Spruch:
Zur (weiteren) Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das Bezirksgericht Wels bestimmt.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt mit ihrer Mahnklage von der Beklagten, die ihren Sitz in der BRD hat, die Bezahlung von S 10.650,-- und berief sich zur Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes Wels auf Art 31 Abs 1 lit b CMR. Gegen den von diesem Gericht erlassenen Zahlungsbefehl erhob die beklagte Partei fristgerecht Einspruch und erhob in der Folge den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Erstgerichtes. Art 31 Abs 1 lit b CMR regle nur, ob der Anspruch der Gerichtsbarkeit des angerufenen Vertragsstaates unterliege, bestimme aber keine örtliche Zuständigkeit. Für die Beklagte bestehe kein österreichischer Gerichtsstand. Die Klägerin sei auf Art 31 Abs 1 lit a CMR zu verweisen, wonach die Klage bei dem für die Haupt- oder Zweigniederlassung der belangten beklagten Partei zuständigen Gericht einzubringen sei, dieses läge in der Bundesrepublik Deutschland.
Auf diesen Einwand hin stellte die Klägerin einen Antrag auf Ordination an den Obersten Gerichtshof, es möge das Bezirksgericht Linz-Land als zutändiges Gericht bestimmt werden.
Die beklagte Partei beantragte, den Ordinationsantrag keine Folge zu geben. Mangels einer örtlichen Zuständigkeit im Vertragsstaat, dessen Gericht angerufen werde, sei der Kläger auf Art 31 Abs 1 lit a CMR und damit auf den für die beklagte Partei in der Bundesrepublik Deutschland gegebenen Gerichtsstand zu verweisen. Im übrigen habe sich die Klägerin der Zuständigkeit des Amtsgerichtes Rosenheim durch die vorbehaltslose Annahme des Transportauftrages unterworfen, für den Fall einer Ordination werde jedoch die Übertragung der Rechtssache an das Bezirksgericht Kufstein beantragt, weil dieses unweit des Sitzes der Beklagten liege.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt.
Wegen aller Streitigkeiten aus einer dem CMR unterliegenden Beförderung - und eine solche liegt nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen sowie dem vorgelegten Frachtbrief vor - kann der Kläger, außer durch Vereinbarung der Parteien bestimmte Gerichte von Vertragsstaaten, die Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet a) der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, oder lit b) der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Andere Gerichte können nicht angerufen werden. Österreich und Deutschland sind Vertragsstaaten dieses Abkommens (vgl die Länderübersicht Schütz in Straube2 § 452 HGB Anh I). Art 31 Abs 1 CMR regelt nur die internationale, nicht auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit (vgl SZ 51/34). Ob ein Gericht auch örtlich zuständig ist, bestimmt sich allein nach
innerstaatlichem Prozeßrecht (vgl BGHZ 49, 124 = NJW 1968, 356; BGHZ
79, 332 = NJW 1981, 1902 = VersR 1981, 663, Fremuth, Transportr 1983, 35, Braun in VersR 1988, 648 ff). Aus Art 31 CMR ergibt sich, daß sechs verschiedene Rechte bei Beurteilung eines dem CMR unterliegenden Streitfalles in Frage kommen können. Angerufen werden können ein durch Vereinbarung bestimmtes Gericht, das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Beklagten, das am Ort der Hauptniederlassung oder das am Ort derjenigen Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle, durch die der Beförderungsvertrag zustandegekommen ist und schließlich die Gerichte des Übernahms- und Ablieferungsortes. Art 31 CMR bleibt als lex specialis auch nach dem Inkrafttreten des LGVÜ unberührt aufrecht (vgl 7 Nd 515/96). Da im vorliegenden Fall eine grenzüberschreitende Beförderung vorliegt und der Ort der Übernahme des Gutes in Österreich liegt, ist die inländische Jurisdiktion gegeben. Der Einwand der beklagten Partei, daß eine (bindende?) Gerichtsstandsvereinbarung vorliege, ist erst im folgenden Verfahren zu beurteilen. Da es aber an einem zuständigen inländischen Gericht fehlt, war gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN ein für die Rechtssache als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen (vgl RdW 1987, 411 mwN). Da Art 31 CMR ausschließlich Fragen der internationalen Gerichtsbarkeit, nicht jedoch Fragen der örtlichen Zuständigkeit bestimmter Gerichte eines Staates behandelt, ist der Oberste Gerichtshof in der Bestimmung des Gerichtes frei. Er ist nicht gehalten, die Rechtssache jenem sachlich zuständigen Gericht zuzuweisen, in dessen Sprengel die Fracht übernommen oder abgeliefert wurde (vgl 5 Nd 514/91 uva, zuletzt 7 Nd 505/95), im vorliegenden Fall sprechen jedoch Zweckmäßigkeitserwägungen dafür.
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