Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs in Höhe von S 5.358,14 (darin enthalten S 893,02 Umsatzsteuer) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 10.8.1994 wurde auf Antrag des betreibenden Gläubigers gegen die verpflichteten Parteien - über deren Vermögen damals noch nicht der Konkurs eröffnet war - zur Hereinbringung einer Forderung von S 113.128,26 sA ua die Fahrnisexekution bewilligt.
Durch Anschlußpfändung wurden am 3.10.1994 ua die Pfandgegenstände Postzahlen 2-4 und 6 gepfändet (Pfändungsprotokoll E 2994/93).
Das Erstgericht ordnete am 7.11.1994 die öffentliche Versteigerung gemäß § 270 EO an Ort und Stelle an.
Auf Antrag der betreibenden Partei bewilligte das Erstgericht mit Beschluß vom 7.12.1994 (und gleichlautend mit Beschluß vom 9.1.1995) die Einstellung des Verkaufsverfahrens gemäß § 200 Z 3, § 282 EO.
Mit Schriftsatz vom 10.7.1995, beim Erstgericht eingelangt am 14.7.1995, schränkte die betreibende Partei die Exekution auf S 77.806,39 sA ein und beantragte die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens, für den Fall der Erfolglosigkeit den neuerlichen Vollzug der bereits bewilligten Fahrnisexekution.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 17.7.1995 diese Anträge; die öffentliche Versteigerung wurde für 18.9.1995 angeordnet. Dieser Beschluß wurde an die Betreibendenvertreter - nach einer am 27.9.1995 beim Erstgericht eingelangten Urgenz - erst am 12.10.1995 abgefertigt.
Bei der bereits am 18.9.1995 erfolgten öffentlichen Versteigerung wurden nur die Gegenstände Pz 1 und 5 verkauft; für die Gegenstände Pz 2-4 und 6 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 wurde kein Anbot abgegeben (Protokoll 6 E 1596/95-3).
Das Erstgericht beraumte die Tagsatzung zur Verteilung des Verkaufserlöses von S 10.000 für die am 18.9.1995 verkauften Gegenstände Pz 1 und 5 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 auf den 22.11.1995 an (Beschluß vom 11.10.1995, 6 E 1596/95-6). Den Betreibendenvertretern wurde dieser Beschluß am 9.11.1995 zugestellt.
Die betreibende Partei meldete mit Schriftsatz vom 15.11.1995 (beim Erstgericht eingelangt am 17.11.1995) ihre Forderung von S 77.806,39 sA an.
Der Verteilungsbeschluß vom 10.1.1996, 6 E 1596/95d, wonach der betreibenden Partei als erstrangigem Pfandgläubiger S 9.751 zugewiesen wurden, wurde den Betreibendenvertretern am 7.2.1996 zugestellt.
Der neuerliche Verkauf der am 18.9.1995 nicht versteigerten Pz 2-4 und 6 wurde mit Beschluß vom 18.10.1996 auf den 26.11.1996 anberaumt. Der Verkauf wurde auch an diesem Tag nicht vollzogen, weil kein Käufer gekommen war. Hierauf ordnete das Erstgericht mit Beschluß vom 11.12.1996 den Freihandverkauf gemäß § 280 Abs 2 EO an. Die betreibende Partei, der der Beschluß am 19.12.1996 zugestellt wurde, machte sich selbst als Kaufinteressenten namhaft (Schriftsatz 4 E 3277/94v-11, eingelangt am 23.12.1996). Das Erstgericht ordnete hierauf den Termin für den Freihandverkauf auf 17.2.1997 an.
Auf Antrag des für die verpflichteten Parteien, über deren Vermögen am 19.9.1995 der Konkurs eröffnet worden war (26 S 374/95k, 26 S 375/95g des Landesgerichtes für ZRS Graz), bestellten Masseverwalters wurde die Exekution mit Beschluß vom 13.2.1997 aufgeschoben.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß auf Anordnung des Verkaufstermins dahin ab, daß die Käufernamhaftmachung der betreibenden Partei laut Schriftsatz vom 20.12.1996 zurückgewiesen und der darin zu erblickende Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens hinsichtlich der Pfandgegenstände Pz 2-4 sowie 6 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, und ließ den (ordentlichen) Revisionsrekurs zu, weil zur Frage der gehörigen Fortsetzung des Verkaufsverfahrens im Sinn des § 256 Abs 2 EO eine auf den vorliegenden, besonders gelagerten Fall zutreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht feststellbar sei; vor allem komme der Beantwortung der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob im Falle des Unterbleibens der vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Partei vom Mißerfolg eines Verkaufstermins nach dem Verstreichen eines gewissen Zeitraums eine Betreibungspflicht (Urgenzpflicht) entsteht, deren Verletzung als nicht gehörige Fortsetzung anzusehen ist.
Das Rekursgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 256 Abs 2 EO in der hier maßgeblichen Fassung vor der EO-Nov 1995 erlösche das Pfandrecht, wenn der Antrag auf Bewilligung des Verkaufes nicht innerhalb eines Jahres seit der Pfändung gestellt und das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt werde. Das Erlöschen des Pfandrechtes nach § 256 Abs 2 EO sei von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Rekursvorbringen genüge demnach, um auch auf § 256 Abs 2 EO Bedacht nehmen zu müssen. Im vorliegenden Fall habe die betreibende Partei mit Schriftsatz vom 10.7.1995 jedenfalls rechtzeitig die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens beantragt. Sie sei zwar vom negativen Ergebnis des Verkaufstermins vom 18.9.1995 aufgrund eines Versehens des Erstgerichtes nicht verständigt worden; somit liege ein Gerichtsfehler vor; andererseits habe die betreibende Partei aber bis zur Käufernamhaftmachung am 20.12.1996, demnach rund 15 Monate hindurch, nicht erkennbar eine Aktivität im Sinn einer gehörigen Fortsetzung des Verkaufsverfahrens gestetzt. Ihre Einbeziehung in das Freihandverkaufsverfahren durch die Verständigung vom negativen Ergebnis des Verkaufstermins vom 26.11.1996 beruhe auf der Auffassung des Erstgerichtes, daß die Pfandrechte noch aufrecht sind, vor allem aber auf den Verkaufsbemühungen eines anderen betreibenden Gläubigers. Die Untätigkeit der betreibenden Partei durch etwa 15 Monate hindurch sei auch unter Bedachtnahme auf das Versehen des Erstgerichtes als nicht gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens im Sinn des § 256 Abs 2 EO zu werten. Von der betreibenden Partei wäre zu erwarten und ihr zusinnbar gewesen, spätestens nach etwa sechs Monaten oder einem Jahr eine Urgenz oder entsprechende Anträge zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Das Verkaufsverfahren wird vom betreibenden Gläubiger gehörig fortgesetzt (§ 256 Abs 2 EO), wenn der betreibende Gläubiger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den gerichtlichen Verkauf der gepfändeten Sachen zu erwirken. Das ist bei einem Unterbleiben des Verkaufs nur dann der Fall, wenn dies bloß auf Umstände zurückzuführen ist, die vom Willen des betreibenden Gläubigers unabhängig sind (EvBl 1969/67; JBl 1960, 655; Heller/Berger/Stix 1708), wenn also die Ursache der nicht gehörigen Fortsetzung nicht beim betreibenden Gläubiger, sondern beim Gericht liegt (Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren**2 Rz 594). Von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens kann nur dann gesprochen werden, wenn der betreibende Gläubiger zwecklos die Ausnützung des Pfandrechtes verzögert (SZ 20/74; 3 Ob 236/60).
Hier hat das Rekursgericht von Amts wegen, ohne daß dies im Rekurs des Masseverwalters konkret geltend gemacht worden wäre, die nicht gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens durch den betreibenden Gläubiger darin gesehen, daß der betreibende Gläubiger nach dem Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens mit Schriftsatz vom 10.7.1995 erst am 20.12.1996 durch die Freihandkäufernamhaftmachung wieder eine Aktivität gesetzt habe.
Abgesehen davon, daß das Rekursgericht hiebei die Urgenz des betreibenden Gläubigers vom 27.9.1995 nicht berücksichtige, stellt es an den betreibenden Gläubiger, der von der Erfolglosigkeit des Verkaufstermins vom 18.9.1995 aufgrund eines Versehens des Erstgerichtes nicht verständigt wurde, zu hohe Anforderungen. Erst nach der Verständigung von der Erfolglosigkeit des Verkaufs wäre es dem betreibenden Gläubiger oblegen, einen Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens zu stellen (vgl GlUNF 677; 3 Ob 146/65; Heller/Berger/Stix 1709).
Da eine solche Verständigung nicht erfolgt war, konnte der betreibende Gläubiger davon ausgehen, daß das Verkaufsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag anderer betreibender Gläubiger fortgesetzt wird. In dieser Situation ist vom betreibenden Gläubiger nicht zu verlangen, daß er von sich aus weitere Anträge stellt. Vielmehr ist das Unterbleiben des Verkaufs in einem solchen Fall bloß auf Umstände zurückzuführen, die vom Willen des betreibenden Gläubigers unabhängig sind.
Da somit die Annahme des Rekursgerichtes, der betreibende Gläubiger habe das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt, nicht berechtigt ist, war der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.
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