Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird gemäß §§ 402 und 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Das Erstgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung nach § 382 b EO erlassen, nachdem der Antragsgegner die ihm eingeräumte Äußerungsfrist von drei Tagen - die Zustellung des Antrages mit Auftrag zur Äußerung erfolgte zu eigenen Handen - ungenützt verstreichen ließ. Den nach Ablauf der Frist erhobenen Widerspruch (verbunden mit einem fristgerechten Rekurs gegen die einstweilige Verfügung) hat das Erstgericht mit der Begründung zurückgewiesen, daß ein Widerspruch nach § 397 Abs 1 EO unzulässig sei, wenn der Antragsgegner trotz Aufforderung zur schriftlichen Äußerung über das Begehren eine solche Äußerung unterlassen habe, weil nach § 55 Abs 1 EO die Einvernehmung der Parteien mündlich oder durch Abforderung einer schriftlichen Äußerung erfolgen könne.
Das Rekursgericht hat beide Beschlüsse bestätigt und den ordentlichen Revisionsrekurs unter Hinweis auf die überwiegende Rechtsprechung und Lehre nicht zugelassen.
Rechtliche Beurteilung
Es trifft zwar zu, daß das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in der Entscheidung EFSlg 44.329 und das Oberlandesgericht Wien in der Entscheidung EFSlg 49.646 = EvBl 1947/232, abweichend von der übrigen Rechtsprechung und Lehre die Ansicht vertreten haben, die Versäumung der rechtzeitigen Äußerung benehme dem Gegner, der nicht gehört worden sei, nicht das Recht, gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch zu erheben. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch, ebenso wie die Lehre (unter Ablehnung der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien Heller/Berger/Stix, 2876; Holzhammer Zwangsvollstreckungsrecht4 449; Deixler-Hübner in Burgstaller ua, Außerstreitverfahren und Exekutionsverfahren5, 407; König, Einstweilige Verfügung im Zivilverfahren Rz 323) bereits in der Entscheidung SZ 19/271 klargestellt, daß der Gegner der gefährdeten Partei, der zur Äußerung über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung aufgefordert, diese Äußerung nicht fristgerecht erstattet hat, von der Erhebung des Widerspruches gemäß § 397 Abs 1 EO ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich klar aus § 55 Abs 1 EO, der nach § 402 Abs 4 EO sinngemäß anzuwenden ist. In dieser Verfahrensbestimmung ist die Form des rechtlichen Gehörs für das Exekutionsverfahren geregelt. Danach kennt die Exekutionsordnung zwei Formen der Anhörung der Parteien: die Einvernehmung und die mündliche Verhandlung. Für die Einvernehmung ist kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben. Nach § 55 Abs 1 EO kann die Partei oder der Beteiligte zu Gericht geladen werden und dort seine Erklärung vor dem Richter oder auch in der Geschäftsstelle abgeben, die Aufnahme eines Protokolles ist nicht notwendig, es genügt vielmehr ein kurzer schriftlicher Aktenvermerk über das Ergebnis der Einvernahme. Das Gericht kann aber auch der zu vernehmenden Person auftragen, sich binnen einer bestimmten Frist schriftlich zu äußern. Auch dadurch wird dem Erfordernis der Einvernehmung Genüge getan. Wenn daher dieser Verfahrensvorschrift entsprechend in Bestimmungen der Exekutionsordnung die "Einvernehmung" zwingend oder fakultativ vorgesehen ist, ist darunter eine der in § 55 Abs 1 EO vorgesehenen Formen, also auch die Aufforderung zur schriftlichen Äußerung, zu verstehen.
Den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, durch die einstweilige Verfügung nach § 382 b EO könne nicht ein Unternehmen betroffen und ein Berufsverbot ausgesprochen werden, ist entgegenzuhalten, daß der Antragsgegner vom Beruf Postbediensteter ist und ihm das Verlassen der von ihm als Wohnung und nicht zu Unternehmenszwecken benützten Dachgeschoßwohnung im gemeinsamen Wohnhaus der Streitteile aufgetragen und die Rückkehr verboten wurde.
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