OGH 9ObA52/98g

OGH9ObA52/98g15.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Helmut Lederhofer und Dr.Johannes Schenk als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christian F*****, Monteur, ***** vertreten durch Dr.Manfred Moser, Rechtsanwalt in Pöttsching, wider die beklagte Partei K***** Ing.Gerhard D***** & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Georg Legat, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 56.881,20 netto sA (Revisionsinteresse S 54.411,82 netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Oktober 1997, GZ 8 Ra 277/97g-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Juni 1997, GZ 17 Cga 64/97w-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend das Fernbleiben des Klägers von der Arbeit wegen Krankheit nicht als Entlassungsgrund gewertet. Insoweit ist auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Ergänzend ist auszuführen:

Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die unter diesen Revisionsgründen enthaltenen Ausführungen zielen in Wahrheit darauf ab, unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen in Zweifel zu ziehen. Ob der Kläger von sich aus auf die Verlängerung des Krankenstandes auch auf den 18.10.1996 drängte, ändert nichts daran, daß nach der Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes der Arzt die Verlängerung des Krankenstandes nach seinem Ermessen und seiner Erfahrung deckte. Die mangelnde Untersuchung des Klägers an diesem Tag, mit der sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt hat, macht die Begründung des Berufungsgerichtes über den nachgewiesenen Krankenstand vom 18.10.1996 oder die nicht geteilten Zweifel über eine mangelhafte Organisation der Arztordination nicht aktenwidrig.

Die Feststellung der Krankmeldung an die Sekretärin W***** beruht auf der Aussage des Klägers. Die Zeugin konnte sich zwar an das Gespräch, nicht aber an das Datum erinnern. Durch die Herausnahme eines für den eigenen Standpunkt günstigen Teiles der Aussage des Klägers und das "Übersehen" seiner weiteren Aussage, daß er bezüglich des Krankenstandes mit dieser Zeugin gesprochen habe (AS 33), wird kein Verfahrensmangel geltendgemacht, durch den die Krankmeldung des Klägers nicht zweifelsfrei festzustellen war, sondern ist dies im Ergebnis auch nur eine unzulässige Beweisrüge.

Da es rechtlich ohne Bedeutung ist, ob das Berufungsgericht eine Behauptung der Beklagten, erst am 5.11.1996 vom Nichtaufsuchen des Kontrollarztes durch den Kläger erfahren zu haben, vermißte oder ob offenkundige Arbeitsfähigkeit am 16.10.1996 von der Beklagten vermutet wurde, begründen diese Umstände keinen Verfahrensmangel.

Feststeht, daß der Kläger vom Arzt bis 18.10.1996 wegen eines grippalen Infektes in den Krankenstand genommen worden war. Andererseits hat sich der Kläger am 16.10.1996 nach Ablauf der verordneten 5tägigen Bettruhe nach Wien zu einem Vorstellungstermin bei einem anderen Unternehmen führen lassen. Es sind daher weitere Feststellungen über den tasächlichen Gesundheitszustand des Klägers am 18.10.1996 nicht mehr von Bedeutung, weil das Berufungsgericht hiezu ausgeführt hat, daß gerade am letzten Tag des Krankenstandes die Grenze zwischen Abklingen der Arbeitsunfähigkeit und Wiedereinsetzen der Arbeitsfähigkeit fließend ist. Daher war die etwa zu 9 ObA 112/97d erforderlich gewesene Erhebung des Gesundheitszustandes hier nicht notwendig. Ob der Kläger Treuepflichten verletzt hat, indem er trotz Kenntnis, daß es ihm subjektiv besser geht, weiter im Krankenstand verblieb, ist deshalb nicht entscheidend, weil die Krankschreibung durch den Arzt erfolgte und weil bei dem als Arbeiter beschäftigten Kläger die Entlassungsgründe der Untreue und Vertrauensunwürdigkeit ausscheiden (RdW 1993,252).

Der Arzt hat den Krankenstand auch noch für den 18.10.1996 als gerechtfertigt angesehen. Ob dies erst nach einem Telefonat des Klägers mit dem Hausarzt geschah, der bisher den 17.10.1996 als letzten Krankenstandstag festgelegt hatte, ist nicht entscheidend. Es hat sich nämlich nicht herausgestellt, daß nicht medizinische Gründe, sondern die übertriebenen Angaben des Klägers den Arzt zur Krankschreibung auch an diesem Tag bewogen (RdW 1998, 30; 9 ObA 66/97i). Selbst wenn objektiverweise keine Veranlassung für den Krankenstand bestanden hätte, durfte der Kläger dennoch auf die Richtigkeit der ärztlichen Krankschreibung auch für diesen Tag vertrauen (DRdA 1995/49 [Oberhofer]; DRdA 1997/47 [Resch]). Nur wenn das Ende des Krankenstandes vom Arzt offengelassen worden wäre, hätte die Verpflichtung des Klägers bestanden, sich bei einem subjektiven Besserfühlen ärztlicherseits untersuchen zu lassen, ob die Voraussetzungen des Krankenstandes noch vorliegen (DRdA 1995/49 [Oberhofer]). Nur dann wäre das Vertrauen auf das weitere Bestehen des Krankenstandes zweifelhaft gewesen. Die mangelnde persönliche Untersuchung des Klägers am 18.10.1996 schadet daher nicht, wenn der Arzt Arbeitsunfähigkeit für diesen Tag attestierte. Eine Widerlegung durch die Beklagte gelang nach der Beweiswürdigung der Vorinstanzen nicht. Die Entlassung wegen des Fernbleibens am 18.10.1996 wegen Arbeitsunfähigkeit war daher auch dann nicht gerechtfertigt, wenn diese Gründe der Beklagten erst nach dem 18.10. in ihrer vollen Tragweite bekannt geworden sind und sie deshalb durch die infolge der eingeschränkten Kenntnis des Sachverhaltes am 18.10.1996 ausgesprochene Kündigung nicht auf die Entlassung verzichtet hat.

Insgesamt lag sowohl am 18., 21. und 22.10.1996 eine vom Arzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit des Klägers vor, so daß das Fernbleiben die Entlassung mangels Widerlegung der Arbeitsunfähigkeit nicht rechtfertigen konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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