OGH 12Os44/97

OGH12Os44/9716.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rossmeisel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing.Eduard Z***** wegen der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13; 33 Abs 2 lit a und b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ing.Eduard Z***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Oktober 1996, GZ 11 d Vr 11979/95-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, des Angeklagten, und des Verteidigers Dr.Winischhofer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Las.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ing.Eduard Z***** der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13; 33 Abs 2 lit a und b FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er als Geschäftsführer der E***** GmbH in Wien vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen eine Verkürzung nachangeführter Abgaben bewirkt bzw (im Falle I./A./5./) zu bewirken versucht, nämlich

I./ unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

A./ eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, nämlich der Umsatzsteuer, indem er unrichtige, Erlös und Gewinn zu gering ausweisende Steuererklärungen (samt dazugehöriger Bilanz) abgab, sodaß darauf beruhende Bescheide erlassen wurden bzw werden sollten, und zwar

1./ am 25.Mai 1989 für das Jahr 1987, Bescheid vom 4.Juli 1989, um 3,294.330 S;

2./ am 16.Februar 1990 für das Jahr 1988, Bescheid vom 9.März 1990, um 2,375.815 S;

3./ am 1.August 1990 für das Jahr 1989, Bescheid vom 28.September 1990, um 15,908.063 S;

4./ am 14.Oktober 1991 für das Jahr 1990, Bescheid vom 26.November 1991, um 16,209.612 S;

5./ am 26.November 1993 für das Jahr 1991 um 11,942.996 S (Versuch);

B./ eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer für verdeckte Gewinnausschüttungen, indem er ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterließ, und zwar

1./ im Jahr 1987 um 442.672 S;

2./ im Jahr 1988 um 670.169 S;

3./ im Jahr 1989 um 7,418.602 S;

4./ im Jahr 1990 um 8,647.067 S;

5./ im Jahr 1991 um 6,302.747 S;

6./ im Jahr 1992 um 10,880.034 S;

7./ im Jahr 1993 für die Monate Jänner bis Mai um 4,247.291 S;

II./ unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmel- dungen eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, indem er keine bzw zu geringe Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtete bzw unrechtmäßige Gutschriften bewirkte, und zwar

1./ vom 10.März 1992 bis zum 10.Februar 1993 für das Jahr 1992 um 16,852.462 S;

2./ vom 10.März 1993 bis zum 10.Juli 1993 für die Monate Jänner bis Juni 1993 um 7,060.185 S;

III./ von 1989 bis 1992 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, indem er es unterließ, Lohnkonten zu führen und die anfallenden Abgaben zu bezahlen, und zwar

1./ an Lohnsteuer um 11,149.569 S und

2./ an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen um 2,006.927 S.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 a, 9 lit a und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 18.Oktober 1996 gestellten Beweisantrages auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen zum Beweis dafür, daß das auf die Prüfung von (bloß) acht Baustellen gegründete Ergebnis der Schätzung des Finanzamtes unrealistisch, weil nicht auf repräsentative Daten gestützt sei (226 f, 231, 271 und 273), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Mangelte es diesem Beweisbegehren mit dem Hinweis auf das (die Schlußfolgerungen des Finanzamtes unsubstantiiert als "nicht denkmöglich" und "nicht bewiesen", ihre eigenen Berechnungen hingegen als "Resultate von hoher Wahrscheinlichkeit" bezeichnende) Schreiben der Vertreterin des Angeklagten im Bemessungsverfahren, der C***** Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH vom 7.Oktober 1996 (ON 30) doch insgesamt an der gebotenen Konkretisierung der antragsspezifischen Eignung der thematisierten - im Sinne des dazu bekämpften Zwischenerkenntnisses beliebig fortsetzbaren - Ausweitung des Beobachtungszeitraumes und der Zahl der geprüften Bauprojekte für den angestrebten Negativbeweis und damit an jenem Mindestmaß an sachbezogener Schlüssigkeit, von der die Antragstauglichkeit unabdingbar abhing (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 EGr 19, 19 cc).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag weder durch erneute Bezugnahme auf das bereits erwähnte Schreiben der C***** Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH vom 7.Oktober 1996, noch durch die mehrfache abermalige Relevierung eines "erweiterten und damit aufschlußreicheren Beobachtungszeitraumes", die Problematisierung der fachlichen Qualifikation der Betriebsprüfer oder die den Einsatz von Schwarzarbeitern übergehenden Überlegungen zur Rekonstruktion der Umsatzerlöse, die vom Gesetz geforderten Bedenken zu erwecken.

Gleiches gilt für das die Richtigkeit der Schätzungsgrundlagen und der daraus gezogenen Schlüsse bestreitende Beschwerdevorbringen, weil der Finanzbehörde der aus den vom Angeklagten selbst vorgelegten Bilanzen der Jahre 1987 bis 1991 ersichtliche Materialaufwand (also nicht - wie der Beschwerdeführer behauptet - seine Umsatzsteuervoranmeldungen) zulässigerweise (vgl Doralt-Ruppe Steuerrecht I5 93) - als Grundlage ihrer kalkulatorischen Schätzung diente (US 13 iVm 93). Aber auch die kritisierte Zusammensetzung des Umsatzes aus 30 % Lohnanteil und 70 % Materialanteil unter Berücksichtigung eines Rohkosten- aufschlages von 10 %, wurde keineswegs willkürlich angenommen, sondern ist in den Angaben des Angeklagten (259) und in den überprüfbaren Schlußrechnungen ab Juni 1993 (95) begründet.

Das darüber hinausgehende Vorbringen erschöpft sich (etwa durch Problematisierung der vom Erstgericht angenommenen, die subjektive Tatseite berührenden vor- sätzlichen Vernichtung von Geschäftsunterlagen, durch Bezugnahme auf den Zweifelsgrundsatz und Hinweis darauf, daß eine Abgabenhinterziehung in der in Rede stehenden Größenordnung ihren Niederschlag auf Bankkonten und in der Lebensführung des Angeklagten hätte finden müssen) im (hier) unzulässigen Versuch der Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.

Der zunächst das Fehlen von Feststellungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer überhaupt Dienstnehmer beschäftigt hat, kritisierenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) genügt es zu erwidern, daß die Beschwerde selbst im gegebenen Konnex die ihre Argumentation widerlegenden Konstatierungen, wonach es der Angeklagte verabsäumte, für alle Beschäftigten Lohnkonten zu führen (US 7), zitiert.

Im übrigen läßt die Rüge, die darüber hinaus Feststellungen vermißt, hinsichtlich welcher Dienstnehmer Lohnkonten nicht entsprechend geführt wurden, in welcher Höhe (wenn überhaupt) Lohnzahlungen an welche Dienstnehmer auch tatsächlich geleistet wurden und in welcher Gesamthöhe Arbeitslöhne, "die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt worden sind", jegliche substantielle Ausführungen zur rechtlichen Relevanz dieses Einwandes vermissen und gelangt solcherart gleichfalls nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die ferner thematisierte Unvollständigkeit der erstgerichtlichen Erhebungen bildet nur bei Vorliegen der (hier nicht gegebenen) Voraussetzungen der Verfahrensrüge (Z 4) einen Nichtigkeitsgrund (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 ENr 149).

Als abermals prozeßordnungswidrig ausgeführt erweist sich die Subsumtionsrüge (Z 10), die mit der Behauptung, die Tatrichter hätten sich bei den Annahmen zu den subjektiven Tatbestandserfordernissen nach § 33 Abs 1 FinStrG auf den Gebrauch der verba legalia beschränkt, in verfälschender Verkürzung die diesen Urteilsausführungen vorangestellten Feststellungen zum Tatplan des Angeklagten vernachlässigen.

Das Erstgericht hat schließlich - erneut der Beschwerde zuwider - den strafbestimmenden Wertbetrag nach kritischer und eingehender Prüfung der Ergebnisse des finanzbehördlichen Prüfberichtes auf Grund eigener Beurteilung und nicht infolge rechtsirriger Annahme seiner Bindung an abgabenrechtliche Bescheide ermittelt (US 12 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 21 Abs 1 und Abs 2, 33 Abs 5 FinStrG eine Geldstrafe von 20 Mio S (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Monaten). Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von drei Finanzvergehen, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten sowie, daß es in einem Schuldspruchfaktum beim Versuch blieb.

Auch die mit dem Ziel einer Reduktion der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe und deren gänzliche bedingte Nachsicht erhobene Berufung des Angeklagten ist unberechtigt.

Die angestrebte selbständige bedingte Nachsicht von Ersatzfreiheitsstrafen ist im Gesetz nicht vorgesehen (SSt 52/8, verstärkter Senat).

Soweit der darüber hinausgehende Antrag im wesentlichen damit begründet wird, "daß dem Angeklagten lediglich hinsichtlich der auf die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen entfallenden Kapitalertragsteuer eigennützige Motive vorgeworfen werden könnten, wogegen es sich bei den übrigen Hinterziehungen und Hinterziehungshandlungen um solche gehandelt haben muß, die nur der Aufrechterhaltung des Betriebes, keineswegs aber dem ""Beiseiteschaffen"" von Vermögen gedient haben", werden damit keine für eine Strafkorrektur hinreichenden Grundlagen aufgezeigt.

Der erstgerichtliche Strafausspruch trägt vielmehr in seiner Gesamtheit - insbesondere in Anbetracht des exorbitant hohen, bereits volkswirtschaftlich relevanten, strafbestimmenden Wertbetrages - den hier aktuellen Strafzwecken, damit auch den - entgegen dem Berufungsstandpunkt schon aus der Sicht der im Sinn der Urteilserwägungen auf hinreichender Grundlage als erwiesen angenommenen dolosen Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen gewichtigen - spezial- und generalpräventiven Erfordernissen in angemessener Weise Rechnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Stichworte