OGH 6Ob170/98p

OGH6Ob170/98p25.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Nicola M*****, vertreten durch Dr.Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Ingrid V*****, vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Zahlung und Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 19. Februar 1998, GZ 21 R 492/97w-23, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Verwirkung eines Anspruches durch bloße Nichtgeltendmachung ist dem österreichischen Recht fremd. Vor Ablauf der Verjährungszeit tritt ein Rechtsverlust grundsätzlich nur dann ein, wenn der Berechtigte ausdrücklich oder schlüssig auf das ihm zustehende Recht verzichtet hat. Ein schlüssiger Verzicht kann nach ständiger Rechtsprechung nur dann angenommen werden, wenn im Hinblick auf das Vorliegen besonderer Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, daß er ernstlich gewollt und der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und unter Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluß ziehen durfte (und auch gezogen hat), der Berechtigte habe auf seinen Anspruch ernstlich verzichtet. Der Oberste Gerichtshof hat im Zusammenhang mit Wertsicherungsklauseln bei Mietverträgen schon wiederholt ausgesprochen, daß schon für die Annahme eines Verzichts auf die Geltendmachung von Aufwertungsbeträgen für die Vergangenheit ein strenger Maßstab anzulegen ist und für Nachforderungen klare Indizien für den Verzichtswillen des Berechtigten vorliegen müssen. So hat der Oberste Gerichtshof einen schlüssigen Verzicht des Vermieters auf die Nachzahlung von Aufwertungsbeträgen dann angenommen, wenn er unaufgewertete Mietzinse vorschreibt und die entsprechenden Mietzinszahlungen für einen längeren Zeitraum unbeanstandet annimmt (MietSlg 35.114 mwN, 6 Ob 2243/96p). Der Oberste Gerichtshof hat aber auch ausgesprochen, daß für die Annahme eines schlüssigen Verzichtes auf Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses hinsichtlich erst in der Zukunft zu leistender Beträge strengere Anforderungen zu stellen sind. Die bloße Untätigkeit des Gläubigers bedeute niemals einen stillschweigenden Verzicht, es müssen vielmehr besondere Umstände darauf hinweisen, daß der Verzicht ernstlich gewollt sei (RIS-Justiz RS0014189; 6 Ob 2243/96p).

Ob in einem zu beurteilenden Fall besondere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, der Berechtigte habe auf seinen Anspruch ernstlich verzichtet, richtet sich ebenso wie die Frage der Auslegung von Vereinbarungen nach den Umständen des Einzelfalles. Die Vorinstanzen haben unter Zugrundelegung der dargestellten Rechtsprechung das Verhalten des Vermieters und den Inhalt der 1959 abgeschlossenen Vereinbarung über eine Mietzinserhöhung in Anbetracht der festgestellten Beweggründe der damaligen Vertragspartner als einen Verzicht auf die 1933 vereinbarte Wertsicherung beurteilt. Eine grobe Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen. Ob auch eine andere Auslegung der 1959 getroffenen Vereinbarung und des Verhaltens der Vermieter möglich wäre, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

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