OGH 6Ob116/98x

OGH6Ob116/98x7.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eleonora K*****, vertreten durch Dr.Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing.Hubert F*****, vertreten durch Dr.Peter Zumtobel und Dr.Harald Kronberger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 96.816,14 S sA (Revisionsinteresse 69.568,94 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 28.Jänner 1998, GZ 22 R 453/97i-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St.Gilgen vom 12.September 1997, GZ C 553/96 s-18, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat dem Beklagten die mit 4.871,04 S (darin enthalten 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin hatte den Beklagten 1983 mit der Planung und Errichtung eines Wohnhauses sowie der örtlichen Bauaufsicht beauftragt. Aufgrund eines Planungsfehlers wurden Teile des Einfahrtsbereiches auf fremdem Grund errichtet. Es handelte sich dabei um eine Hecke, Pflasterboden und ein Müllhäuschen. Die Inanspruchnahme fremden Grundes durch die Bauführung der Klägerin stellte sich am 4.10.1991 anläßlich der Vermessung der Grundstücksgrenze zwischen der Klägerin und ihren Nachbarinnen heraus. Nachdem eine gütliche Einigung - an der der Beklagte Interesse hatte - nicht zustande gekommen war, brachten die Eigentümerinnen des Nachbargrundstückes beim örtlich zuständigen Bezirksgericht eine Klage auf Entfernung der auf ihrem Grundstück errichteten Teile und Unterlassung gegen die hier klagende Partei ein. In der mündlichen Streitverhandlung vom 25.6.1992 kam es zu Vergleichsgesprächen. Der Vertreter der dort klagenden Nachbarinnen schlug vor, die nun klagende Partei sollte den betroffenen Grundstücksteil um 25.000 S kaufen und die bisher aufgelaufenen Vermessungskosten (19.994,40 S) sowie die Prozeßkosten von damals 9.500 S tragen. Es wurde wohl Einigung über den Ankauf der Liegenschaftsteile und den Kaufpreis sowie über die Tragung der Kosten der Vermessung erzielt, die nunmehrige Klägerin weigerte sich jedoch, die Verfahrenskosten zu ersetzen. Der Vergleichsversuch scheiterte. Die Eigentümerinnen des Nachbargrundstückes drangen mit ihrem Rechtsstandpunkt beim Obersten Gerichtshof durch. Das Verfahren wurde schließlich am 23.6.1995 durch Vergleich beendet, wobei sich die nunmehrige Klägerin zur Entfernung der Überbauten und zur Zahlung der Prozeß- und Vermessungskosten von 110.350 S verpflichtete.

Mit ihrer nun gegen den Planer gerichteten Klage begehrt die Klägerin 96.816,40 S samt Zinsen, das sind 50 % der ihr entstandenen Beseitigungs- und Wiederherstellungskosten für Baumeister, Schlosser, Elektriker sowie der Vermessungs- und Verfahrenskosten des Vorprozesses. Der Beklagte hafte für 50 % aller Nachteile, die der Klägerin aus dem Planungsfehler entstanden seien.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, er habe der Klägerin von einer Prozeßführung gegen die Grundnachbarn abgeraten. Hätte sie den Vergleichsvorschlag der damaligen Kläger zu Beginn des Vorprozesses angenommen, wären keine weiteren Kosten angefallen, da die auf fremdem Grund errichteten Gebäudeteile hätten belassen werden können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 50 % des seinerzeitigen Vergleichsanbotes statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte ergänzend fest, im Falle eines Vergleichsabschlusses im Vorprozeß und einer Übertragung des Eigentumsrechts an den überbauten Liegenschaftsteilen wäre eine Änderung bzw Entfernung der bestehenden Bauten nicht erforderlich gewesen. Jene Aufwendungen und Kosten, die die Klägerin deshalb zu tragen habe, weil sie mit ihrem Rechtsstandpunkt im Vorprozeß nicht durchgedrungen sei, wären nicht entstanden. Der Beklagte hafte aufgrund des von ihm zu vertretenden Planungsfehlers im Umfang der von der Klägerin geltend gemachten 50 %. Der Klägerin falle eine Verletzung der Schadensminderugspflicht zur Last.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Die Klägerin habe die ihr obliegende Schadensminderungspflicht verletzt, indem sie den im Vorprozeß angebotenen Vergleich abgelehnt habe. Das Vergleichsanbot sei für sie besonders günstig gewesen, da sie auch im Falle ihres Obsiegens den gemeinen Wert des von der Bauführung betroffenen Grundstücksteiles hätte ersetzen müssen. Durch Vergleichsabschluß hätte sie den durch den Planungsfehler des Beklagten entstandenen Schaden beschränken können, wozu sie nach den besonderen Umständen des Falles auch verpflichtet gewesen wäre. Der Beklagte hafte nur für jenen Schaden, der auch bei pflichtgemäßem Verhalten der Klägerin entstanden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - (§ 508 a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor:

Aus § 1304 ABGB ergibt sich die Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten (JBl 1990, 587; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 37 zu § 1304; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 12/85). Der Geschädigte hat alles vorzukehren, um eine unnötige Vergrößerung des Schadens hintanzuhalten und darf die Schadensfolgen auch nicht durch Unterlassung des erforderlichen und zumutbaren Verhaltens vergrößern (Reischauer aaO Rz 38). Nach der Rechtsprechung verletzt derjenige die Schadensminderungspflicht, der schuldhaft Handlungen unterläßt (wobei auch leichte Fahrlässigkeit genügt, Reischauer aaO Rz 38), die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt würden und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verhindern (JBl 1990, 587; stRsp RIS-Justiz RS0023573). Was dem Geschädigten zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 15 zu § 1304 mwN). Dabei handelt es sich um eine nach Lage des Einzelfalles zu lösende Rechtsfrage.

Das Berufungsgericht ist angesichts des der Klägerin im Vorprozeß angebotenen, für sie äußerst günstigen Vergleichs von einer Verletzung der Schadensminderungspflicht ausgegangen und hat ihr nur jenen Schaden zugesprochen, der auch bei Abschluß des Vergleichs entstanden wäre. Seine Auffassung, daß die Klägerin nach den Interessen beider Streitteile im vorliegenden Fall und den hier anzuwendenden Grundsätzen des redlichen Verkehrs verpflichtet gewesen wäre, diesen Vergleich abzuschließen, wodurch der darüber hinausgehende Schade hätte verhindert werden können, steht mit den Grundsätzen der Rechtsprechung in Einklang. Eine auffallende Fehlbeurteilung ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil die Klägerin den gemeinen Wert der überbauten Grundstücksteile auch dann hätte ersetzen müssen, wenn sie mit ihrem im Vorprozeß vertretenen Rechtsstandpunkt durchgedrungen wäre. Ein durchschnittlich verständiger Geschädigter hätte das Vergleichsanbot angesichts dieses Umstandes und seiner darin begründeten besonderen Günstigkeit angenommen, um künftige höhere Schäden zu vermeiden. Bei gehöriger Aufmerksamkeit wäre der Klägerin die Günstigkeit des Angebotes und dessen Eignung zur Schadensbegrenzung nicht verborgen geblieben.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung der Revision.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sein Rechtsmittel war somit einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich.

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