Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung:
Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei aufgetragen, es zu unterlassen, beim Inverkehrbringen ihrer dm-Eigenmarken und dem Werben hiefür diese dm-Produkte zu bekannten Markenartikeln in Beziehung zu setzen, um den guten Ruf der Markenartikel als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunützen, insbesondere dadurch, daß jeweils ein dm-Produkt (wie zB "Paradies", "Sun-Dance", "Die Haushaltsprofis" oder "jessa") neben einem bekannten Markenartikel (wie zB "Kodak", "delial", "Melitta" oder "o.b.") abgebildet wird.
Diese einstweilige Verfügung wird bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils erlassen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat diese Kosten endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Im Juni 1997 startete die Beklagte eine Werbekampagne für ihre Eigenmarken. Auf Plakaten, in Inseraten und auf Regalstoppern zeigte sie jeweils rechts ihren Artikel unter dessen Markenbezeichnung und links davon einen nach Funktion und Menge gleichartigen Artikel einer anderen Marke, jeweils unter Anführung der Verkaufspreise; zB:
Der klagende Verband begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, beim Inverkehrbringen ihrer dm-Eigenmarkenprodukte sowie der Werbung hiefür diese dm-Produkte zu bekannten Markenartikeln in Beziehung zu setzen, um den guten Ruf der Markenartikel als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunützen, insbesondere dadurch, daß jeweils ein dm-Produkt (wie zB "Paradies", "Sun-Dance", "Die Haushaltsprofis" oder "jessa") neben einem bekannten Markenartikel (wie zB "Kodak", "delial", "Melitta" oder "o.b.") abgebildet wird. Das Verhalten der Beklagten verstoße als sittenwidrige Anlehnung gegen § 1 UWG. Die von der Beklagten zum Zweck der Förderung ihrer dm-Eigenprodukte in ihre Werbung einbezogenen Markenartikel seien durchwegs Kennzeichen marktführender Produkte, mit denen das österreichische Publikum höchste Wertschätzung verbinde; Marken wie Kodak, delial, Melitta, o.b., Penaten ua seien zweifellos berühmte Marken. Die Beklagte nütze den guten Ruf dieser besonders geschätzten Erzeugnisse für ihre eigenen wirtschaftlichen Zwecke aus und "spanne" diese Markenprodukte als "Zugpferde" ein, um die diesen Produkten entgegengebrachte Wertschätzung des Publikums für die dm-Eigenprodukte abzuzweigen bzw "abzusaugen". Wahrscheinlich habe die Beklagte mit ihren Eigenmarken das Problem, daß diese weitgehend unbekannt und nicht zugkräftig seien und sich auch nicht auf die Reputation einer eigenen Dachmarke stützen könnten. Anstatt den langwierigen und kostenaufwendigen Weg der Bewußtmachung dieser Marken zu gehen, habe sich die Beklagte für das Schmarotzen am Ruf bekannter Konkurrenzerzeugnisse entschlossen. Das berühmte Markenprodukt auf der "linken Seite" sei für den Verbraucher der "Wegweiser", der sogar an den Verkaufsregalen selbst angebracht werde. Der Verbraucher, der wahrscheinlich nicht die unbekannten Produkte kaufen würde, greife dort mit großer Sicherheit zu diesen Produkten auf der "rechten Seite", weil ihm suggeriert werde, daß diese Produkte ohnehin dem berühmten Markenerzeugnis auf der anderen Seite entsprächen und noch dazu viel weniger kosteten. Die Beklagte verfolge die Strategie, die Güte des eigenen Angebotes ausschließlich - zumindest jedoch überwiegend - durch Gleichsetzung mit den Eigenschaften berühmter Markenprodukte zu beweisen. Hiebei werde nichts Vergleichbares verglichen, lasse sich doch ein berühmtes Markenerzeugnis mit einer in jahrzehntelanger Aufbauarbeit erworbenen Reputation nicht mit einem unbekannten "Markteinsteiger" vergleichen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Ihr Warensortiment bestehe nahezu ausschließlich aus hochwertigen Markenartikeln. Sie selbst habe durch ihren Erfolg und Einsatz wesentlich zum Erfolg der Markenartikel beigetragen. Mit ihrem hochwertigen Qualitätsmarkensortiment könne sie eine bestimmte Käuferschicht erreichen, die nicht nur Wert auf eine einwandfreie Qualität der Ware, sondern auch auf den besonderen Ruf einer Marke lege. Die Beklagte habe damit aber nicht diejenigen Käuferschichten ansprechen können, für deren Kaufentscheidung ausschließlich der Preis und nicht ein "berühmter Name" wesentlich sei und denen die Qualitätsmarken zu teuer seien. Dabei handle es sich um die Kundenschicht von Diskontgeschäften, die dort sogenannte "no-name-Produkte" zu Billigpreisen kaufe. Mit den dm-Eigenmarken wolle die Beklagte genau diese Käuferschicht gewinnen, indem sie ihr hochwertige Produkte, für deren Qualität die Beklagte mit dem Markennamen "dm" stehe, zu Preisen von "no-name-Produkten" biete. Die Eigenmarkenprodukte der Beklagten stünden daher in keinem Wettbewerb zu den hochwertigen Markenartikeln, sondern bildeteten eine Ergänzung des Angebotes für andere Käuferschichten. Ihre Werbung verfolge seit einigen Jahren das Konzept eines "dualen" Layouts. Sie werbe stets nur mit Produkten des eigenen Sortiments. Da sie durch einen immensen Werbeaufwand zugunsten der Qualitätsmarken und durch die Güte ihres Handelsnamens einen wesentlichen Beitrag zum Ruf der Qualitätsmarken geleistet habe, sei der Vorwurf des Klägers, sie schmarotze an fremder Leistung, unberechtigt. Sie betreibe keine sittenwidrige anlehnende vergleichende Werbung im Sinne der Rechtsprechung, weil die abgebildeten Waren nicht fremde, sondern eigene Waren seien und weil sie nicht mit dem Mittel der Gleichstellung geworben habe. In Wahrheit liege nämlich keinerlei Hinweis auf eine Gleichwertigkeit und Auswechselbarkeit der Produkte vor. Sie setze die gleichartigen Waren nicht miteinander "in Beziehung" und bewirke auch nicht den Eindruck einer Gleichstellung. Allein schon aufgrund der erheblichen Preisunterschiede werde der markenbewußte Konsument niemals die Gleichwertigkeit oder Austauschbarkeit der Produkte annehmen, sondern genau daran Zweifel hegen. Ihr fehle die Absicht, den guten Ruf anderer für sich auszunützen. Selbst wenn man aber ihre Werbung als anlehnende vergleichende Werbung ansehen wollte, lägen so viele Rechtfertigungsgründe vor, daß jedenfalls kein Wettbewerbsverstoß gegeben sei.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte setze nicht ihre Waren mit denjenigen der Mitbewerber in Beziehung, um den guten Ruf von deren Waren als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunützen, sondern werbe als Drogeriefachunternehmen sowohl für die von ihr - zulässigerweise - vertriebenen Waren der Mitbewerber, als auch für die Eigenprodukte. Ihr gehe es dabei sowohl um den Absatz der Fremdmarken als auch der Produkte mit eigenen Marken. Sie stelle keinen Qualitätsvergleich an und weise auch nicht darauf hin, daß ihre eigenen Marken dieselben Qualitätsmerkmale aufwiesen wie die Fremdmarken. Sie nehme lediglich reine Preisgegenüberstellungen vor und überlasse es dem Publikum, sich für das teure Produkt der Fremdmarke oder das billige Produkt der Eigenmarke zu entscheiden, ohne ihm zu suggerieren, daß es sich dabei um Produkte derselben Qualität handle. In der Darstellung des Gesamtanbotes und in der Gegenüberstellung einzelner gleichartiger Produkte sei keine Empfehlung der eigenen Ware zu erblicken.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch die Gegenüberstellung von nach Funktion und Menge gleichen Artikeln unter Marken von unterschiedlichem Bekanntheitsgrad erkenne der Betrachter die Aussage, für das jeweils auf der linken Seite abgebildete Produkt "zahle man die Marke mit", für das rechts abgebildete Produkt jedoch nicht und daher beträchtlich weniger. Damit stehe aber die Herstellung eines Preisvergleiches mit der Aussage im Vordergrund, die Produkte unter dm-Eigenmarken seien preiswerter. Der Kläger habe im Verfahren erster Instanz nur zwei Unterschiede aufgezeigt, und zwar den Preis und die in jahrzehntelanger Aufbauarbeit erworbene Reputation "berühmter" Markenerzeugnisse gegenüber unbekannten "Markteinsteigern". Daß sonstige Unterschiede bestünden oder objektiv überprüfbare Angaben zur Herstellung eines Vergleiches fehlten, habe der Kläger nicht dargetan. Die Behauptungen der Beklagten seien nur dahin zu verstehen, daß der markenbewußte Konsument niemals Gleichwertigkeit oder Austauschbarkeit der Produkte annehmen werde; die Beklagte habe aber nicht zugestanden, nicht gleiche Qualität zu bieten. Mit der beanstandeten Werbung hebe die Beklagte somit die Preisgünstigkeit ihrer Eigenmarkenprodukte gegenüber anderen (bekannteren) Markenprodukten hervor. Das erscheine seit Zulassung der vergleichenden (kritisierenden) Werbung nicht sittenwidrig.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist berechtigt.
Der Kläger tritt der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, wonach bei der beanstandeten Werbung die Preisgegenüberstellung im Vordergrund stehe, mit dem Hinweis auf die Besonderheiten des "dualen Werbekonzepts" der Beklagten entgegen. Damit werde unzweifelhaft der gute Ruf bekannter Markenerzeugnisse ausgenützt; von einem bloßen Preisvergleich könne nicht gesprochen werden. Vielmehr sei das gesamte Erscheinungsbild der Werbung darauf gerichtet, im Bewußtsein der Käuferkreise Gleichwertigkeit und Austauschbarkeit der "paarweise" auftretenden Markenerzeugnisse zu suggerieren und auf diese Weise die den bekannten Markenprodukten entgegengebrachte Wertschätzung des Publikums für die dm-Eigenprodukte abzuzweigen. Darin liege eine sittenwidrige Anlehnung. Die Beklagte beschränke sich nicht auf einen - zulässigen - Preisvergleich; vielmehr komme es ihr auf das Erwecken des Eindrucks der identischen Qualität und der Austauschbarkeit der beiden abgebildeten Erzeugnisse an. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers werde auf das auf der "rechten Seite" abgebildete unbekannte Produkt dadurch gelenkt, daß das bekannte Markenprodukt auf der "linken Seite" als Blickfang eingesetzt werde. Damit werde die dem bekannten Markenprodukt entgegengebrachte Wertschätzung auf das andere Produkt "übertragen". Die Zulässigkeit dieser Werbung lasse sich auch nicht unter Hinweis auf die Lehrmeinungen von Pöchhacker und Koppensteiner rechtfertigen. Dem ist zu folgen:
Nach jedenfalls früher in Österreich (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 81; Kramer, GRURInt 1974, 196; Schönherr, GRURAusl 1964, 178; Jud, in Aicher (Hg), Das Recht der Werbung 292; Korn, MR 1992, 35; Rummel in Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 269 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 212) und noch heute in der Bundesrepublik Deutschland (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 654 f Rz 547 f zu § 1 d UWG; Köhler/Piper UWG 299 f Rz 308 ff zu § 1 d UWG ua) herrschender Lehre sowie Rechtsprechung des BGH (GRUR 1962, 45, 47 - Betonzusatzmittel; GRUR 1989, 602 - Die echte Alternative uva) und des OGH (ÖBl 1991, 206 - Jopamidol; ÖBl 1992, 16 = WBl 1992, 305 - Rohrverschraubungen ua) liegt eine anlehnende vergleichende Werbung dann vor, wenn ein Wettbewerber die Qualität seiner Waren oder Leistungen mit derjenigen bekannter und geschätzter Konkurrenzerzeugnisse ohne rechtfertigenden Grund in Beziehung setzt, um den guten Ruf der Waren oder Leistungen eines Mitbewerbers als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke - insbesondere zur Empfehlung der eigenen Ware - auszunützen; maW wenn ein Unternehmer den guten Ruf eines Mitbewerbers, den dieser meist mit großem Aufwand an Zeit, Mühe und Kosten erworben hat, dadurch für seine Zwecke ausbeutet, daß er versucht, die Güte seines eigenen Angebotes ausschließlich durch Gleichsetzung mit den Eigenschaften fremder Produkte zu beweisen.
In der Entscheidung ÖBl 1992, 16 = WBl 1992, 305 - Rohrverschraubungen hat der Oberste Gerichtshof unter Heranziehung dieser Grundsätze in der Bezugnahme auf die von einem Mitbewerber für bestimmte technische Erzeugnisse verwendeten Bestellzeichen und insbesondere deren Gegenüberstellung mit den eigenen Bestellzeichen eine sittenwidrige vergleichende anlehnende Werbung erblickt. Im Hinblick auf die zu dieser Zeit schon vollzogene Judikaturwende zur Frage der kritisierenden vergleichenden Werbung (EvBl 1990/114 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988) führte der Oberste Gerichtshof damals aus, daß sich der Tatbestand der anlehnenden Werbung sehr wesentlich von jenem der kritisierenden vergleichenden Werbung unterscheide. Bestehe das Wesen der kritsierenden vergleichenden Werbung darin, daß die Überlegenheit der eigenen Waren oder Leistungen unter Hinweis auf die Minderwertigkeit der Waren oder Leistungen namentlich genannter oder doch deutlich erkennbarer Mitbewerber behauptet werde, so werde bei der anlehnenden Werbung der gute Ruf eines anderen ausgenützt. Das widerspreche auch dann den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs, wenn die Waren und Leistungen des Werbenden tatsächlich die Qualität derjenigen des Mitbewerbers aufwiesen, an deren Ruf der Werbende schmarotzt, gehe es doch hier nicht darum, ob ein Vergleich der Leistungen zweier Unternehmer sachlich richtig ist; maßgeblich sei vielmehr, daß der eine Unternehmer durch eigene Leistung einen guten Ruf - der manchmal wichtiger sei als die tatsächliche Qualität - mühsam erworben habe und der andere mitprofitieren wolle.
Diese Entscheidung stieß im Schrifttum auf Widerspruch. Pöchhacker (Anlehnende vergleichende Werbung: Immer noch wettbewerbswidrig? WBl 1992, 290 ff) vertrat demgegenüber - mit beachtlichen Argumenten - die Auffassung, daß anlehnende und kritisierende vergleichende Werbung wettbewerbsrechtlich gleich zu behandeln seien. Wahrheitsgemäße kritisierende vergleichende Werbung sei zulässig, weil die erhoffte Markttransparenzsteigerung den Eingriff in die Interessenssphäre des Konkurrenten rechtfertige. Bei der anlehnenden vergleichenden Werbung sei der Eingriff in die Interessenssphäre des Konkurrenten nun aber vergleichsweise weniger krass. Es werde dem Konkurrenten ja nicht vorgeworfen, seine Produkte seien teurer oder qualitativ schlechter; der Werbetreibende behaupte hier ja vielmehr bloß, sein Produkt sei gleichwertig, könne anstelle des Konkurrenzproduktes verwendet werden usw. Diese geringere Betroffenheit des zu Vergleichszwecken herangezogenen Konkurrenten lege einen Größenschluß nahe: Wenn schon kritisierende vergleichende Werbung - sofern sachlich gehalten und nicht irreführend - wettbewerbsrechtlich zulässig sei, so müsse das erst recht für anlehnende vergleichende Werbung gelten, trage doch diese Werbung dasselbe Potential zur Markttransparenzsteigerung in sich wie kritisierende vergleichende Werbung. Sie ermögliche es "Newcomern" in Märkte einzudringen. Anlehnende vergleichende Werbung sei unter dem Gesichtspunkt der Markttransparenz vor allem auf jenen Märkten positiv zu beurteilen, auf denen teure Produkte stofftechnisch identen Produkten vorgezogen würden, weil sie vom Verbraucher für qualitativ besser gehalten werden. Die vom Obersten Gerichtshof bestätigte Judikaturlinie zur anlehnenden vergleichenden Werbung habe den Wandel des UWG vom reinen Kaufmannsrecht zu einem neben Konkurrenten- auch Verbraucherinteressen berücksichtigenden Gesetz nicht nachvollzogen. Wahrheitsgemäße anlehnende vergleichende Werbung sei demnach nicht nur in bestimmten Ausnahmefällen, sondern ganz allgemein als wettbewerbskonform zu beurteilen (aaO 294).
Koppensteiner (Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 715 § 33 Rz 83) folgt dieser Auffassung und meint, daß der - von ihm wiedergegebenen - Rechtsprechung jedenfalls seit Zulassung der vergleichenden (kritisierenden) Werbung nicht mehr zu folgen sei. Der dafür ausschlaggebende Gesichtspunkt verbesserter Markttransparenz sei bei anlehnender Werbung ebenso aussagekräftig. Daß das Produkt des "Angegriffenen" Mühen und Kosten verursacht habe, sei schon deshalb irrelevant, weil dieses Kriterium auch im Kontext vergleichender Werbung - zu Recht - nicht bemüht werde.
Eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Argumenten ist im vorliegenden Fall allerdings entbehrlich. Selbst wenn man nämlich die anlehnende vergleichende Werbung im Interesse der Markttransparenz für grundsätzlich ebenso zulässig halten wollte wie die kritisierende vergleichende Werbung, müßte doch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bejaht werden:
Der Oberste Gerichtshof schloß aus der vom Gesetzgeber mit der grundsätzlichen Zulassung wahrheitsgemäßer vergleichender Preiswerbung durch die UWG-Nov 1988 zum Ausdruck gebrachten rechtspolitischen Wertung, daß demnach auch jedes andere wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung im Wege einer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber an Hand objektiv überprüfbarer Daten als grundsätzlich zulässig angesehen werden müsse, sofern es nicht im Sinn des § 2 UWG zur Irreführung geeignet sei oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen - das Sachlichkeitsgebot verletze und damit gegen § 1 UWG verstoße (ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988; ÖBl 1991, 160 - Druckauftritt ua).
Dasselbe muß aber - wie Pöchhacker (aaO 295) zutreffend ausführt - auch für die anlehnende Werbung gelten; auch in ihrem Fall muß der Vergleich an Hand objektiv überprüfbarer Daten erfolgen. Ist es nach wie vor unzulässig, ganz allgemein - ohne konkrete Daten - zu behaupten, die eigene Ware oder Leistung sei besser als diejenige des Mitbewerbers, so muß es auch sittenwidrig sein, in derselben pauschalen Weise die Gleichwertigkeit des eigenen Produktes mit dem bekannten allgemein geschätzten Produkt eines anderen ausdrücklich zu behaupten oder doch einen entsprechenden Eindruck hervorzurufen. Ebensowenig entspricht es dem Leistungswettbewerb, den guten Ruf eines fremden Produktes, ohne die Gleichwertigkeit des eigenen Produktes konkret darzulegen, dazu zu benützen, die Aufmerksamkeit auf das eigene Produkt zu lenken und dessen Vorzüge - wie etwa den (wesentlich) geringeren Preis - hervorzuheben. Das trifft auf die beanstandete Werbung zu:
Die Beklagte hat in vielen Fällen, demnach offenkundig ganz systematisch, jeweils ein weithin bekanntes Markenprodukt (auf der linken Seite der Plakate usw) einem nach Funktion und Menge genau übereinstimmenden Artikel mit (bis jetzt) wenig bekannter Eigenmarke gegenübergestellt. Dabei sind die Preise der Eigenprodukte in allen Fällen wesentlich günstiger als diejenigen des Markenproduktes. Für die billigeren Waren wird aber besonders mit der Werbeaussage geworben "Meine Marke. Denn für die Markenqualität steht das Team von dm-Drogeriemarkt. dm"
Dieses gezielte Nebeneinanderstellen führt zwangsläufig dazu, daß die Eigenprodukte der Beklagten in den Rang der daneben gereihten Markenprodukte gehoben werden. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der - nicht fachkundigen, weil dem breiten Publikum angehörenden - angesprochenen Verbraucher wird den Eindruck einer qualitativen Gleichwertigkeit empfangen, also meinen, sie erhielten um den (wesentlich) geringeren Preis des dm-Produkts das gleiche wie beim Erwerb des Markenartikels und ersparen sich damit den überhöhten Preis, der nur aufgrund des Bekanntheitsgrads der Marke des anderen Produktes verlangt werden könne.
Selbst wenn aber - wie die Beklagte meint - das Nebeneinanderstellen der beiden Produkte nicht den Eindruck der Gleichwertigkeit und Auswechselbarkeit der Produkte erwecken könnte, würde doch die Beklagte aus dem hohen Bekanntheitsgrad und guten Ruf der Markenartikel dadurch Nutzen ziehen, daß sie diese - wie der Kläger zutreffend bemerkt - als Blickfang oder "Zugpferd" für die eigenen Produkte verwendet.
Entgegen der Meinung der Beklagten steht dieser Beurteilung nicht der Umstand entgegen, daß die Beklagte als Handelsunternehmen nicht nur die Eigenprodukte, sondern auch die Markenartikel führt, insoweit also in jedem Fall "eigene Waren" anbietet. Die beanstandeten Werbeplakate legen dem Betrachter deutlich nahe, das Eigenprodukt der Beklagten zu kaufen. Dieses Produkt, dessen konkrete Eigenschaften nicht mit denjenigen der daneben abgebildeten Massenprodukte verglichen werden, hat einen wesentlich geringeren Preis und wird als "meine Marke" den Kunden ans Herz gelegt. Sollte die Beklagte mit dieser Werbung Erfolg haben, könnte sie damit den Absatz der Eigenprodukte zu Lasten der von fremden Unternehmen zugekauften Markenwaren schrittweise erhöhen. In ihrer Eigenschaft als Exklusivhändlerin der Eigenprodukte ist sie aber Mitbewerberin der Erzeuger der Markenprodukte. Die beanstandete Werbung ist geeignet, ihre Wettbewerbsposition gegenüber diesen Produzenten zu verbesseren.
Diese Auffassung steht auch mit der "Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.10.1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450 EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung" - deren Umsetzungsfrist von 30 Monaten nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (Art 3 der Richtlinie) noch nicht abgelaufen ist - in Einklang. Nach Art 3 a dieser Richtlinie gilt vergleichende Werbung als zulässig, sofern die im einzelnen aufgezählten Bedingungen erfüllt sind. Demnach darf sie (ua) nicht irreführend sein (lit a); sie muß Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung vergleichen (lit b) und sie muß - was hier von Bedeutung ist - objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen, zu denen auch der Preis gehören kann, vergleichen (lit c), darf aber nicht den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnung von Konkurrenzerzeugnissen in unlauterer Weise ausnützen (lit g).
Entgegen der Meinung der Beklagten ist das vom Kläger angestrebte Verbot nicht zu weit gefaßt, obwohl es nicht auf die "Dualwerbung" eingeengt ist. Die Gefahr aber, daß damit der Beklagten ganz allgemein verboten würde, Eigenmarkenprodukte neben Fremdmarkenprodukten abzubilden, gleichgültig, wieviele Produkte insgesamt Gegenstand der Werbung seien, und einerlei, ob es sich um gleich- oder ungleichartige Warengruppen handle, besteht bei richtigem Verständnis des Unterlassungsgebotes nicht. Dieses bringt - unter Verwendung der in Lehre und Rechtsprechung zur Definition der anlehnenden Werbung gebrauchten Begriffe - hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß damit der Beklagten jede Art der Werbung untersagt wird, bei der sie die dm-Produkte planmäßig und systematisch zu bekannten Markenartikeln in Beziehung setzt, um den guten Ruf der Markenartikel für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunützen. Fehlt diese - aus dem objektiven Erscheinungsbild der Werbung abzuleitende - Absicht, dann liegt auch kein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot vor.
Aus diesen Erwägungen waren in Stattgebung des Revisionsrekurses die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung erlassen wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 52 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren noch iVm § 50 Abs 1 ZPO.
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