OGH 2Ob344/97w

OGH2Ob344/97w4.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** COMPANY *****, vertreten durch Dr.Karl Bollmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. C*****, 2.a Walter A*****, 2.b Oliver A*****, alle vertreten durch Dr.Siegfried Kommar, Rechtsanwalt in Wien, und 3. Dr.Hans Kurt L*****, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 27,617.635,80 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26.Mai 1997, GZ 14 R 170/96i-109, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30.Mai 1996, GZ 10 Cg 57/94i-103, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Jahre 1977 wurde ua vom Drittbeklagten die Firma "L*****-Holz Handelsgesellschaft mbH" (in der Folge als L*****-Holz bezeichnet) gegründet. Einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer waren der Drittbeklagte und Otto H*****. Für das Bankkonto waren sie nur gemeinsam zeichnungsberechtigt. Die kaufmännischen Entscheidungen wurden von Otto H***** getroffen, der Drittbeklagte kümmerte sich nur um die Finanzierung. Die genannte Gesellschaft besaß Konten bei der erstbeklagten Partei und bei der Bank Kommanditgesellschaft W*****. Über das Konto der erstbeklagten Partei Nr.111437 wurden alle Zahlungen im zu beurteilenden Geschäftsfall abgewickelt. Es handelte sich um ein Kontokorrentkreditkonto mit einem Rahmen von 8 Millionen Schilling. Für den offenen Kredit hafteten die Gesellschafter der L*****-Holz, sohin auch der Drittbeklagte, als Bürgen und Zahler. Zur Besicherung dieses Kredites sowie auch eines Kredites bei der W***** Bank war ein Holzlager der L*****-Holz in Rijeka verpfändet. Über den Umfang des Pfandrechtes bestanden Differenzen zwischen den Banken. Otto H***** übte den Holzhandel darüberhinaus mit drei Gesellschaften in Liechtenstein aus. Er hatte hinsichtlich dieser Gesellschaften den Gründungsauftrag erteilt, er beherrschte sie wirtschaftlich und gab auch die Weisungen für die Geschäftsführung.

Im Sommer 1979 befand sich die L*****-Holz in einer schwierigen Situation, ihr Konto bei der erstbeklagten Partei wies einen Sollstand von ca 8 Millionen Schilling auf. Ihre Geschäfte konnten nur durch diesen Kredit aufrecht erhalten werden.

Das Holzlager in Rijeka umfaßte im September 1979 2.468,407 m3. Es handelte sich dabei um Restbestände aus den Lieferländern Tschechoslowakei und Ungarn. Verfügungen über das Lager bedurften der Zustimmung der erstbeklagten Partei. Der Drittbeklagte drängte H***** zum Verkauf des Lagers.

Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund beschloß Otto H***** im Jahre 1979 einen großangelegten Betrug zu Lasten der Libyschen Staatshandelsfirma N***** (in der Folge als NCTV bezeichnet), der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei, zu begehen. Er beabsichtigte, dieser Gesellschaft, mit der er über eine große Holzlieferung in Verhandlung war, Holz zu verkaufen und die vom Käufer auszustellenden Akkreditive durch Täuschungshandlungen einzulösen und das mit einem Bruchteil der Liefermenge beladene Schiff untergehen zu lassen. Dabei sollten die Lagerbestände aus Rijeka verwendet werden. 1979 fungierten als stellvertretender Generaldirektor der NCTV Mohammed El M*****, als Einkaufsdirektor Mohammed El S*****. Zu Geschäftsabschlüssen war das Zusammenwirken mindestens zweier zeichnungsberechtigter Personen erforderlich. Otto H***** führte zunächst mit Mohammed El S***** Vertragsverhandlungen durch, danach mit Mohammed El M*****.

Am 15.7.1979 schlossen sie einen Vertrag über die Lieferung von ca 10.000 m3 Weichholz für Bauzwecke nach Libyen. Es mußte sich um Holz österreichischen Ursprungs erster Exportqualität in Längen von 4 m (mindestens 90 %) und 2 bis 3 m (höchstens 10 %) handeln. Die Bezahlung durch NCTV sollte durch unwiderrufliche Akkreditive erfolgen. H***** akzeptierte schließlich einen 5 %igen Haftrücklaß (gesichert durch zwei Akkreditive) mit Laufzeit zunächst bis 31.12.1979. Weiters wurde eine 5 %ige "Garantie" vereinbart. Dabei handelt es sich um eine Provisionszahlung für die vertretungsbefugten Organe der NCTV. Sie sollten zugunsten von Maroufi M*****, einer tunesischen Staatsbürgerin, die als Strohmann für El S***** und El M***** agieren sollte, ausbezahlt werden. Diese "Garantie" war durch Akkreditive zu sichern.

Am 15.7.1979 stellte die L*****-Holz vereinbarungsgemäß zwei Proforma-Rechnungen über je ca 5.000 m3 Holz der angeführten Qualität zu einem Kaufpreis von je S 13,250.000 aus die El M***** und El S***** übergeben und gegengezeichnet wurden. Weitere Vereinbarungen wurden nicht getroffen.

Aufgrund der Proforma-Rechnungen eröffnete die NCTV bei der N***** Bank Tripolis zwei unwiderrufliche Akkreditive über je S 13,250.000. Begünstigter war die L*****-Holz, "Akkreditivbanken" waren für ein Akkreditiv die Österreichische Länderbank Wien, für das andere die Creditanstalt-Bankverein. Als "Korrespondenzbank" trat die erstbeklagte Partei auf.

Die Auszahlung der Akkreditive war an die Vorlage folgender Dokumente geknüpft:

Fakturen, Ursprungszeugnisse der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, Bestätigung, daß die Waren nicht auf einem Schiff transportiert wurden, welches dem Boykott gegen Isreal unterliegt, Certificate of Weight, Packing List, Bill of Lading (Seeladeschein) und ein Telex über die Verschiffung.

Am 24.7.1979 legte Otto H***** in einer handschriftlichen Notiz eine Vorstellung über die Verwertung der Betrugsbeute fest. Am 24.10.1979 ließ er die Akkreditivdokumente über die erstbeklagte Partei der Österreichischen Länderbank und der Creditanstalt vorlegen. Die Bill auf Lading reichte er nach. Die Dokumente enthielten idente Maß- und Gewichtsangaben und entsprachen den Proforma-Rechnungen. Mit einem Fernschreiben verständigte Otto H***** die NCTV, daß die Verladung hinsichtlich der Ware des einen Akkreditives am 23.10.1979 in Rijeka vorgenommen werde, hinsichtlich des anderen Akkreditives wurde die Verladung auf das Schiff für den 24.10.1979 in Triest angekündigt.

Die wesentlichsten Akkreditivdokumente stellten die Seeladescheine dar. Der eine Seeladeschein vom 24.10.1979 bestätigt die Ladung der akkreditivkonformen Menge von 391.003 Stück Holz "clean on board" des Frachters "M.V.Evlogia" in Triest. Der andere vom 30.10.1979 bestätigt die Ladung der Menge von 364.484 Stück Holz "clean on board" des genannten Schiffes in Rijeka. Die beiden Urkunden sind gefälscht, die Unterschriften sind nicht jene des Schiffskapitäns. Das Schiff hatte nur eine Größe von 5.812,85 m3 und reichte daher für die vertragsgegenständliche Menge von 10.000 m3 Holz nicht aus.

In den Akkreditivdokumenten ist als Ursprungsland des Holzes Österreich angegeben. Otto H***** legte bei der Akkreditiveinlösung ein Ursprungszeugnis der Kammer der gewerblichen Wirtschaft vor, welches die österreichische Herkunft des Holzes bestätigt. Die darin angeführten Maß- und Gewichtsangaben decken sich mit den Daten der anderen Akkreditivdokumente. Diese Dokumente hatte die Ehefrau von Otto H***** durch Vorlage angeblicher Einkaufsrechnungen herausgelockt. Schließlich bestätigte L*****-Holz mit Schreiben vom 31.10.1979 der NCTV unrichtig die Verladung von 10.980,764 m3 Holz. Die Proforma-Rechnungen waren von Otto H***** unterschrieben. Die bezogenen österreichischen Banken fanden die Akkreditivdokumente ausreichend und überwiesen am 29.10.1979 und am 2.11.1979 die Akkreditivsummen in der Höhe von S 14,355.121 und S 14,470.443 jeweils nach Abzug von Bankspesen, insgesamt S 28,828.564 auf das Konto der L*****-Holz bei der erstbeklagten Partei.

Zu diesem Zeitpunkt bestand am genannten Konto eine Verbindlichkeit von S 6,468.351. Durch die Gutschrift des Akkreditiverlöses wurde diese Schuld abgedeckt. Ein Betrag von S 3,237.277 zuzüglich S

102.333 Zinsen wurden an die Firma Alexander L***** & Sohn zur Begleichung einer Schuld der L*****-Holz überwiesen. Eine Überweisung von US-Dollar 40.000 an Frachtkosten erfolgte an den zypriotischen Schiffskapitän, ein Scheck über US-Dollar 180.000 wurde diesem zur weiteren Abdeckung der Frachtgebühren übergeben. Ein Betrag von S 13,117.237 wurde mit Zustimmung des Drittbeklagten aus den Akkreditiverlösen an die von Otto H***** beherrschten Firmen in Liechtenstein überwiesen.

Anläßlich des Vertragsabschlusses hatte Otto H***** den vertretungsbefugten Organen der NCTV Garantiezusagen (Provisionen = Schmiergeldzahlungen) in der Höhe von 5 % der Auftragssumme zugesagt. Am 24.10. und 31.10.1979 überwies Otto H***** zugunsten von Maroufi M*****, einer Freundin des El S*****, jeweils S 664.207, er selbst nahm eine Provision von S 530.000 in Anspruch.

Vom Akkreditiverlös von S 28,825.564 wurden S 22,012.639 für die Verfügungen des Otto H***** verwendet, für die Abdeckung des Sollstandes des Kontos der L*****-Holz bei der erstbeklagten Partei S 6,486.371.

Otto H***** hatte einen Reeder gesucht, der bereit war, sein Frachtschiff mit geringer Holzladung an Bord zu versenken. Dies gelang ihm auch. Das Frachtschiff "M.V.Evlogia" hatte einen Laderaum von 5.812,84 m3, es war 1947/48 gebaut und war schon vor 1 1/2 Jahren abgerüstet worden. Am 23.11.1979 lief der Frachter von Rijeka ein. Am Schiff waren höchstens 1.594 m3 Holz, davon 1.002,105 m3 aus dem Lager der L*****-Holz in Rijeka, 550 m3 Holz wurden zugekauft, 42 m3 wurden aus dem Meer geborgen und verladen.

Damit die auf die Evlogia tatsächlich verladene Holzmenge der in den Akkreditiven angeführten Stückzahl entspricht, gab Otto H***** den Auftrag, die zu verladenden Hölzer auf eine Länge von 1 m oder 0,5 m zu zerschneiden. Am 8.12.1979 verließ die Evlogia mit ca 1.495 m3 Holz an Bord den Hafen Rijeka. Am 11.12.1979 befand sich das Schiff bei gutem Wetter im internationalen Gewässer nordwestlich der Insel Korfu. Nach einem Wassereinbruch erteilte der Kapitän den Befehl zum Besteigen des Rettungsbootes und überließ das Schiff dem geplanten Untergang. Die Mannschaft fuhr auf dem Rettungsboot nach Korfu.

Nach dem Untergang des Schiffes wurde die von der L*****-Holz erstellten Performance Bonds in der Höhe von S 1,325.000 durch die NCTV eingelöst. Dadurch wurde das Geschäftskonto der L*****-Holz bei der erstbeklagten Partei mit diesem Betrag belastet. Der Sollsaldo des Kontos in der Höhe von S 1,600.000 wurde bei der Liquidation der L*****-Holz vom Drittbeklagten und seinem Bruder abgedeckt.

Otto H***** wurde mit Urteil vom 14.1.1987 wegen schweren Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der NCTV wurde als Privatbeteiligter ein Betrag von S 27,500.564 zugesprochen. Die Gattin von Otto H***** wurde mit Urteil vom 21.9.1989 wegen des gleichen Delikts zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zur ungeteilten Hand mit diesem zur Zahlung von S 27,500.564 zugunsten der klagenden Partei (Rechtsnachfolgerin der NCTV) verurteilt.

Auf der Grundlage dieses Sachverhaltes begehrt die klagende Partei die Bezahlung von S 27,617.365,80 als Schadenersatz, zunächst auch von der Prokuristin der erstbeklagten Partei Petra A*****, die jedoch während des Verfahrens verstorben ist und deren Erben aufgrund einer bedingten Erbserklärung Walter A***** und Oliver A***** sind. Von ihnen begehrt die klagende Partei entsprechend den Aktiven des Nachlasses S 491.868,23 bzw S 981.736,47. In eventu wird Bezahlung entsprechend den wiedergegebenen devisenrechtlichen Vorschriften der Österreichischen Nationalbank begehrt. Die klagende Partei brachte zur erst- und zweitbeklagten Partei vor, Petra A***** habe bewußt mit Otto H***** im Sinne des Vorsatzes zusammengearbeitet, jedenfalls aber inhaltlich unrichtige Akkretitivdokumente weitergegeben, obwohl sie deren Unrichtigkeit kannte oder kennen mußte. Insbesonders hätte sie hinsichtlich des Lagers in Rijeka wissen müssen, daß nicht, wie vereinbart, österreichisches Holz, sondern nur ungarisches und tschechoslowakisches Holz geliefert wird. Trotzdem sei das Ursprungszeugnis inhaltlich unrichtig weitergegeben worden. Auch die Unrichtigkeit der Stückliste sei erkannt worden. Ebenso habe der Drittbeklagte mit Otto H***** in diesem Sinne zusammengewirkt. Es sei dem Drittbeklagten auch bewußt gewesen, daß die L*****-Holz konkursreif sei und nur durch betrügerische Machinationen saniert werden könne. Müsse zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen Holz zugekauft werden, sei ein Gewinn durch dieses Geschäft nicht zu erzielen. Dem Drittbeklagten seien auch vom Verbrechenserlös S 10,000.000 zugute gekommen, und zwar einerseits durch Abdeckung des Kontos der L*****-Holz bei der erstbeklagten Partei, für das er persönlich hafte, anderseits durch vorzeitige Zahlung einer Forderung der Firma Alexander L***** & Sohn gegenüber der L*****-Holz im Ausmaß von S 3,237.277. Der Drittbeklagte habe auch alle Geschäfte mit Otto H***** besprochen, weshalb er vom beabsichtigten Betrug gewußt habe. Schließlich sei auch die Fracht sowohl an den Reeder, als auch an ein Unternehmen in Liechtenstein überwiesen worden, obwohl der Drittbeklagte wußte, daß dieses keine Fracht zu bezahlen hatte.

Die Beklagten wendeten ein, nichts von den Machinationen des Otto H***** gewußt zu haben, sie seien selbst Opfer seiner betrügerischen Handlungen geworden. Die erst- und zweitbeklagten Parteien führten ergänzend aus, die vorgelegten Akkreditivedokumente nur auf ihre formelle Richtigkeit geprüft zu haben. Die erstbeklagte Partei sei auch nicht Akkreditivbank gewesen; die Überweisung des Akkreditiverlöses auf das bei ihr geführte Konto sei notwendig gewesen, weil sie vom Erlös Gegenakkreditive zu erstellen hatte. Der klagenden Partei gegenüber habe sie keine vertraglichen Verpflichtungen gehabt. Die Überweisungen seien über Auftrag der Kontoinhaber durchgeführt worden, was ihrer vertraglichen Verpflichtung diesen gegenüber entsprochen habe. Die Akkreditivdokumente seien von Otto H***** selber übermittelt worden, sie hätten lediglich die Rechnungen den Akkreditivbanken übermittelt, bei der Aufnahme der Akkreditivdokumente hätten sie nicht mitgewirkt. Der Drittbeklagte bestritt, durch die Malversationen des Otto H***** einen Vorteil erworben zu haben. Die Konkursreife der L*****-Holz wurde bestritten, die Zahlungsfähigkeit sei durch die Bürgschaft des Drittbeklagten und seines Bruders aufrecht erhalten worden. Zur Insolvenz sei es infolge der betrügerischen Handlungen des Otto H***** gekommen. Über das konkrete Geschäft sei er nur in den Grundzügen informiert gewesen, er habe gar nicht gewußt, daß nur österreichisches Holz verkauft werden sollte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es noch folgende weitere Feststellungen traf:

Organisatorisch war der Geschäftsbereich bei der Firma L*****-Holz zwischen den Geschäftsführern so eingeteilt, daß Otto H***** tatsächlich die Geschäfte führte und der Drittbeklagte die Finanzen dadurch kontrollierte, daß Banküberweisungen von beiden Geschäftsführern unterschrieben sein mußten. Durch seine und seines Bruders Bürgschaft für den bei der erstbeklagten Partei aufgenommenen Kredit sicherte er die Liquidität der L*****-Holz. Mit dem Holzgeschäft war er nie befaßt, er hatte weder zu Kunden noch zu Lieferanten Kontakte. Alle Geschäfte wurden von Otto H***** allein besorgt. Bis zum Libyengeschäft waren alle von H***** für die L*****-Holz geschlossenen Geschäfte klaglos abgewickelt worden. Über den Geschäftsgang bekam der Drittbeklagte Berichte von Otto H*****, wobei er erst nach Abschluß informiert wurde. Die Akkreditivdokumente hat er nicht gesehen.

Petra A***** war seit 1976 Prokuristin der erstbeklagten Partei, seit 1979 Leiterin der Dokumentenabteilung. Sie hat den Drittbeklagten oder die L*****-Holz nie entgeltlich beraten, ihre Beratungstätigkeit erfolgte als Dienstnehmerin der erstbeklagten Partei, die Hausbank der L*****-Holz war.

Weder Petra A***** noch der Drittbeklagte haben von den Betrugshandlungen des Otto H***** und seiner Ehefrau zunächst erfahren. Es war ihnen die Fälschung der Akkreditivdokumente unbekannt, sie wußten auch nicht, daß die Ursprungszeugnisse durch Täuschungshandlungen herausgelockt worden waren. Es war ihnen nicht bewußt, daß den Akkreditivzahlungen keine Warenlieferungen gegenüberstanden. Sie wußten auch nicht, daß Otto H***** zur Durchführung des Geschäftes nur zum geringen Teil Holzzukäufe tätigte. Sie waren über die Hintergründe der hohen Frachtkosten nicht informiert, insbesonders nicht, daß damit der Ankauf eines schrottreifen Schiffes finanziert wurde, das versenkt werden sollte. Bis zum Frühjahr 1991 liefen die Geschäfte der L*****-Holz normal weiter. Die gegen den Drittbeklagten erstattete Anzeige wurde gemäß § 90 StPO zurückgelegt, der Antrag der klagenden Partei, gegen den Drittbeklagten und Petra A***** die Voruntersuchung einzuleiten, wurde mit Beschluß der Ratskammer abgewiesen.

Zur Haftung der erst- und zweitbeklagten Partei führte das Erstgericht aus, es sei nicht das geringste rechtswidrige Verhalten der Petra A***** oder einer anderen verantwortlichen Person der erstbeklagten Partei hervorgekommen. Petra A***** sei durch die von den Eheleuten H***** gefälschten Urkunden ebenso getäuscht worden wie die Vertreter der klagenden Partei und die Organe der Creditanstalt und der Länderbank. Die Urkunden seien perfekt gefälscht oder überhaupt echt gewesen. Bezüglich der Akkreditivurkunden habe gegenüber der klagenden Partei keine Verpflichtung zur Prüfung bestanden. Die Urkunden seien nicht auffällig gewesen, sie hätten nach Treu und Glauben weitergeleitet werden können. Auch die zur Prüfung verpflichteten Organe der Länderbank und der Creditanstalt hätten die Fälschungen nicht erkannt.

Hinsichtlich des Drittbeklagten führte das Erstgericht aus, dieser habe weder selbst ein deliktisches Verhalten im Zusammenhang mit dem Libyengeschäft gesetzt noch vom deliktischen Verhalten des Otto H***** und seiner Ehefrau Kenntnis gehabt. Auch aus seiner Geschäftsführereigenschaft hafte er nicht. Die Verletzung eines Schutzgesetzes (§§ 56, 64 GmbHG, § 69 KO, § 159 StGB, § 114 ASVG, § 9 BAO) könne dem Drittbeklagten nicht vorgeworfen werden. Die L*****-Holz sei nicht vor dem gegenständlichen Geschäft zahlungsunfähig gewesen, sondern durch dieses infolge der Betrugshandlungen des Ehepaares H***** zahlungsunfähig geworden. Es könne dem Drittbeklagten daher nicht vorgeworfen werden, nicht rechtzeitig ein Insolvenzverfahren für die L*****-Holz beantragt zu haben. Bei einer Ressortverteilung sei der jeweilige Geschäftsführer nur für sein Ressort verantwortlich, den anderen treffe nur eine allgemeine Aufsichtspflicht. Erst bei einem Verdacht über das Vorliegen von Mißständen im anderen Ressort habe jeder Geschäftsführer in diesem Bereich einzuschreiten. Solche Mißstände im operativen Geschäft seien aber für den Drittbeklagten nicht hervorgekommen. Vielmehr habe bis zum vorliegenden Rechtsfall Otto H***** alle Geschäfte der L*****-Holz klaglos abgewickelt. Der Schaden sei auch nicht durch die verspätete Konkursanmeldung, sondern durch die Betrugshandlungen des Otto H***** entstanden. Das Klagebegehren könne auch nicht auf Bereicherung gestützt werden. Durch die Kontoabdeckung sei nur die L*****-Holz, nicht aber der Drittbeklagte bereichert worden. Für eine Durchgriffshaftung gegen diesen fehle es aber an den Voraussetzungen.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig. Das Berufungsgericht verneinte die in der Berufung geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und wies in rechtlicher Hinsicht darauf hin, daß die erstbeklagte Partei nicht Akkreditivbank war. Die Bonität der L*****-Holz sei für die erstbeklagte Partei nicht in Frage gestanden, sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Akkreditive einzulösen. Auch dem Drittbeklagten könne kein Verstoß gegen seine Verpflichtungen als Geschäftsführer der L*****-Holz vorgeworfen werden. Daß die von der erstbeklagten Partei vorgelegten Rechnungen nicht von einem Geschäftsführer der L*****-Holz, sondern von Brigitte H***** unterschrieben waren, lasse keine Verpflichtung der erstbeklagten Partei entstehen, weil kein Grund bestand anzunehmen, daß Otto H***** oder allenfalls der Drittbeklagte die Rechnungen nicht unterschrieben hätten. Auch die Länderbank und die Creditanstalt hätten keinen Wert auf die Unterschrift des Geschäftsführers gelegt.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage, welche Prüfungs- und Verständigungspflichten eine Bank treffe, der ein Akkreditiverlös zediert wurde, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorgefunden wurde.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren oder dem Eventualbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindend - nicht zulässig.

Zunächst ist zur Begründung der Ansicht des Berufungsgerichtes, die ordentliche Revision sei zulässig, darauf hinzuweisen, daß sich aus den Feststellungen nicht ergibt, daß der erstbeklagten Partei "ein Akkreditiverlös zediert wurde". Nach den Feststellungen wurde vielmehr lediglich der Akkreditiverlös der Firma L*****-Holz auf ihrem Konto bei der erstbeklagten Partei gutgeschrieben. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß wohl ein durch die Dokumenteeinreichung bedingter Anspruch abtretbar ist, wobei die Dokumente aber weiterhin nur der Begünstigte einreichen kann (Avancini in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht Rz 4/135), nicht aber der Abtretungserlös selbst. Aber auch für eine Abtretung des durch die Dokumenteneinreichung bedingten Anspruches finden sich in den Feststellungen keine Anhaltspunkte. Der vom Berufungsgericht für die Zulassung der ordentlichen Revision herangezogene Grund kommt daher nicht zum Tragen. Es werden aber auch sonst in der Revision der klagenden Partei keine Gründe dargelegt, denen eine Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukäme.

Die Revision der klagenden Partei geht nämlich weitgehend nicht von den - den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen der Vorinstanzen aus, insbesondere nicht von der Feststellung, daß weder Petra A***** noch der Drittbeklagte zunächst von den Betrugshandlungen des Otto H***** wußten; insoweit ist die Revision somit nicht gesetzgemäß ausgeführt. Zum Teil wird in der Revision versucht die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen, worauf aber vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht einzugehen ist. Insoweit Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, geltend gemacht werden, ist darauf ebenfalls nicht einzugehen (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN). Die im übrigen verbleibenden Rechtsfragen wurden von den Vorinstanzen im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung gelöst, weshalb die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind:

Was die Frage der Haftung der erstbeklagten Partei wegen Verletzung der Prüfpflicht der Akkreditivdokumente betrifft, so ist darauf hinzuweisen, daß diese nicht Akkreditivbank war. Unter der Akkreditivbank oder Akkreditiveröffnungsbank ist nämlich jene Bank zu verstehen, die im Auftrag ihres Kunden das Akkreditiv eröffnet (Avancini, aaO Rz 4/10). Die erstbeklagte Partei war aber am Akkreditiv auch nicht als Zahlstellenbank oder Bestätigungsbank beteiligt (s hiezu Avancini, aaO Rz 4/11), die Zahlungen erfolgten ja durch die Österreichische Länderbank und die Creditanstalt.

Aus den Feststellungen des Erstgerichtes geht ferner nur hervor, daß Otto H***** verschiedene Akkreditivdokumente "zwecks Einlösung der beiden Akkreditive" über die erstbeklagte Partei den beiden Zustellbanken "vorlegen ließ". Daraus läßt sich bloß ableiten, daß die erstbeklagte Partei als Gehilfe des Begünstigten, also als dessen Beauftragte (vgl Avancini, aaO Rz 4/158) gehandelt hat. Eine vertragliche Beziehung der erstbeklagten Partei zur klagenden Partei oder zur Akkreditivbank ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen, weshalb sie diesen gegenüber keine Verpflichtung hatte, die Dokumente in irgendeiner Weise zu prüfen. Die klagende Partei kann somit keine Ersatzansprüche darauf stützen, daß die erstbeklagte Partei oder Petra A***** die Dokumente nicht ausreichend geprüft hätte, zumal mangels einer vertraglichen Beziehung zwischen den Banken auch die Schutzwirkungen zugunsten der klagenden Partei (vgl Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht Rz 6/24), auf die sie sich in der Revision beruft, nicht angenommen werden können. Die gegenteiligen Ausführungen in der Revision gehen von einer anderen Stellung der erstbeklagten Partei aus, sie sind daher nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzulegen.

Die klagende Partei meint auch, es wäre unzulässig gewesen, ihre leitenden Angestellten zu bestechen (§ 307 StGB). Wäre dies unterblieben, dann wäre es nicht zum Vertrag zwischen der L*****-Holz und der klagenden Partei gekommen und hätte Otto H***** den Betrug nicht durchführen und damit der klagenden Partei den Schaden nicht zufügen können. Dem ist entgegenzuhalten, daß aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, die vom Schutzzweck der Verbotsnorm erfaßt werden, da sie gerade diese Schäden verhindern wollte (Koziol, Haftpflichtrecht3 I Rz 8/18 mwN). Daß aber die Bestimmung des § 307 StGB nicht einen von der Bestechung unabhängigen Betrug verhindern will, liegt auf der Hand. Gleiches gilt aber auch für den gegenüber dem Drittbeklagten geltendgemachten Haftungsdurchgriff wegen Verletzung der Konkursantragspflicht.

Zur Frage der Bereicherung werden erhebliche Rechtsfragen in der Revision der klagenden Partei ebenfalls nicht dargetan. Eine Bereicherung der erstbeklagten Partei liegt nicht vor, weil die Vermögensverschiebung von der L*****-Holz an sie durch den Kreditvertrag gerechtfertigt war. Im übrigen richtet sich ein Bereicherungsanspruch grundsätzlich gegen den Empfänger der Leistung (vgl Koziol/Welser10 I 417). Ob bezüglich eines Bürgen in einem Fall wie dem hier zu entscheidenden etwas anderes gilt, kann dahingestellt bleiben. Eine Haftung des Drittbeklagten scheidet nämlich schon deshalb aus, weil die klagende Partei nicht nachgewiesen hat, daß er als Bürge in Anspruch genommen worden wäre.

Unrichtig ist auch die Ansicht der klagenden Partei, verschiedene Feststellungen wären anders als die Vorinstanzen zu treffen gewesen, wobei sich dies aus den Urkunden ergebe und daher um eine Rechts- und nicht um eine Tatfrage handle. Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine revisible Auslegung von Urkunden, sondern um Schlüsse, die aus den Urkunden und den anderen Beweismitteln gezogen wurden. Dabei handelt es sich aber um einen für den Obersten Gerichtshof unanfechtbaren Akt der Beweiswürdigung.

Die Revision der klagenden Partei war sohin wegen Fehlens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Da die beklagten Parteien nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der klagenden Partei hingewiesen haben, haben sie die Kosten ihrer Gegenschriften selbst zu tragen.

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