OGH 7Ob217/97f

OGH7Ob217/97f29.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gernot Müller, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Hans P*****, vertreten durch Dr.Walter Mörth, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 10.656,-- sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 29.April 1997, GZ 15 R 69/97s-14, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 6.Februar 1997, GZ 12 C 1918/96v-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte mit ihrer Mahnklage zunächst den Betrag von S 25.079,80 sA, der als "Kapitalforderung" und als "Honorarforderung für Steuerberatung" bezeichnet wurde. Der Beklagte erhob dagegen Einspruch und bestritt die Klagsforderung dem Grunde und der Höhe nach, wobei er unter anderem darauf hinwies, daß im Kapitalbetrag vorprozessuale Kosten enthalten seien. In der Folge schränkte die klagende Partei "um vorprozessuale Kosten, kapitalisierte Zinsen (insgesamt S 290,60) sowie aufgrund einer Teilzahlung ..." auf S 10.656,-- samt stufenweisen Zinsen ein.

Mit Beschluß vom 6.2.1997 verhängte das Erstgericht über die klagende Partei eine Mutwillensstrafe von S 5.000,-- gemäß § 448a ZPO.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der klagenden Partei Folge, hob den Beschluß auf und trug dem Erstgericht die allfällige neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, inwieweit anwaltliches Handeln im Rahmen des § 448a ZPO der Partei zugerechnet werden könne und welche Vorsatzform zur Verwirklichung des Tatbildes des § 448a ZPO erforderlich sei. Nach ständiger Rechtsprechung finde die Rekursbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO auf Beschlüsse gegen die Verhängung von Mutwillens- oder Ordnungsstrafen keine Anwendung.

Der dagegen seitens der klagenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist jedoch entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz jedenfalls unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung, daß bei einem Rekurs gegen die Verhängung einer Ordnungs- oder Mutwillensstrafe durch das Berufungsgericht oder durch das Rekursgericht der Rechtsmittelausschluß des § 528 ZPO nicht gilt, weil es sich hiebei um keinen "Revisionsrekurs" im Sinn dieser Bestimmung handelt, sondern einer jener Fälle vorliegt, in denen das Gericht zweiter Instanz wie ein Gericht erster Instanz entscheidet. Der Rekurs gegen einen derartigen Beschluß ist unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes der Rechtssache, in der der Beschluß erging, und unabhängig von der Höhe der Ordnungsstrafe sowie vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (2 Ob 2256/96w; 4 Ob 2323/96p je mwN; so bereits EvBl 1950/60; EFSlg 35.027; EFSlg 36.804 ua).

In der Entscheidung EvBl 1963/92 = SZ 35/122 wurde zwar ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz, mit der eine vom Erstgericht verhängte Ordnungsstrafe teilweise herabgesetzt wurde, für zulässig erklärt, allerdings mit der Begründung, daß der Gegenstand der Rechtsmittelrüge nicht die Strafe als Geldwert, sondern die Bestrafung als solche sei. Diese Ausführungen bezogen sich demnach auf die Höhe der Geldstrafe und nicht auf den Streitwert im Hauptverfahren (vgl die damals geltende Fassung des § 528 Abs 1 ZPO:

"... über einen Beschwerdegegenstand, der oder dessen Wert S 1.000,-- nicht übersteigt").

Kein Rekursrecht wurde jedoch gegen einen die Verhängung der Ordnungsstrafe durch das Erstgericht bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes zuerkannt (EvBl 1965/28; 3 Ob 2425/96f).

In der Entscheidung JBl 1936, 258 = SZ 18/27 vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, daß das Gericht zweiter Instanz, das in dem dort zugrundeliegenden Fall den Rekurs gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe durch das Erstgericht zurückgewiesen hatte, über den Rekurs zu entscheiden habe, weil derartige Rekurse nicht vom Rechtsmittelausschluß des § 517 ZPO (damals "Bagatellverfahren") umfaßt seien.

Die hier vorliegende Konstellation stimmt mit keinem diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalt überein. Im vorliegenden Fall hat das Gericht zweiter Instanz im aufhebenden Sinn über einen eine Mutwillensstrafe verhängenden Beschluß des Erstgerichtes in einem Verfahren entschieden, in dem der Streitwert S 15.000,-- nicht übersteigt. In einem solchen Verfahren können weder das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz (§ 502 Abs 2 ZPO) noch irgendein Beschluß (mit Ausnahme der Fälle des § 519 ZPO im Berufungsverfahren) angefochten werden. Bereits § 517 Abs 1 ZPO schließt die Anfechtbarkeit von sonstigen Beschlüssen zweiter Instanz aus, weil demnach bei einem S 15.000,-- nicht übersteigenden Streitgegenstand nur gegen bestimmte Beschlüsse erster Instanz Rekurs ergriffen werden kann. Ob es angezeigt ist, den Ausnahmekatalog des § 517 ZPO durch Auslegung auch auf die Anfechtungsmöglichkeit von Beschlüssen des Erstgerichtes über Ordnungs- und Mutwillensstrafen zu erweitern, kann hier dahingestellt bleiben. Wie der erkennende Senat bereits zu 7 Ob 557/92 (RZ 1993/42) ausgesprochen hat, setzt der Rechtszug gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen (oder Mutwillensstrafen) an den Obersten Gerichtshof ein Verfahren voraus, in dem der Oberste Gerichtshof überhaupt angerufen werden kann. In diesem Sinne wurde auch schon in SZ 38/143 ausgesprochen, daß gegen die vom Rekursgericht aus Anlaß der Behandlung eines Rekurses in Besitzstörungsverfahren verhängte Ordnungsstrafe kein Rechtsmittelzug an den Obersten Gerichtshof offensteht. Da auch hier eine Anrufung des Obersten Gerichtshofes weder betreffend die Entscheidung in der Hauptsache noch gegen Beschlüsse, die das Gericht zweiter Instanz funktionell als Rekursgericht faßt, in Betracht kommt, war der Rekurs der klagenden Partei zurückzuweisen, ohne daß die Frage zu prüfen war, ob eine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

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