OGH 7Ob2382/96m

OGH7Ob2382/96m10.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** & Co Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Scherlacher und Dr.Susanne Tichy-Scherlacher, Rechtsanwälte in Wien, sowie die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten 1.) P***** T***** AG, ***** vertreten durch Dr.Alfred Strommer und andere Rechtsanwälte in Wien, und 2.) Dr.Werner C*****, vertreten durch Dr.Klemens Dallinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,727.510,48 s.A., infolge Revision der klagenden Partei und der ersten auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28.Juni 1996, GZ 3 R 93/96k-45, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9.Februar 1996, GZ 14 Cg 209/93-37, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen der klagenden Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen ersten Nebenintervenientin wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei, die mit S 28.392,68 (darin S 4.732,11 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte als Auftraggeberin und die Klägerin als Generalunternehmerin schlossen am 3.12.1991 einen Generalunternehmervertrag (./B) über die schlüsselfertige Errichtung eines Wohnhauses auf der Liegenschaft ***** W*****, L***** B*****-Platz 2 zu einem fixen Pauschalpreis von S 11,248.120,- innerhalb von 12 Monaten. Die Klägerin übernahm im Rahmen dieses Vertrages insbesondere die Verpflichtung, alle für die Erfüllung der übernommenen Lieferungen und Leistungen maßgebenden Umstände, insbesondere die örtlichen Gegebenheiten, zu prüfen, und gab die verbindliche Erklärung ab, dass mit dem vereinbarten Fixpauschalpreis alle von ihr auf Grund dieses Vertrages zu erbringenden Lieferungen und Leistungen abgegolten sind (§ 3 lit.f). Gemäß § 2 des Vertrages sollte eine aliquote Verminderung oder Erhöhung dieses Baupreises nur dann stattfinden, wenn die Auftraggeberin ihre Zustimmung zur Vermindung oder Vergrößerung der Flächen erteilt, wobei die ursprünglichen Quadratmeterpreise als kalkulatorische Grundlage dienen sollten.

§ 3 siebentletzter Absatz des Generalunternehmervertrages (Beilage B) lautet:

"Entsprechende Bodengutachten wurden übergeben, alle Fehlkalkulationen, welcher Art immer, gehen zu Lasten des GU" (= Generalunternehmer).

In der Präambel dieses Vertrages werden die Unterlagen aufgezählt, die als integrierender Bestandteil dem Vertrag beigelegt bzw. Vereinbarungen, welche festgelegt werden; unter Punkt 12. dieser Aufzählung findet sich das geotechnische Gutachten von Prof.DI.Dr.Erik W*****, Zivilingenieur für Bauwesen und Leiter der staatlich autorisierten Versuchs- und Prüfanstalt für Erdbau und Bodenuntersuchung vom 4.5.1991 betreffend die Untergrundverhältnisse und die Gründungsmöglichkeiten für den Neubau eines Wohnhauses in ***** W*****, L***** B*****-Platz 2. Dieses von der Fa. S***** Baubetriebsgesellschaft in Auftrag gegebene Gutachten wurde von der Beklagten der Klägerin noch vor Vertragsunterfertigung übergeben und basiert auf den Ergebnissen zweier Aufschlussbohrungen, wobei die beiden Probeschächte (obwohl der Bauplan einen Aushub bis 4,7 m Tiefe vorsah) bis in Endtiefen von rund 4,00 m und 4,20 m unter die Grundstücksoberfläche vorgetrieben worden sind; es gelangte zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die Bodenverhältnisse als unbedenklich und unproblematisch zu qualifizieren sind, da unter einer Deckschichte aus heterogenen Anschüttungen verschiedenster Art und Herkunft "sofort die tertiären, feinsandigen bis tonigen Schluffe und schluffigen Feinsande des Wiener Tegels anstehen".

Das Anbot der klagenden Partei vom 8.4.1991 unter Zugrundelegung der Plan- und Baubeschreibungsunterlagen sowie der beiliegenden Summenbildung wurde ebenfalls zum integrierenden Bestandteil des Generalunternehmervertrages erklärt.

Die letzte fünf Absätze des § 3 des Generalunternehmervertrages lauten:

"Weiters trägt der Generalunternehmer die Kosten der Aufstellung von Bautafeln, alle Kosten sämtlicher in der Baugenehmigung vereinbarter Auflagen, sowie alle Kosten für Prüfungen und Abnahmen der vom Generalunternehmer zu erbringenden Leistungen.

Darüber hinaus sind im Pauschalpreis die Kosten für öffentliche Erschließung und Gebühren für Baugenehmigung sowie auch die Kosten einer allfällig notwendig werdenden Beheizung der Baustellen und der Winterabsicherung sowie die Anschlussgebühren bzw Kosten für Haftungen und Garantien enthalten.

Abgeänderte oder ursprünglich im Vertrag nicht enthaltene Leistungen werden nur vergütet, wenn vor Ausführung ein schriftlicher, mit Preisen versehener Auftrag vom Auftraggeber erteilt wurde.

Durch den Pauschalpreis werden alle Leistungen des Generalunternehmers abgegolten, die zur vollständigen Erreichung des Vertragszweckes nötig werden, auch wenn sie nicht bis in Einzelheiten beschrieben und kalkuliert wurden. Dies gilt insbesondere für alle Löhne, Gehälter, Zuschläge, Kosten, Lizenzen und Gebühren und Abgaben, sowie einschlägige Steuern.

Der Auftraggeber ist berechtigt, eine Änderung des Leistungsumfanges zu verlangen. Erfordert diese Änderung des Leistungsumfanges eine Mehrleistung, erhält der Generalunternehmer eine zusätzliche Vergütung, die entsprechend den Kalkulationsunterlagen für den Pauschalpreis zu errechnen ist.

Mit der Nennung des Erstellungspreises erkennt der Generalunternehmer an, dass die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und Angaben ausreichend waren, um seine Leistungen nach Ausführungsart, Umfang und die für die Ausführung erforderliche Zeit genau zu bestimmen. Der Generalunternehmer wird dem Auftraggeber über das Geschehen am Bau und über den Baufortschritt laufend mindestens alle sechs Wochen Bericht erstatten. Der Generalunternehmer verpflichtet sich, auch den Auftraggeber von allen behördlichen Verhandlungen so rechtzeitig zu verständigen, dass dieser teilnehmen kann."

§ 12 Abs 7 des Generalunternehmervertrages lautet:

"Beide Vertragsteile verzichten auf das Recht, diesen Vertrag wegen Irrtums anzufechten."

Die Klägerin vergab die Erdbauarbeiten an die erste Nebenintervenientin, welche am 18.9.1991 mit den Aushubarbeiten für die Fundamente begann und am 21.10.1991 in einer Tiefe von 4,5 m auf kontaminiertes Erdreich stieß, welches auf Grund eines Gutachtens des zweiten auf der Seite der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten, eines Zivilingenieurs für technische Chemie, nach Entnahme einer Probe am 22.10.1991 wegen seines hohen Ammoniakstickstoffwertes (NH3) der Deponieklasse III zuzuordnen war.

Die Klägerin informierte hievon die Beklagte und erklärte sich gegenüber der ersten Nebenintervenientin bereit, die Mehrkosten für die damit in Auftrag gegebene Entsorgung des Aushubmaterials zu übernehmen. Nach den in diesem Punkt bestrittenen Feststellungen des Erstgerichtes wurden in der Folge bis zum 14.1.1992 insgesamt 35 LKW-Fuhren (948 Tonnen) Aushubmaterial auf einer Deponie Klasse III entsorgt, wobei ein Mitarbeiter des zweiten Neben- intervenienten, der dem Rechtsstreit auf Seiten der klagenden Partei beigetreten war, die Aushubmasse visuell beurteilte. Am 16.1.1992 erstellte der zweite auf Seite der klagenden Partei beigetretene Nebenintervenient eine weitere Analyse des Aushubmaterials, welche ebenfalls eine Einstufung für die Deponieklasse III rechtfertigte. Für zwei Drittel des entsorgten Materials war die Einstufung in der Kontaminierung für die Deponieklasse III gerechtfertigt, für das restliche Drittel nahm dies das Erstgericht nicht als erwiesen an.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 1,727.510,48 s.A. mit der Begründung, diesen Betrag für die Entsorgung von 948 t kontaminierten Materials in der Deponieklasse III aufgewendet zu haben. Dieses Erdmaterial sei in einer Tiefe von ca. 4,5 m festgestellt worden. Die Beklagte als Werkbestellerin habe für die Tauglichkeit des von ihr beigestellten Baugrundes einzustehen und hafte deshalb für die Mehrkosten der Werkerstellung, zumal die aufgetretene Kontaminierung für niemanden erkennbar gewesen sei. Die Klägerin erklärte weiters, den Vertrag wegen gemeinsamen Irrtums anzufechten. Sie sei von falschen Vorstellungen über die Bodenbeschaffenheit ausgegangen, dies stelle einen Geschäftsirrtum dar; sie beantragte Vertragsanpassung durch Zuerkennung der Mehrkosten.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, die eingeklagten Kosten der Lagerung von kontaminiertem Erdreich seien durch den vertraglich festgelegten fixen Pauschalpreis jedenfalls abgedeckt und somit von der Klägerin zu tragen. Das Gutachten von Prof.W***** basiere auf Probebohrungen bis in eine Tiefe von 4,2 m; die kontaminierte Erde sei erst in 4,5 m Tiefe aufgetreten, sodass das Gutachten jedenfalls nicht unrichtig sei. Darüber hinaus habe die Klägerin vertraglich das Risiko aller Fehlkalkulationen, welcher Art immer, worunter auch das Baugrundrisiko falle, übernommen. Die Klägerin als Werkunternehmerin treffe die Warnpflicht gemäß § 1168a ABGB, in deren Rahmen sie auch das Bodengutachten zu überprüfen gehabt hätte. Die Beklagte bestritt auch die Höhe der Forderung mit dem Einwand, nur eine wesentlich geringere Menge als 948 t Erdreich sei kontaminiert gewesen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 1,151,673,65 s.A. zu und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagte habe durch Übergabe eines geologischen Gutachtens einen Irrtum der Klägerin über einen Nebenumstand des Vertrages verursacht, der zu einer Fehlkalkulation geführt habe; das der Klägerin überbundene Kalkulationsrisiko setze aber die Richtigkeit der beigestellten Unterlagen voraus. Der Vertrag sei daher anzupassen. Dem stehe auch der Verzicht auf eine Anfechtung wegen Irrtums nicht entgegen, da eine Vertragsanpassung nicht unter diesen Verzicht falle. Zur Höhe sei der Klägerin aber nur der Beweis für die Kontaminierung von zwei Drittel des Aushubmaterials gelungen, da laut dem Sachverständigengutachten eine chemische Analyse pro zehn LKW-Fuhren angebracht gewesen wäre.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil in eine gänzliche Klagsabweisung ab. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig. Die Behandlung der Beweis- und Tatsachenrüge könne unterbleiben, weil sich allein auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes der Klagsanspruch als nicht gerechtfertigt erweise. Der Baugrund gelte als vom Bauherrn als dem Besteller beigestellter Stoff, dieser habe daher grundsätzlich das Baugrundrisiko zu tragen. Es sei aber zulässig, dieses Risiko vertraglich auf den Unternehmer zu überwälzen. Aus dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Generalunternehmervertrag sei aus einer Vielzahl von Bestimmungen die Absicht der Vertragsparteien erkennbar, für die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen einen nicht abänderbaren Pauschalpreis festzulegen, der ausschließlich im Falle einer vom Besteller gewünschten Verminderung oder Vergrößerung der verbauten Fläche veränderlich sein sollte. Diese Absicht gehe besonders deutlich aus der Erklärung der Klägerin hervor, dass mit dem vereinbarten Fixpauschalpreis alle von ihr auf Grund der Vereinbarung zu erbringenden Lieferungen und Leistungen abgegolten seien. Die Klägerin habe die Verpflichtung übernommen, alle für die Erfüllung der übernommenen Leistungen und Lieferungen maßgeblichen Umstände zu überprüfen, insbesondere sich über die örtlichen Gegebenheiten zu vergewissern. Auch der wechselseitige Verzicht auf eine Anfechtung infolge Irrtums diene der erwünschten Absicherung des unveränderlichen Fixpreises. Die Parteien hätten bei Vertragsabschluss auch an das Bodenrisiko gedacht und dieses (einschließlich des Risikos unrichtiger oder unvollständiger Bodengutachten) der Klägerin zugeteilt. Die Formulierung in § 3 siebentletzter Absatz des Vertrages, dass ein entsprechendes Bodengutachten übergeben worden sei und alle Fehlkalkulationen, welcher Art immer, zu Lasten des Generalunternehmers gingen, lasse in ihrer Deutlichkeit diesbezüglich keinen Zweifel offen, sei doch der Beisatz über die Risikotragung von Fehlkalkulationen nur durch einen Beistrich von der Feststellung der Übergabe von Bodengutachten getrennt, woraus sich der gedankliche Zusammenhang unzweideutig ergebe. Angesichts dieser klaren Vertragslage könne sich die Klägerin ihrer vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Tragung des Bodenrisikos nicht unter Berufung auf dispositive gesetzliche Haftungsregelungen entziehen. Obwohl die Beklagte den Einwand des Verzichtes auf die Irrtumsanfechtung erst im Berufungsverfahren und sohin verspätet erhoben habe, komme eine Irrtumsanfechtung schon allein aus prinzipiellen Erwägungen nicht in Betracht. Die Klägerin habe niemals behauptet, dass das Bodengutachten des Prof.W***** unrichtig sei, dass sich also kontaminiertes Erdreich auch im Bereich der beiden Probeschächte in einer Tiefe bis zu 4,2 m befunden habe. Sie vertrete sogar den Standpunkt, die Kontaminierung sei im vorhinein für niemanden erkennbar gewesen; ihr Irrtum liege in ihrer falschen Vorstellung über die Bodenbeschaffenheit. Diese Vorstellung sei aber durch ein Bodengutachten erweckt worden, aus dem die Klägerin hätte erkennen können, dass es auf den Ergebnissen von nur zwei Probebohrungen bis zu einer Tiefe von 4,2 m beruhe, obwohl Erdarbeiten noch bis in mindestens 4,5 m erforderlich gewesen seien. Wenn die Klägerin angesichts dieser Umstände ihre Vorstellungen von der Bodenbeschaffenheit nur auf das vorliegende Bodengutachten gegründet habe, habe sie damit das Risiko einer möglichen Fehleinschätzung infolge Unvollständigkeit der vorliegenden Unterlagen bewusst auf sich genommen, zumal sie selbst vertraglich zur Prüfung aller örtlichen Gegebenheiten verpflichtet gewesen wäre. Sie sei damit ein Kalkulationsrisiko eingegangen, das sie auch vertraglich übernommen habe, und könne sich deshalb diesbezüglich nicht später auf einen Irrtum berufen, wenn Umstände eintreten, die durch dieses Risiko verwirklicht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der klagenden Partei und des ersten auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten sind nicht berechtigt.

Unter Baugrund- oder Bodenrisiko verstehen Rechtsprechung und Lehre die Gefahr eines unerwarteten und somit nicht schon im voraus erkannten Kostenverlaufes, die damit verbunden ist, dass der Auftragnehmer im Zeitpunkt des Abschlusses eines Bauvertrages über die Bodenverhältnisse entweder überhaupt nicht oder nur unzulänglich Bescheid weiß bzw über sie ganz oder teilweise falsch formuliert ist (vgl Krejci, Bauvertrag: Wer trägt das Baugrundrisiko?, 18 f). Der vom Besteller für das zu errichtende Bauwerk zur Verfügung gestellte Grund wird von der Rechtsprechung als "Stoff" im Sinne des § 1168a ABGB beurteilt (WBl 1987, 219; vgl. auch SZ 45/75). Dementsprechend trägt der Bauherr mangels anderslautender Vereinbarungen das Baugrund- oder Bodenrisiko. Liegt keine Vereinbarung vor, so muss der Unternehmer nicht annehmen, dass der Grund an der Baustelle schlechter oder gefährlicher ist, als dies seiner Lage entsprechen würde; er muss daher nicht prüfen, ob der Grund ausnahmsweise besondere Mängel aufweist und braucht daher nicht nach unbekannten Mängeln zu suchen (vgl WBl 1988, 98). Nach Auffassung Krejcis (aaO 37) ist den Vertragsparteien trotz Vorliegens von Bodenuntersuchungen im allgemeinen klar, dass insbesondere dort, wo man es mit etwas komplizierteren Bodenverhältnissen zu tun hat, die Bodenuntersuchungen keine endgültige Auskunft geben können, sondern - je nach den Gegebenheiten - mehr oder weniger nur Annäherungswerte und Orientierungshilfen bieten. In solchen Fällen rechneten die Vertragsparteien also mit Abweichungen der realen Verhältnisse von den vorhandenen Bodenuntersuchungen. Insofern lägen keine zuverlässigen Kalkulationsgrundlagen vor. Lasse sich immerhin sagen, dass zB bezüglich des Auftretens bestimmter Bodenqualitäten bzw des Verhältnisses mehrerer Bodenqualitäten zueinander nur mit Abweichungen bis zu einer bestimmten Grenzmarke zu rechnen ist, so bedeute dies für die Preiskalkulation, dass der Bauunternehmer diese angenommenen Schwankungen in seine Preise einrechnen werde und wohl auch einzurechnen habe. Träfen die Vertragsparteien keine Vereinbarungen über derartige Schwankungsbreiten der Ergebnisse vorliegender Bodenuntersuchungen, sei man sich auf Grund der vorhandenen Erfahrungen und der gegebenen Umstände aber darüber im klaren, dass die gefundenen Ergebnisse nicht uneingeschränkt zuverlässig sein könnten, so stelle sich die Frage, ob dennoch ausschließlich von eben diesen Ergebnissen auszugehen sei, oder ob zusätzlich noch eine die allgemeinen Erfahrungen berücksichtigende, sohin übliche bzw naheliegende Risikomarge zu berücksichtigen sei. Von allgemeiner Erfahrung könne nicht gesprochen werden, wenn lediglich subjektive Sondervorstellungen des Auftragnehmers über die Zuverlässigkeit der vorgelegten Bodenuntersuchungen bestünden. Solche Sondervorstellungen dürften nicht vorweg den Vertragsinhalt prägen. Soferne von vornherein gerechnet werde bzw angesichts der gegebenen Umstände von den Vertragsparteien vernünftigerweise damit zu rechnen sei, dass die Bodenverhältnisse den Kalkulationsannahmen nicht entsprechen werden, läge keine Irrtumssituation vor. Wer vorweg wisse, dass die von ihm getroffenen Kalkulationsannahmen möglicherweise nicht zutreffen, könne sich nachträglich nicht darauf berufen, er habe sich über die wahren Verhältnisse geirrt. Wer bewusst etwas wage, irre nicht, wenn sich die vorweg erkannte Gefahr später tatsächlich verwirkliche (vgl Krejci 37 f, 43 f). Diesen Argumenten ist beizupflichten.

Wie bereits dargelegt, kann das Baugrundrisiko grundsätzlich vom Besteller auf den Bauunternehmer überwälzt werden. Voraussetzung für diese doch weitreichende Risikoübernahme ist eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung (Krejci aaO 102). Den Revisionsausführungen der klagenden Partei über die dem Vertragsabschluss vorangegangenen Verhandlungen und ihren daraus erkennbaren Vertragswillen, das Baurisiko nur im Rahmen der Ergebnisse des SVGA Prof. DI.W***** übernehmen zu wollen, ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht nichts davon festgestellt hat und dass sie in ihrer Berufung das Fehlen derartiger Feststellungen auch nicht vermisste. Die von der Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung vermisste Feststellung, dass sie nach dem Inhalt des Gutachtens von unbedenklichen Grundverhältnissen ausgegangen sei (vgl AS 301 in ON 40) gibt nur die subjektive Annahme der klagenden Partei, nicht aber das gegenüber der Beklagten zum Ausdruck Gebrachte wider und ist daher rechtlich irrelevant. Beiden Revisionswerbern ist es daher verwehrt, in ihren Berufungen nicht gerügte Mängel des Verfahrens erster Instanz in der Revision nachzutragen. Zur Auslegung der vorliegenden Parteienvereinbarung in Form des Generalunternehmervertrages kann daher neben dem Vertragstext nur auf die sonstigen bei derartigen Generalunternehmerverträgen vorliegenden Umstände zurückgegriffen werden. Die entsprechenden Text-Passagen sind nach ihrem Wortsinn in ihrer gewöhnlichen Bedeutung so zu verstehen, wie sie der Übung des redlichen Verkehrs unter Berücksichtigung der geltenden Gewohnheiten und Gebräuche entsprechen. Soweit sich die Revisionswerber auf den Umstand beziehen, dass nicht nur das Bodengutachten des Prof.W*****, sondern auch die Kalkulationsgrundlagen der klagenden Partei zu integrierenden Bestandteilen des Vertragswerkes erklärt wurden, vermag dies die Auslegung des siebentletzten Absatzes des § 3 des Vertrages nicht entscheidend zu beeinflussen. Es darf vor allem nicht außer acht gelassen werden, dass nach § 2 des Vertrages ein "fixer Pauschalpreis vereinbart wurde. Nach der Textierung des vorliegenden Generalunternehmervertrages ist davon auszugehen, dass dieses Vertragswerk von der beklagten Partei vorgegeben und von der Klägerin akzeptiert wurde. Wohl beinhaltet dies die Gefahr, dass die Tragweite einzelner Klauseln vom sich unterwerfenden Vertragspartner in ihrer Tragweite nicht richtig eingeschätzt wird. Bei der Klägerin handelt es sich jedoch um ein Bauunternehmen, das mit derartigen Verträgen und den darin enthaltenen Klauseln vertraut sein muss. Der Satz "entsprechende Bodengutachten wurden übergeben, Fehlkalkulationen welcher Art auch immer gehen zu Lasten des Generalunternehmers" kann in seinem Zusammenhang nur dahin verstanden werden, dass auf das Baugrundrisiko aufmerksam gemacht und der klagenden Partei die Möglichkeit gegeben wurde, die Richtigkeit des vorliegenden Gutachtens zu überprüfen, dass ihr aber bei dessen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit keine Mehransprüche gegenüber dem Auftraggeber zustehen. Dies ergibt sich auch aus dem Zusammenhalt mit anderen Passagen des Vertragstextes, nach denen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die beklagte Auftraggeberin Preiserhöhungen welcher Art auch immer ausschließen wollte. Vom Wortsinn der zitierten Passage her beurteilt hat die klagende Partei bewusst ein Kalkulationsrisiko auf sich genommen. Sie kann sich daher, nicht auf einen relevanten Geschäftsirrtum gegenüber der Beklagten berufen (vgl Krejci aaO, 97, 102). Dem von den Revisionswerbern ins Treffen geführten Umstand, dass nach dem Ergebnis des Gutachtens des Prof.W***** in der weiteren Tiefe ab 4,2 m mit einem problemlosen Erdreich zu rechnen gewesen sei, kommt daher keine irrtumsrechtliche Bedeutung zu.

Das bürgerliche Recht fordert an sich keinen gerechten Preis. Lediglich im Zweifel wird ein angemessenes Entgelt als vereinbart angenommen. Voraussetzung für die Annahme einer Sittenwidrigkeit ist es, dass bei der Übernahme einer wie im vorliegenden Fall gegebenen Risikolage eine gröbliche Benachteiligung des Bauunternehmers vorliegt. Eine solche wäre gegeben, wenn die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers ein unkalkulierbares und nach oben hin unbegrenztes Baugrundrisiko auf den Auftragnehmer abwälzen, so dass im Ergebnis zwischen der geschuldeten Leistung des Auftragnehmers und dem hiefür bezahlten Entgelt ein auffallendes Missverhältnis droht (vgl Krejci aaO, 108 ff). Das vorliegende Baugrundrisiko war kalkulierbar, nachdem die Aushubmenge von vornherein errechenbar war. Im übrigen ist der klagenden Revisionswerberin entgegenzuhalten, dass sie für ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem ihr bezahlten Entgelt und den von ihr geschuldeten Leistungen weder ein Vorbringen erstattet, geschweige denn Beweise angetreten hat. Für das Vorliegen von die Sittenwidrigkeit der Vertragsbedingungen auslösenden Umständen wäre jedoch sie beweispflichtig gewesen.

Den Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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