Es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß der Betroffene keine Alkoholprobleme habe. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß der Verdacht naheliege, daß der Betroffene aufgrund übermäßigen Alkohol- oder Tablettenkonsums an Symptomen einer psychischen Krankheit leide und daher nicht imstande sei, seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst und für außenstehende Dritte zu besorgen.

Das Rekursgericht verwarf den Rekurs des Betroffenen, soweit dieser eine Nichtigkeit des Verfahrens geltend macht, und gab dem Rekurs im übrigen nicht Folge. Die gerügte Nichtigkeit aus dem Grund, daß der Betroffene nicht über den Gegenstand des Verfahrens belehrt worden sei (weil in den Ladungen der Verfahrensgegenstand nicht angegeben worden sei), liege nicht vor. Schon in diesem Rekursvorbringen liege ein Anhaltspunkt für die Schutzbebedürftigkeit des Rekurswerbers. Diesem hätte der Zweck der Anhörung bekannt sein müssen. Daß dem Betroffenen nicht der gesamte Inhalt der Sachverhaltsdarstellung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer (ON 10) bekanntgegeben worden sei, begründe weder eine Nichtigkeit noch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz. Die Feststellungen des Erstrichters seien unbedenklich. Auf das Privatgutachten sei erst im fortzusetzenden Verfahren einzugehen. Nach geltender Rechtslage könnten zwar eine (hier nicht festgestellte) Verschwendung oder ein übermäßiger Alkoholkonsum für sich alleine noch nicht eine Sachwalterbestellung rechtfertigen. Beide Gründe könnten aber ein Symptom einer psychischen oder geistigen Behinderung darstellen. Das Rekursgerricht bejahte das Vorliegen von Anhaltspunkten nicht nur für eine solche Erkrankung oder Behinderung, sondern auch für die Gefahr eines Nachteils für den Betroffenen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Mit ihren außerordentlichen Revisionsrekursen beantragen sowohl der Betroffene als auch der für ihn bestellte Verfahrensvertreter die ersatzlose Behebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Einstellung des Sachwalterschaftsverfahrens.

Beide Revisionsrekurse sind im Ergebnis berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurslegitimation ist zu bejahen. Vor der Bestellung eines Sachwalters hat das Gericht den Betroffenen persönlich zu hören (§ 237 Abs 1 AußStrG). Wenn das Verfahren fortzusetzen ist, hat das Gericht für einen Rechtsbeistand des Betroffenen im Verfahren zu sorgen (§ 238 Abs 1 AußStrG). Ein förmlicher, das Verfahren einleitender Beschluß wurde hier nicht gefaßt. Die Verfahrenseinleitung besteht aber schon in der Ladung des Betroffenen zur Erstanhörung. Auch ein solcher verfahrenseinleitender Beschluß ist anfechtbar (SZ 59/207). Umso mehr gilt dies für eine Beistandsbestellung nach § 238 Abs 1 AußStrG. Zum Rekurs legitimiert sind sowohl der Betroffene als auch der für ihn bestellte Beistand (§ 249 Abs 2 AußStrG).

Insoweit der Betroffene in seinem Rechtsmittel neuerlich Mängel und Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz (wegen der Nichtbelehrung über den Zweck der Anhörung, der Verletzung des Parteigehörs aufgrund nicht vollständiger Bekanntgabe des Inhalts der Sachverhaltsdarstellung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer und wegen der Nichtberücksichtigung des Privatgutachtens) geltend macht, ist er auf die diesbezügliche Unanfechtbarkeit der Rekursentscheidung zu verweisen. Im Revisionsrekursverfahren kann die vom Gericht zweiter Instanz verneinte Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz nicht neuerlich geltend gemacht werden (EFSlg 76.511, 76.515, 82.862 uva).

Beide Rekurswerber bekämpfen unter Hinweis auf die Richtigkeit oder doch zumindest Schlüssigkeit des Klagevorbringens im anhängigen Zivilprozeß das Vorliegen von Anhaltspunkten für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters. Der Betroffene führt überdies gegen die Vermutung eines Alkoholmißbrauchs ins Treffen, daß die medizinische Diagnose einer Pankreatitis neun Jahre zurückliege und daß bisher von der Rechtsanwaltskammer kein einziges Disziplinarverfahren wegen angeblichen Alkoholmißbrauchs eingeleitet worden sei. Weiters wendet sich der Betroffene gegen die Feststellungen des Erstrichters über seinen persönlichen Eindruck anläßlich der Vernehmung und bestreitet die Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die die Vorinstanzen nicht nur aufgrund der Behauptungen in der Sachverhaltsdarstellung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer feststellen hätten dürfen. Eine Sachwalterbestellung dürfe nicht nur deshalb erfolgen, um einen Dritten vor - wenn auch bloß vermeintlichen - Ansprüchen des Betroffenen zu schützen.

Zu diesen Rekursvorbringen ist folgendes auszuführen:

Vermag eine Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen (§ 273 Abs 1 ABGB). Das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person nach § 273 ABGB ist einzuleiten, wenn sie selbst die Bestellung eines Sachwalters beantragt oder, etwa aufgrund einer Mitteilung über die Schutzbedürftigkeit einer behinderten Person, begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Bestellung vorliegen (§ 236 AußStrG). Den Rekurswerbern ist im Ergebnis zuzustimmen, daß die Voraussetzungen für die Verfahrenseinleitung hier nicht vorliegen. Nach dem Gesetz müssen als einzige materiellrechtliche Voraussetzung begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Maßnahme nach § 273 ABGB vorliegen. Die Anhaltspunkte müssen konkret sein und sich sowohl auf die psychische Krankheit oder geistige Behinderung als auch auf die Notwendigkeit der Sachwalterbestellung beziehen (EvBl 1992/12). Diese Notwendigkeit ist nur dann zu bejahen, wenn der Behinderte nicht in der Lage ist, alle oder einzelne seiner Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen. Unter Angelegenheiten sind auch Prozesse und andere Behördenverfahren zu verstehen. Richtig ist, daß die Sachwalterbestellung nicht deshalb erfolgen darf, um Dritte vor Nachteilen zu schützen (§ 273 Abs 2 Satz 2 ABGB). Das Sachwalterrecht dient nur der Vermeidung der Selbstgefährdung. Wenn diese nicht zu besorgen ist, wäre eine Sachwalterbestellung trotz Vorliegens einer psychischen Krankheit unzulässig (RV 742 BlgNR 15.GP). Schon in der Frage des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung ist die Richtigkeit der Ansicht der Vorinstanzen zu bezweifeln. Wenn auch für das Jahr 1989 ein Alkoholmißbrauch des Betroffenen festzustehen scheint, ist daraus noch nicht ableitbar, daß dies auch jetzt noch zutrifft. Die Wahrnehmungen des Erstrichters anläßlich der Vernehmung des Betroffenen über den Gesichtsausdruck und "die relativ drüben Farben" (gemeint offensichtlich der Augen) reichen für eine positive Feststellung einer Alkoholbeeinträchtigung jedenfalls nicht aus. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf verwiesen, daß der Mißbrauch von Alkohol (wie auch die Verschwendung) im Gegensatz zur früheren Rechtslage keinen Anlaß für ein Einschreiten zum Schutz des Betroffenen bilden, es sei denn, aus dem Alkoholmißbrauch ergäbe sich ein Indiz für eine psychische Erkrankung (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 273 mwN). Für die Annahme einer Erkrankung oder Behinderung müssen daher noch andere Gründe sprechen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Betroffene in seinen Eingaben bei Behörden, in seinen Briefen an die Rechtsanwaltskammer oder deren Vertreter oder auch im Umgang mit Klienten ein geradezu unverständliches, an Absurdität heranreichendes Verhalten gesetzt hätte, was aber nicht festgestellt wurde. Ein allenfalls nur unschlüssiges, aber nicht absurdes Prozeßvorbringen allein indiziert noch nicht eine psychische Erkrankung, genausowenig wie beleidigende Äußerungen. Aus den aktenkundigen Urkunden ergibt sich hier zwar das Bild eines besonders angriffslustigen und verbal auch durchaus aggressiven Rechtsanwalts, der auch vor strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegen einen wirtschaftlich gesehen mächtigen Gegner nicht zurückschreckt. Ein derartiges Verhalten gegen die eigene Standesorganisation ist zwar unüblich (also nach dem Durchschnittsverständnis über Rechtsanwälte abnormal), eine medizinische Abnormalität ist damit aber noch nicht indiziert (vgl die von einer im Parlament vertretenen politischen Partei ebenfalls besonders heftig geführte Kampagne gegen das "Kammerunwesen" in Österreich). Der vorliegende Sachverhalt ist gekennzeichnet von einem vom Betroffenen in der Art eines Glaubenskrieges heftig geführten Kampf gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer. Der Betroffene schießt zweifellos dann übers Ziel, wenn er haltlose, also nicht beweisbare Vorwürfe erhebt. Auf eine psychische Erkrankung kann ein solcherart geführter "Kampf" aber nur im Fall offenkundig irrealer Vorwürfe schließen lassen. In der Sachverhaltsdarstellung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer - zu welcher der Betroffene richtig anmerkt, daß die Richtigkeit der Vorwürfe keineswegs als erwiesen feststeht - werden zwar verschiedene standeswidrige und disziplinäre Verhaltensweisen des Betroffenen gegenüber Klienten und Angehörigen der Rechtsanwaltskammer behauptet. Behauptungen alleine sind aber noch nicht die vom Gesetz geforderten begründeten Anhaltspunkte einer psychischen Erkrankung. Sie sind hier zwar sicher ein Indiz für die Notwendigkeit der Einleitung von Disziplinarverfahren, nicht aber für die Bejahung einer vorliegenden psychischen Erkrankung oder geistigen Behinderung. Nach dem vorliegenden und bisher feststehenden Sachverhalt beschränken sich die "auffälligen, also außerhalb der Norm liegenden Verhaltensweisen des betroffenen Rechtsanwalts auf den Umgang mit der Rechtsanwaltskammer und den geklagten Unterstützungsverein. Selbst wenn man mit den Vorinstanzen hier die erste Voraussetzung, nämlich die Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder Behinderung bejahte, fehlte es an der zweiten Voraussetzung der Schutzbedürftigkeit. Selbst einem querulatorischen Behinderten kann nicht im Interesse der von ihm bekämpften Personen ein Sachwalter bestellt werden, wenn ihm selbst durch die Querulanz keine Nachteile drohen (SZ 69/205). Eine solche Gefahr hat das Rekursgericht zwar bejaht, konkrete Gründe hiefür aber nicht angeführt. Derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich. Der zu besorgende Nachteil kann auch in einem drohenden Kostenaufwand wegen mutwilliger oder aussichtsloser Prozeßführung bestehen (Pichler aaO Rz 4). Nicht jeder drohende Prozeßaufwand reicht aber schon für die Annahme eines relevanten Nachteils, dem durch eine Sachwalterbestellung begegnet werden soll, aus. Dies ergibt sich schon daraus, daß das Gesetz nicht mehr die Verschwendung als Grund einer Schutzmaßnahme normiert und es grundsätzlich dem Einzelnen überläßt, über sein Vermögen zu verfügen. Aus der Ausschöpfung von rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche ergibt sich noch nicht die Gefahr eines relevanten Vermögensnachteils infolge Prozeßverlusts. Im anhängigen Zivilprozeß könnte den Betroffenen eine lediglich geringfügige Kostenforderung des obsiegenden beklagten Vereins treffen. Eigene Vertretungskosten hätte der Betroffene, der selbst Rechtsanwalt ist, nicht zu tragen. Wegen des geringen Streitwerts von rund 10.000 S ist der allenfalls drohende Vermögensnachteil als relativ geringfügig anzusehen, so daß es nicht gerechtfertigt erscheint, ein Sachwalterschaftsverfahren einzuleiten. Aus der Fortsetzung der bisherigen vermögensrechtlichen Auseiandersetzung des Betroffenen mit der Rechtsanwaltskammer bzw mit dem mit ihr zusammenhängenden Unterstützungsverein ist daher noch nicht die für die Einleitung des Verfahrens nach § 236 AußStrG erforderliche Gefahr eines erheblichen Nachteils für den Betroffenen ableitbar. Den Revisionsrekursen ist daher Folge zu geben. Das Verfahren ist einzustellen.

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