Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Ein Gläubiger hatte die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der im Firmenbuch eingetragenen Gesellschaft mbH beantragt, seinen Antrag aber zurückgezogen. Mit Beschluß vom 20.1.1998 faßte das Konkursgericht gemäß § 71b Abs 1 KO idF des IRÄG 1997 den Beschluß, daß der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens nicht eröffnet werde. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft.
Das Firmenbuchgericht verfügte die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Firmenbuch gemäß § 1 ALöschG. Gleichzeitig verfügte es die Löschung der Funktion der Geschäftsführerin und ihre Eintragung als Liquidatorin.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Gemäß § 1 Abs 1 ALöschG werde eine Gesellschaft mbH mit der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Konkursmasse abgewiesen wird. Nach der Formulierung des Spruches des Beschlusses des Konkursgerichtes sei hier zwar keine Abweisung eines Konkursantrages erfolgt, der Konkurs sei nur mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens nicht eröffnet worden. Im Spruch sei die Bestimmung des § 71b Abs 1 KO angeführt worden. Diese Gesetzesbestimmung sei mit "Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens" überschrieben. Damit habe der Gesetzgeber mit dem IRÄG 1997 klargestellt, daß eine Beschlußfassung des Konkursgerichtes nach der zitierten Gesetzesstelle, bei welcher die Zurückziehung des Konkursantrages des Gläubigers nach § 70 Abs 4 KO nicht zu berücksichtigen sei, der Abweisung eines Konkursantrages gleichzusetzen sei. Mit der Rechtskraft des Beschlusses des Konkursgerichtes sei die Auflösung der Gesellschaft eingetreten. Die vom Erstgericht von Amts wegen verfügte Eintragung der Auflösung im Firmenbuch habe nur rechtsbekundenden Charakter. Die Auflösung sei eine Rechtsfolge des rechtskräftigen Beschlusses des Konkursgerichtes. Das Firmenbuchgericht habe bei der Erlassung seines Eintragungsbeschlusses die Richtigkeit desselben nicht zu prüfen und sei an die rechtskräftige Entscheidung gebunden. Anders als bei der Löschung nach § 2 ALöschG ändere sich mit der Auflösung der Gesellschaft nicht der Gegenstand des Unternehmens, sondern nur der Gesellschaftszweck, der nunmehr in der Liquidation liege. Die Frage der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft sei im Amtslöschungsverfahren nach § 2 ALöschG zu prüfen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Rechtsfrage, ob ein rechtskräftiger Beschluß des Konkursgerichtes nach § 71b Abs 1 KO dem Fall der Abweisung eines Konkursantrages eines Gläubigers mangels kostendeckenden Vermögens gleichzusetzen sei, liege eine oberstgerichtliche Judikatur nicht vor.
Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Gesellschaft die Abänderung dahin, daß die verfügten Eintragungen aufgehoben werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht erkannten Grund zulässig. Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Die rekurrierende Gesellschaft steht auf dem Standpunkt, daß es nach wie vor zwingende Voraussetzung für die Auflösung einer Gesellschaft sei, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögens abgewiesen wurde, wie dies im § 1 Abs 1 ALöschG ausdrücklich vorgesehen sei. Dazu ist folgendes auszuführen:
Die Abweisung eines Konkurseröffnungsantrages mangels kostendeckenden Vermögens führt gemäß § 1 Abs 1 ALöschG zur Auflösung der Gesellschaft ex lege. Das vom Auflösungsgrund verständigte Firmenbuchgericht hat die Auflösung von Amts wegen im Firmenbuch einzutragen (1 Ob 2014/96z mwN). Die Eintragung im Firmenbuch ist bloß deklarativ. Eine nach § 1 ALöschG aufgelöste Gesellschaft kann ihre Fortsetzung beschließen. Dies setzt aber ein nachzuweisendes liquides Aktivvermögen voraus (GesRZ 1992, 286 ua). Mit der Neuordnung des Insolvenzrechtes durch das IRÄG 1997 wurde ua das Erfordernis der Gläubigermehrheit für die Konkurseröffnung beseitigt und es wurden gesetzliche Bestimmungen zur Verhinderung der rechtsmißbräuchlichen Antragstellung von Gläubigern geschaffen. Der häufig zu beobachtenden Vorgangsweise, wonach Gläubiger durch Anträge auf Konkurseröffnung versuchten, ihre Forderungen durch das Druckmittel der Konkurseröffnung bevorzugt einzutreiben und nach Befriedigung den Konkursantrag wieder zurückziehen, soll mit der Bestimmung des § 70 Abs 4 KO idgF entgegengewirkt werden (RV zu § 70, abgedruckt bei Reich-Rohrwig/Zehetner, Das neue Insolvenzrecht 116 f). Danach ist bei der Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag die Zurückziehung des Gläubigerantrages nicht zu berücksichtigen. Eine vom Schuldner bescheinigte Befriedigung des Gläubigers oder eine Stundungsvereinbarung entkräftet das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit noch nicht. Das Gericht hat vielmehr von Amts wegen (§ 173 Abs 5 KO) die Voraussetzungen für eine Eröffnung des Konkurses zu prüfen. Wenn es den Konkursantrag dennoch abweist, ist der Beschluß den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden zuzustellen (§ 70 Abs 4 letzter Satz KO). Diese haben ein Rekursrecht (§ 71c Abs 1 KO). § 71b Abs 1 KO bestimmt unter der Überschrift "Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens", daß der Spruch des Beschlusses, womit der Konkurs nicht eröffnet wird, einen Hinweis auf das mangelnde kostendeckende Vermögen zu enthalten habe. § 1 Abs 1 ALöschG, der für die Auflösung der Gesellschaft die Rechtskraft des Beschlusses über die Abweisung des Gläubigerantrages auf Konkurseröffnung voraussetzt, wurde im Zuge der Insolvenzrechtsreform nicht geändert. Diese Norm ist im Lichte der neuen Gesetzesbestimmungen nach dem Gesetzeszweck des Auflösungsgrundes auszulegen. Die Auflösung der Gesellschaft ändert deren Geschäftszweck. Dieser besteht nicht mehr in der gewinnbringenden Führung des Unternehmens, sondern in der Verwertung des vorhandenen Vermögens. Bei fehlendem liquiden Aktivvermögen hat die vom Gesetzgeber gewünschte Auflösung der Gesellschaft den im allgemeinen Interesse liegenden Zweck, die Gesellschaft vom weiteren Geschäftsverkehr auszuschließen (GesRZ 1992, 286). Dieser Gesetzeszweck besteht grundsätzlich unabhängig von einer Antragstellung eines Gläubigers. Dies geht auch aus der Möglichkeit der amtswegigen Löschung von vermögenslosen Gesellschaften nach § 2 ALöschG hervor, bei der nicht einmal eine Liquidation stattfindet. Das im § 1 Abs 1 ALöschG neben der relativen (nicht kostendeckenden) Vermögenslosigkeit normierte Tatbestandsmerkmal der Abweisung eines Gläubigerantrages war nach der alten Rechtslage mit den Bestimmungen der KO im Einklang, weil dort nach der Zurückziehung des Gläubigerantrages das Konkursgericht nicht mehr die Möglichkeit hatte, den Konkurs dennoch zu eröffnen. Eine weitere Prüfung der Konkursvoraussetzungen unterblieb. Nunmehr ist jedoch die Zurückziehung des Gläubigerantrages nicht mehr zu berücksichtigen, sie ist für die weitere Prüfung der Konkursvoraussetzungen, also auch derjenigen nach § 71 Abs 1 KO über das Vorhandensein eines kostendeckenden Vermögens, wirkungslos. Im § 70 Abs 4 KO und in der Überschrift des § 71b Abs 1 KO ist zwar jeweils von der Abweisung des Gläubigerantrages auf Konkurseröffnung die Rede, aus § 71b Abs 1 KO und dem Sinne beider Gesetzesbestimmungen geht aber klar hervor, daß das Gericht trotz Zurückziehung des Gläubigerantrages verpflichtet ist, über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Konkurses zu entscheiden. Im Fall der Nichteröffnung des Konkurses kann sich die Entscheidung auf diese Feststellung beschränken, weil es grammatikalisch widersprüchlich wäre, einen schon zurückgezogenen Antrag noch formell abzuweisen. Es könnte allerdings auch die Ansicht vertreten werden, daß der Gläubigerantrag trotz der Zurückziehung wegen der Wirkungslosigkeit der Zurückziehung auch formell abgewiesen wird. Die Spruchformulierung ist jedoch nicht entscheidend. Wesentlich ist, daß das Konkursgericht die Vermögenslage des Schuldners amtswegig in gleicher Weise prüft, wie dies bei noch aufrechtem Gläubigerantrag der Fall ist und daß in beiden Fällen die Konkurseröffnung mangels kostendeckenden Vermögens verweigert wird. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die ex lege eintretende Auflösung einer Gesellschaft infolge der Abweisung eines Gläubigerantrages deswegen nicht eintreten zu lassen, weil der Gläubigerantrag infolge seiner Zurückziehung formell nicht mehr abgewiesen werden kann, obwohl das Gesetz gleichzeitig die Wirkungslosigkeit (Nichtberücksichtigung) der Zurückziehung des Gläubigerantrages ausdrücklich anordnet. Die Gleichbehandlung der Fälle ist geboten, weil das tragende Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs 1 ALöschG in der Verweigerung der Konkurseröffnung wegen kostendeckenden Vermögens zu erblicken ist, welche Frage das Konkursgericht abschließend und bindend mit seinem in materieller Rechtskraft erwachsenden Beschluß entscheidet. Eine nach Zurückziehung eines Gläubigerantrages auf Konkurseröffnung ergangene rechtskräftige Entscheidung des Konkursgerichtes nach § 71b Abs 1 KO idF des IRÄG 1997, womit die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Gesellschaft mbH mangels kostendeckenden Vermögens abgelehnt wird, ist dem Fall der Abweisung des Konkurseröffnungsantrages nach § 1 Abs 1 ALöschG gleichzusetzen und führt zu der ex lege eintretenden Auflösung der Gesellschaft.
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