OGH 9ObA88/98a

OGH9ObA88/98a1.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Elmar Peterlunger und Herbert Hannig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann S*****, Pferdepfleger, ***** vertreten durch DDr.Elisabeth Steiner und Dr.Daniela Witt-Dörring Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf H*****, Steuerberater i.R., ***** vertreten durch Dr.Otto Kern und Dr.Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 197.160,73 brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.November 1997, GZ 8 Ra 239/97v-31, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist die Revision nicht schon nach § 46 Abs 3 ASGG jedenfalls zulässig. Wohl übersteigt der Wert des Streitgegenstandes insgesamt S 50.000, doch ist weder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder die Art der Beendigung noch der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig (§ 46 Abs 3 Z 1 ASGG): Unstrittig ist vielmehr, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch Kündigung seitens des Beklagten beendet wurde. Auch der Hinweis auf die Lohnempfänge als "wiederkehrende Leistungen" (§ 46 Abs 3 Z 3 ASGG) ist verfehlt, weil weder eine Sozialrechtssache noch vertragliche Ruhegenüsse Verfahrensgegenstand sind.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeprochen, daß Gegenstand seiner Beurteilung keine Rechtsfrage von der Bedeutung des § 46 Abs 1 ASGG war.

Der Begriff des Arbeitgebers kann im Bereich des Arbeitsrechtes nicht einheitlich beurteilt werden, sondern hängt von unterschiedlichen Kriterien ab, insbesondere auch davon, wer nach vertragsrechtlicher Beurteilung des gesamten Sachverhaltes als Arbeitgeber anzusehen ist (DRdA 1997/15). Es kommt bei der Beurteilung des Verhaltens der Vertragspartner im Sinne der Vertrauenstheorie darauf an, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, daß der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber oder als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber aufgetreten ist (DRdA 1997/15 mwN; DRdA 1997/51). Ob jemand Arbeitgeber ist, wird vom Gesetzgeber nicht determiniert (DRdA 1997/51) und kann daher nur anhand konkreter Kriterien des Einzelfalls beurteilt werden. Soweit das Berufungsgericht aus den hier vorliegenden Umständen (Anwesenheit des Beklagten bei Einigung über die Tätigkeit und die Entlohnung des Klägers, Festlegung des Arbeitsortes im Haus des Beklagten, Umgrenzung des Arbeitsbereiches durch Pflege der Pferde des Beklagten) das Vertrauen des Klägers darauf abgeleitet hat, daß der Beklagte Arbeitgeber sei, liegt darin zumindest keine solche Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder Einzelfallgerechtigkeit die Befassung des Obersten Gerichtshofes erforderlich macht. Die erst nachträglich hervorgekommene Kenntnis des Klägers davon, daß die Sozialversicherungsanmeldung nicht durch den Beklagten, sondern eine andere Person erfolgt war, ist unerheblich, weil durch derartige nachträglich hervorgekommene Umstände das bereits bestehende Vertragsverhältnis nicht mehr verändert werden konnte (ZAS 1976/184 [kritisch Welser] = Arb 9371 [dazu Hügel, JBl 1983, 449]; Arb 10.529). Im übrigen ist die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, nach dem ausdrücklich oder schlüssig vereinbarten Vertragsinhalt zu beurteilen, nicht aber nach der Anmeldung zur Sozialversicherung (Arb 10.529).

Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich nicht an seine im Aufhebungsbeschluß des ersten Rechtsganges geäußerte Rechtsansicht gehalten und daher gegen § 499 Abs 2 ZPO verstoßen, trifft ebenfalls nicht zu. Die Bindungsvorschrift des § 499 Abs 2 ZPO betrifft nämlich nur die rechtliche Beurteilung der Sache, sodaß es gleichgültig ist, ob das Berufungsgericht von seiner diesbezüglichen Rechtsauffassung abgegangen ist, wenn nur die Rechtsansicht in der zweiten Berufungsentscheidung die richtige ist (RIS-Justiz RS0042181; RS0042173 ua). Zutreffend weist das Berufungsgericht nunmehr darauf hin, daß seitens der beklagten Partei eine wirksame Kompensandoeinwendung nie erhoben wurde. Dem weiteren Einwand des Beklagten, er habe keine Gegenforderung eingewendet, sondern auf eine (zumindest teilweise) Erfüllung seiner Schuld durch Naturalleistungen hingewiesen, ist entgegenzuhalten, daß auch diesbezüglich ein ausreichend konkretes Vorbringen nicht erstattet wurde und die bindende Wirkung eines Aufhebungsbeshlusses durch die Ansprüche und Einreden begrenzt ist, die tatsächlich geltend gemacht sind (RIS-Justiz RS0041563). Die Substantiierungstheorie gilt auch für Einwendungen gegen das Klagebegehren, insbesondere die aufrechnungsweise Geltendmachung einer Gegenforderung (RIS-Justiz RS0039813). Der bloße Hinweis auf in Urkunden enthaltene Aufstellungen vermag jedenfalls ein ausreichendes Prozeßvorbringen (hier: im Sinne des § 243 ZPO) nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0038037).

Zum Kostenanspruch der klagenden Partei:

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsgegner die Beantwortung der von der beklagten Partei erhobenen außerordentlichen Revision nicht im Sinne des § 508 Abs 2 Satz 1 ZPO freigestellt. Die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gilt daher gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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