Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dogan L***** und Martin O***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 zweiter Satz, erster und zweiter Fall StGB (1. bis 9.), Martin O***** überdies des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (10.) schuldig erkannt.
Darnach haben
(1. bis 9.) sie mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz als Mittäter - teils durch Öffnen eines Behältnisses mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug - fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert in der Absicht weggenommen, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer (§ 128) Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:
1. in der Zeit zwischen 1. und 4.Oktober 1996 in H***** Gewahrsamsträgern des Gasthauses P***** durch Öffnen zweier Spielautomaten mit einem Abtastgerät 34.500 S,
2. am 7. oder 8.Oktober 1996 in W***** Gewahrsamsträgern der dortigen N*****-Filiale durch Öffnen einer Vitrine mit einem Abtastgerät ein GSM-Handy im Wert von 8.990 S,
3. am 8.Oktober 1996 in L***** Gewahrsamsträgern der Firma G***** durch Öffnen einer Vitrine mit einem Abtastgerät ein GSM-Mobiltelefon der Marke Schrack-Ericson im Wert von 6.990 S, ein GSM-Mobiltelefon der Marke Nokia im Wert von 8.990 S, ein GSM-Mobiltelefon der Marke B & O im Wert von 7.990 S und ein Kombifax der Marke Panasonic im Wert von 6.990 S,
4. am 12.Oktober 1996 in B*****
a) Gewahrsamsträgern der Spielhalle "L*****" durch Öffnen eines Dart-Automaten mit einem Abtastgerät 4.120 S,
b) Gewahrsamsträgern des Lokales "B*****" durch Öffnen eines Dart-Automaten mit einem Abtastgerät 5.510 S,
5. am 10. oder 11.November 1996 in B*****
a) Gewahrsamsträgern der Spielhalle "L*****" (teils durch Öffnen eines Spielautomaten mit einem Abtastgerät) 5.180 S,
b) Gewahrsamsträgern des Gasthauses "B*****" durch Öffnen eines Dart-Automaten mit einem Abtastgerät 6.590 S,
6. am 11.November 1996 in R***** Gewahrsamsträgern des Gasthauses "3*****" durch Öffnen eines Dart-Automaten mit einem Abtastgerät 5.040 S,
7. am 14.November 1996 in M***** dem Juwelier Walter R***** durch Öffnen einer Ausstellungsvitrine Goldschmuck im Wert von 28.765 S,
8. in der Nacht zum 15.November 1996 in G***** Gewahrsamsträgern des Gasthauses "R*****" durch Öffnen eines Dart-Automaten mit einem Abtastgerät ca 2.000 S,
9. mehr als 25.000 S (ohne daß die näheren Umstände geklärt wurden),
10. Dogan L***** den durch Anbringen eines Lichtbildes verfälschten deutschen Reisepaß des Martion Anton Gregor G***** vornehmlich zum Beweis seiner Identität mit diesem
am 27.September 1996 am "Grenzübergang Bregenz" bei der Einreise nach Österreich, zwischen 27.September und 15.November 1996 bei einer Verkehrskontrolle in der Steiermark sowie am 15.November 1996 in Hirnsdorf bei seiner Festnahme und in Graz anläßlich seiner Aufnahme in die Justizanstalt Graz-Jakomini gebraucht.
Rechtliche Beurteilung
Die von Dogan L***** aus Z 4, 5, 9 lit a (der Sache nach Z 10) sowie (inhaltlich) Z 11 zweiter Fall und Martin O***** aus Z 4, 5, 5 a, 10 und (inhaltlich) Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dogan L***** :
Die zum Beweis dafür, daß sich der Angeklagte "den ganzen September bis 24.Oktober 1996 in Deutschland aufgehalten" habe, beantragte Zeugin Hüsniye L***** hatte das (auf ihren Wohnort Ulm bezogen) zwar fernschriftlich deponiert.
Weil sich aber der Angeklagte in der Hauptverhandlung dahin verantwortete, nach seiner Einreise am 27.September 1996 bis zum 30. September 1996 mit O***** in Österreich unterwegs gewesen zu sein (Bd II, S 389 und 393) und in der Folge selbst für Oktober (zuerst) nicht ständiges Ausharren am Wohnsitz seiner Eltern behauptete (Bd II, S 395), hätte es bei der Antragstellung eines klärenden Vorbringens bedurft, aufgrund welcher konkreten Umstände die Zeugin in der Lage sein sollte, dessen Täterschaft (zu 1. bis 4.) auszuschließen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 19, 19 c, 19 d und 83).
Das als Beilage 14 zur ON 70 erliegende Schreiben der Zeugin indes durfte, dem weiteren Vorbringen (inhaltlich Z 5) zuwider, nicht als Beweismittel dienen, weil es bei der Hauptverhandlung nicht vorgelesen wurde (§ 258 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Auf ein Begehren des O***** kann sich die Verfahrensrüge (Z 4) ebensowenig berufen, wie auf den in der Hauptverhandlung nicht wiederholten schriftlichen Antrag vom 7.Mai 1997 (ON 65; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 1).
Der Ort, wohin die Diebsbeute verbracht wurde, betrifft keine entscheidende (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 26) Tatsache. Ein aus Beweismitteln abgeleiteter logisch zwingender Schluß auf die Täterschaft ist nicht möglich und daher auch nicht erforderlich (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 148). Undeutlich (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 42) ist eine Urteilsbegründung deshalb nicht.
Indem das Rechtsmittel einzelnen Argumenten unter Vernachlässigung der anderen (vgl US 13 bis 17) den Beweiswert abspricht, verfehlt es eine gesetzeskonforme Darstellung (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 1), was gleichermaßen für den Versuch gilt, aus dem Verhalten des Staatsanwaltes erhebliche Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen (Z 5 a) abzuleiten.
Mit der Kritik an der Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen zu den Freispruchsfakten aber ist das Rechtsmittel nicht zugunsten des Angeklagten ausgeführt (§ 282 Abs 2 StPO).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich Z 10) verfehlt einen Bezug zu den tatsächlichen Urteilsannahmen und damit erneut eine Ausrichtung am Gesetz. Sie legt zudem nicht mit Bestimmtheit dar, warum der Gebrauch verfälschter öffentlicher Urkunden zur Verschleierung von Straftaten der Annahme des objektiven Tatbestandes der §§ 223 Abs 2, 224 StGB entgegenstehen sollte (§ 285 a Z 2 StPO).
Dem Berufungsvorbringen (inhaltlich jedoch Z 11 zweiter Fall) zuwider liegt in der Berücksichtigung mehrfacher Qualifikation des Diebstahls keine verbotene Doppelverwertung (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 14 a). Warum sie dem "Verschlechterungsverbot" widerstreiten sollte, bleibt unerfindlich.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Martin O***** :
Die Einvernahme des Gerd und der Sarka F***** sowie der Silvia B***** wurde in der Hauptverhandlung nicht beantragt (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 1). Das Begehren, Maria O*****, Sandra D***** und Maria Theresia W***** als Zeuginnen zum Beweis dafür zu hören, daß der Angeklagte am 14.November 1996 "gegen 17.00 Uhr" Schmuck gekauft habe, aber hätte eines klärenden Vorbringens bedurft, weshalb von diesen Verkäuferinnen eines Großkaufhauses nach mehr als einem halben Jahr eine exakte Erinnerung an den genauen Zeitpunkt einer Kundenbetreuung erwartet werden durfte (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 73 a und 83). Dazu kommt, daß sich Martin O***** in der Hauptverhandlung darauf berief, am 14.November 1996 in Graz (vgl Bd I, S 203) ein Paket aufgegeben zu haben und dazu wörtlich angab:
"Dies war zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr. Danach sind wir dann in die Stadt gegangen und haben in einem Kaufhaus Schmuck gekauft" (Bd II, S 427).
Auch deshalb hätte es eines Hinweises bedurft, warum als Ergebnis der Beweisaufnahme ein "gegen 17.00 Uhr" stattgefundenes Verkaufsgespräch erwartet werden konnte (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 19), um die Täterschaft zu 7. auszuschließen.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider kann keine Rede davon sein, daß die als erwiesen angenommenen Tatsachen oder die Gründe hiefür der Urteilsbegründung nicht zu entnehmen sind.
Welche "gravierenden Feststellungsmängel" die Beschwerde (inhaltlich aus Z 9 lit a) vermißt, legt sie nicht dar. Zudem erschöpfen sich die einläßlichen Feststellungen der Tatrichter mitnichten in einem Verweis auf den Urteilsspruch (vgl im übrigen Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 46).
Die unter Berufung auf eine isoliert herausgegriffene Formulierung des Erstgerichtes erhobene Behauptung bloßer Scheinbegründung negiert in unangebrachter Polemik die gesamte Beweiswürdigung.
Die Rüge fehlender Feststellungen (der Sache nach erneut Z 9 lit a) zu den Einbruchsdiebstählen geht nicht vom Urteilssachverhalt aus und übersieht den Unterschied zwischen Beweiswürdigung und tatsächlichen Urteilsannahmen.
Keineswegs hat sich das Schöffengericht zu 7. darauf beschränkt, zu konstatieren, L***** und O***** hätten das Geschäft "heimgesucht", womit sich auch diese (inhaltlich wiederum aus Z 9 lit a vorgetragene) Kritik nicht an den Verfahrensvorschriften orientiert.
Die gegen den (aus Z 3 nicht kritisierten) Schuldspruch zu 9. erhobene Behauptung eines Feststellungmangels muß wegen der Mißachtung des mehrfach dargelegten Gebotes, vom Urteilssachverhalt auszugehen, auf sich beruhen.
Die Frage einer beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers oder das genaue Kennzeichen seines Fahrzeuges (vgl Bd I, S 215) können weder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben und solcherart dahinstehen.
Gleiches gilt für die Frage, wohin die Diebsbeute verbracht wurde.
Der Einwand bloßer Scheinbegründung zu 9. erschöpft sich erneut in unzulässiger Kritik an der Beweiswürdigung (vgl US 20 f).
Die wortreiche Wiederholung der Argumente verfehlt auch als Tatsachenrüge einen Bezug zur Prozeßordnung. Die Glaubwürdigkeit von Zeugen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a ENr 3) und die Beweiskraft isolierter Details der Entscheidungsgründe (aaO ENr 16) kann aus Z 5 a ebensowenig geltend gemacht werden. Zudem sind Neuerungen unzulässig (Mayerhofer StPO4 § 281 ENr 15 a und 16).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) die tatsächlichen Urteilsannahmen mißachtet, gelangt auch sie nicht zu gesetzeskonformer Darstellung.
Die (der Sache nach aus Z 11 zweiter Fall) im Rahmen der Berufung bemängelte Annahme mehrfacher Qualifikation des Diebstahls als erschwerend widerstreitet, wie bereits dargelegt, nicht dem Doppelverwertungsverbot. Bandenmäßige Begehung (§ 130 erster Satz zweiter Fall StGB) wurde dem Beschwerdeführer gar nicht vorgeworfen.
Weil schließlich der Nichtigkeitsgrund des § 281 a StPO nicht geltend gemacht wurde, kommt die Vernichtung der Hauptverhandlung nach § 288 a StPO nicht in Betracht.
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§§ 285 d Abs 1 [vgl Mayerhofer StPO4 § 285 a ENr 61], 285 h StPO) hat die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge.
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390 a StPO.
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