OGH 1Ob11/98v

OGH1Ob11/98v27.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Mathias W*****, vertreten durch Dr.Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Barbara K*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Löschung einer Grundbuchseintragung (Streitwert 21.900 S) infolge "außerordentlicher" Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgerichts vom 14.November 1997, GZ 1 R 336/97z-32, womit der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Hermagor vom 14.August 1997, GZ 1 C 361/96-28, nicht Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die "außerordentliche" Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte, die Ungültigkeit der zu ihren Lasten als Voreigentümerin erfolgten grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an einem bestimmten Grundstück festzustellen und den vorherigen Grundbuchsstand durch bestimmte bücherliche Maßnahmen wiederherzustellen. Sie brachte vor, daß dem Eigentumserwerb der Beklagten ein Kaufvertrag zugrundeliege, den sie als Verkäuferin durch ein infolge einer rechtsunwirksamen Verkaufsvollmacht nur scheinbar bevollmächtigtes Bankunternehmen abgeschlossen habe. Die Ansprüche gegen dieses Bankunternehmen seien gerichtlich geltend gemacht worden. Dort sei dem Bankunternehmen im Rahmen einer einstweiligen Verfügung unter anderem verboten worden, sich der erteilten Verkaufsvollmacht zu bedienen. Die Beklagte habe - ungeachtet dieser vollstreckbaren Provisorialmaßnahme - schlechtgläubig Eigentum am streitverfangenen Grundstück erworben. Diese Klage wurde mit 21.900 S bewertet.

Die Beklagte wendete ein, nie an der Gültigkeit der dem Bankunternehmen erteilten Verkaufsvollmacht gezweifelt und daher auch nicht schlechtgläubig gehandelt zu haben. Erst wenn im Parallelprozeß die allfällige Ungültigkeit der erteilten Verkaufsvollmacht festgestellt werden sollte, erhebe sich überhaupt erst die "Frage des gut- oder schlechtgläubigen Eigentumserwerbs".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte unter anderem fest, die Beklagte habe das streitverfangene Grundstück um 21.900 S erworben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S nicht übersteige und die "ordentliche Revision" jedenfalls unzulässig sei. Den Bewertungsausspruch begründete es mit einem Hinweis auf den Kaufpreis des streitverfangenen Grundstücks.

Dagegen richtet sich die "außerordentliche" Revision der klagenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei verkennt, daß der Oberste Gerichtshof etwa dann nicht an eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 500 Abs 1 Z 1 ZPO gebunden ist, wenn das Berufungsgericht zwingende Bewertungsvorschriften gemäß § 500 Abs 3 ZPO verletzte (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 500 mN aus der Rsp) oder - auch abgesehen davon - eine offenbare Unterbewertung aussprach (Kodek in Rechberger aaO Rz 4 zu § 500). Keiner dieser Fälle liegt hier vor.

Die klagende Partei gab den Streitwert in der Klage mit 21.900 S (Grundstückskaufpreis) an. Sie hielt an dieser Bewertung in der Folge fest (ON 7), obgleich die beklagte Partei - offenbar unzutreffend - eingewendet hatte, dieser Betrag übersteige den steuerlichen Einheitswert des streitverfangenen Grundstücks (ON 5).

Gegenstand der steuerrechtlichen Bewertung ist nicht die Vermögensart für sich (land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen, Betriebsvermögen, sonstiges Vermögen), sondern gemäß § 2 BewG die wirtschaftliche Einheit. Deren Wert ist im ganzen festzustellen. Was als solche Einheit zu gelten hat, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung (Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts II3 [1996] 4 ff; Langer, Handkommentar zum Bewertungsgesetz (1974) Rz 1 und 2 zu § 2). Für einzelne Grundstücke als Teil einer bestimmten wirtschaftlichen Einheit wird daher kein besonderer Einheitswert festgestellt (idS offenbar Fasching, Kommentar I 364).

Daß das streitverfangene Grundstück nicht Teil einer im ganzen bewerteten wirtschaftlichen Einheit ist, sondern - aus besonderen Gründen - selbst eine solche Einheit mit steuerlichem Einheitswert darstellt, wurde konkret auch nicht von der beklagten Partei behauptet. Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands ist daher nicht § 60 Abs 2 JN, sondern der gemeine Wert des streitverfangenen Grundstücks maßgeblich.

Die klagende Partei wirft dem Berufungsgericht nicht vor, den Wert des Entscheidungsgegenstands aufgrund dieser Prämisse offenbar unterbewertet zu haben, sie versucht vielmehr darzulegen, daß die Bewertung nicht nur nach dem Wert des Entscheidungsgegenstands in diesem Verfahren, sondern - zur Vermeidung allfälliger einander widersprechender Entscheidungen - auch unter Beachtung des Werts der Entscheidungsgegenstände anderer Verfahren vorzunehmen sei, weil die beklagte Partei noch sechs weitere unwirksame Kaufverträge abgeschlossen habe.

Die klagende Partei vermag sich als Beleg für diese Ansicht weder auf eine gesetzliche Bestimmung noch auf bestimmte Vorentscheidungen zu berufen. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, daß der Entscheidungsgegenstand eines Verfahrens in Summierung mit den Entscheidungsgegenständen anderer Verfahren zu bewerten ist.

Demnach erweist sich die Revision der klagenden Partei gemäß § 502 Abs 2 ZPO als jedenfalls unzulässig, weil dieser Rechtsmittelausschluß - unabhängig von der Frage des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO - absolut wirkt.

Die "außerordentliche" Revision ist somit zurückzuweisen.

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