OGH 2Nd502/98

OGH2Nd502/982.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter und Dr.Schinko als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Stephanie T*****, geboren am 27. März 1987, und Samuel T*****, geboren am 8.Oktober 1990, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 17.Februar 1998, 8 P 49/97p-40, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache der mj.Stephanie und Samuel T***** an das Bezirksgericht Donaustadt wird genehmigt.

Text

Begründung

Die mj.Stephanie und Samuel T***** sind die ehelichen Kinder von Mag.Siegfried T***** und Christine T*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 11.6.1997 (2 C 36/97t) geschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichtes Hartberg, der eheliche Vater im Sprengel des Bezirksgerichtes Wolfsberg. Im Vergleich vom 11.6.1997 einigten sich die Eltern dahin, daß die Obsorge für die Kinder der Mutter allein zustehe. Aufgrund des Antrags des Vaters auf Einräumung eines Besuchsrechtes führte das Bezirksgericht Hartberg umfangreiche Erhebungen durch, insbesonders wurden die Eltern vernommen und ein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt.

Am 17.2.1998 teilte die Mutter telefonisch dem Bezirksgericht Hartberg mit, daß sie mit den Kindern am Vortag nach Wien 22. verzogen sei und eine Stelle als Kindergärtnerin angetreten habe; sie habe die Absicht, in Wien zu bleiben. Sie ersuchte, die Akten dem Bezirksgericht Donaustadt zur Weiterführung abzutreten, weil es sicherlich notwendig sei, daß dieses Erhebungen bezüglich ihrer Wohn- und Pflegeverhältnisse anstelle.

Mit Beschluß vom 17.2.1998 übertrag das Bezirksgericht Hartberg seine Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Donaustadt, weil die Mutter mit den Kindern nach Wien 22. verzogen sei und aller Voraussicht nach ständig dort bleiben werde.

Das Bezirksgericht Donaustadt lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache bis zur Erledigung des offenen Besuchsrechtsantrags und der damit verbundenen umfangreichen Erhebungen ab.

Das Bezirksgericht Hartberg legte hierauf die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Bezirksgericht Hartberg vorgenommene Übertragung der Zuständigkeit ist gerechtfertigt.

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen scheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache an jenes Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung der Kinder liegt (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 111 JN; EFSlg 75.979 ua). Offene Anträge hindern im allgemeinen die Zuständigkeitsübertragung nicht (EFSlg 75.992; 79.124 uva).

Die Übersiedlung der Pflegebefohlenen und ihrer Mutter nach Wien hat eine Änderung der Lebensverhältnisse bewirkt, die zusätzliche Erhebungen notwendig macht. Es ist zweckmäßig und im Interesse der Pflegebefohlenen, daß diese Erhebungen durch das Gericht, in dessen Sprengel die Pflegebefohlenen ihren nunmehrigen Aufenthalt haben, durchgeführt werden. Auch wenn das Bezirksgericht Hartberg bereits umfangreiche Erhebungen durchgeführt hat und sich durch die Einvernahme der Eltern ein unmittelbares Bild machen konnte, so bewirkt die Übersiedlung nach Wien eine derartige Änderung der Verhältnisse, daß die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Donaustadt tunlich ist. Es war daher die Übertragung zu genehmigen.

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