OGH 5Ob2086/96t

OGH5Ob2086/96t25.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag.Rudolf L*****, und 2.) Christine L*****, ebendort, beide vertreten durch Dr.Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, gegen die beklagten Parteien 1.) Peter K*****, und 2.) Ilse K*****, ebendort, beide vertreten durch Dr.Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterfertigung einer Aufsandungserklärung (Streitinteresse S 101.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 26.Februar 1996, GZ 1 R 17/96a-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.November 1995, GZ 8 Cg 239/95p-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Prozeßeinrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung

Die Beklagten sind aufgrund eines Übergabsvertrages vom 7.3.1963 (Zweitbeklagte) bzw Übergabs- und Schenkungsvertrages vom 12.3.1963 (Erstbeklagter) je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 90034 GB 87120 Stumm (Bezirksgericht Zell am Ziller), zu deren Gutsbestand ua auch das GSt.Nr. 798/2 (Baufläche) im Ausmaß von 197 m**2 gehört. Im A2-Blatt ist unter LNR 8a nach wie vor zu TZ 772/1967 die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens (nach den Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes - im folgenden kurz: TFLG) angemerkt.

Mit ihrer am 12.10.1995 eingebrachten und mit S 101.000,-- bewerteten Klage stellten die Kläger (als Eigentümer der Liegenschaften EZ 215 GB 87120 Stumm) das Begehren, daß die Beklagten eine Aufsandungserklärung nachstehenden Inhalts abzugeben hätten:

"Peter K***** und Ilse K*****, erklären wie folgt:

Frau Ilse und Herr Peter K***** sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 90034 in GB 87120 Stumm, zu deren Gutsbestand unter anderem das GSt. 798/2 im Ausmaß von 197 m**2 gehört.

Dies vorausgeschickt erteilen nunmehr Herr Peter K***** und Frau Ilse K***** jeweils als Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 90034 GB 87120 Stumm ihre ausdrückliche Einwilligung zur lastenfreien Abschreibung des GSt 798/2 im Ausmaß von 197 m**2 aus dem Gutsbestand dieses Grundbuchkörpers und die Zuschreibung dieses Grundstückes zur Liegenschaft EZ 215 GB 87120 Stumm.

Sämtliche mit dem Eigentum an EZ 90034 verbundenen Rechte, insbesondere die Mitgliedschaftsrechte an der Agrargemeinschaft Stumm-Stummerberg, Interessenschaftswald, an der Agrargemeinschaft O*****, sowie sämtliche mit dem Eigentum an dieser Liegenschaft verbundenen Miteigentumsrechte an anderen Liegenschaften verbleiben bei der Stammsitzliegenschaft EZ 90034 GB 87120 Stumm."

Die beklagten Parteien erhoben in der Klagebeanwortung unter Hinweis auf das beim Amt der Tiroler Landesregierung anhängige Zusammenlegungs- verfahren hinsichtlich sowohl der Liegenschaften der Kläger als auch jener der Beklagten die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges. Darüber hinaus bestritten sie das Klagebegehren auch inhaltlich.

Das Erstgericht - welches das Verfahren in der ersten Streitverhandlung auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges einschränkte und hierüber verhandelte - wies das Klagebegehren zurück. Es vertrat die Auffassung, daß es sich bei der Rechtssache um eine Streitigkeit über Eigentum und Besitz an in das Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Grundstücken handle, für welche § 72 Abs 5 lit a TFLG 1978 eine Generalkompetenz der Agrarbehörde anordne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Parteien keine Folge. Es sprach weiters aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Aus der Klagserzählung sei klar und schlüssig der Rechtsgrund der Ersitzung, sohin ein dinglicher Rechtsgrund für das Klagebegehren, abzuleiten, sodaß tatsächlich die Zuständigkeitsvoraussetzungen des § 72 Abs 5 lit a TFLG gegeben seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Kläger aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluß im Sinne einer Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern. Die beklagten Parteien erstatteten eine Revisionsrekurs- beanwortung.

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 zweiter Fall iVm Abs 1 ZPO: Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 528) und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 72 Abs 5 lit a TFLG 1978 (das wiederverlautbarte TFLG 1996 LGBl 74 ist zufolge seines zeitlichen Geltungsbereiches auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar) erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörde von der Einleitung eines Zusammenlegungsverfahrens an bis zu dessen Abschluß. Zwar war das in Rede stehende Grundstück GSt.Nr. 798/2 in das von den Vorinstanzen für entscheidungsrelevant gehaltene Zusammenlegungsverfahren einbezogen. Allerdings ist zwischenzeitlich nicht nur der zu III b 2-ZH-193/348 ergangene Zusammenlegungsplan Stumm vom 28.7.1988 mit Erkenntnis des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 7.7.1993, Zl. 710.882/08-OAS/93 rechtskräftig und vollstreckbar geworden, sondern hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz mit Verordnung vom 9.10.1997, Zl. III b 2-ZH-193/607, "die Zusammenlegungsgemeinschaft Stumm als aufgelöst erklärt" und diese Verordnung auch im Boten für Tirol unter der Nummer 1785 (Ausgabe vom 22.10.1997) kundgemacht. Darüberhinaus wurde diese Abschlußverordnung des Zusammenlegungsverfahrens Stumm auch mit Schreiben vom 9.10.1997 dem Bezirksgericht Zell am Ziller als Grundbuchsgericht "mit Ersuchen um Löschung der Anmerkung der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens in den EZ 90034 und 215 GB Stumm" übermittelt, welches in den genannten Einlagezahlen diese Anmerkung der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens zwischenzeitlich auch gelöscht hat (amtswegig eingeholte Grundbuchsauszüge vom 5.11.1997). Auf diese im Entscheidungszeitpunkt des Obersten Gerichtshofes geänderte, jedoch maßgebliche Rechtslage ist nunmehr Bedacht zu nehmen, sodaß die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges jedenfalls seither zu bejahen ist (§ 42 Abs 1 JN; SZ 67/161; WoBl 1995, 177 ua; Fasching, Lehrbuch2, Rz 1731 und 1927).

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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