OGH 7Ob382/97w

OGH7Ob382/97w24.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Schinko und Dr.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 27.1.1996 verstorbenen Ing.Hubert W*****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der bedingt erbserklärten Erben DI Hubert W*****, Bundesrepublik Deutschland, und Dr.Volker W*****, beide vertreten durch Dr.Arno Kempf, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 15.Oktober 1997, GZ 3 R 264/97a-102, womit infolge Rekurses der Revisionsrekurswerber der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 18.Juli 1997, GZ 1 A 66/96p-98, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 27.1.1996 verstorbene Erblasser hinterließ die drei aus seiner ersten Ehe stammenden Söhne Horst W*****, DI Hubert W***** und Dr.Volker W***** sowie seine zweite Ehefrau Maria W*****. In seinem Testament vom 10.4.1989 hatte der Erblasser die drei Söhne zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt, unter der Bedingung, daß sie ihre Miteigentumsanteile von je einem Neuntel an der Liegenschaft EZ ***** GB D***** mit dem Haus Fasanenweg 1 vollkommen unentgeltlich an seine Ehefrau Maria W***** abtreten. Dieser setzte der Erblasser zur Abdeckung ihrer Pflichtteilsansprüche seinen Miteigentumsanteil von zwei Drittel an der genannten Liegenschaft samt Inventar, ausgenommen Jagdutensilien, und ein Sparbuch als Vermächtnisse aus.

Am 12.6.1996 gaben DI Herbert und Dr.Volker W***** jeweils bedingte Erbserklärungen ab und beantragten die Schätzung des Nachlaßvermögens sowie die Bestellung ihres ortsansässigen Bruders Horst W***** zum Verlassenschaftskurator, um für die ordnungsgemäße Verwaltung der Erbmasse Sorge tragen zu können. Dem Verlassenschaftskurator solle auch eine übliche und angemessene Aufwandsentschädigung zustehen.

Ebenfalls am 12.6.1996 gab Horst W***** eine bedingte Erbserklärung ab und regte an, einen testamentarischen Erben zum Verlassenschaftskurator zu bestellen, wobei er sich selbst zur Übernahme dieser Funktion bereit erklärte.

Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 5.7.1996 (ON 43) die Erbserklärungen an und bestellte Horst W***** antragsgemäß zum Verlassenschaftskurator, wobei sich sein Wirkungskreis auf die umfassende Vertretung des Nachlasses, insbesondere bestimmte, in diesem Beschluß unter lit a bis f bezeichnete Angelegenheiten erstrecken sollte.

Am 17.2.1997, beantragte der Verlassenschaftskurator, die ihm zu ersetzenden Kosten seiner Bemühungen mit S 37.497,50 zu bestimmen und ihn zu ermächtigen, diesen Betrag von einem bestimmt bezeichneten Sparbuch abbuchen zu dürfen. Mit dem weiteren Antrag vom 28.4.1997 ersuchte der Verlassenschaftskurator um Ermächtigung, folgende vom Erblasser treuhändisch verwaltete, aus der Verlassenschaft nach der Mutter der Miterben stammende Vermögensteile an diese aus einem vorhandenen Sparguthaben auszuzahlen und zwar

1. S 625.495,96 als Forderung aus treuhändisch verwaltetem Nutzungsentgelt für die Verpachtung der Liegenschaft EZ ***** KG R*****, "Gasthof S*****", im Zeitraum 1.1.1981 bis 27.1.1996;

monatlicher Pachtschilling S 7.000,--; Verzinsung 5 %;

erbquotenmäßige Teilung (aus dem Verlassenschaftsverfahren A 44/81 des BG Millstatt) 6/9 Ing.Hubert W*****, 3/9, daher S 2.333,34 pro Monat und Erben;

2. S 893.570,25 als Forderung aus treuhändisch verwaltetem Nutzungsentgelt für die Verpachtung der Liegenschaft EZ 329 KG D***** mit dem Appartementhaus F*****weg *****; monatlicher Pachtschilling S 10.000,--; Pachtzeitraum, Verzinsung und Aufteilungsschlüssel wie zuvor; und

3. S 434.143,02 aus Forderung aus treuhändisch verwalteten Sparkonten; seinerzeitige Sparguthaben der Erblasserin Laura Amalia W***** von S 311.728,69; Zeitraum 22.12.1980 bis 27.1.1996; Verzinsung 5 %; erbquotenmäßige Teilung hier 3/9 Ing.Hubert W*****, 6/9 (übrige) Erben.

Dem Antrag wurden ua in Kopie das Abhandlungsprotokoll vom 11. und 12.6.1982 zu A 44/81 des BG Millstatt mit Inventar und Erbteilungsübereinkommen und der vom Erblasser Ing.Hubert W***** als Verpächter mit Christa D***** abgeschlossene Pachtvertrag vom 7.1.1994 hinsichtlich des Gastgewerbebetriebes "Gasthof S*****" im Haus R*****, beigelegt.

Das Erstgericht wies die Anträge vom 17.2.1997 und 28.4.1997 ab. Die Bestellung zum Verlassenschaftskurator sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, die hier nicht vorgelegen seien. Horst W***** sei daher "in Wahrheit" nicht Verlassenschaftskurator, sondern im Sinne des § 145 AußStrG und § 810 ABGB zur Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft bestimmt worden. Der gemäß § 145 AußStrG Beauftragte übe kein Amt aus, sondern nehme ein subjektives Recht des (der) Erben wahr. Demnach habe er auch keinen Anspruch auf Entlohnung, sondern könne nur die Kosten der Verwaltung allenfalls gegen den Nachlaß geltend machen.

Im Verlassenschaftsverfahren sei "die Frage des Besitzes der zu inventarisierenden Gegenstände, nicht aber die Frage des Eigentums an bestimmten Gegenständen zu klären". Eigentumsrechte seien im Rechtsweg geltend zu machen. Die Ausfolgung bestimmter Sparbücher bzw Auszahlung von Sparguthaben seien Maßnahmen, die auch die Befugnisse eines Nachlaßverwalters gemäß § 145 AußStrG überschritten. Horst W***** habe sich künftighin nicht mehr als Verlassenschaftskurator, sondern als Nachlaßverwalter zu bezeichnen.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts und sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung über den Antrag vom 28.4.1997 zulässig, gegen die Entscheidung über den Antrag vom 17.2.1997 aber jedenfalls unzulässig sei. Mit dem noch der Anfechtung unterliegenden Teil seiner Entscheidung führte es aus:

Horst W***** sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts wirksam zum Verlassenschaftskurator bestellt worden und übe dieses Amt mangels Enthebung auch noch aus. Der Verlassenschaftskurator sei nicht Vertreter von Beteiligten im Abhandlungsverfahren, sondern der vom Gericht bestellte Vermögensverwalter und Vertreter des ruhenden Nachlasses. Materiell vertrete er freilich diejenigen, die sich als die wahren Erben herausstellen würden. Er vertrete die Erben in abstracto, nicht aber bestimmte Erben. Werde sein Wirkungskreis nicht im Bestellungsbeschluß eingeschränkt, so habe er die im AußStrG, vor allem in den §§ 129 und 145 näher genannten Rechte und Pflichten. Soweit nicht besondere Vorschriften bestünden oder sich aus der Natur der Sache etwas anderes ergebe, seien gemäß § 282 ABGB, § 219 AußStrG auch die Vorschriften über die Vermögensverwaltung des Vormundes sinngemäß heranzuziehen. Gemäß § 129 AußStrG sei der Verlassenschaftskurator ua auch zur Befriedigung der Erbschaftsgläubiger und Vermächtnisnehmer befugt, sobald dies mit Sicherheit geschehen könne. Grundsätzlich bedürfe der Kurator keine Genehmigung oder Ermächtigung zur Bezahlung fälliger und richtiger Schulden, sofern es sich um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung handle. Im Genehmigungsverfahren habe das Gericht zu prüfen, ob überhaupt eine Einwilligung oder Genehmigung zulässig, ob sie erforderlich, ob sie im wirtschaftlichen Endergebnis für den Kuranden günstig sei und ob das Geschäft in allen seinen Punkten dessen Interessen diene. Die vom Kurator angestrebte Zahlung einer vermeintlichen Schuld des Nachlasses von fast S 2 Mio an ihn und seine Miterben sei keine Maßnahme der ordentlichen Wirtschaftsverwaltung. Die Zustimmung der Miterben zur Auszahlung dieses Betrags, der immerhin zu je einem Drittel in ihre Hände käme, könne die gerichtliche Prüfung der Forderung nicht ersetzen. Die Angelegenheit sei keineswegs hinreichend klar, daß sich eine Verweisung auf den Rechtsweg erübrigen würde. Der Sachverhalt bedürfe vielmehr einer eindeutigen Klärung, die nur im Rahmen eines förmlichen Beweisverfahrens im streitigen Verfahren erfolgen könne. Es könne auch ohne ein solches Verfahren nicht beurteilt werden, inwieweit die Forderungen der Erben mit dem im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer Mutter mit dem Erblasser getroffenen Erbteilungsübereinkommen in Einklang zu bringen seien. Aufgrund der zahlreichen offenen Fragen könne die Wahrung der Interessen des Nachlasses nur darin bestehen, daß die erbserklärten Erben ihre behaupteten Ansprüche im streitigen Rechtsweg durchzusetzen hätten. Der ruhende Nachlaß, der auch zur Befriedigung berechtigter Ansprüche weiterer Nachlaßgläubiger wie auch der Witwe als Legatarin und vor allem Pflichtteilsberechtigten heranzuziehen sei, müsse vor Übereilung geschützt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den bedingt erbserklärten Erben DI Hubert W***** und Dr.Volker W***** erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber vertreten die Auffassung, daß das Abhandlungsgericht ihre Forderungen gemäß der §§ 135, 136 AußStrG zu prüfen gehabt und nur solche Forderungen, über welche keine Ausgleichung zustandegekommen wäre, auf den Rechtsweg zu verweisen gehabt hätte. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden.

Das Erstgericht hat einen Miterben zum Verlassenschaftskurator bestellt. Ob die Voraussetzungen für eine solche Bestellung vorlagen, ist hier nicht zu prüfen, weil das Amt des Kurators erst mit Rechtskraft seiner Enthebung endet (vgl Knell, Kuratoren 106), eine solche Enthebung bisher aber nicht ausgesprochen wurde. Die Ansicht des Erstgerichts in den vom Rekursgericht bestätigten Beschluß, Horst W***** sei mit dieser Bestellung in Wahrheit nur die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden, trifft daher nicht zu; damit wurde aber auch keine Enthebung von der seinerzeitigen Bestellung als Verlassenschaftskurator vorgenommen.

Gemäß § 811 ABGB wird für die Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers vom Gericht nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen; die Gläubiger können ihre Ansprüche wider die Masse anbringen und begehren, daß zur Vertretung derselben ein Kurator bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können. Der Verlassenschaftskurator hat gemäß § 129 AußStrG (auch) die Verwaltung und Vertretung des Nachlasses, insbesondere die Eintreibung der Aktivforderungen desselben zu besorgen, und, sobald es mit Sicherheit geschehen kann, die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnisnehmer zu befriedigen. Dabei bedarf er nur für Klagen im Interesse der Erbschaftsmasse oder Vergleichsabschlüsse der Genehmigung des Abhandlungsgerichts (§ 129 Satz 3 AußStrG). Soweit nicht aufgrund besonderer Bestimmungen Gläubigerinteressen wahrzunehmen sind, hat das Verlassenschaftsgericht auch über Antrag für die Gläubiger nicht tätig zu werden und ihre Befriedigung nicht in die Wege zu leiten (SZ 34/38; JBl 1984, 553). Die Nachlaßverbindlichkeiten zu befriedigen und hiebei auch insbesondere für eine gleichrangige Befriedigung gleichrangiger Gläubiger zu sorgen, ist nicht Sache des Verlassenschaftsgerichts, sondern der jeweiligen Vertreter des ruhenden Nachlasses (JBl 1984, 553). Zu einer Mitwirkung des Verlassenschaftsgerichts an der Befriedigung der Gläubiger kann es nur insoweit kommen, als die damit verbundenen, vom Vertreter des ruhenden Nachlasses vorzunehmenden Rechtshandlungen allenfalls der Genehmigung des Abhandlungsgerichts bedürfen (JBl 1984, 553). Dazu gehören die in § 129 AußStrG genannten Bewilligungen und die in § 145 AußStrG genannte Bewilligung zur Veräußerung von Verlassenschaftsgegenständen. § 136 AußStrG, wonach - bei der zur Anmeldung der Ansprüche angeordneten Tagsatzung - auch die Richtigkeit und der Betrag angemeldeter Forderungen ins Klare zu setzen, der Erbe über jede einzelne Schuldpost zu vernehmen, im Anmeldungsprotokoll die Erklärung des Erben zu vermerken und Forderungen, über welche keine Ausgleichung zustandekommt, auf den Rechtsweg zu verweisen sind, gilt nur im Fall der Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger gemäß der §§ 813 bis 815 ABGB, §§ 133 ff AußStrG (EvBl 1956/75; RZ 1960, 163; 7 Ob 307/65).

Im vorliegenden Fall hat keine Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger durch Edikt stattgefunden. Lediglich die Miterben haben mehrere Forderungen angemeldet. Eine Mitwirkung des Gerichts an der Befriedigung dieser Forderungen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Im Erbebnis zu Recht haben daher die Vorinstanzen den Antrag des Verlassenschaftskurators abgewiesen, die Befriedigung von Verlassenschaftsforderungen der Miterben aus Mitteln der Verlassenschaft abhandlungsbehördlich zu genehmigen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Im übrigen, trifft die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Forderungen der Erbschaftsgläubiger nur in einem förmlichen streitigen Verfahren geklärt werden können, zu.

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