Spruch:
Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Mai 1996, GZ 4 c E Vr 13262/94-17, mit dem die Probezeit im genannten Verfahren auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt § 495 Abs 1 StPO und § 55 Abs 3 StGB; er wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Ermin S***** wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 5. März 1996, GZ 4 U 874/95-9, der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Tatzeit 19. September 1995) schuldig erkannt und zu einer für drei Jahre bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde gemäß § 494 a Abs 1 StPO beschlossen, vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht, die ihm in zwei zueinander im Verhältnis von § 31 StGB stehenden rechtskräftigen Vorverurteilungen durch das Landesgericht für Strafsachen Wien (vom 12.Dezember 1994, GZ 4 c E Vr 13262/94-7 und vom 18.August 1995, GZ 8 d E Vr 5525/95-14) gewährt worden war, abzusehen, jedoch die im zweiten Urteil bestimmte Probezeit von drei auf fünf Jahre zu verlängern.
Auf Grund dieser Entscheidung beschloß das Landesgericht für Strafsachen Wien im Verfahren 4 c E Vr 13262/94 am 21.Mai 1996 die dort gewährte Probezeit "gemäß § 55 Abs 3 StGB" (AS 96) auf fünf Jahre zu verlängern (ON 17).
Dieser Beschluß steht, wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht releviert, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Das Bezirksgericht Vöcklabruck hat mit seiner Entscheidung vom 15. März 1996 (GZ 4 U 874/95-9) auch über die Frage des Widerrufs der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.Dezember 1994 (GZ 4 c E Vr 13262/94-7) gewährten bedingten Strafnachsicht gemäß § 494 a StPO entschieden. Dem Landesgericht für Strafsachen Wien war es insoweit verwehrt, eine diesbezügliche Entscheidungskompetenz in Anspruch zu nehmen (§ 495 Abs 1 StPO).
Auch die in der Begründung seiner unzulässigen Entscheidung ausgedrückte Rechtsansicht verletzt das Gesetz.
Im Fall der Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf ein früheres, gleichfalls eine bedingte Strafnachsicht enthaltendes Urteil dauert gemäß § 55 Abs 3 StGB jede der zusammentreffenden Probezeiten bis zum Ablauf jener, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre. Vorliegendenfalls wurde daher die mit dem ersten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien bestimmte (dreijährige) Probezeit bereits ex lege (§ 55 Abs 3 StGB) durch die Nachverurteilung vom 18.August 1995 bis zum Ablauf der dort bestimmten Probezeit verlängert.
Begeht der Verurteilte hingegen während der Probezeiten der gemäß § 31 StGB zusammenhängenden Verfahren erneut eine strafbare Handlung, ist (konstitutiv) über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht gemäß § 53 Abs 1 StGB (gemäß Abs 2 im Fall seines Unterbleibens über die Verlängerung der Probezeit) in Ansehung jedes einzelnen der zusammenhängenden Verfahren gesondert (unter Umständen sogar von verschiedenen Gerichten, §§ 494 a Abs 2 letzter Satz, 495 StPO) zu entscheiden. Wird hiebei vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgesehen, gemäß § 53 Abs 2 StGB jedoch die Probezeit nur hinsichtlich einer der zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Vorverur- teilungen verlängert, hat mangels einer zu § 55 Abs 3 StGB korrespondieren Bestimmung diese Probezeitverlängerung keine Auswirkung auf die Dauer jener der Vorverurteilungen. § 31 StGB soll nur eine Schlechterstellung jenes Straftäters verhindern, über dessen mehrere Straftaten in zeitlich getrennten Urteilen bei grundsätzlicher Sanktionierungsmöglichkeit in einem einzigen Urteil entschieden wurde. Alle diese Entscheidungen bleiben jedoch selbständige Urteile mit selbständigen Strafaussprüchen (Leukauf/Steininger Komm3 § 31 RN 2).
Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 5.März 1996 gemäß § 53 Abs 2 StGB ausgesprochene Verlängerung der Probezeit zu 8 d E Vr 5525/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährte bedingte Strafnachsicht konnte demgemäß entgegen der vom Landesgericht für Strafsachen Wien im gesetzwidrigen Beschluß vertretenen Rechtsansicht auf die im Verfahren 4 c E Vr 13262/94 dieses Gerichtes gewährte bedingte Strafnachsicht keine Rechtswirkungen entfalten.
Der das Gesetz verletzende Beschluß war somit ersatzlos zu kassieren.
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