OGH 4Ob45/98s

OGH4Ob45/98s17.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael S*****, vertreten durch Dr.Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, des auf seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr.Thaddäus S*****, vertreten durch Mag.Peter Prechtl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Eva K*****, vertreten durch Dr.Stefan Kofler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 371.291,15 sA (Rekursinteresse S 191.875,75 sA), infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5.November 1997, GZ 3 R 152/97w-66, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31.März 1997, GZ 8 Cg 73/95-51, in seinem stattgebenden Teil aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war von 1989 bis 1993 Pächter des in T***** gelegenen Appartementhotels K***** und des darin befindlichen Restaurants S*****. Mit Vertrag vom 16.5.1990 gab er das Restaurant S***** dem damaligen Lebensgefährten der Beklagten, Franz S*****, in Unterpacht. Vereinbart wurde ein Bestandzins von S 25.000 monatlich zuzüglich Wertsicherung und der von der Hausverwaltung vorgeschriebenen Betriebskosten sowie der Gemeindeabgaben. Die Beklagte übernahm die Haftung als Bürgin und Zahlerin für anfallende Bestandzinse und Betriebskosten des Restaurants. Der Kläger hatte die Überlassung des Lokales an Franz S***** von dieser Haftungsübernahme abhängig gemacht. Er hatte vor Vertragsabschluß den Gasthof A*****, den der Lebensgefährte der Beklagten davor gepachtet hatte, aufgesucht und den Eindruck gewonnen, S***** und die Beklagte lebten wie ein Ehepaar harmonisch zusammen. Tatsächlich bestand erst eine kurzfristige Lebensgemeinschaft, welche sich schon im Herbst 1990 zerschlug. Der Kläger prüfte die finanzielle Situation der Beklagten nicht. Diese war als Kellnerin im A***** tätig und auf Kost und Logis durch S***** angewiesen. Sie las den Bestandvertrag vor Unterfertigung ihrer Haftungserklärung nur flüchtig. Der Kläger hatte davor begonnen, den Vertrag Punkt für Punkt durchzulesen, worauf S***** meinte, das sei ohnehin klar. Von einem Lebensmittel- und Getränkevorrat, den der Subpächter übernehmen sollte, war bei der Besprechung vor Unterfertigung durch die Beklagte nicht die Rede.

Vertragsobjekt des Unterbestandvertrages war nur das Restaurant S*****.

Anfang Juni 1990 mietete der Lebensgefährte der Beklagten ein im Erdgeschoß gelegenes Appartement im K***** als Wohnung für sich und die Beklagte, danach ein im Untergeschoß gelegenes Appartement zur Unterbringung von Personal. Die Beklagte übernahm keine Haftung für die Betriebskosten dieser Appartements.

Zur Abdeckung offener Bestandzinsforderungen und Betriebskosten des Restaurants unterfertigte die Beklagte am 10.7.1990 einen von ihrem Lebensgefährten als Akzeptanten unterschriebenen Wechsel über S 100.000 als Bürgin. Sie wurde mit rechtskräftigem Wechselzahlungsauftrag vom 8.10.1990 13 Cg 299/90 des Landesgerichtes Innsbruck zur Zahlung der Wechselsumme samt Zinsen und Kosten an den Kläger verpflichtet. Eintreibungsmaßnahmen des Klägers blieben bislang auch gegenüber der Beklagten erfolglos.

Von Juni bis einschließlich November 1990 betrugen die Bestandzinse für das Restaurant insgesamt S 159.500, die darauf entfallenden anteiligen Betriebskosten S 176.865,75. Der Lebensgefährte der Beklagten leistete eine Zahlung von insgesamt S 54.490.

Mit der am 26.9.1990 beim Bezirksgericht Innsbruck ***** eingebrachten Klage begehrte der Kläger vom Lebensgefährten der Beklagten unter anderem die Zahlung der auf das Restaurant S***** entfallenden Mietzinse von Juni bis September 1990 (insgesamt S 104.500) und der Betriebskosten (von denen nur S 43.641,50 geltend gemacht wurden), sowie weiterer - von der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten nicht umfaßter Beträge. Von der errechneten Gesamtforderung von S 232.835,50 brachte der Kläger die Zahlung von S

54.490 in Abzug. Über die verbleibende Klageforderung von S 178.345,90 sA erging ein Versäumungsurteil.

Der Lebensgefährte der Beklagten wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.10.1991, *****unter anderem wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 und Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Er habe mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den nunmehrigen Kläger durch Vorgeben, ein zahlungsfähiger und -williger Vertragspartner zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Erbringung von Leistungen, und zwar zur Lieferung von Lebensmitteln und Getränken und zur Vermietung von Räumlichkeiten bezüglich des Appartementhotels und Restaurants K***** verleitet, die diesen an seinem Vermögen schädigten, wobei der Schade zumindest S 360.000 betrage.

Das Strafurteil traf hiezu folgende Feststellungen:

"Beim Versuch, das Restaurant Apparthotel K***** zu pachten, trat Franz S***** als finanzkräftiger Unternehmer auf, obwohl er wußte, daß er über keinerlei Barvermögen, sondern lediglich hohe Schulden verfügte. Schließlich wurde am 1.6.1990 ein Vertrag zwischen dem Angeklagten und Michael S***** abgeschlossen. Der Angeklagte kam in der Folge seinen Verpflichtungen gegenüber S***** (Pachtleistungen, Bezahlung von Lebensmitteln und Getränken) nicht nach, wobei ein Schaden von zumindest S 360.000 entstand".

Die Beklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.5.1992, ***** wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB rechtskräftig verurteilt. Ihr wude angelastet, daß sie in R***** als Schuldnerin mehrerer Gläubiger in der Zeit von Oktober 1990 bis Februar 1991 fahrlässig ihre Zahlungsunfähigkeit herbeiführte und in der Zeit vom März 1991 bis September 1991 in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger vereitelte bzw schmälerte.

Mit der am 5.4.1995 überreichten Klage begehrt der Kläger letztlich insgesamt S 371.291,15, und zwar:

Pachtzins für das Restaurant S*****

von Juni bis einschließlich November 1990 S 159.500,--

Betriebskosten für Restaurant

und Appartements S 227.336,95

Ablöse für Lebensmittel S 55.000,--

Ablöse für alkoholische Getränke S 14.554,20

Prozeßkosten (Rechtsanwaltskosten aus

Anlaß der Räumung des Hauptschuldners) S 14.900,--

abzüglich der im Wechselzahlungsauftrag

13 Cg 299/90 des LG Innsbruck

zugesprochenen Betrages von S 100.000,--

Die Beklagte hafte als Bürgin und Zahlerin. Sie habe auch einen Blankowechsel zur Sicherung sämtlicher offener Forderungen des Klägers unterfertigt. Die Klageforderung sei schon deshalb nicht verjährt, weil sie einer strafbaren Handlung entspringe, sei doch die Beklagte wegen fahrlässiger Krida verurteilt worden. Im übrigen stamme auch die Forderung gegen den Hauptschuldner, für die die Beklagte in Anspruch genommen werde, aus einer strafbaren Handlung. Der Hauptschuldner sei wegen Betruges zum Nachteil des Klägers rechtskräftig verurteilt worden. Daraus sowie aus dem Umstand, daß hinsichtlich eines Betrages von S 178.000 ein rechtskräftiger Exekutionstitel gegen den Hauptschuldner vorliege, ergebe sich eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gegenüber dem Hauptschuldner wie auch der Bürgin.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Kläger ergänzend vor, die Beklagte habe durch Unterfertigung eines Blankowechsels die Gesamthaftung für sämtliche Forderungen des Klägers aus dem Bestandvertrag übernommen. Diesen Wechsel habe der Kläger am 26.6.1996 durch Einfügen des Ausstellungstages und -ortes ("26.6.1996" und "Innsbruck"), des Betrages ("S 462.453,15"), sowie des Zahlungsvermerkes "zahlbar bei Sicht" vervollständigt. Er habe den Wechsel der Beklagten in der Tagsatzung vom 4.7.1997 zur Zahlung präsentiert, die Beklagte habe jedoch die Zahlung verweigert.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe keine Haftung für die Mietzinse und Betriebskosten der beiden Appartements übernommen. Ihre Haftung für die Bestandzinse des Restaurants S***** sei durch den im Verfahren 13 Cg 299/90 des Landesgerichtes Innsbruck ergangenen Wechselzahlungsauftrag über S 100.000 bereits erschöpft. Im übrigen sei die Bürgschaftsverpflichtung sittenwidrig. Die Beklagte sei im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung arbeits-, einkommens- und vermögenslos gewesen, was der Kläger auch gewußt habe. Soweit die Klageforderung auf den in der Tagsatzung vom 26.6.1996 komplettierten Blankowechsel gestützt werde, liege eine unzulässige Klageänderung vor. Der Kläger habe den im übrigen formungültigen Wechsel - das Blankett sei vor Ausfüllung zerschnitten und dadurch vernichtet worden - in sittenwidriger und der Wechselbegebungsvereinbarung widersprechenden Weise vervollständigt. Die Klageforderung sei überdies verjährt.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von S 191.875,55 sA und wies das Mehrbegehren von S 179.415,40 sA ab. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Bestandvertrages über kein Vermögen verfügt, was dem Kläger damals noch nicht bekannt gewesen sei. Die Beklagte habe eine Mithaftung weder für die Betriebskosten der Appartements noch auch für die Ablöse von Lebensmitteln und Getränken übernommen. Den am 26.6.1996 vom Kläger komplettierten Blankowechsel habe die Beklagte am 10.7.1990 zur Absicherung offener Mietzinse und Betriebskosten des Restaurants S***** unterfertigt.

Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Beklagte hafte als Bürgin und Zahlerin für Pachtzinse- und Betriebskostenforderungen des Klägers bezogen auf das Restaurant S*****. Das seien S 159.500 abzüglich der Zahlung von S 54.490, somit S 105.010 Pachtzins und S 176.865,75 Betriebskosten. Sie hafte ferner für Kosten der Betreibung von Rückständen des Hauptschuldners bis zur Höhe von S 10.000.

Die im Wechselzahlungsauftrag vom 8.10.1990 zugesprochenen S 100.000 seien von der Forderung des Klägers abzuziehen. Die Teilbeträge "Ablöse für Lebensmittel und Getränke" (S 55.000 und S 14.554,20) stünden dem Kläger jedoch genausowenig zu, wie die die beiden Appartements betreffende Betriebskostenforderung von S 50.471,20, der an Mietzins bereits bezahlte Betrag von S 54.490 und die Prozeßkostendifferenz von S 4.900. Die Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Beklagten vermöge eine Unwirksamkeit der Bürgschaftserklärung schon deshalb nicht zu begründen, weil diese Umstände bei Vertragsabschluß nicht diskutiert worden seien. Daß der Kläger gewußt habe, der Hauptschuldner werde seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen, habe die Beklagte nicht einmal behauptet.

Verjährung sei nicht eingetreten. Die strafgerichtliche Verurteilung des Hauptschuldners begründe die 30-jährige Verjährungsfrist auch für die Beklagte als Bürgin. Wenngleich der Kläger die im Strafurteil angenommene Schadenssumme nicht aufzuschlüsseln vermöge, sei unzweifelhaft, daß die nun offenen Forderungen an Miete und Betriebskosten vom Betrugsvorsatz des Hauptschuldners erfaßt seien. Dieser habe dem Kläger eine in Wahrheit nicht vorhandene Zahlungsabsicht vorgespielt und dadurch aus der Bewirtschaftung des Restaurants S***** ungerechtfertigte Gewinne erzielen können. Der Kläger sei durch diese Täuschung zur Übergabe des Objekts verleitet worden. Die Prozeßkosten von S 10.000 teilten das Schicksal der Hauptsache und fielen somit gleich dieser unter die Verlängerung der Verjährungsfrist.

Das Berufungsgericht bestätigte den klageabweisenden Ausspruch als Teilurteil, hob das Ersturteil in seinem stattgebenden Ausspruch auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht, wohl aber der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Die Sittenwidrigkeit der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten sei unter Heranziehung der vom Obersten Gerichtshof zur Beurteilung derartiger Verpflichtungen von Familienangehörigen entwickelten Grundsätze zu verneinen. Angesichts der einschlägigen Berufserfahrung der Beklagten mangle es schon an der ungleich größeren Verhandlungsstärke des Klägers gegenüber der Beklagten. Die von ihr übernommenen Verpflichtungen überstiegen auch - einen einigermaßen befriedigenden Geschäftsgang und eine redliche Gebarung durch den Hauptschuldner vorausgesetzt - die zu erwartenden Einkommensverhältnisse aus dem Restaurantbetrieb nicht beträchtlich. Die Entscheidungsfreiheit der Beklagten beeinträchtigende Umstände lägen nicht vor. Die Beklagte sei jeden Beweis dafür schuldig geblieben, daß dem Kläger die geschäftliche Situation, der Charakter und das kriminelle Vorleben des Hauptschuldners bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen, sei ja selbst die mit dem Hauptschuldner befreundete Beklagte insoweit ahnungslos gewesen.

Die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten umfasse nicht Forderungen aus Betriebskosten für die Appartements und für die Ablöse von Lebensmitteln und Getränken. Auch der bereits gezahlte Betrag von S

54.490 sei gegenüber der Beklagten in Abzug zu bringen. Die Abweisung in Ansehung von Prozeßkosten im Betrag von S 4.900 sei gleichfalls zu Recht erfolgt, so daß die Abweisung eines Betrages von insgesamt S 179.415,40 mit Teilurteil zu bestätigen sei.

Die Aufhebung des klagestattgebenden Teiles der angefochtenen Entscheidung und die Rückverweisung der Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung sei aus nachstehenden Überlegungen erforderlich:

1. Mangels ausdrücklicher Erklärung hafte die beklagte Bürgin grundsätzlich nicht für den Verzug des Hauptschuldners und daher auch nicht für gegen diesen aufgelaufene Prozeßzinsen und Kosten. Das Erstgericht habe willkürlich und ohne Deckung durch Verfahrensergebnisse einen von dieser Rechtslage abweichenden Vertragswillen der Parteien konstruiert.

2. Das Erstgericht habe die Verjährungsfrage unrichtig gelöst. Zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang die Verjährungsfrist gegenüber der beklagten Bürgin einerseits aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung des Hauptschuldners und andererseits aufgrund des gegen ihn ergangenen Urteiles zu 11 C 994/90 des Bezirksgerichtes Innsbruck auf 30 Jahre verlängert wurde. Die Verurteilung der Beklagten nach §§ 159, Abs 1 Z 1 und 2 StGB habe keinen Einfluß auf die Verjährung. Sie sei wegen eines nicht im Zusammenhang mit den Forderungen des Klägers begangenen Fahrlässigkeitsdeliktes erfolgt.

Grundsätzlich treffe die Beweislast für die behauptete Verjährung den Anspruchsgegner. Im vorliegenden Fall ergebe sich bereits aus der Klage, daß es sich um Pachtzinse und Betriebskosten handle, die gemäß § 1486 Z 4 ABGB in drei Jahren ab Fälligkeit verjähren, sodaß die Klageforderung angesichts der Ende 1990 erfolgten Räumung des Bestandobjekts bereits Ende 1993 verjährt gewesen sei. Das Vorliegen von Ausnahmen - hier die straf- oder zivilgerichtliche Verurteilung des Hauptschuldners - müsse der Kläger behaupten und beweisen, weil davon die Berechtigung seines Anspruches abhänge, es sich daher um eine seinen Anspruch begründende Tatsache handle. Dieser Beweis sei dem Kläger in Ansehung der von Juni bis September 1990 eingeklagten Bestandzinse (S 104.500) und der auf diesen Zeitraum entfallenden Betriebskosten (S 43.641,50) insoweit gelungen, als in Ansehung dieser Teilforderungen ein rechtskräftiges Urteil gegen den Hauptschuldner vorliege. Damit gelte für diese Forderung die 30-jährige Verjährungsfrist gegenüber dem Hauptschuldner und somit auch gegenüber der Beklagten als Bürgin. Hingegen sei es dem Kläger nicht gelungen, eine Verlängerung der Verjährungsfrist gegenüber der Beklagten durch die strafgerichtliche Verurteilung des Hauptschuldners unter Beweis zu stellen. Dazu hätte er sowohl die subjektive als auch die objektive Tatsche eines Betruges nach § 147 Abs 2 StGB behaupten und beweisen müssen. Die strafgerichtliche Verurteilung habe die Vermietung von Appartements und die Lieferung von Lebensmitteln und Getränken umfaßt, so daß nicht rekonstruiert werden könne, inwieweit die im Strafverfahren angenommenen Schadenssumme von S 360.000 auf die hier geltend gemachten Mietzinse und Betriebskosten entfalle. Diese Unmöglichkeit der Aufschlüsselung gehe zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Klägers. Das Erstgericht habe zwar - in Befolgung des bindenden Aufhebungsbeschlusses im ersten Rechtsgang - den Kläger zur Aufschlüsselung der dem Strafverfahren zugrundeliegenden Schadenssumme aufgefordert, um eine Zuordnung zur Klageforderung oder doch zu Teilen davon zu ermöglichen. Der Kläger habe ergänzendes Vorbringen jedoch nicht erstattet. Seine Forderungen seien somit gegenüber der Beklagten - soweit sie nicht schon von dem zu 11 C 994/90 des Bezirksgerichtes Innsbruck ergangenen Urteiles erfaßt sind - verjährt.

3. Der Kläger habe sein Begehren ausdrücklich auf den von ihm in der Tagsatzung vom 26.6.1996 ausgefüllten und der Beklagten in der Folge zur Zahlung vorgelegten Wechsel gestützt. Die Beklagte habe sich gegen die darin liegende Klageänderung ausgesprochen. Das Erstgericht habe eine Entscheidung über die Zulassung der Klageänderung unterlassen und die Auffassung vertreten, der Wechsel könne dem Kläger keine Besserstellung bringen, weil es - mangels Begebung - nur auf das Innenverhältnis ankomme. Dabei habe es jedoch nicht berücksichtigt, daß für die Verjährung der nicht schon vom Titel zu 11 C 994/90 des Bezirksgerichtes Innsbruck umfaßten Mietzinsforderung für Oktober und November 1990 (S 55.000) und der Betriebskosten im Teilbetrag von S 133.224,26 dann, wenn es sich um einen Wechselanspruch handle, die Verjährungsbestimmung des Art 70 Abs 1 Wechselgesetz zur Anwendung komme. Danach verjähre der Wechselanspruch gegen den Annehmer - hier die Beklagte - in drei Jahren ab Verfallstag, somit jenem Tag, an dem der Wechsel zur Zahlung fällig wurde. Der vorliegende Wechsel sei nach der Komplettierung durch den Kläger als Sichtwechsel anzusehen, der bei Vorlegung fällig werde. Der Verjährungsbeginn richte sich - vorbehaltlich etwaiger Einwendungen wegen verabredungswidriger Ausfüllung - nach der bei Ausfüllung eingesetzten Verfallzeit. In Ermangelung einer Beschlußfassung über die Zulässigkeit der Klageänderung und jedweder Verfahrensergebnisse könne die Verjährung der Klageforderung in Ansehung eines Betrages von S 188.224,26 noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Erstgericht werde über die Zulässigkeit der vom Kläger vorgenommenen Klageänderung zunächst zu entscheiden und im Falle deren rechtskräftiger Zulassung nach Verfahrensergänzung die hiezu erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Das den abweisenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung bestätigende Teilurteil ist in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekurse beider Streitteile sind nicht berechtigt.

Unter Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung des Hauptschuldners macht der Kläger geltend, der Nachweis des schweren Betruges sei in bezug auf sämtliche vom Kläger daraus erlittenen Zahlungsausfälle durch die rechtskräftige Verurteilung erbracht. Die Verjährungsfrist gegenüber dem Hauptschuldner - und somit auch gegenüber der Bürgin - betrage daher 30 Jahre.

Die Beklagte führt dazu in ihrem Rekurs aus, die Bürgschaftsverpflichtung verjähre wohl in 30 Jahren, der Bürge könne sich dessenungeachtet jedoch auf die kurze Verjährungsfrist berufen, wenn die gesicherte Forderung - wie hier - der dreijährigen Verjährungsfrist unterliege. Genausowenig wie sich bloß auf den Hauptschuldner beziehende Hemmungs- und Unterbrechungsgründe die Bürgschaftsverpflichtung nicht berührten, hätten auch die strafgerichtliche Verurteilung und der gegen den Hauptschuldner bestehende zivilrechtliche Titel keine Auswirkungen gegenüber der beklagten Bürgin.

Nach § 1353 Satz 1 ABGB kann die Bürgschaft nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erklärt hat, wobei "ausdrücklich" im Sinne von "deutlich erkennbar" zu verstehen ist und eine strenge Auslegung der Erklärung fordert. Im Zweifel ist anzunehmen, daß sich der Bürge eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte (Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 1 zu § 1353 mwN; Mader in Schwimann ABGB2 Rz 4 zu § 1353 mwN).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte die Haftung als Bürgin und Zahlerin für den Fall der Nichterfüllung der im Bestandvertrag vereinbarten Verpflichtungen durch den Hauptschuldner (auf Zahlung von Bestandzinsen und Betriebskosten) übernommen. Sie haftet somit für schlichte Vertragserfüllung. Daß die Beklagte auch für deliktisches Verhalten des Hauptschuldners und den daraus allenfalls entstehenden Schaden einstehen wollte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde vom Kläger auch nicht behauptet. Während somit die Beklagte als Bürgin nur für schlichte Vertragserfüllung einzustehen hat, trifft den Hauptschuldner nicht nur die Verpflichtung, den Vertrag zu erfüllen. Als Folge seines deliktischen Verhaltens hat er dem Pächter den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Für solche Schadenersatzforderungen haftet aber die Bürgin nicht. Eine (nur) gegen den Hauptschuldner bestehende Schadenersatzforderung aus seinem deliktischen Verhalten unterliegt der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB und ist somit noch nicht verjährt. Die Verjährung der gegen die Beklagte aus dem Rechtsgrund der Haftung für Vertragserfüllung als Bürgin und Zahlerin geltend gemachte Forderung ist hingegen eingetreten. Ihre Frist richtet sich nach den für die Hauptschuld (der Vertragserfüllung, zu deren Besicherung die Bürgschaftsverpflichtung eingegangen wurde) anzuwendenden Bestimmungen, somit nach § 1486 Z 4 ABGB. Sie wird durch die gleichzeitig gegen den Hauptschuldner bestehende (weitergehende) Schadenersatzverpflichtung wegen strafgesetzwidriger Handlungen nicht berührt. Überdies stellt die vom Kläger vorgenommene Verknüpfung des gegen die Bürgin geltend gemachten Anspruches mit dem gegen den Hauptschuldner wegen strafgesetzwidriger Handlungen bestehenden Schadenersatzanspruch eine unzulässige Erweiterung und Erschwerung der von der Beklagten übernommenen Haftung dar.

Ein Widerspruch zu der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach für Bürgschaftsschulden die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren gelte, da nur der Grundsatz der Akzessorietät das Erlöschen der Bürgschaftsschuld bei tatsächlicher früherer Verjährung der Hauptschuld bewirke, und der Bürge eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung gegen den Hauptschuldner auch gegen sich gelten lassen müsse (SZ 54/82; ÖBA 1989, 622), liegt schon deshalb nicht vor, weil als "Hauptanspruch" im Sinn der zitierten Vorentscheidung jener gegen den Hauptschuldner bestehende Anspruch anzusehen ist, für dessen Erfüllung der Bürge die Haftung übernommen hat. Dies ist im vorliegenden Fall der Anspruch des Klägers auf Vertragserfüllung und nicht derjenige auf Schadenersatz wegen deliktischen Verhaltens des Hauptschuldners.

Der Einwand der Beklagten, wonach sich eine Verfahrensergänzung zur Frage des Prozeßkostenersatzes von restlich S 10.000 erübrige, ist berechtigt. Der Kläger hat zur Begründung seines Anspruches lediglich ausgeführt, im Zusammenhang mit der Räumung des Hauptschuldners seien Rechtsanwaltskosten in der Höhe von S 14.900 entstanden. Daß diese Kosten nach dem Parteiwillen von der Haftung der Beklagten als Bürgin und Zahlerin umfaßt sein sollten, hat der Kläger jedoch nicht vorgebracht. Die Beklagte hat die Haftungsübernahme für Prozeß- und Exekutionskosten bestritten. Unter Zugrundelegung des schriftlichen Vertrages haben die Vorinstanzen festgestellt, die Beklagte habe die Haftung als Bürgin und Zahlerin für Bestandzins und Betriebkosten des Restaurants S***** übernommen. Die darüber hinausgehende Feststellung des Erstgerichts, die Beklagte habe nach dem Vertragswillen auch für Prozeß- und Exekutionskosten des Klägers aus Anlaß der Betreibung von Zins- und Betriebskostenforderungen gegenüber dem Hauptschuldner einzustehen, hat das Berufungsgericht mangels Deckung in den Verfahrensergebnissen nicht übernommen.

Bei der durch § 1353 ABGB geforderten strengen Auslegung der

Bürgschaftserklärung (vgl Gamerith Rz 1 zu § 1353 mwN; Mader aaO Rz 4

zu § 1353 mwN) ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und

im Zweifel anzunehmen, daß sich der Bürge eher die geringere als die

schwerere Last auferlegen wollte. Für den Verzug des Hauptschuldners

haftet der Bürge mangels ausdrücklicher Erklärung grundsätzlich nicht

(Mader aaO Rz 5). Abgesehen davon, daß der von den Parteien gewählten

Formulierung im Vertrag kein Hinweis darauf entnommen werden kann,

daß die Haftung der Beklagten als Bürgin und Zahlerin auch die im

Zusammenhang mit der Eintreibung von Forderungen gegen den

Hauptschuldner entstehenden Rechtsanwalts- oder Prozeßkosten umfassen

sollte, hat der Kläger eine derartige Behauptung auch nicht konkret

aufgestellt, so daß sich die vom Berufungsgericht aufgetragene

Verfahrensergänzung erübrigt.

Die Beklagte macht geltend, die zivilgerichtliche Verurteilung des

Hauptschuldners komme dem Kläger im Verfahren gegen die beklagte

Bürgin nicht zugute, sein Anspruch sei ungeachtet allfälliger in der Person des Hauptschuldners eingetretener Hemmungs- und Unterbrechungsgründe verjährt.

Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage des Einflusses von in der

Person des Hauptschuldners eingetretenen Hemmungs- und

Unterbrechungsgründen in ständiger Rechtsprechung die Auffassung

vertreten (SZ 54/82; ÖBA 1989, 622), die Bürgschaftsschuld verjähre

ohne Rücksicht auf die für die Hauptschuld geltende Verjährungsfrist

in 30 Jahren. Unterliege die gesicherte Forderung einer kürzeren

Verjährung, könne sich der Bürge wegen seiner streng akzessorischen Haftung jedoch auch darauf berufen. Unterbrechungen und Hemmungen der Verjährung der Hauptschuld seien für den Bürgen jedoch solange belanglos, als die gesicherte Forderung noch vor der Bürgschaftsverpflichtung - also innerhalb von 30 Jahren - verjähre. Solange die Hauptschuld (aus welchen Gründen auch immer) noch unverjährt sei, könne der Bürge daher innerhalb der für ihn geltenden Verjährungsfrist erfolgreich in Anspruch genommen werden. Die Haftung des Bürgen bleibe grundsätzlich - soweit nichts anderes zulässigerweise vereinbart wurde - bis zum Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist aufrecht. Eine Erweiterung oder Erschwerung der Haftung des Bürgen sei mit der Umwandlung der Hauptschuld in eine Judikatsobligation und der damit verbundenen Verlängerung der Verjährungsfrist genausowenig verbunden wie mit einer Unterbrechung (und damit Verlängerung) der für die Hauptschuld geltenden Verjährungsfrist. An dieser Auffassung, der P.Bydlinski (ÖBA 1989, 622 ff [623]) entgegengetreten ist, hält der erkennende Senat angesichts des für die Bürgschaft geltenden Grundsatzes der Akzessorietät fest. Die durch Erlangung eines Exekutionstitels gegen den Hauptschuldner eingetretene Verlängerung der Verjährung schlägt somit auf den Bürgen durch.

Der Kläger stützte sein Begehren zuletzt auf einen von der Beklagten unterfertigten und von ihm nachträglich vervollständigten Blankowechsel. Die Beklagte hat der Klageänderung widersprochen. Das Erstgericht hat darüber bisher nicht entschieden.

Das Berufungsgericht vertritt die zutreffende Auffassung, im Falle der Zulassung der Klageänderung komme die Verjährungsbestimmung des Art 70 Abs 1 Wechselgesetz zur Anwendung, wonach der Wechselanspruch gegen die hier Beklagte in drei Jahren vom Verfallstag, somit jenem Tag, an dem der Wechsel zur Zahlung fällig wurde, verjähre. Mit Rücksicht darauf, daß der hier vorliegende vom Kläger nachträglich vervollständigte Blankowechsel als Sichtwechsel bei Vorlegung fällig wurde, richtet sich der Verjährungsbeginn nach der vom Kläger bestimmten Verfallzeitpunkt. Die Forderung wäre - vorbehaltlich der von der Beklagten gegen die Gültigkeit der Wechselverpflichtung vorgebrachten Einwendungen - nicht verjährt.

Das Berufungsgericht hat daher dem Erstgericht zu Recht zunächst eine Entscheidung über die Klageänderung und - für den Fall ihrer Zulassung - die Ergänzung des Verfahrens zur Frage der Gültigkeit des Zustandekommens der Wechselverpflichtung aufgetragen. Die Beklagte hat die Gültigkeit des behaupteten Wechselanspruches bestritten und konkrete Einwendungen erhoben, so daß sich eine Ergänzung des Verfahrens als erforderlich erweist.

Soweit die Beklagte ihren Rechtsstandpunkt, wonach die von ihr eingegangene Bürgschaftsverpflichtung sittenwidrig sei, aufrechterhält, wird sie auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die von der Rechtsprechung zur Frage der Sittenwidrigkeit von Bürgschaftsverpflichtungen naher Angehöriger entwickelten Grundsätze (SZ 68/64, RIS-Justiz RS0048300; RS0048309; RS0048312; vgl Mader aaO Rz 12 ff zu § 1346 ABGB) beachtet und mit Recht ausgeführt, es fehle schon an der geforderten stärkeren Verhandlungsposition des Klägers gegenüber jener der Beklagten, wie auch an dem von der Rechtsprechung geforderten groben Mißverhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang und den bei redlicher Gebarung zu erwartenden Einkommensverhältnissen der Bürgin, welche überdies nicht bewiesen habe, daß dem Kläger die geschäftliche Situation, der Charakter und das kriminelle Vorleben des Hauptschuldners bekannt gewesen wäre oder hätte bekannt sein müssen.

Den gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes gerichteten Rekursen beider Streitteile war somit nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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