Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 6.086,40 (darin enthalten S 1.014,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte ist Geschäftsführer und Gesellschafter einer Gesellschaft mbH, die im Jahre 1991 mit der klagenden Partei zwei Kreditverträge abgeschlossen hat. Für beide Kredite übernahm der Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB. Im Jahre 1993 stellte die klagende Partei beide Kredite fällig. Daraufhin wurde vom Betriebsmittelkreditkonto ein Betrag abgebucht und auf das Abstattungskreditkonto überwiesen, sodaß der Abstattungskredit zur Gänze zurückbezahlt war. Mit Schreiben vom 7.5.1993 (Beilage 1) teilte die klagende Partei dem Beklagten folgendes mit:
„Wir teilen Ihnen höflich mit, daß der obgenannte Kredit (= Abstattungskredit) zur Gänze abgedeckt und gelöscht wurde.
Ihre hiefür übernommene Haftung als Bürge und Zahler ist somit als gegenstandslos zu betrachten.“
Bereits zuvor war über die Gesellschaft mbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ist, der Konkurs eröffnet worden. Mit Schreiben vom 19.5.1993 teilte der Masseverwalter der klagenden Partei unter Hinweis auf die §§ 30 f KO mit, daß er die Absicht habe, die auf dem Betriebsmittelkreditkonto eingegangenen Kundenzahlungen in Höhe von insgesamt 1,1 Mio S anzufechten. Mit Zustimmung des Konkursgerichts bereinigte die klagende Partei Anfechtungsansprüche mit einem Gesamtbetrag von S 795.744,64. Aufgrund dieser Zahlung belastete die klagende Partei zum 13.7.1993 das Betriebsmittelkreditkonto mit einem Betrag von S 706.405,64 und das bereits getilgt gewesene Abstattungskreditkonto mit S 89.339. Hievon wurde der Beklagte in Kenntnis gesetzt und ihm ferner mitgeteilt, daß seine Haftung als Bürge und Zahler für beide Kredite infolge der Überweisung des Vergleichsbetrags an den Masseverwalter wieder aufgelebt sei. Am 16.6.1994 wurde der Zwangsausgleich der Gesellschaft mbH vom Gericht bestätigt; die Quote von 40 % der Forderungen der klagenden Partei wurde am 17.8.1994 im Betrag von S 318.297,86 auf das Betriebsmittelkreditkonto überwiesen. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die klagende Partei dem Beklagten mit, daß das Betriebsmittelkreditkonto nunmehr zum 7.9.1994 einen Saldo von S 495.307,16 und das Abstattungskreditkonto einen Saldo von S 98.420 zu Lasten der Gesellschaft mbH aufweise, und forderte den Beklagten auf, diese Beträge einzuzahlen. Daraufhin überwies der Beklagte gemeinsam mit zwei anderen Bürgen insgesamt S 500.000 auf das Betriebsmittelkonto. Am 28.2.1995 haftete auf dem Abstattungskreditkonto ein Gesamtsaldo von S 87.407 aus, der zumindest mit 15 % zu verzinsen war.
Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Zahlung von S 87.407 samt 15 % Zinsen seit 28.2.1995, weil er die Haftung als Bürge und Zahler für den Abstattungskredit der Gesellschaft mbH eingegangen sei. Wenngleich dem Beklagten mitgeteilt worden sei, durch die Abdeckung des Kredits sei seine Haftung als Bürge und Zahler als gegenstandslos zu betrachten, könne er in Anspruch genommen werden, weil durch die erfolgreiche Anfechtung durch den Masseverwalter im Insolvenzverfahren die gegenstandslos gewordene Bürgschaftsverpflichtung in Höhe des Klagsbetrags wiederaufgelebt sei.
Der Beklagte wendete ein, aufgrund der Erklärung der klagenden Partei vom 7.5.1993 treffe ihn keine Verpflichtung aus der von ihm eingegangenen Bürgschaft mehr.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die für die Schuld der Gesellschaft mbH bestehende Bürgschaft des Beklagten sei wiederaufgelebt, weil die von der Gesellschaft mbH erbrachte Leistung im Zuge des Konkursverfahrens vom Masseverwalter erfolgreich angefochten worden sei bzw der befriedigte Gläubiger einen zu Recht bestehenden Anfechtungsanspruch freiwillig erfüllt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Schreiben vom 7.5.1993 beinhalte eine Tatsachenmitteilung, daß eben der Kredit zur Gänze abgedeckt und gelöscht worden sei; somit sei die vom Beklagten hiefür übernommene Haftung als Bürge und Zahler als gegenstandslos zu betrachten. Darin sei keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung zu erblicken. Aufgrund der vergleichsweisen Zahlung der klagenden Partei an die Masse sei die Hauptschuld und damit auch die akzessorische Bürgschaft wieder aufgelebt. Der Beklagte habe als Bürge mit der Rückgängigmachung einer anfechtbaren Erfüllung rechnen müssen, sodaß seine Schutzwürdigkeit nicht gegeben sei.
Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionswerber bestreitet nicht, daß ein Bürge mangels inhaltlicher oder zeitlicher Beschränkung seiner Bürgschaft grundsätzlich für die durch die erfolgreiche Anfechtung der in der Absicht einer Tilgung der Hauptschuld hingegebenen und angenommenen Leistung wiederaufgelebte Hauptforderung haftet. Das hat der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen und ausgeführt, daß eine andere Lösung vom Zweck der Bürgschaft her nicht verständlich wäre. Die Bürgschaft diene dazu, den Gläubiger gegen den Vermögensverfall des Schuldners sicherzustellen, weshalb ein Bürge mit der Rückgängigmachung einer anfechtbaren Erfüllung (Zahlung) rechnen müsse und - komme es dazu - deshalb auch nicht schutzwürdig sei (6 Ob 681/87; SZ 58/114).
Der Beklagte vertritt jedoch im Gegensatz zu den Vorinstanzen die Ansicht, die Mitteilung der klagenden Partei vom 7.5.1993 stelle eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung dar, die dahin verstanden werden müsse, daß er aus seiner Bürgschaftsverpflichtung entlassen worden und daß diese demnach aufgehoben sei.
Die Mitteilung der klagenden Partei vom 7.5.1993 enthält die - zu diesem Zeitpunkt zweifellos zugetroffene - Tatsache, daß der Abstattungskredit zur Gänze abgedeckt und gelöscht worden sei. Daraus zog die klagende Partei selbst die Schlußfolgerung, daß die Haftung als Bürge und Zahler „als gegenstandslos zu betrachten“ sei. Daß dieser zweite Satz der Mitteilung lediglich eine Schlußfolgerung aus dem ersten Satz darstellt, ergibt sich eindeutig aus dem Wort „somit“. Soweit daher die Vorinstanzen davon ausgingen, daß die Erklärung vom 7.5.1993 lediglich eine Wissenserklärung darstellt, nicht aber eine Entlassung des Bürgen in jedem Fall - also auch für den Fall des Wiederauflebens der Hauptschuld - darstellen sollte, ist diese Auslegung logisch einwandfrei und frei von Rechtsirrtum. Daran vermag auch der Hinweis des Revisionswerbers auf die Entscheidung SZ 62/17 nichts zu ändern. Zum einen wird in der zitierten Entscheidung nämlich klar zum Ausdruck gebracht, daß jede Erklärung nach den Umständen des Falls zu beurteilen sei, zum anderen kann die Ansicht des dort erkennenden Senats, die Erklärung eines Bankangestellten, es sei alles zurückgezahlt, der Bürge könne nunmehr ruhig schlafen, die Bürgschaft sei infolge der Rückzahlung des Kredits erloschen, stellte eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung der Bank dar, nicht aufrecht gehalten werden. Die Entscheidung wurde zu Recht kritisiert (siehe hiezu P.Bydlinski in ÖBA 1989, 1021; ihm offensichtlich folgend Mader in Schwimann, ABGB2, Rz 2 zu § 1366; Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1366), weil ein Verzicht auf die Inanspruchnahme der Bürgschaft bei geänderten Verhältnissen und damit die unbedingte Entlassung des Bürgen aus seiner Haftung aus der zitierten Erklärung - ebensowenig wie im vorliegenden Fall - abzuleiten ist, ist doch der Verzicht nach der Rechtsprechung stets einschränkend auszulegen (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1444 mwN). Es ist aber auch darauf zu verweisen, daß sich der der Entscheidung SZ 62/17 zugrundeliegende Sachverhalt mit jenem dieses Rechtsstreits nicht gänzlich vergleichen läßt, war doch dort die Auskunft, es sei alles zurückgezahlt, fälschlicherweise erteilt worden, während hier die Tatsachenmitteilung - bezogen auf den Erklärungszeitpunkt - durchaus richtig war.
Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß der Oberste Gerichtshof nicht nur in QuHGZ 1980 Heft 1, 181, ausgesprochen hat, die in der irrigen Annahme der vollständigen Tilgung der Hauptschuld erfolgte Erklärung des Gläubigers, den Bürgen aus seiner Verpflichtung zu entlasten, sei nur eine Wissenserklärung und bedeute daher keinen Verzicht auf die Bürgenhaftung, sondern es wurde dies in einem ähnlich gelagerten Fall auch zu 7 Ob 556/91 (= ÖBA 1992, 384) entschieden. Immer ist die Auslegung einer Erklärung dafür maßgeblich, ob eine Willens- oder Wissenserklärung vorliegt.
Demnach ist der Revision nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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