OGH 10ObS115/98d

OGH10ObS115/98d23.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Braun (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ing. Hugo Jandl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hermine K*****, vertreten durch Mag. Gerhard Eigner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, vertreten durch Hager & Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Kostenersatzes (S 50.996), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 1997, GZ 11 Rs 289/97t-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 24. September 1997, GZ 19 Cgs 120/97h-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 31.5.1959 geborene Klägerin unterzog sich am 20.5.1995, 18.9.1995 und 20.6.1996 In-vitro-Fertilisationsbehandlungen in einer Krankenanstalt in Salzburg, wofür Kosten in Höhe von S 50.996 entstanden, deren Erstattung die beklagte Partei mit Bescheid vom 4.4.1997 ablehnte. Der Grund für diese Behandlungen lag in der Kinderlosigkeit der Klägerin zufolge Zeugungsunfähigkeit ihres Gatten, was von ihr als schwerwiegende Gefährdung ihres geistigen Gesundheitszustandes empfunden wurde. Allerdings befand sie sich in den letzten Jahren nie wegen psychischer Probleme in fachärztlicher psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung und es wurden solche Beeinträchtigungen auch vom praktischen Arzt der Klägerin nicht medikamentös behandelt. Beide Eheleute sind dabei je selbständig sozialversichert und leitet die Klägerin ihr Begehren aus der für sie bestehenden Krankenversicherung ab.

Gegen den bezeichneten Bescheid erhob die Klägerin mit der Behauptung, die In-vitro-Fertilisation sei notwendig gewesen, um die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung ihres geistigen Gesundheitszustandes abzuwenden, da es aufgrund der durch die bereits 17 Jahre gegebene Zeugungsunfähigkeit ihres Gatten samt Kinderlosigkeit zu schweren psychischen Störungen gekommen sei, Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, den Kostenersatz von S 50.996 samt 4 % Zinsen seit 4.4.1997 zu leisten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Feststellungen sowie weiters die Negativfeststellung, daß nicht festgestellt werden könne, daß bei der Klägerin tatsächliche psychische Störungen bestanden. In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß Ursache der Behandlungen kein regelwidriger Zustand der Klägerin gewesen sei, da diese selber zur natürlichen Empfängnis fähig sei. Da sie auch keine Krankenbehandlungen im Hinblick auf etwaige psychische Störungen, welche im übrigen auch nicht vorlägen, in Anspruch genommen habe, sei der Versicherungsfall der Krankheit im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Eine In-vitro-Fertilisation sei keine adäquate Krankenbehandlung für bei der Klägerin allenfalls vorgelegene psychische Störungen. Die (in ihrer Mängel- bzw Beweisrüge gerügte) Negativfeststellung betreffend das Vorliegen schwerer psychischer Störungen bei der Klägerin zufolge ihres unerfüllten Kinderwunsches sei daher nicht entscheidungswesentlich. Daß diese Ansicht richtig sei, zeige sich umso deutlicher, wenn man den Sachverhalt nur geringfügig variiere:

Wenn etwa eine Frau aufgrund eines schweren körperlichen Leidens ihres Kindes (zB Herzfehler) an Depressionen leide, würde man auch nicht die Kosten einer möglicherweise erfolgversprechenden Herzoperation des Kindes als adäquate Behandlungskosten der Depressionen der Mutter ansehen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG zu, weil es zur Frage, ob das Vorliegen von auf die Kinderlosigkeit zurückzuführenden Depressionen es allenfalls begründen könnte, die bei der Klägerin im Rahmen der Insemination vorgenommenen Leistungen dem Begriff der Krankenbehandlung zu unterstellen, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angegebenen Grund zulässig, zumal in der inzwischen bereits mehrfach veröffentlichten Entscheidung 10 ObS 2371/96s (JBl 1997, 673 = RdM 1997/31) dieser Fragenkomplex ausdrücklich offengelassen worden war.

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Daß eine - zwecks Herbeiführung einer Schwangerschaft (nicht aber auch zwecks Behandlung aus der Kinderlosigkeit resultierender Depressionen) - vorgenommene künstliche Befruchtung einer an sich vollkommen gesunden (auch nicht depressiven) und empfängnisfähigen Frau, die nur wegen Zeugungsunfähigkeit ihres Mannes kinderlos geblieben ist, keine Krankenbehandlung der Frau im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG darstellt, hat der Senat in der zitierten Entscheidung 10 ObS 2371/96s bereits entschieden; diese Entscheidung wurde inzwischen nicht nur mehrfach veröffentlicht, sodaß auf deren Begründung verwiesen werden kann, sondern auch zustimmend besprochen (Bernat in Glosse RdM 1997, 158). Dieser Grundsatz steht auch im vorliegenden Fall nicht in Diskussion. Anders als in Deutschland, wo gemäß § 27 a Abs 2 des SGB V seit dem 1.1.1989 Inseminationen (unter den in Abs 1 dieser Gesetzesstelle taxativ aufgezählten Voraussetzungen) ausdrücklich als Leistungen der Krankenbehandlungen gelten und damit in den Katalog der ersatzfähigen Leistungen aufgenommen sind (siehe hiezu ausführlich Höfler in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd 1, Anm 1 ff zu § 27 a SGB V), fehlt eine derartige Rechtsvorschrift derzeit im österreichischen Sozialversicherungsrecht und wurde eine solche auch nicht im Zusammenhang mit dem am 1.7.1992 in Kraft getretenen Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) BGBl 1992/275 geschaffen.

Entscheidend - und insoweit von dem zu 10 ObS 2371/96s zugrundeliegenden Fall abweichend - ist in der vorliegenden Sozialrechtssache vielmehr, ob die Behebung von Depressionen einer kinderlosen Frau durch ärztliche Befruchtung als Krankenbehandlung im Sinne des ASVG anzusehen ist. Die Parteien haben hiezu zwar in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3.6.1997 außer Streit gestellt, daß sich die Klägerin wegen psychischer Probleme in den letzten Jahren nie in fachärztlicher psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung befunden hat und derartige psychische Beeinträchtigungen auch von ihrem praktischen Arzt nicht medikamentös behandelt wurden; damit ist jedoch nicht außer Streit gestellt, daß die Klägerin nicht dennoch - wenngleich unbehandelt - an solchen psychischen Problemen gelitten hat, diese Probleme behandlungsbedürftig gewesen waren und letztlich durch die nunmehr verfahrensgegenständlichen Behandlungsmethoden gynäkologischer Art bzw Behandlungseinsätze zwischen dem 20.5.1995 und 20.6.1996 beseitigt (gebessert) wurden. Daß der (unerfüllte) Wunsch nach einem Kind jedenfalls bei sterilen Frauen zu depressiven Verstimmungen und Belastungen führen kann, wird auch in der medizinischen Wissenschaft durchaus bejaht (vgl hiezu etwa den Forschungsband Psychologische Probleme in der Reproduktionsmedizin, herausgegeben von E. Brähler und A. Meyer, Springer-Verlag 1991, speziell Knorre, Fertilität und Infertilität aus psychosomatischer Sicht, 3 ff; Davies-Osterkamp, Psychologische Untersuchungen im Rahmen künstlicher Befruchtungstechniken; Eine kritische Bestandsaufnahme 15 ff, sowie Springer-Kremser, Fallstudien zur In-vitro-Fertilisation unter besonderer Berücksichtigung der Position der Ehemänner, 66 ff). Auch Kletter (Wunschkind auf Krankenschein? in SozSi 1996, 325 [327 f]) verwies erst jüngst auf die in psychischer Hinsicht besondere Belastungssituation von Frauen, wenngleich prioritär solcher, die sich der "Behandlungsprozedur" einer In-vitro-Fertilisation unterziehen, hin. Ebensolche Hinweise finden sich schon im Aufsatz von Schüssler, Die In-vitro-Fertilisation als medizinisch notwendige Heilmaßnahme - Ein Beitrag zur Problematik des Versicherungsschutzes, in VersR 1986, 322.

§ 120 Abs 1 Z 1 ASVG definiert den Versicherungsfall der Krankheit als regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der eine Krankenbehandlung notwendig macht, durch welche wiederum (so § 133 Abs 2 ASVG) die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden sollen. Im Sinne dieser Legaldefinition sind Depressionen - nach deren Ursächlichkeit die medizinische Wissenschaft verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden pflegt (Näheres in Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch255, 335 f) - ein regelwidriger Geisteszustand und damit eine psychische Krankheit (Erkrankung), gleichgültig, welche Ursachen sie im konkreten Fall haben mögen (hier allenfalls Kinderlosigkeit). Zur Behandlung eines solchen Versicherungsfalles (und damit Beseitigung bzw Linderung von Depressionen) sieht § 133 Abs 1 ASVG ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe vor, wobei die Krankenbehandlung nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ausreichend und zweckmäßig sein muß, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf, und die aufgezählten Leistungen der Krankenbehandlung entweder als Sachleistung oder in Form der Kostenerstattung zur Verfügung gestellt werden (zuletzt ausführlich Schrammel, Die Durchsetzung von Leistungsansprüchen in der sozialen Krankenversicherung, Festschrift Tomandl [1998], 679 [680 ff]). Nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften hat ein Versicherter hiebei (nur) Anspruch auf eine seinem Leidenszustand adäquate (ausreichende und zweckmäßige: § 133 Abs 2 erster Satz ASVG) Behandlung, wobei grundsätzlich alle medizinisch gebotenen Behandlungsmethoden zum Leistungskatalog gehören (Schrammel, aaO 698).

Aus den hier zur Anwendung gelangenden und wiedergegebenen gesetzlichen Vorschriften folgert freilich, daß sich das Problem eines Kostenersatzes immer nur für tatsächlich gegebene psychische Störungen des Gesundheitszustandes einer vom unerfüllten Kinderwunsch belasteten Frau stellen kann; soweit - wie in der Klage zusätzlich (AS 3, vorletzter Absatz) - behauptet, bloß die Abwendung der Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung ihres geistigen Gesundheitszustandes (also einer erst in der Zukunft möglicherweise drohenden Erkrankung im Sinne der Legaldefinition des ASVG) angestrebt wird, wäre das Klagebegehren schon von vornherein als verfehlt anzusehen und ihm ein Erfolg zu versagen: Die bloße Möglichkeit des Umschlagens einer psychischen Belastung in eine psychische Störung mit Krankheitswert, mit anderen Worten: die bloße Gefahr einer psychischen Erkrankung, ist keine Krankheit im Sinne des § 120 Abs 1 Z 1 ASVG und damit kein Versicherungsfall im Sinne desselben, würde doch andernfalls der Krankheitsbegriff des ASVG einseitig und in unzulässiger Weise zu Lasten des Versicherungsträgers ausgeweitet werden, weil eben ein regelwidriger Geisteszustand noch nicht eingetreten ist und ein Leistungsanspruch für Krankheitsverhütung nur für die in § 156 ASVG aufgezählten Maßnahmen vorgesehen ist, worunter der gegenständliche Fall jedoch nicht zu subsumieren ist (so auch Schüssler, aaO VersR 1986, 322; LG München NJW 1984, 2631 [2632]). Entscheidungsrelevant kann damit bloß die ebenfalls in der Klage aufgestellte (vom Erstgericht durch eine Negativfeststellung offengelassene, vom Berufungsgericht hingegen als "nicht entscheidungswesentlich" qualifizierte) Behauptung eines Konnexes zwischen den in Anspruch genommenen Fertilisationsbehandlungen einerseits und einer bereits bestandenen "schweren psychischen Störung des Gesundheitszustandes" andererseits sein.

In der Entscheidung 35 R 52/85 (veröffentlicht in SSV 25/50 = SVSlg

28.934) hat das OLG Wien - damals als in Leistungsstreitsachen letzte Instanz - im Falle einer nach den maßgeblichen Feststellungen tatsächlich zufolge (eigener) Sterilität zunehmend depressiv gewordenen Frau, bei welcher nach Durchführung einer extrakorporalen Befruchtung eine Besserung dieses depressiven Zustandsbildes eingetreten war, deren auf Kostenersatz gerichtetes Begehren für die zur Vornahme der Fertilisationsmaßnahmen in Anspruch genommene Anstaltspflege im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß es sich bei der außerkörperlichen Befruchtung um keine Krankenbehandlung im Sinne des ASVG handle, und zwar auch nicht im Hinblick auf die festgestellten Depressionen; die Behandlung habe sich nämlich nicht gegen die in der Person der Patientin gelegenen Ursachen der Depressionen, sondern nur gegen äußere Umstände (nämlich die Kinderlosigkeit), auf die sie möglicherweise zurückgingen, gerichtet. Davon abweichend hatte das Schiedsgericht der Sozialversicherung für Wien (SVSlg 28.942, 28.943) die Kosten einer extrakorporalen Fertilisierung einer unfruchtbaren Frau, wenn diese damit auch zur psychischen Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes diente, als Krankenbehandlung zur Behebung dieses regelwidrigen Geisteszustandes zugesprochen. Binder, Die Krankenversicherung und der OGH (in Tomandl, Der OGH als Sozialversicherungshöchstgericht [1994], 1 [8]) trat - aus ökonomischer Sicht der Kostentragung - dafür ein, daß durch Kinderlosigkeit ausgelöste psychische Defekte, insbesondere langwierige Depressionen, in die Leistungszuständigkeit der Krankenversicherung fallen sollten, da diese "in der Wurzel und nicht durch - kaum weniger kostspielige - Symptombehandlung zu bekämpfen" seien. Demgegenüber bezeichnete es Bernat, Rechtsfragen medizinisch assistierter Zeugung, 67, bereits im Jahre 1989 als verfehlt, die Krankenbehandlung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft samt Geburt nur in den Fällen zuzubilligen, bei denen psychische Folgen der Kinderlosigkeit drohen oder bereits vorhanden sind; es gebe nämlich "keine psychische Indikation (wohl aber Gegenindikationen) für die extrakorporale Befruchtung". Diese Auffassung hat Bernat erst jüngst in seiner bereits zitierten Entscheidungsbesprechung in RdM 1997, 158 wiederholt und sich dabei auf Kentenich/Luberichs/Gagel/Pastor in Fischl, Kinderwunsch [1995], 29 ff berufen. Danach sind (auch aus medizinischer Sicht) Schwangerschaft und Geburt, aber eben nicht Depressionsbehandlung und/oder -beseitigung die anzustrebenden Erfolgskriterien jeglicher Sterilitätsbehandlung (aaO, 33 ff); die Behandlung früherer wie auch erst in der Behandlung auftretender depressiver Reaktionen ist vielmehr Sache der Psychiatrie, nicht des Gynäkologen (aaO, 36 f). Nur ersteren ist daher - jedenfalls aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht - die Krankenbehandlung (§ 133 Abs 2 ASVG) zur Herstellung, Festigung oder Besserung der Gesundheit einer (kinderwunschbedingt) psychisch kranken Frau aus dem Versicherungsfall der Krankheit im Sinne des § 120 Abs 1 Z 1 ASVG übertragen, und kann daher auch nur für eine solche Behandlung ein Leistungsbegehren aus dem Titel der Krankenversicherung mit Erfolg erhoben werden, nicht hingegen aus - wie hier - rein gynäkologischen Eingriffen.

Dieser Auffassung schließt sich auch der erkennende Senat des Obersten Gerichtshofes an. Ob hiebei die Forderung Binders, aaO, nach einer Leistungspflicht der Krankenversicherung für solche Fälle de lege ferenda zweckmäßig sein mag, kann hiebei unerörtert bleiben, weil ein solcher Anspruch aus dem geltenden Recht nicht abgeleitet werden kann. Dieses Ergebnis steht damit auch im Einklang zu Kletter, aaO SozSi 1996, 325 ff, der sich erst jüngst mit der anstehenden Problematik befaßt hat. Auch er kommt zum Ergebnis (342 f), daß "unerfüllter Kinderwunsch als solcher keine Krankheit, sondern nur das medizinische Konzeptionshindernis" sei und demgemäß "nur die Behandlung des letzteren grundsätzlich Krankenbehandlung im Sinne der Sozialversicherungsgesetze" sein könne; nur "ein Kind zu haben" sei seines Erachtens kein Ziel der Krankenbehandlung. Kletter spricht in diesem Zusammenhang - nämlich der Erzeugung eines Kindes ua "zur Vorbeugung gegen psychisch-soziale Belastung" - auch von einer (abzulehnenden) "Instrumentalisierung eines Menschen zum Nutzen und auf Wunsch anderer Personen", wie sie vor ihm bereits Rhonheimer (Die Instrumentalisierung menschlichen Lebens, in F. Bydlinski/Mayer-Maly, Fortpflanzungsmedizin und Lebensschutz [1993], 41 ff [speziell 46]) abgelehnt hat, da ja nicht die (Kinder-)Wunscherfüllung im Vordergrund stehen dürfe. Auf diese (eigentlich mehr philosphisch-ethischen als juristischen) sowie auch die weiteren von Kletter, aaO 342 - freilich ohne nähere Begründung - gebrauchten Argumente, nämlich objektive Unüberprüfbarkeit angeblich bereits vorliegender oder drohender Leidenszustände, das Fehlen einer objektiven Anspruchsprüfung sowie die Unvereinbarkeit mit dem Aufgabenbereich der sozialen Krankenversicherung, kommt es allerdings im Ergebnis hier ohnedies nicht an, sodaß hierauf daher nicht mehr näher eingegangen zu werden braucht.

Das Klagebegehren wurde daher von den Vorinstanzen zutreffend abgewiesen. Ihrer hingegen erhobenen Revision ist daher aus allen diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Abgesehen davon, daß im Hinblick auf die zahlreichen für das Vorliegen einer Depression denkbaren Ursachen und die dabei zumeist bestehenden komplexen Ursachenkombinationen regelmäßig der Nachweis, daß im konkreten Fall gerade ein unerfüllter Kinderwunsch als einziger Grund für das Bestehen einer Depression in Frage kommt, kaum zu führen sein wird, bildet eine künstliche Insemination keine von der Krankenversicherung zur Behandlung von Depressionen zur Verfügung gestellte Krankenbehandlung. Es handelt sich dabei nicht um eine unmittelbare Behandlung der psychischen Störung, sondern um eine Maßnahme, bei der ein ganz anderer Erfolg, nämlich die Erfüllung eines bisher versagten Kinderwunsches im Vordergrund steht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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