OGH 2Ob161/98k

OGH2Ob161/98k25.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton Paul Z*****, vertreten durch Dr.Mario Mandl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) V***** Versicherungs-AG, ***** und 2.) Dieter E*****, beide vertreten durch Dr.Paul Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 390.868,59 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 10.März 1998, GZ 1 R 34/98d-42, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20.November 1997, GZ 5 Cg 118/96y-35, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger wurde am 13.9.1991 bei einem vom Zweitbeklagten allein verschuldeten Verkehrsunfall verletzt; der von diesem gelenkte und gehaltene PKW war bei der erstbeklagten Partei haftpflichtversichert.

Mit Urteil vom 19.1.1996 wurde die Haftung der beklagten Parteien für alle künftigen Schäden des Klägers aus diesem Unfall festgestellt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung von S 390.868,59 samt Zinsen an Verdienstentgang für das Jahr 1995. Er brachte dazu vor, aufgrund des Unfalles und des damit verbundenen Krankenstandes Mitte 1992 gekündigt worden zu sein. Trotz intensivster Bemühungen, vermutlich aufgrund seines Alters, sei es ihm nicht mehr gelungen, im vorher ausgeübten Beruf eines Heizungs- und Lüftungstechnikers eine Anstellung zu finden, weshalb er sich einer Umschulung als Wirtschaftsberater unterzogen habe. Es sei nicht richtig, daß nur in seiner Person liegende Umstände - wie zu hohe Lohnforderungen oder nicht unfallskausale verminderte psychische und emotionale Belastbarkeit - seine Arbeitssuche beeinträchtigt hätten. Den Kontakt zum Arbeitsamt habe er 1994 abgebrochen, weil er mangels Vermittlungsmöglichkeit als "Langzeitarbeitsloser" eingestuft worden sei und seine einzige Chance in einer im Mai 1994 begonnenen Umschulung gesehen habe. Er habe beim Arbeitsmarktservice bis Mitte 1995 vergeblich Arbeit gesucht.

Die beklagten Parteien wendeten ein, es sei nicht auf unfallskausale Abnützungserscheinungen zurückzuführen, wenn der Kläger im Jahre 1995 nicht arbeiten habe können. Bereits im Vorprozeß über den Verdienstentgang für das Jahr 1994 habe der Sachverständige ausgeführt, daß spätestens zwei Jahre nach dem Unfall keine auf diesen zurückzuführende Schmerzen und Beschwerden gegeben gewesen seien, vielmehr hätten unfallsunabhängige Veränderungen zum Fortbestehen des Krankheitsverlaufes beigetragen. Der Kläger habe sich auch seit dem Jahr 1994 keiner medizinischen Behandlung mehr unterzogen, keine Medikamente eingenommen und keinen Kuraufenthalt absolviert. Ab Mitte 1994 habe er keinen Kontakt mehr zum Arbeitsmarktservice gehabt, weshalb er das Arbeitslosengeld bzw die Notstandshilfe verloren habe. Eine weitere Folge sei der Verlust der Krankenversicherung gewesen, weshalb er sich das Unterbleiben allenfalls notwendiger Behandlungen selbst zuzuschreiben habe. Er sei auch als Heizungstechniker vermittelbar und einsetzbar gewesen. Nur durch sein eigenes Verhalten sei kein Beschäftigungsverhältnis zustandegekommen. Außerdem seien ihm in der Zwischenzeit andere Tätigkeiten zumutbar gewesen, welche ihm ein Einkommen gebracht hätten.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur Zahlung von S 359.551,59 sA, das Mehrbegehren auf Zahlung von S 21.317,-- samt Zinsen wurde rechtskräftig abgewiesen.

Dabei wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Zum Unfallszeitpunkt war der Kläger als Heizungs- und Lüftungstechniker angestellt. Nach dem Unfall befand er sich fünf Wochen im Krankenstand, arbeitete dann ein halbes Jahr und war in der Folge wieder längere Zeit im Krankenstand. Während des Krankenstandes forderte die Tiroler Gebietskrankenkasse ein Gutachten über die zu erwartende Dauer des Krankenstandes an und ließ es dem Arbeitgeber des Klägers zukommen. Aufgrund der Ergebnisse des Gutachtens wurde er gekündigt. Der Verdienstentgang für die Jahre 1992 bis 1994 wurde bereits rechtskräftig zugesprochen.

Die Arbeitsfähigkeit des Klägers war auch noch im Jahre 1995 unfallsbedingt eingeschränkt. Das Leistungsdefizit in diesem Jahr war neben unfallskausalen Faktoren auch auf andere Faktoren, nämlich degenerative Veränderungen, zurückzuführen, wobei eine klare Trennung dieser Faktoren und damit eine prozentuelle Zuordnung nicht vorgenommen werden kann. Der Kläger konnte im Jahre 1995 folgende Leistungen erbringen:

Leichte bis mittelschwere Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen, Einschränkungen; besonders lang anhaltende gleiche Körperhaltung, häufiges Bücken, aber auch Tragen von schweren Lasten etc; Autofahrten unter der Voraussetzung, daß er nach einer bis maximal zwei Stunden eine Pause von einer halben Stunde einlegen kann; Arbeiten am PC unter der Voraussetzung, daß nach etwa einer Stunde 1/4 Stunde Pause möglich ist.

Eine Fortführung der begleitenden Physiotherapie - sie wurde vom Kläger Mitte 1994 aus finanziellen Gründen und aus Gründen der Berufsausbildung aufgegeben - hätte eine Besserung des Leistungskalküls herbeigeführt, bezogen auf das Beschwerdebild um etwa 40 bis 60 %, dh die durchgehenden Arbeitszeiten beim Autofahren und beim Arbeiten am PC hätten sich verlängert und die Pausen halbiert.

Für qualifizierte Techniker - wie dem Kläger - bestanden 1995 auf dem österreichischen Arbeitsmarkt durchaus Vermittlungschancen.

Nach Beendigung seines Krankenstandes im März 1993 bewarb sich der Kläger beim Arbeitsmarktservice als Heizungs- und Lüftungstechniker, konnte aber bis Mitte 1994 nicht vermittelt werden. Daraufhin brach er den Kontakt zum Arbeitsmarktservice ab und bewarb sich im Zeitraum von 1994 bis 1996 bei zahlreichen Firmen um einen Arbeitsplatz, er wurde aber abgelehnt. Aufgrund der erfolglosen Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu finden, besuchte er von Mai 1994 bis Anfang 1995 bei der Europäischen Wirtschaftsberatung Kurse, um sich zum "Wirtschaftsberater" umschulen zu lassen. Da er aber trotz bestandener Prüfung in Tirol keinen Gewerbeschein erhalten konnte, absolvierte er die Ausbildung zum Vermögensberater, einem in Österreich anerkannten Berufsbild, und schloß diese am 2.10.1996 mit einer Befähigungsprüfung ab. Damit gelang es ihm im November 1996, den Gewerbeschein für das Gewerbe "Vermögensberater und -verwalter von beweglichem Vermögen" zu erhalten. Er ist seit nunmehr rund einem Jahr als Vermögensberater tätig und hat mittlerweile in dieser Branche Fuß gefaßt.

Das letzte Arbeitslosenentgelt bezog er im Juli 1994. Danach erhielt er weder Arbeitslosengeld noch Sozialhilfe und hatte auch sonst keine Einkünfte. Wäre er nicht gekündigt worden, hätte er 1995 ein Nettoeinkommen von S 369.551,59 erzielt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die beklagten Parteien hätten beweisen müssen, daß der Kläger eine konkrete Erwerbsmöglichkeit ausgeschlagen habe, der Nachweis einer bloß abstrakten Möglichkeit, den Verdienstausfall zu verringern oder auszugleichen, reiche nicht aus. Diesen Beweis hätten sie nicht erbracht, weshalb dem Kläger eine Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht anzulasten sei.

Das von den beklagten Parteien bezüglich des klagsstattgebenden Teiles dieser Entscheidung angerufene Berufungsgericht trug dem Erstgericht in diesem Umfang eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sah den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig an. Nach herrschender Rechtsprechung sei zu unterscheiden, ob der Verletzte seine frühere Erwerbsfähigkeit bloß teilweise oder im vollen Ausmaß wiedererlangt habe. Habe er seine frühere Erwerbsfähigkeit nicht gänzlich wiedererlangt, dann obliege dem Schädiger der Beweis, daß der Geschädigte eine ihm nachgewiesene konkrete Erwerbsmöglichkeit oder eine zu einer solchen voraussichtlich führende Umschulung ausgeschlossen habe. Lediglich dann, wenn der Verletzte seine Erwerbsfähigkeit im vollen früheren Ausmaß wiedererlangt habe, müsse er beweisen, daß er trotzdem eine gleichwertige zumutbare Beschäftigung nicht finden konnte. Unter der Erwerbsfähigkeit sei die Fähigkeit zu verstehen, in einer der Ausbildung, den Anlagen und der bisherigen Tätigkeit entsprechenden Stellung den Lebensunterhalt zu verdienen, wobei es auf die wirtschaftliche Erwerbsfähigkeit und nicht auf die medizinisch-pyhsiologische Arbeitsfähigkeit ankomme. Ob die Tatfrage der teilweisen Erwerbsunfähigkeit vom Erstgericht ausreichend festgestellt worden sei, könne unerörtert bleiben, weil der Kläger seinen Verdienstentgangsanspruch lediglich damit begründet habe, trotz entsprechender Bemühungen eine Arbeitsstelle als Heizungs- und Lüftungstechniker nicht bekommen zu haben. Er habe nie behauptet, daß er im Jahre 1995 seinen früheren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder ausüben hätte können. Er habe vielmehr immer den Standpunkt vertreten, trotz entsprechender Bemühungen keinen Arbeitsplatz bekommen zu haben, weshalb die vom Erstgericht herangezogene Beweislastregel nicht zum Tragen komme. Da mangels entsprechender Klagsbehauptungen davon auszugehen sei, daß der Kläger seine Erwerbsfähigkeit wiedererlangt habe, habe er zu beweisen, daß er trotz zielstrebiger Bemühungen keinen Arbeitsplatz als Heizungs- und Lüftungstechniker gefunden habe bzw daß ihm trotz vorhandener offener Stellen in diesem Berufszweig die Annahme aus bestimmten von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zumutbar oder daß er wegen seines Alters nicht vermittelbar gewesen sei. Nach den Feststellungen hätten nämlich 1995 auf dem österreichischen Arbeitsmarkt für einen qualifizierten Techniker durchaus Vermittlungschancen bestanden, weshalb der Kläger beweisen hätte müssen, warum er trotzdem nicht vermittelbar war. Vielmehr sei festgestellt worden, daß er sich ab Mitte 1994 nicht mehr an das Arbeitsamt bzw Arbeitsmarktservice wandte. Nach überwiegender Rechtsprechung verletze jedoch der die Arbeitsfähigkeit wiedererlangende Geschädigte seine Schadensminderungspflicht dann nicht, wenn er sich beim Arbeitsamt melde, dessen Ratschlag nicht zuwiderhandle, dessen Entscheidung abwarte und sodann einen Arbeitsplatz annehme. Darin, daß sich der Kläger 1995 nicht wieder als Arbeitssuchender an das Arbeitsamt wandte, sei eine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu erblicken, wenn feststehe, daß eine ausreichend große Anzahl offener Arbeitsstellen in seinem Beruf zur Verfügung gestanden sei und er auch trotz seines Alters aufgrund seiner Schulausbildung auch als "Langzeitarbeitsloser" vermittelbar gewesen wäre. Die beklagten Parteien hätten den ihnen obliegenden Beweis der Verletzung einer Schadensminderungspflicht durch den Kläger erbracht, wenn feststehe, daß er bei einer Meldung beim Arbeitsamt auch tatsächlich vermittelbar gewesen wäre, weshalb es Sache des Klägers gewesen wäre, Umstände darzutun und zu beweisen, warum die Vermittlung im Jahre 1995 nicht möglich war. Die grundlose Nichtbemühung des Arbeitsamtes stelle eine Sorgfaltsverletzung dar, die vom Geschädigten den Beweis verlange, daß derartige Bemühungen erfolglos gewesen wären. Sein Vorbringen, es sei ihm von Fachleuten beim Arbeitsamt und beim Arbeitsmarktservice mitgeteilt worden, daß er auch in Zukunft arbeitslos bleiben werde, werde mit ihm noch zu erörtern und er zu einem entsprechenden Beweisanbot anzuleiten sein. Im Falle der Richtigkeit dieser Behauptung, könne ihm der Abbruch des Kontaktes zum Arbeitsamt bzw AMS nicht als Sorgfaltsverstoß angelastet werden. Sollte sich aber herausstellen, daß ihm eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht anzulasten ist, werde die Höhe des erzielbaren fiktiven und damit anrechenbaren Einkommens zu ermitteln sein.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage, ob ein Erwerbsfähiger, der die Dienste des Arbeitsmarktservices bei der Arbeitsvermittlung nicht in Anspruch nimmt, im Zusammenhang mit der Schadensminderungspflicht einen objektiven Sorgfaltsverstoß zu verantworten hat, und zu der sich daraus ergebenden Beweislastverteilung eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt werde.

Die beklagten Parteien haben Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Kläger wendet sich in seinem Rechtsmittel gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, er habe seinen Verdienstentgangsanspruch lediglich damit begründet, daß er trotz entsprechender Bemühungen eine Arbeitsstelle als Heizungs- und Lüftungstechniker nicht bekommen habe. Vielmehr ergebe sich aus seinem gesamten Vorbringen, daß er seine Erwerbsfähigkeit zur Gänze nicht wiedererlangt und (auch) deshalb keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Er habe sich beim Arbeitsamt gemeldet und 16 Monate lang dessen Ratschläge ohne Erfolg befolgt. Erst nachdem er als "Langzeitarbeitsloser" eingestuft worden sei, habe er sich gezwungen gesehen, sich einer Umschulung zu unterziehen und sich selbständig zu machen; dieser Schritt habe zum Erfolg geführt. Er habe durch seine Eigeninitiative und seine Bereitschaft, die Mühe der Umschulung auf sich zu nehmen, ganz wesentlich den Schaden gemindert.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zwischen dem Fall der verbliebenen teilweisen Erwerbsunfähigkeit und dem der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit im früheren Ausmaß zu unterscheiden. Im ersteren Fall müßte, um eine Verletzung der Schadensminderungspflicht annehmen zu können, der Schädiger den Nachweis erbringen, daß der Geschädigte eine ihm nachgewiesene konkrete Erwerbsmöglichkeit oder eine zu einer solchen voraussichtlich führende Umschulung ohne zureichende Gründe ausgeschlagen hat. Im zweiten Fall hingegen ist vom wiederhergestellten Verletzten zu erwarten, daß er sich um die Wiedererlangung des früheren oder eines gleichwertigen zumutbaren Arbeitsplatzes bemüht (ZVR 1995/91; 2 Ob 2285/96k uva; Apathy, Komm z EKHG Rz 22 zu § 13 mwN). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes hat der Kläger seinen Verdienstentgangsanspruch aber nicht nur damit begründet, daß er trotz entsprechender Bemühungen keine Arbeitsstelle als Heizungs- und Lüftungstechniker bekommen habe, sondern auch behauptet, dies sei (auch) darauf zurückzuführen, daß er seine Erwerbsfähigkeit nicht wiedererlangt habe. Er hat nämlich einen Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweise dafür, daß die medizinische Leistungsfähigkeit 1995 wesentlich beeinträchtigt war, gestellt (Schriftsatz ON 18, vorgetragen in der Tagsatzung vom 13.10.1997). Dieser Antrag schließt aber auch die Behauptung ein, daß er deshalb keinen Arbeitsplatz fand, weil seine frühere Erwerbsfähigkeit nicht wieder hergestellt war.

Den Feststellungen des Erstgerichtes ist aber nicht zu entnehmen, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Jahr 1995 im früheren Ausmaß wiederhergestellt war. Diese ist nämlich beeinträchtigt, wenn der Verletzte in geringerem Ausmaß als vor dem Unfall oder gar nicht in der Lage ist, in einer seiner Ausbildung, seinen Anlagen und seiner bisherigen Tätigkeit entsprechenden Stellung den Lebensunterhalt zu verdienen; nicht maßgebend ist die medizinisch-physiologische Arbeitsfähigkeit (Apathy, EKHG Rz 9 zu § 13; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 134 f jeweils mwN). Die Feststellungen des Erstgerichtes stellen lediglich auf die medizinisch-physiologischen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers ab, es kann ihnen aber nicht konkret entnommen werden, ob der Kläger seine erlernte und zuletzt ausgeübte Tätigkeit 1995 wieder ausüben konnte.

Sollte dies der Fall sein, hätte sich der Kläger um die Wiedererlangung des früheren oder eines gleichwertigen zumutbaren Arbeitsplatzes bemühen müssen. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht auch zutreffend dargelegt, daß der die Arbeitsfähigkeit wiedererlangende Geschädigte seine Pflicht zur Schadensminderung dann nicht verletzt, wenn er sich beim Arbeitsamt (nunmehr Arbeitsmarktservice) meldet, dessen Ratschlägen nicht zuwiderhandelt, dessen Entscheidung abwartet und sodann einen Arbeitsplatz annimmt (EvBl 1972/318; ZVR 1980/152; 1 Ob 16/85). Grundsätzlich müßte daher der Geschädigte, der seinen früheren Beruf wieder ausüben kann, sich jedenfalls auch an das Arbeitsmarktservice wenden, um nicht seine Schadensminderungspflicht zu verletzen. Er könnte allerdings wiederum den Beweis dafür erbringen, daß eine Inanspruchnahme des Arbeitsmarktservice vergeblich gewesen wäre, weil etwa für seinen Berufszweig keine ausreichend offenen Stellen gemeldet waren oder ihm die Annahme derartiger Stellen aus bestimmten Gründen nicht zumutbar war. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes hingewiesen werden.

Sollte allerdings der Kläger aufgrund unfallsbedingter Verletzungen 1995 nicht in der Lage gewesen sein, seinen bisherigen Beruf auszuüben, so wird weiters zu prüfen sein, ob er dazu in der Lage gewesen wäre, wenn er sich einer begleitenden Physiotherapie unterzogen hätte; dies hätte nämlich nach den Feststellungen des Erstgerichtes eine Besserung des Leistungskalküls herbeigeführt, bezogen auf das Beschwerdebild um etwa 40 bis 60 %. Hätte er dadurch die Fähigkeit, seinen bisherigen Beruf wieder auszuüben, erlangt, so bedürfte es einer Prüfung, weshalb er die begleitende Physiotherapie unterließ. Das Erstgericht stellte dazu lediglich fest, dies geschah "aus finanziellen Gründen und aus Gründen der Berufsausbildung". Die Berufungsausbildung kann nun wohl kaum so intensiv gewesen sein, daß es dem Kläger unmöglich gewesen wäre, sich einer begleitenden Physiotherapie zu unterziehen. Zur Frage der Finanzierung der begleitenden Physiotherapie wird allenfalls zu prüfen sein, worauf die (schlechte) finanzielle Situation des Klägers zurückzuführen waren und weshalb diese Leistungen nicht im Rahmen der Sozialversicherung erbracht wurden. Die beklagten Parteien haben dazu behauptet, daß der Umstand, daß der Kläger ab Mitte 1994 keinen Kontakt zum Arbeitsmarktservice hatte, den Verlust des Arbeitslosengeldes und der Krankenversicherung zur Folge hatte. Sollte dies zutreffend sein, dann wäre auch darin eine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu erblicken.

Es hat sohin bei der Aufhebung des Urteils des Erstgerichtes zu bleiben und wird dieses das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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