OGH 4Ob134/98d

OGH4Ob134/98d5.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika G*****, wider die beklagte Partei Mohamed Fawzy Shaker G*****, derzeit unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr.Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, infolge Rekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21.Jänner 1998, GZ 45 R 35/97z-14, mit dem die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19.September 1997, GZ 3 C 214/96p-9, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt die Scheidung ihrer Ehe mit dem Beklagten aus dessen alleinigem Verschulden. Der Beklagte sei als Mordverdächtiger nach Ungarn ausgeliefert worden; er habe sie mit einer anderen Frau betrogen und ihr nie Unterhalt geleistet. Durch das Verhalten des Beklagten sei die Ehe tiefgreifend und unheilbar zerrüttet.

Der durch einen Abwesenheitskurator vertretene Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 19.9.1997 schied das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Ehe der Streitteile aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten. Das Urteil wurde dem Abwesenheitskurator am 30.9.1997 zugestellt. Der Abwesenheitskurator erhob gegen das Urteil Berufung und adressierte das mit 27.10.1997 datierte Rechtsmittel an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, bei dem die Berufung am 28.10.1997 einlangte. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien übermittelte die Berufung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Dort langte die Berufung am 30.10.1997 ein.

Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück. Die Berufungsfrist habe am 28.10.1997 geendet. Da die Berufung falsch adressiert gewesen sei, sei das Einlangen beim Erstgericht maßgebend.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß gerichtete Rekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Der Beklagte ist der Auffassung, daß allenfalls der Postenlauf zwischen der Aufgabe der Berufung und dem Einlangen beim unzuständigen Gericht in die Frist einzurechnen sei, nicht aber die Zeit der Übermittlung des Rechtsmittels vom Berufungsgericht an das Erstgericht. Damit werde sowohl dem Umstand Rechnung getragen, daß eine fehlerhafte Adressierung die Berufungsfrist nicht verlängere, andererseits werde auch berücksichtigt, daß die Tage des Postenlaufes nach § 89 GOG nicht einzurechnen seien. Die vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsprechung werde den Umständen des konkreten Falles nicht gerecht. Sowohl aus der Angabe der Geschäftszahl des Erstgerichtes als auch aus dem Einleitungssatz, daß Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien erhoben, sei unschwer zu erkennen gewesen, daß dem Beklagten bewußt gewesen sei, an welches Gericht die Berufung zu richten gewesen wäre und er den Schriftsatz nur irrtümlich falsch adressiert habe. Das Berufungsgericht hätte die Berufung durch Boten - allenfalls auch durch Einschaltung des Beklagtenvertreters - noch vor Ablauf der Berufungsfrist dem Erstgericht übermitteln können. Dem ist nicht zu folgen:

Gemäß § 89 Abs 1 GOG werden bei gesetzlichen Fristen, die in bürgerlichen Rechtssachen einer Partei zur Überreichung von Schriftsätzen offenstehen, die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet, doch muß das Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert sein. Ein an ein falsches Gericht adressiertes Rechtsmittel wahrt die Frist nur dann, wenn es noch innerhalb der offenen, durch § 89 GOG nicht berührten Frist beim zuständigen Gericht einlangt (stRsp ua SZ 60/192; RZ 1990/109; EvBl 1992/188; RIS-Justiz RS0041608).

§ 89 GOG bewirkt demnach, daß die Post als "verlängerte" Einlaufstelle des Gerichtes auftritt; die Bestimmung soll aber nicht von der Verpflichtung entbinden, die richtige Behörde anzurufen. Andernfalls wäre der Benützer der Post gegenüber demjenigen privilegiert, der einen Schriftsatz selbst überreicht (RZ 1990/109; RIS-Justiz RS0041753).

Die Umstände des konkreten Falles bieten keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen:

Entscheidend ist nicht, ob der Rechtsmittelwerber gewußt hat, an welches Gericht das Rechtsmittel zu richten ist und nur irrtümlich ein falsches Gericht angegeben hat; maßgebend ist allein, an welches Gericht das Rechtsmittel adressiert ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Eingabe bei sofortiger Weiterleitung oder bei Verständigung des Rechtsmittelwerbers noch vor Ablauf der Frist beim zuständigen Gericht eingelangt wäre, weil die Postaufgabe nur die Überreichung beim zuständigen Gericht ersetzt (s RZ 1990/31; 8 Ob 3/96). Hat der Rechtsmittelwerber demnach, wie im vorliegenden Fall, das Rechtsmittel falsch adressiert, so kann er sich weder darauf berufen, daß die Zeit der Postbeförderung nicht in die Frist einzurechnen sei, noch kann er geltend machen, daß ein rechtzeitiges Einlangen beim zuständigen Gericht noch möglich gewesen wäre.

Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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