OGH 15Os167/97

OGH15Os167/974.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bilal Ö***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 23.September 1997, GZ 33 Vr 671/97-88, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr.Aulehla zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der vom Verteidiger ausgeführten Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die vom Angeklagten selbst verfaßte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Bilal Ö***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A) und des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt, weil er durch Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) nachgenannten Angestellten der S***** Sparkasse fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und Devisen, mit dem Vorsatz abgenötigt hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

A. am 13.März 1997 in Obertrum dadurch, daß er mit den Worten "Überfall" eine geladene Gaspistole gegen Norbert H***** richtete, ihn aufforderte, sich auf den Boden zu legen, ferner Hans Peter R***** unter Vorhalt der Gaspistole nötigte, den Tresor aufzusperren und das gesamte Geld (insgesamt 1,352.250 S) in einen Sack zu füllen, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte;

B. am 30.Juli 1996 in Salzburg dadurch, daß er gegen Helmut S*****-P***** eine Pistolenattrappe richtete, ihn aufforderte, den Tresor zu öffnen und Bargeld sowie Devisen im Gesamtwert von 687.017

S in einen Rucksack zu geben.

Die Geschworenen bejahten die an sie gerichteten (anklagekonformen) Hauptfragen I und II und verneinten die zu beiden Hauptfragen gesondert gestellten Zusatzfragen (1 und 2) nach Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB. Weitere Fragen wurden ihnen nicht gestellt.

Dagegen richtet sich eine vom Verteidiger ausgeführte, auf Z 8, 10 a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde (ON 98), der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Bereits vor Zustellung der Urteilsausfertigung langte beim Erstgericht eine vom Angeklagten selbst verfaßte Eingabe ein (ON 90), in der - der Sache nach - erkennbar die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 Z 6 und 10 a StPO geltend gemacht werden und eine Berufung ausgeführt wird. Diese Rechtsmittelschrift war jedoch zurückzuweisen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht und jener des Verteidigers der Vorzug zu geben ist (Mayerhofer StPO4 § 285 E 36 mwN, 15 Os 88,89/96 uam).

Zum Schuldspruch A:

In der Rechtsrüge (Z 12) wendet der Beschwerdeführer ein, daß die von ihm beim Raubüberfall am 13.März 1997 verwendete Gaspistole nach den sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnissen (vgl 5, 9, 77/I) lediglich mit "Platzpatronen" geladen gewesen sei (insoweit geht der Nichtigkeitswerber nicht vom Wahrspruch der Geschworenen aus und bringt den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung), weshalb es nicht möglich sei, damit einen Menschen auch nur zu verletzen; der Einsatz einer solchen Waffe komme aber der Verwendung einer Schußwaffenattrappe gleich, weshalb vorliegend die Qualifikationsvoraussetzung nach § 143 zweiter Fall StGB nicht erfüllt sei.

Die Rüge geht fehl.

Nach herrschender Rechtsprechung (vgl SSt 49/45 = EvBl 1976/175 - verstärkter Senat, 14 Os 129/94, 13 Os 154/95; Leukauf/Steininger Komm3 RN 8 und 14 mwN, Zipf im WK Rz 17, Kienapfel BT II3 Rz 26 jeweils zu § 143; aM Bertel/Schwaighofer BT I4 § 143 Rz 3, Krückl ÖJZ 1981, 571) ist nämlich als Waffe im Sinne des § 143 zweiter Fall StGB jeder Gegenstand anzusehen, der als ein zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Instrument gebraucht wird, folglich selbst eine ungeladene oder funktionsuntüchtige Schußwaffe (nicht aber eine bloße Waffenattrappe). Demnach erfüllt auch der Einsatz einer nur mit Platzpatronen geladenen Gaspistole das Qualifikationsmerkmal der Verwendung einer Waffe im Sinne des § 143 zweiter Fall StGB. Von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen, bietet der aktuelle Fall keine Veranlassung.

Da somit auch die den Geschworenen vom Vorsitzenden erteilte Rechtsbelehrung der geltenden Judikatur entspricht (vgl insbesonders S 10 f), muß die "vorsichtshalber" erhobene Rechtsrüge (Z 8) ebenso versagen.

Zum Schuldspruch B:

In der Tatsachenrüge (Z 10 a) behauptet der Beschwerdeführer sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Schuldspruch der Geschworenen zum Raubüberfall am 30.Juli 1996 festgestellten entscheidenden Tatsachen, weil ihn der Zeuge Helmut S*****-P***** anläßlich der im Rahmen der Voruntersuchung am 19.Juni 1997 durchgeführten Gegenüberstellung (ON 34) und in der Hauptverhandlung vom 23.September 1997 (33/III) weder nach seinem Aussehen noch nach seiner Stimme als Täter dieses Raubüberfalls identifizieren konnte, weshalb - nach Meinung des Nichtigkeitswerbers - die sonstigen ihn belastenden Zeugenaussagen - so zB jene des Zeugen M***** - vollständig ihr Gewicht verlieren.

Dabei übergeht die Beschwerde allerdings die (auffallende Ähnlichkeit zur Maskierung des Angeklagten beim Raubüberfall am 13.März 1997 aufweisende - vgl die Verwendung eines markanten Pflasters im Gesicht 32 ff/III -) Täterbeschreibungen dieses Zeugen, aber auch jene des Zeugen Tino K***** (28 f/III), welche wiederum mit den Angaben des Zeugen Helmut M***** weitgehend übereinstimmt (29 ff/III), der den Angeklagten am 30.Juli 1996 wenige Minuten vor dem Banküberfall mit ähnlicher Bekleidung in Richtung der unmittelbar darauf überfallenen Filiale der S***** Sparkasse gehen gesehen hatte.

Die Beschwerdeausführungen trachten daher lediglich nach Art einer im Verfahren vor dem Geschworenengericht unzulässigen Schuldberufung die gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen zugewiesene Beweiswürdigung zu bekämpfen, welche die vorhandenen Beweismittel nicht nur einzeln, sondern auch in ihrer Gesamtheit auf ihre Beweiskraft geprüft und den persönlich gewonnenen Eindruck verwertet haben (§ 258 Abs 2 StPO). Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen der Geschworenen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der Laienrichter in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen, werden mit dem bloßen Hinweis auf die Aussage des Zeugen S*****-P***** jedenfalls nicht erweckt.

Sonach war die vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde insgesamt zu verwerfen.

Zur Berufung:

Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB (zu ergänzen: unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB) zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe. Dabei wertete es als erschwerend die Tatwiederholung (richtig: das Zusammentreffen zweier Verbrechen) sowie den sehr hohen Schaden (Beute insgesamt 2 Mio S); als mildernd hielt es dem Angeklagten neben dem umfassenden Geständnis zum Faktum A, der Schadensgutmachung hiezu und der bisherigen Unbescholtenheit eine "bestehende kombinierte Persönlichkeitsstörung" zugute.

Die vom Verteidiger erhobene Berufung gegen die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe ist nicht begründet.

Der Berufung zuwider hat das Geschworenengericht die vorhandenen Strafzumessungsgründe nicht nur richtig und vollständig erfaßt, sondern ihnen auch das entsprechende Gewicht beigemessen und über den Angeklagten eine Sanktion verhängt, die sowohl dem Unrechtsgehalt der Straftaten als auch der personalen Täterschuld gerecht wird. Daran vermögen auch die vom Berufungswerber zusätzlich ins Treffen geführten Umstände, nämlich seine "Jugend" und seine "schwierige Vergangenheit" nichts zu ändern. Denn zum einen war er beim ersten Raubüberfall schon fast 22 Jahre, beim zweiten gravierenderen Bankraub noch um ein halbes Jahr älter, zum anderen entwickelte sich gerade aus der schwierigen Vergangenheit eine ihm vom psychiatrischen Sachverständigen attestierte (177 Mitte/I) und ohnhin als mildernd berücksichtigte "kombinierte Persönlichkeitsstörung".

Sohin war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

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