OGH 1Ob372/97f

OGH1Ob372/97f28.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Dr.Ilse B*****, vertreten durch Dr.Siegfried Legat, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Michaela M*****, vertreten durch Dr.Heimo Schaffer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen S 58.320,-- sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 28.August 1997, GZ 1 R 181/97b-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 30.April 1997, GZ 7 C 9/97h-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem abweisenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem stattgebenden Teil aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. Es wurde am 27.10.1996 von einer Hauseigentümerin der Auftrag erteilt, einen Bestandvertrag über ein im Haus befindliches Gastlokal zu vermitteln. Am selben Tag kontaktierten die Beklagte und ihr Lebensgefährte die Klägerin, weil die Beklagte beabsichtigte, ein Lokal anzumieten, um sich selbständig zu machen. Die Klägerin nannte der Beklagten das Gastlokal, für das sie den Vermittlungsauftrag erhalten hatte. Bereits bei diesem Treffen wurde über die für die Vermittlungstätigkeit zu entrichtende Provision und über die Notwendigkeit des Vorliegens einer Konzession für den Betrieb einer Gaststätte gesprochen. Die Streitteile vereinbarten, daß die Klägerin die „gesetzliche“ Provision in Rechnung stellen werde.

Die Beklagte besichtigte das Lokal am 28.10.1996. Unmittelbar danach errichtete der Ehegatte der Hauseigentümerin den Bestandvertrag, der von der Beklagten unterfertigt wurde, ohne dessen Rechtswirksamkeit von irgendwelchen Bedingungen abhängig zu machen. Die Beklagte sicherte der Klägerin die Zahlung der Provision bis zum Letzten des Monats zu. Nach Abschluß des Bestandvertrags erörterte die Beklagte mit dem Ehegatten der Hauseigentümerin die Möglichkeiten, das Lokal selbständig zu führen; dieses Problem wurde so gelöst, daß formal als Konzessionsträgerin eine Dritte aufscheinen, das Gastlokal jedoch von der Beklagten selbständig geführt werden sollte. Diese Konstruktion war deshalb erforderlich, weil die Beklagte rumänische Staatsangehörige ist und selbst keine Konzession zur Führung eines Gastgewerbebetriebs hatte. Die rechtliche Ausgestaltung der Geschäftsführung durch die Beklagte war für die Klägerin nicht mehr von Interesse, weil der Bestandvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits unterfertigt war.

Die Beklagte eröffnete das Lokal am 7.11.1996. Sie ist Geschäftsführerin und „wirtschaftlich Verfügungsberechtigte“. Von ihr werden sowohl die Lieferanten als auch der Mietzins bezahlt. Die ihr mit Rechnung vom 16.12.1996 in der Höhe des Klagsbetrags vorgeschriebene Provision entrichtete sie indes nicht.

Mit ihrer am 8.1.1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung des aushaftenden Provisionsbetrages von S 58.320 sA schuldig zu erkennen. Angesichts der Willensübereinstimmung zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer sei der Provisionsanspruch fällig. Die Klägerin habe sich nicht um gewerberechtliche Angelegenheiten zu kümmern gehabt, zumal die Beklagte insoweit keinerlei Bedingungen gestellt habe.

Die Beklagte wendete ein, zwischen ihr und der Klägerin sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden. Die Beklagte habe die Klägerin ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, über keine Konzession zu verfügen und rumänische Staatsangehörige zu sein. Die Klägerin habe sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß das vermittelte Geschäft nur dann rechtswirksam werde, wenn es der Beklagten gelingen sollte, persönlich die gewerberechtliche Genehmigung zu erhalten. Danach sei es offenbar zur Anmietung des Gastlokals durch eine Dritte gekommen. Die Beklagte sei nunmehr im Lokal lediglich als Kellnerin beschäftigt. Mangels Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts sei ein Provisionsanspruch gemäß § 7 Abs 2 MaklerG nicht entstanden. Auch gebe es für das Gastlokal keine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung. Es sei deshalb die Geschäftsgrundlage weggefallen. Der Bestandvertrag sei nichtig, weil das Lokal nur mit einer gewerberechtlichen Scheinlösung benützt werden könne und der der Klägerin bekannte Vertragsinhalt mangels behördlicher Bewilligung unmöglich sei. Gestützt auf § 3 des Maklergesetzes werde auch die Mäßigung eines allfälligen Provisionsanspruches geltend gemacht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren - Folge. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Beurteilung aus, daß zwischen den Parteien ein Maklervertrag einschließlich einer Provisionsvereinbarung konkludent zustandegekommen sei. Der Beklagten sei klar gewesen, daß es sich bei der Klägerin um eine professionelle Maklerin handle. Die Verdienstlichkeit der Tätigkeit der Klägerin sei zu bejahen, weil der Bestandvertrag aufgrund deren Vermittlung zustandegekommen sei. Die Beklagte betreibe nach wie vor in dem von der Klägerin vermittelten Bestandobjekt ein Gastlokal. Ein Fall des § 7 Abs 2 MaklerG liege nicht vor, weil die Beklagte den Bestandvertrag ohne Bedingung abgeschlossen habe und weiter an ihm festhalte. Daß die Beklagte selbst bisher keine Konzession erworben habe, falle nicht in die Sphäre der Klägerin, zumal der Bestandvertrag nicht unter der auflösenden Bedingung der Erteilung sämtlicher behördlicher Genehmigungen gestanden sei. Nach herrschender Rechtsprechung sei der Provisionsanspruch des Immobilienmaklers jedenfalls dann gegeben, wenn der Vertrag für den Auftraggeber des Maklers wirtschaftlich von Wert war. Dieser Fall sei hier gegeben.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Beklagte zur Zahlung von S 40.000 sA schuldig erkannte und das auf Zahlung weiterer S 18.320 sA gerichtete sowie das Zinsenmehrbegehren abwies, und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und verwies darauf, daß der von der Beklagten der Klägerin erteilte Vermittlungsauftrag zur Erlangung eines Gastlokals im Rechtsmittel nicht mehr in Frage gestellt werde. Die fehlende Schriftlichkeit stehe der Wirksamkeit des Maklervertrags nicht entgegen. Das von der Klägerin vermittelte Geschäft sei zustandegekommen, weshalb kein Anwendungsfall des § 7 Abs 2 MaklerG vorliege. Die Beklagte betreibe in den Bestandräumlichkeiten eigenverantwortlich ein Lokal. Die Argumentation, es fehle die Geschäftsgrundlage oder diese sei weggefallen, sei nicht stichhältig. Die nähere Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und der Bestandgeberin sei hier ebensowenig von Bedeutung wie die Erfüllung verwaltungsrechtlicher Voraussetzungen. Der Bestandvertrag sei nicht von einer Bedingung abhängig gemacht worden. Eine solche lasse sich auch nicht der Wendung: „Die Verpachtung erfolgt zu Gastgewerbezwecken.“ entnehmen. Daß eine Betriebsanlagegenehmigung nicht erteilt werde, stehe derzeit nicht fest. Ihr Fehlen behindere den Geschäftsbetrieb nicht. Die Beklagte sei im Zeitpunkt ihrer Kontaktaufnahme mit der Klägerin noch nicht als Unternehmerin im Sinne des KSchG anzusehen gewesen. Es gelange daher auf die Vertragsbeziehung zwischen den Parteien § 30b KSchG zur Anwendung. Nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle habe der Makler dem Auftraggeber eine schriftliche Übersicht über die mit dem vermittelten Geschäft voraussichtlich verbundenen Kosten zu übergeben, wobei die Vermittlungsprovision gesondert auszuweisen sei. Verletze der Makler diese Verpflichtung, so werde er dem Auftraggeber schadenersatzpflichtig. Daneben könne der Auftraggeber wegen Verletzung wesentlicher Pflichten eine Mäßigung des Provisionsanspruchs des Maklers (§ 3 Abs 4 MaklerG) begehren, die in schwerwiegenden Fällen bis zu dessen Verlust gehen könne. Überdies treffe den Immobilienmakler nach Abs 2 des § 30b KSchG eine besondere Informationspflicht. Er habe dem Auftraggeber sämtliche Umstände mitzuteilen, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich seien. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei ein Anspruch auf Mäßigung der Provision aufgrund unzureichender Information im Sinne des § 30b Abs 2 KSchG nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte den Gastbetrieb ohnedies als eigenverantwortliche „Chefin“ führe, ohne daß ihr durch die nun in der Berufung aufgezeigten Umstände in irgendeiner Weise Nachteile erwuchsen. Allerdings sei eine Mäßigung des Provisionsanspruchs im Sinne des § 30b Abs 1 KSchG dadurch begründet, daß die Klägerin die in dieser Gesetzesstelle normierten Formvorschriften gänzlich negiert habe. Setze man die Verletzung dieser Pflichten in Relation zu den sonstigen von der Klägerin übernommenen bzw als vereinbart anzusehenden Pflichten und nehme man darauf Bedacht, daß es besonders schwerwiegend sei, daß der rechtsunkundigen Beklagten vor Abschluß des Maklervertrags keinerlei konkrete Angaben über die bevorstehenden Kosten gemacht wurden, so erscheine eine Mäßigung des von der Klägerin erhobenen Provisionsanspruchs auf S 40.000 angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist berechtigt.

Auf den nach dem 1.7.1996 zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits abgeschlossenen Maklervertrag sind sowohl das Maklergesetz (MaklerG) BGBl 1996/262 als auch die durch dieses Gesetz geänderten Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes, insbesondere dessen § 30b, anzuwenden (Art III Abs 1 und 2 BGBl 1996/262). Daß die Beklagte bei Abschluß des Maklervertrags als eines Geschäfts, das eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebs ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt (§ 1 Abs 3 KSchG), als Verbraucherin im Sinne des KSchG anzusehen war, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Diese Ansicht wird auch in den Rechtsmittelschriften nicht in Zweifel gezogen.

§ 30b Abs 1 KSchG normiert die Pflicht des Immobilienmaklers, dem Verbraucher vor Abschluß des Maklervertrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen Immobilienmaklers eine schriftliche Übersicht zu geben, aus der hervorgeht, daß er als Makler einschreitet, und die sämtliche dem Verbraucher durch den Abschluß des zu vermittelnden Geschäfts voraussichtlich erwachsenden Kosten einschließlich der Vermittlungsprovision ausweist. Erfüllt der Makler diese Pflicht nicht spätestens vor einer Vertragserklärung des Auftraggebers zum vermittelten Geschäft, so gilt § 3 Abs 4 MaklerG. Die nach dieser Gesetzessstelle mögliche Mäßigung des Provisionsanspruchs des Maklers hat das Berufungsgericht wegen der unterbliebenen Information der Beklagten über die zu erwartenden Kosten im Umfang der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung auch vorgenommen. Insoweit ist der Sachverhalt der rechtlichen Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen, zumal auch die Revisionswerberin nicht behauptet, aufgrund dieser Pflichtverletzung wäre eine weitergehende Minderung vorzunehmen gewesen.

Allerdings rügt die Revisionswerberin zu Recht, die Vorinstanzen hätten ihr weiteres Vorbringen, es mangle für das von ihr in Bestand genommene Lokal an einer Betriebsanlagengenehmigung, unbeachtet gelassen. Das Erstgericht hat dazu keinerlei Feststellungen getroffen. Das Gericht zweiter Instanz erachtete das Vorbringen deshalb als nicht relevant, weil dabei nicht aufgezeigt worden sei, daß der Beklagten dadurch in irgendeiner Weise Nachteile erwachsen seien. Diese Rechtsansicht ist - wie noch darzustellen sein wird - unzutreffend:

Gemäß § 30b Abs 2 KSchG zählen zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs 3 MaklerG zu geben hat, jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäftes wesentlich sind. Mit dieser Bestimmung werden die allgemeinen, sich aus § 3 MaklerG ergebenden Pflichten des Maklers konkretisiert. Gemäß § 3 Abs 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Nach Abs 3 sind er und der Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Der Oberste Gerichtshof hat zu den §§ 6 und 29 HVG, sowie den §§ 8 und 9 ImmV aF wiederholt ausgesprochen, daß auch der vom Immobilienmakler namhaft gemachte Interessent dadurch, daß er der Vermittlung zumindest schlüssig zustimmt, zum „Auftraggeber“ wird (SZ 58/157; 8 Ob 305/97d; 1 Ob 352/97i). Daran ist auch für die neue Rechtslage unverändert festzuhalten, weshalb es keiner weiteren Erörterung bedarf, daß die Beklagte ihr Recht auf redliche und sorgfältige Wahrung ihrer Interessen auf § 3 MaklerG - hier: in Verbindung mit § 30b Abs 2 KSchG - stützen kann.

Der Immobilienmakler ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB (Reischauer in Rummel ABGB2 § 1299 Rz 35; Fromherz, KommzMaklerG § 3 Rz 16). Es kann deshalb von ihm verlangt werden, daß er über einschlägige Probleme Bescheid weiß und richtige Auskünfte erteilt. Der Immobilienmakler hat insbesondere alle wesentlichen allgemeinen Informationen über das Objekt zu erteilen, zu welchen unter anderem auch die Pflicht zur Aufklärung über dessen Eignung für die vom Käufer angestrebte gewerbliche Nutzung zählt (vgl zur Pferdezucht: SZ 66/85). Als Mindeststandard ist festzuhalten, daß der Immobilienmakler selbst bei bloß nachweisender Tätigkeit den Auftraggeber zumindest über erkennbare Vor- und Nachteile des Objekts zu informieren hat (Fromherz aaO Rz 24). Es kann nicht zweifelhaft sein, daß zu den den Immobilienmakler treffenden Informationspflichten zumindest dann, wenn ihm bekannt ist, daß das Bestandobjekt zu bestimmten gewerblichen Zwecken verwendet werden soll, auch die Pflicht zählt, auf das Vorhandensein oder Fehlen von für den Betrieb erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigungen in Ansehung des Bestandobjekts oder wenigstens auf bestehende Unklarheiten hinzuweisen. Es hieße den Pflichtenkreis eines Immobilienmaklers grob zu verkennen, wollte man in derartigen Fällen dessen Tätigwerden auf die Vermittlung des Bestandvertrags allein beschränken. Es ist unstrittig, daß der Klägerin die Absicht der Beklagten, im Bestandobjekt ein Gastlokal zu betreiben, bekannt war. Es wäre daher ihre Sache gewesen, die Beklagte - allenfalls nach Einholung entsprechender Erkundigungen - über die grundsätzliche Eignung des Bestandobjekts für den in Aussicht genommenen Betriebszweck zu unterrichten und sie somit auch über das Bestehen oder Fehlen einer Betriebsanlagegenehmigung aufzuklären.

Gemäß § 3 Abs 4 MaklerG kann bei Verletzung der Pflichten nach Abs 1 bis 3 Schadenersatz verlangt werden. Daneben kann der Auftraggeber, soweit dem Makler ein Provisionsanspruch zusteht, wegen Verletzung wesentlicher Pflichten auch eine Mäßigung nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren Verdienstlichkeit des Maklers verlangen. Da die Verletzung einer „Hauptpflicht“ des Maklers den eine Voraussetzung für das Mäßigungsrecht bildenden Provisionsanspruch gar nicht entstehen ließe, kommen als Pflichtverletzungen nach der genannten Gesetzesstelle nur Verletzungen vertraglicher Nebenpflichten in Betracht. Die Frage, wann die verletzte Pflicht wesentlich ist, wird vom Gesetz nicht beantwortet. Die Beurteilung der Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (2 BlgNR 20.GP, 17). In der Regel wird jedoch von Wesentlichkeit auszugehen sein, wenn die verletzte Pflicht nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist (Fromherz aaO Rz 58).

Gerade im Stadium der Geschäftsanbahnung ist es oft schwer, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung des Maklers und einem konkreten Schaden zu beweisen. Die Sanktion der Provisionsmäßigung soll daher unabhängig von einem konkret beweisbaren Schaden immer schon dann eintreten, wenn wegen Vorliegens einer wesentlichen Pflichtverletzung davon auszugehen ist, daß der Makler nicht voll verdienstlich tätig geworden ist (2 BlgNR 20.GP, 17). Für die Mäßigung kommt es daher weder darauf an, ob ein Schaden überhaupt eingetreten ist, noch ob ein allfällig entstandener Schaden gegenüber dem schädigenden Makler geltend gemacht wurde (S.Bydlinski, Das neue Maklergesetz im Überblick, ecolex 1996, 587; Knittl, Neues Maklerrecht ab 1.7.1996, RdW 1996, 254; Weigand, Das neue Maklerrecht im Überblick, JAP 1996/97). Im Ergebnis erfüllt das Provisionsmäßigungsrecht für den Auftraggeber die Funktion einer Vertragsstrafe des Maklers. Die zu § 1336 ABGB entwickelten Voraussetzungen für die Vertragsstrafe (vgl dazu Reischauer in Rummel ABGB2 § 1336 Rz 5 und 9), nämlich das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung ohne notwendigen Schadenseintritt, können daher sinngemäß auch auf das Rechtsinstitut der Provisionsmäßigung angewandt werden (Fromherz aaO Rz 55).

Angesichts des festgestellten Sachverhalts stellt das Unterbleiben einer Information über die fehlende Betriebsanlagengenehmigung zweifelsohne eine wesentliche Pflichtverletzung dar. Daß diese nicht verschuldet sei, hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es komme auf den Einwand der Beklagten deshalb nicht an, weil sie das Gastlokal ohnehin uneingeschränkt betreibe, geht - wie die vorangestellten Erwägungen zu § 3 Abs 4 MaklerG zeigen - fehl. Es bedarf vielmehr im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber, ob eine Betriebsanlagegenehmigung vorliegt und verneinendenfalls, ob und unter welchen Bedingungen sie erreichbar wäre. Erst dann wird unter Berücksichtigung der der Klägerin erkennbaren Interessen der Beklagten beurteilt werden können, inwieweit durch eine allfällige Pflichtverletzung die Verdienstlichkeit der Klägerin bei Erbringung ihrer Tätigkeit (vgl hiezu Fromherz aaO Rz 71 ff) gemindert wurde und deshalb eine (weitere) Provisionsmäßigung zulässig ist. Hiebei werden - wie bereits das Berufungsgericht dargestellt hat - die verletzten Pflichten in Relation zur Summe und zum Umfang der ansonsten vereinbarten „Pflichten“ zu setzen sein (Fromherz aaO Rz 78).

Der Revision ist daher im Sinne des Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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