OGH 3Ob284/97d

OGH3Ob284/97d15.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Rohrer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Reinhard K*****, vertreten durch Dr.Erasmus Schneditz-Bolfras, Dr.Wilfried Mayer, Dr.Michael Schneditz-Bolfras, Dr.Fritz Vierthaler und Dr.Christoph Mizelli, Rechtsanwälte in Gmunden, wider die beklagte Partei Monika K*****, vertreten durch Dr.Peter Posch und Dr.Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Erlöschens eines Unterhaltsanspruchs (Streitwert 229.450,06 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgerichts vom 12.Mai 1995, GZ 21 R 73/97b-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 20.Dezember 1996, GZ 3 C 783/96z-8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.430 S (darin 1.905 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind geschiedene Ehegatten. Im gerichtlichen Vergleich vom 14.November 1986 verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten einen wertgesicherten Unterhaltsbetrag von 14.000 S monatlich zehn Jahre zu bezahlen. Die Unterhaltsverpflichtung soll - nach der Vereinbarung - während einer Lebensgemeinschaft der Beklagten ruhen. Aufgrund dieses Vergleichs wurde der Beklagten zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 40.588,26 S für einen Zeitraum vor Februar 1996 die Fahrnisexekution und die Exekution zur Sicherstellung des laufenden Unterhalts von 18.091,18 S monatlich für den Zeitraum von Februar bis November 1996 bewilligt.

Die Beklagte unterhält etwa seit 1992 eine sexuelle Beziehung zu einem Mann, in dessen Haus sie fallweise - an Wochenenden, vereinzelt auch während der Woche - nächtigt. An persönlichen Sachen befinden sich dort nur ihre Hausschuhe. Manchmal verbringt die Beklagte auch mehr als ein Wochenende bei ihrem Freund. Dieser übernachtet etwa alle zwei Monate einmal im Reihenhaus der Beklagten. Gelegentlich besorgt die Beklagte kleinere Reinigungsarbeiten im Haus ihres Freundes und legt dessen Wäsche in die Waschmaschine. Dieser wäscht jedoch gewöhnlich selbst. Die Beklagte wäscht ihre Wäsche nie im Haus ihres Freundes. Einkäufe bezahlt die Beklagte dort nur, wenn sie Personen zum Essen einlädt. Das Kochen besorgt in solchen Fällen deren Freund. Bei gemeinsamen Einkäufen bezahlt die Beklagte ihre Besorgungen selbst. Weder sie noch ihr Freund leisten finanzielle Beiträge für das Haus des jeweils anderen. Seit Dezember 1995 benützt die Beklagte den privaten PKW ihres Freundes und bezahlt die Treibstoffkosten. Bei gemeinsamen Urlauben - zuletzt im Juni 1996 - kommt die Beklagte "teilweise für das Essen auf", während ihr Freund "in erster Linie ... das Quartier" bezahlt. Die Partner wollen diese "Beziehung auf Dauer aufrechterhalten". Eine Heirat kommt für die Beklagte nicht in Betracht. Diese wird auch ihren gesonderten Wohnsitz aufrechterhalten. Zur Finanzierung ihres Reihenhauses zählte ihr deren Freund ein Darlehen von 380.000 S zu. Dieses ist bereits getilgt. Seit Anfang 1996 hat die Beklagte einen Schlüssel zum Haus ihres Freundes; vorher wurde ihr ein solcher nur fallweise überlassen.

Der Kläger begehrte, die wider ihn bewilligte Exekution "für unzulässig" zu erklären und brachte vor, der verglichene Unterhaltsanspruch ruhe, weil die Beklagte eine Lebensgemeinschaft mit einem Mann eingegangen sei. Sie habe es schuldhaft unterlassen, ihre geänderten Lebensumstände offenzulegen, und daher ihren Unterhaltsanspruch verwirkt.

Die Beklagte bestritt eine Lebensgemeinschaft. Sie pflege nur freundschaftliche Kontakte. Es bestehe keine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Freund. Mangels einer Lebensgemeinschaft habe sie eine solche auch nicht offenlegen können.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verneinte das Bestehen einer Lebensgemeinschaft.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht: Eine Lebensgemeinschaft sei nur dann zu bejahen, wenn Partner verschiedenen Geschlechts auf Dauer wie Ehegatten zusammenlebten. Die Beziehung müsse dem typischen Erscheinungsbild einer Ehe entsprechen und auf Dauer angelegt sein. Das bedinge eine Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in mehr oder minder ausgeprägter Form. Eine Wohngemeinschaft bestehe, wenn Partner in der Absicht in einer gemeinsamen Wohnung lebten, dort den "Mittelpunkt ihrer Lebensführung" einzurichten. Eine Wirtschaftsgemeinschaft setze die Deckung der Bedürfnisse des täglichen Lebens "auf gemeinsame Rechnung" voraus. Diesen Merkmalen entspreche die Beziehung der Beklagten zu ihrem Freund nicht. Im besonderen fehle es an der für eine Ehe typischen umfassenden wechselseitigen materiellen und immateriellen Beistandsleistung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts gebunden.

Die Ansicht des Berufungsgerichts über die Merkmale einer unehelichen

Lebensgemeinschaft entspricht der ständigen Rechtsprechung des

Obersten Gerichtshofs (EFSlg 66.481 = EFSlg 66.483 = RPflSlgE

1991/126; RZ 1991/45 = EFSlg 63.510 = EFSlg 63.511 = EFSlg 63.512 =

EFSlg 63.515; EFSlg 60.320/4; RZ 1990/32 = EFSlg 60.115; SSV-NF 4/28;

EFSlg 57.268; EFSlg 57.267; SZ 40/45 uva).

Die Beziehung der Beklagten zu ihrem Freund ist, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, nur von einer Geschlechtsgemeinschaft geprägt. Dagegen fehlt eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Besuchen Partner einander immer wieder in der Wohnung des jeweils anderen und nächtigen sie dort daher nur vorübergehend, ist darin keine Wohngemeinschaft zu erblicken. Verneint aber das Berufungsgericht eine uneheliche Lebensgemeinschaft - wie hier - unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wäre eine derartige Entscheidung nur dann revisibel, wenn sie aus besonderen Gründen Anlaß gäbe, von der bisherigen Praxis abzugehen oder diese durch Erwägungen fortzubilden, denen über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukäme. Diesen Voraussetzung entspricht jedoch der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht. Das gilt auch für die in der Revision erörterte Offenlegungspflicht, besteht doch nach dem festgestellten äußeren Erscheinungsbild der Beziehung der Beklagten zu ihrem Freund gar keine Vermutung (vgl dazu RPflSlgE 1991/126), es könnte sich dabei um eine uneheliche Lebensgemeinschaft im Sinne der erforderlichen Merkmale handeln.

Die Revision ist daher zurückzuweisen, wobei der erkennende Senat die Begründung gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die ausgeführten Zurückweisungsgründe beschränken konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO. In der Revisionsbeantwortung wird auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen. Diese diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weshalb der Kläger deren Kosten zu tragen hat.

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