OGH 9ObA27/98f

OGH9ObA27/98f1.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger und Herbert Hannig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans ***** P*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Susanne W*****, Unternehmerin, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl und Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 556.345,96 brutto sA (Revisionsinteresse S 53.212,73 brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. März 1997, GZ 8 Ra 5/97k-64, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. September 1996, GZ 32 Cga 146/93a-60, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im übrigen als unangefochten unberührt bleiben, werden im Umfang des noch streitverfangenen Anspruchs von S 53.212,73 brutto sA und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Rahmen an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war seit 1.3.1963 in der Drogerie (Detailgeschäft und Großhandel) der Beklagten als Drogist beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs anzuwenden. Das Entgelt des Klägers betrug zuletzt S 22.805,- monatlich zuzüglich einer Provision von 1,5 % des im Groß- und Einzelhandel mit Drogeriewaren - nicht jedoch mit Farben - erzielten Umsatzes einschließlich der Umsatzsteuer. 1991 veräußerte die Beklagte das Betriebslokal und verpflichtete sich, es bis 15.7.1993 der Käuferin zu übergeben. Im Hinblick auf die deshalb beabsichtigte Unternehmensauflösung kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers mit 30.6.1993 auf. Am 28.2.1993 wurde das Detailgeschäft geschlossen. Bis Ende Juni 1993 wurden Abverkäufe durchgeführt, für die das Geschäft zumindest stundenweise geöffnet war. Auch Flohmärkte wurden organisiert. Der Großhandel wurde bis Juni 1993 weitergeführt. Im März 1993 legte die Beklagte ihren Gewerbeschein zurück. Am 15.7.1993 wurde "das Geschäft" an die Käuferin übergeben. Die Drogerieumsätze der Beklagten (gemeint offenbar: soweit sie für die Berechnung der Provision des Klägers maßgebend sind) betrugen im Februar 1992 S 687.955,22 brutto, im März 1992 S 786.832,55 brutto, im April 1992 S 807.058,25 brutto, im Mai 1992 S 948.112,09 brutto, im Juni 1992 S 837.295,85 brutto, im Juli 1992 S 890.782,71 brutto, im August 1992 S 762.606,38 brutto, im September 1992 S 702.715,97 brutto, im Oktober 1992 S 779.583,20 brutto, im Dezember 1992 S 1.084.931,74 brutto, im Jänner 1993 S 1.484.056,57 brutto und im Februar 1993 S 1,388.439,04 brutto. In den Monaten März, April und Mai und Juni 1993 betrugen die Umsätze hingegen nur mehr S 33.538,69 brutto, S 58.704,69 brutto, S 76.103,05 brutto und S 38.759,- brutto. Für Jänner und Februar 1993 wurden dem Kläger Provisionen von jeweils S 16.274,- brutto gezahlt. Ab März 1993 wurden keine Provisionszahlungen mehr geleistet. Der Kläger erhielt keine Abfertigung.

Der Kläger begehrte von der Beklagten letztlich S 556.345,96 brutto sA. Für Jänner und Februar 1993 habe er Anspruch auf restliche Provisionen von S 5.987,- brutto und S 4.553,- brutto. In den Monaten März und April sei er durch Umstände, die auf Seiten der Beklagten gelegen seien, am Verdienen normaler Provisionen gehindert worden. Ohne diese hindernden Umstände hätte er eine Provision in der Höhe der Durchschnittsprovision aus den Umsätzen der Monate März 1992 bis Februar 1993 (S 14.158,45 brutto) erzielen können. Diese Durchschnittsprovision schulde ihm die Beklagte auch als Teil des Urlaubsentgeltes für Mai und Juni 1993. Sie sei auch der Forderung des Klägers auf Abfertigung zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Provisionsvereinbarung sei dahin geändert worden, daß der Kläger für die Zeit des Abverkaufes im Jänner und im Februar 1993 die Provision in der Höhe der Dezemberprovision erhalten solle. Nach Schließung des Geschäftes Ende Februar 1993 seien keine nennenswerten Umsätze mehr getätigt worden und daher kein Provisionsanspruch entstanden. Auch dem Anspruch auf Urlaubsentgelt und Abfertigung könne ein solcher Anspruch nicht zugrunde gelegt werden. Im übrigen habe sich die persönliche Wirtschaftslage der Beklagten derart verschlechtert, daß ihr eine auch nur teilweise Zahlung einer Abfertigung nicht zugemutet werden könne. Sie habe ihr "Geschäft" wegen existenzbedrohender Ergebnisse aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen müssen. Mit dem Verkaufserlös seien Schulden von S 5,000.000,- getilgt worden; dennoch bestünden noch offene Bankverbindlichkeiten von S 500.000,-

und eine Gewährleistungsverpflichtung von S 2,000.000,- aus dem Verkauf der Betriebsliegenschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und ging überdies davon aus, daß eine Vereinbarung, wonach der Kläger für Jänner und Februar 1993 eine Provision in der Höhe der Provision für Dezember 1992 beziehen und ab März 1993 keine Provisionsleistungen mehr erhalten solle, nicht abgeschlossen wurde. Ferner stellte es fest, daß aus dem von der Beklagten erzielten Erlös aus dem Verkauf der Betriebsliegenschaft nach Abdeckung von Betriebsverbindlichkeiten am 28.4.1993 noch S 2,160.000,- übrig waren. Im Zeitpunkt der Betriebsschließung am 15.7.1993 wies die Bilanz ein positives Kapital von etwas mehr als S 500.000,- auf, obwohl die Abfertigungsforderung des Klägers in voller Höhe passiviert war und Forderungsausfälle der Beklagten berücksichtigt wurden. Am 4.11.1993 schien auf dem Festgeldkonto der Beklagten immer noch ein Vortragssaldo von rund S 2,200.000,- auf. Die Zinsen aus diesem Konto - lt. Abschluß zum 31.1.1993 S 164.770,59 - wurden ab 1993 nicht mehr in den Betrieb eingebracht. Die Privatentnahmen der Beklagten betrugen von Februar bis Mitte Juli 1993 S 391.351,-. Ebenso wie ihr Gatte war die Beklagte zu 25 % an der K***** GmbH beteiligt, der aus dem Verkaufserlös der Betriebsliegenschaft der Beklagten im November 1993 insgesamt S 1,116.796,- zur Verlustabdeckung zugewendet wurden. Eine weitere Zuwendung von S 480.000,- war bereits 1992 erfolgt und wurde im April 1993 aus dem Verkaufserlös der Betriebsliegenschaft ausgeglichen. Die Beklagte ist Wohnungseigentümerin einer Wohnung in V*****, die mit S 123.169,75 und S 134.535,77 und mit einem von Juni bis September jeden Jahres jeweils zweimal 14 Tage lang auszuübenden Wohnrecht ihrer Mutter sowie mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu deren Gunsten belastet, von Oktober bis Mai jedoch einer Zwangsverwaltung zugänglich ist. Ferner ist die Beklagte zu 2/40tel Eigentümerin an einem Haus in G*****. Aus diesem Anteil, der bereits einem Parifizierungsverfahren unterworfen ist, lukriert sie monatliche Mieteinnahmen von S 4.401,-. Überdies war sie am 15.7.1993 zur Hälfte Eigentümerin eines 108 m**2 großen, mit monatlichen Rückzahlungen von S 15.000,- belasteten Hauses. Diesen Miteigentumsanteil verkaufte sie mittlerweile um S 450.000,- - zu entrichten durch Übernahme von Verbindlichkeiten - an ihren Gatten. Schließlich hat die Beklagte, die im Unternehmen ihres Ehegatten gegen ein zwölfmal jährlich zahlbares Entgelt von S 3.600,-

beschäftigt ist, aus einem verlorenen Prozeß Verbindlichkeiten von S 259.000,-. Zum Stichtag 30.6.1993 betrug der Vermögensstand der Beklagten (Kapital und Liegenschaftsvermögen) unter Berücksichtigung sämtlicher Passivierungen bzw. als gewinnerhöhend aufzulösender Rückstellungen rund S 2,000.000,-.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger durch den Abverkauf vor der Geschäftsschließung iS des § 1155 Abs 1 ABGB gehindert gewesen sei, Provisionen zu verdienen, wie er sie in der Zeit davor verdient habe. Dies könne nicht zu seinen Lasten gehen, weshalb in den Monaten März und April 1993 nicht der tatsächliche Umsatz, sondern der durchschnittliche Umsatz der 12 Monate zuvor (März 1992 bis Februar 1993) den Provisionsansprüchen zugrunde zu legen sei. Die Provisionen für Jänner und Februar 1993 hätten sich an den tatsächlich erzielten Umsätzen zu orientieren. Auch für die Berechnung des Urlaubsentgeltes und der Abfertigung seien diese Umsätze maßgebend. Die Voraussetzungen des § 23 Abs 2 AngG (Unzumutbarkeit der Zahlung der Abfertigung wegen Verschlechterung der Wirtschaftslage des Arbeitgebers) seien nicht gegeben.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil im Zuspruch von S 503.133,23 samt gestaffelten Zinsen und änderte es iS der Abweisung des Mehrbegehrens von S 53.212,73 sA ab.

Es verneinte ebenfalls die Voraussetzungen des § 23 Abs 2 AngG. Die Beklagte habe im maßgebenden Zeitpunkt der Auflösung nicht nur über beträchtlichen Liegenschaftsbesitz sondern auch über zur Zahlung der Abfertigung hinreichende liquide Mittel verfügt. Vom noch am 4.11.1993 auf dem Festgeldkonto vorhandenen Guthaben von rd. S 2,200.000,- seien etwa S500.000,- "positives Kapital" gewesen, bei dessen Ausmittlung Forderungsausfälle oder Betriebsschulden bereits berücksichtigt seien. Die Verlustabdeckung der K***** GmbH, für die eine faktische oder rechtliche Notwendigkeit nicht zu erkennen sei, könne die Ansprüche des Klägers nicht beeinträchtigen. Dazu komme der Liegenschaftsbesitz, der jedenfalls nicht unverwertbar sei. Die Beklagte habe somit in Summe genügend Mittel gehabt, um eine mit der Befriedigung der Abfertigungsforderung des Klägers verbundene Konkursgefahr verneinen zu können. Dem Erstgericht sei auch beizupflichten, daß die Provisionsforderung des Klägers für Jänner und Februar 1993 in voller Höhe zu Recht bestehe, weil eine Sondervereinbarung nicht nachweisbar sei. Für März und April 1993 stelle sich aber die Frage der Anwendbarkeit des § 1155 ABGB noch nicht, weil gemäß § 273 ZPO unterstellt werden müsse, daß sich die Umsätze von Dezember 1992 bis April 1993 ähnlich gestaltet hätten, wie in den Vormonaten. Bei den außerordentlich hohen Umsätzen von Dezember 1992 bis Februar 1993 handle es sich um Umsätze, die sich sonst erst in den Monaten März und April einkommenserhöhend ausgewirkt hätten. Der Kläger habe somit von Dezember 1992 bis Februar 1993 das verdient, was er sonst erst in den Monaten März und April verdient hätte. Es sei daher geboten, in diesen beiden Monaten nur die tatsächlichen Umsätze in Anschlag zu bringen. Dem Kläger stehe daher für März und April 1993 Provision nur in der Höhe von S 503,08 brutto bzw. S 880,57 brutto zu. Für die Ausmittlung des Urlaubsentgeltrestes für die Monate Mai und Juni 1993 sei iS § 2 Abs 4 GenKV zu § 6 UrlG vom Durchschnitt der letzten 12 Kalendermonate vor Urlaubsantritt einzubeziehen, woraus sich eine Forderung des Klägers von S 24.562,80 brutto errechne. Demgemäß sei bei der Berechnung der Abfertigung iS § 23 Abs 1 AngG vom Durchschnitt der letzten 12 Monate vor Urlaubsantritt, also von den in den Monaten von Mai 1992 bis April 1993 erzielten Umsätzen auszugehen. Damit errechne sich eine Abfertigung von S 466.646,78 brutto. Das die dargestellten Ansprüche des Klägers übersteigende Mehrbegehren sei abzuweisen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des im Abänderungsantrag des Klägers enthaltenen Aufhebungsantrages (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 471) berechtigt.

Zum Provisionsanspruch des Klägers für März und April 1993:

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Provision des Klägers für Jänner und Februar 1993 auf der Grundlage des infolge des Abverkaufes überdurchschnittlich hohen Umsatzes dieser Monate zu berechnen ist. Im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes erlaubt dieser Umstand aber keine Rückschlüsse auf die Provisionsansprüche des Klägers für die beiden Folgemonate. Die Umsatzprovision - eine Beteiligung am Wert sämtlicher Geschäfte eines Unternehmens oder einer Abteilung - ist ein zwischen Provision und Gewinnbeteiligung liegendes erfolgsorientiertes Entgelt, das in seiner Höhe im allgemeinen zwar nicht allein von der Leistung des Provisionsberechtigten, sondern auch von der Leistung anderer Mitarbeiter abhängig ist (Arb 10613; RdW 1997, 354). Die Abhängigkeit auch von der Leistung anderer Mitarbeiter ändert aber nichts daran, daß die dem Kläger für die Monate Jänner und Februar infolge der Erzielung höherer Umsätze zustehende überdurchschnittliche Provision in den Monaten Jänner und Februar durch die Abwicklung eines überdurchschnittlichen Geschäftsvolumens verdient wurde, mag dieses Geschäftsvolumen auch zu einem erheblichen Teil durch den Abverkauf begünstigt oder überhaupt erst ermöglicht worden sein. Es geht daher nicht an, einen Teil der in diesen Monaten erzielten Provision auf die wegen der Einschränkung des Geschäftsbetriebes umsatzschwächeren Folgemonate aufzuteilen und den vom Kläger für diese Monate geltend gemachten Ansprüchen entgegenzuhalten.

Gemäß § 1155 ABGB erhält der Dienstnehmer auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist (Abs 1 1. Satz); wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung (Abs 2). Diese Bestimmung beruht auf dem Lohnausfallsprinzip. Danach gebührt dem Dienstnehmer bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen jenes Entgelt, das er bekommen hätte, wenn er so wie bisher weitergearbeitet hätte (Schwimann/Pfeil, ABGB**2 VI, Rz 15 und 25 zu § 1155).

Auf eben diesem Gedanken beruht auch die Bestimmung des § 12 AngG, nach der Angestellten, die vom Dienstgeber vertragswidrig verhindert wurden, Provisionen oder Taggelder im vereinbarten oder im nach den getroffenen Vereinbarungen zu erwartenden Umfang zu verdienen, eine angemessene Entschädigung gebührt. Diese Bestimmung, deren Anwendung ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers voraussetzt (Arb 9557; Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 282f), steht zu jener des § 1155 ABGB im Verhältnis der Spezialität. Letztere bleibt für Angestellte für den Fall anwendbar, daß der Angestellte zufolge eines in der Sphäre des Arbeitgebers eingetretenen Zufalls an der Arbeitsleistung gehindert wird (Arb 9557; Martinek/Schwarz/Schwarz, aaO 282). Letzteres macht der Kläger hier inhaltlich als Anspruchsgrundlage geltend, zumal er ein Verschulden der Beklagten an der Verhinderung der (üblichen) Dienstleistung nicht behauptet hat. Er stützt seinen Anspruch daher auf § 1155 ABGB, sodaß nähere Ausführungen zu § 12 AngG hier entbehrlich sind.

Nach der zu § 1155 ABGB ergangenen Rechtsprechung gehören zur Sphäre des Arbeitgebers alle die Dienstverhinderung auslösenden Ereignisse und Umstände, welche die Person des Arbeitgebers, sein Unternehmen, Organisation und Ablauf des Betriebes, die Zufuhr von Rohstoffen, Energien und sonstigen Betriebsmitteln, die erforderlichen Arbeitskräfte, die Auftrags- und Absatzlage sowie die rechtliche Zulässigkeit der betrieblichen und unternehmerischen Tätigkeit betreffen (JBl 1988, 802 [Holzer]= ZAS 1988,167 [Schnorr]). Demgemäß stellt auch die Stillegung des Betriebes und die dadurch bewirkte Hinderung des Arbeitnehmers, seine gewöhnliche Arbeitsleistung zu erbringen, einen in die Arbeitgebersphäre fallenden, iS § 1155 ABGB zur Fortzahlung des Entgeltes verpflichtenden Umstand dar (VwGH Arb 7764; Schwimann/Pfeil aaO, Rz 11 zu § 1155), mag sie auch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Arbeitgebers begründet sein. Eine unbillige Härte kann darin nicht erblickt werden, weil es der Arbeitgeber in der Hand hat, die Kündigung so rechtzeitig auszusprechen, daß das Ende des Arbeitsverhältnis mit dem Ende der Betriebstätigkeit zusammenfällt.

Demgemäß fällt daher der Umstand, daß der Kläger durch die Betriebsstillegung im März und im April 1993 an der üblichen Arbeitsleistung (und damit am Verdienen des üblichen Entgelts) gehindert wurde, in die Sphäre der beklagten Arbeitgeberin und führt daher zu deren Verpflichtung, dem Kläger auch in diesen Monaten das übliche Entgelt weiterzuzahlen.

Aus der von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung zitierten E. Arb 9899 läßt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Diese Entscheidung erging nicht zu § 1155 ABGB, sondern befaßte sich in einem Fall, in dem infolge wirtschaftlicher Ursachen in den letzten fünf Monaten des Arbeitsverhältnisses des Klägers früher regelmäßig bezogene Überstundenentgelte weggefallen waren, mit der Ermittlung der Höhe der Abfertigung. Mit der Begründung, es liege eine bleibende Änderung der Entgelthöhe vor, legte der Oberste Gerichtshof der Abfertigung das zuletzt bezogene Entgelt zugrunde. Damit unterscheidet sich der dort zu beurteilende Sachverhalt aber entscheidend vom vorliegenden Fall, in dem es nicht um eine dauernde Reduzierung des für den Provisionsanspruch maßgebenden Umsatzes aufgrund schlechteren Geschäftsganges geht, sondern um die den Arbeitnehmer an der Erzielung des üblichen Verdienstes hindernde Entscheidung des Arbeitgebers, den Betrieb stillzulegen, die vorhandene Ware abzuverkaufen und keine Ware nachzukaufen.

Trotzdem kann die erstgerichtliche Entscheidung nicht wiederhergestellt werden. Bei der Ermittlung des von der Beklagten gemäß § 1155 ABGB geschuldeten Entgeltes kann nämlich nur von jenen Provisionen ausgegangen werden, die der Kläger ohne den vom Arbeitgeber zu verantwortenden Hinderungsgrund üblicherweise erzielt hätte (Krejci in Rummel, ABGB**2, Rz 22 zu § 1155; Schwimann/Pfeil, aaO Rz 15 zu § 1155). Diese sind zweckmäßigerweise - wie das Erstgericht richtig erkannt hat - auf der Grundlage des Durchschnittes der in den letzten zwölf repräsentativen Monaten erzielten Umsätze zu ermitteln. Demgemäß müssen aber jene Monate außer Betracht bleiben, in denen gerade im Hinblick auf die Abwicklung der Betriebsschließung durch den Abverkauf überdurchschnittliche Umsätze erzielt wurden. Es ist daher nicht - wie in der Entscheidung des Erstgerichtes - auf den durchschnittlichen Umsatz der den hier zu beurteilenden Monaten März und April 1993 unmittelbar vorangegangenen zwölf Monate, sondern auf den Durchschnitt jener zwölf Monate abzustellen, die den Abverkaufsmonaten vorangingen. Damit erweisen sich die erstgerichtlichen Feststellungen aber als ergänzungsbedürftig. Zum einen ist ihnen nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob der Abverkauf bereits im - ebenfalls überdurchschnittlich umsatzstarken - Dezember 1992 begonnen hat oder ob der hohe Umsatz dieses Monates auf andere Umstände - etwa auf das Weihnachtsgeschäft - zurückzuführen ist. Zum anderen hat das Erstgericht - ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung - nur die Umsatzzahlen bis einschließlich Februar 1992 festgestellt, während nach der hier vertretenen Auffassung auch die Umsatzzahlen des Monates Jänner 1992 - gegebenenfalls auch des Monates Dezember 1991 - entscheidungswesentlich sind.

Zum Anspruch des Klägers auf restliches Urlaubsentgelt:

Nach § 6 Abs 1 und 3 UrlG behält der Arbeitnehmer während des Urlaubes den Anspruch auf das regelmäßige Entgelt; dies ist jenes Entgelt, das ihm gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Der Arbeitnehmer soll also durch den Urlaubsverbrauch keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden (Ausfallprinzip), sondern das Entgelt, das er vor dem Urlaubsantritt regelmäßig bezogen hat, in grundsätzlich gleicher Höhe für die Zeit seines im konkreten Fall in Anspruch genommenen Urlaubs weiterbeziehen (Kuderna, UrlG**2, Rz 1 zu § 6). Diesen Zweck verfolgt auch die den Entgeltbegriff des § 6 UrlG näher regelnde Bestimmung des § 2 Abs 4 GenKV, die normiert, daß Entgelte in Form von Provisionen in das Urlaubsentgelt mit dem Durchschnitt der letzten zwölf Kalendermonate vor Urlaubsantritt einzubeziehen, Provisionen für Direktgeschäfte allerdings nur insoweit, als für während des Urlaubs einlangende Aufträge aus derartigen Geschäften keine Provision gebührt. Das Bestreben, dem Arbeitnehmer während des Urlaubs das vor dem Urlaubsantritt regelmäßig bezogene Entgelt zu sichern, macht es unter den hier gegebenen Umständen erforderlich, auch die zitierten Bestimmungen dahin auszulegen, daß bei der Ermittlung des Urlaubsgeldes die für das regelmäßige Entgelt untypischen vier Monate unmittelbar vor Urlaubsantritt außer acht zu lassen sind und statt dessen auf die zwölf Kalendermonate vor Beginn des Abverkaufes abzustellen ist. Nur so kann sichergestellt werden, daß der Kläger durch die atypisch verlaufende Umsatzentwicklung in den Monaten ab Beginn des Abverkaufes weder benachteiligt, noch bevorzugt wird. Auch zur endgültigen Ermittlung des Urlaubsgeldes bedarf es daher der schon oben erörterten ergänzenden Feststellungen.

Zur Abfertigung:

Dazu ist vorweg auf den von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung erhobenen Einwand einzugehen, der Zuspruch des noch offenen Abfertigungsbetrages komme schon in Hinblick auf § 23 Abs 2 AngG nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung entfällt im Falle der Auflösung des Unternehmens die Verpflichtung zur Gewährung einer Abfertigung ganz oder teilweise dann, wenn sich die persönliche Wirtschaftslage des Dienstgebers derart verschlechtert hat, daß ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung zum Teil oder zur Gänze billigerweise nicht zugemutet werden kann. Dadurch soll verhindert werden, daß der Arbeitgeber, der sein Unternehmen infolge einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation auflösen will oder muß, durch hohe Abfertigungsansprüche seiner Arbeitnehmer in seiner Existenz bedroht und so möglicherweise in den Konkurs getrieben wird (Arb 10.607 mwN). Dabei ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, daß die Beklagte zur Zahlung des Großteils der Abfertigungsforderung des Klägers verpflichtet ist, zumal aus diesem Titel bereits S 466.646,78 brutto sA rechtskräftig zugesprochen wurden. Der nunmehrige Einwand der Beklagten bezieht sich daher nur mehr auf das restliche Abfertigungsbegehren des Klägers von S 22.525,18 brutto sA.

Soweit sich die dazu vorgebrachten Ausführungen der Beklagten inhaltlich als Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen erweisen, ist die Revisionsbeantwortung nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher nicht zu beachten; im übrigen ist ihnen nicht zu folgen. Ihren primären Einwand, die aus der Veräußerung der Betriebsliegenschaft verbliebenen S 2.160.000,- seien zur Deckung von Verbindlichkeiten verbraucht worden, begründet die Beklagte - von nicht entscheidend ins Gewicht fallenden Verbindlichkeiten an Prozeß- und Steuerberatungskosten abgesehen - vor allem mit der von ihr im Umfang von etwa S 1.500.000,- vorgenommen Abdeckung von Verlusten der K***** GembH. Dazu hat aber schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, daß diese Verlustabdeckung nicht geeignet ist, die Ansprüche des Klägers zu schmälern, zumal ein Zusammenhang mit dem Unternehmen der Beklagten nicht ersichtlich ist und sie nicht einmal behauptet hat, trotz ihrer Beteiligung an der GmbH von nur 25 % im tatsächlich vorgenommenen Umfang zu Verlustabdeckungen verpflichtet gewesen zu sein. Außerdem läßt die Beklagte ihr nicht unbeträchtliches unbewegliches Vermögen außer Betracht. Ihrem Einwand, bei der Beurteilung nach § 23 Abs 2 AngG seien nur leicht verwertbare Vermögensbestandteile zu berücksichtigen, ist nicht zu folgen.

Für die Berechnung der Abfertigung ist gemäß § 23 AngG grundsätzlich von jenem Entgelt auszugehen, das dem Arbeitnehmer im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zusteht. Sind aber - wie hier - Entgeltanteile zu berücksichtigen, die zwar regelmäßig, aber in wechselnder Höhe anfallen, so ist der Durchschnittsverdienst des letzten Jahres heranzuziehen (Martinek/Schwarz/Schwarz, aaO 450). Auch hier kommen allerdings die schon oben angestellten Überlegungen zum Tragen, wonach unter den hier gegebenen Umständen dafür zu sorgen ist, daß der Kläger durch die im Zuge der Betriebsstillegung umsatzmäßig atypisch verlaufenden Monate nicht benachteiligt, aber auch nicht bevorzugt werden darf. Auch in diesem Zusammenhang ist daher aus den oben dargelegten Überlegungen für die Ermittlung der Abfertigung auf die letzten zwölf (regulären) Kalendermonate vor Beginn des Abverkaufes abzustellen. Auch insofern ist daher - da Feststellungen über den Beginn des Abverkaufes und über die Umsatzentwicklung vor Februar 1992 fehlen - das Verfahren noch nicht spruchreif.

Da es zur Schaffung der erforderlichen Tatsachengrundlage offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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