OGH 14Os86/97

OGH14Os86/979.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.September 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ulrike W***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15.April 1997, GZ 9 Vr 3.176/96-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ulrike W***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie am 20.November 1996 in A***** an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem sie in der Maschinenhalle der Margaretha und des Johann J***** jun. mit einem Feuerzeug einen Strohballen anzündete.

Der gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Im Antrag auf Einvernahme ihrer Mutter Anna G***** als Zeugin (S 63/II iVm ON 41) zum Beweis dafür, daß ihre Tochter bei der Gendarmerie wegen einer früher durchgemachten (vom psychiatrischen Sachverständigen Dr.Humeniuk übrigens ohnedies berücksichtigten - S 497, 505/I) Gehirnhautentzündung Kopfschmerzen befielen, wurde nicht dargetan, aufgrund welcher Wahrnehmungen tatsächlicher Art den Tatrichtern nahegebracht werden sollte, daß Ulrike W***** ein unrichtiges (bei der ersten Einvernahme beim Untersuchungsrichter wiederholtes) Geständnis "entlockt" worden wäre. Durch die Abweisung dieses Antrages wurden somit Verteidigungsrechte (Z 4) nicht verletzt.

Gleiches gilt für die Ablehnung der Beischaffung eines Scheidungsaktes und zweier Anzeigen wegen Sachbeschädigung (S 65 iVm ON 38) sowie der zeugenschaftlichen Einvernahme des Simon H***** (S 65 iVm ON 49), zumal das Schöffengericht ohnedies annahm, daß Johann J***** jun. "in der Umgebung" unbeliebt war und die Beschwerdeführerin nicht allein ein Tatmotiv hatte (US 21 f).

Ein Lokalaugenschein zum Nachweis dafür, daß einerseits von den Fenstern der Angeklagten keine Sicht auf den Brandherd besteht und andererseits das Stroh schwer zu entflammen war, weil es auf einer Stelle lagerte, auf die (mittels einer zu besichtigenden Rinne) Regenwasser abgeleitet wurde, war von vornherein nicht geeignet, die Unrichtigkeit des Geständnisses der Angeklagten im Vorverfahren zu erweisen.

Denn zum einen ist durch eine Besichtigung des Tatortes der Nachweis, daß im Tatzeitpunkt das Stroh feucht gewesen wäre, nicht zu erbringen. Zum anderen hat die Beschwerdeführerin angegeben, erst zu ihrer Wohnung zurückgegangen zu sein, als das Stroh bereits einen Meter hoch brannte und dann die Vorhänge nicht geschlossen zu haben, um das Feuer beobachten zu können, wobei sie sah, daß die Flammen bereits in Richtung Dach der Maschinenhalle schlugen (S 147/I); daß sie Sicht auf exakt jene Stelle gehabt hätte, an der sie das Stroh entzündete, hat sie nicht behauptet.

Schon deshalb kann der Einwand aktenwidriger Begründung (Z 5) der Feststellung, wonach die Angeklagte direkte Sicht auf die "Brandausbruchstelle" hatte (US 9), womit zudem ersichtlich (sprachlich unscharf) die Wahrnehmbarkeit der vom Küchenfenster aus unbestritten (vgl ua S 133/II) sichtbaren Flammen gemeint ist, als nicht entscheidend auf sich beruhen.

Im übrigen erschöpft sich die (mit der Tatsachenrüge undifferenziert ausgeführte) Mängelrüge in nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung vorgetragenen Einwänden gegen die Richtigkeit des in Rede stehenden Geständnisses unter Hinweis auf die (vom Erstgericht eingehend erörterte - US 15 f) Vernehmungsdauer und gegen die Charakterisierung der Persönlichkeit der Angeklagten sowie in der neuerlichen Unterbreitung der vom Schöffengericht ohnedies berücksichtigten Umstände, daß Johann J***** jun. bei mehreren Personen unbeliebt war und Johann H***** "tatsächlich ein Motiv gehabt hätte".

Nach Prüfung der Akten anhand des übrigen Beschwerdevorbringens ergeben sich für den Obersten Gerichtshof auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der entscheidenden Tatsachenfeststellungen.

Die (undifferenziert) formal auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge verfehlt den notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes, indem abermals nach Art einer Schuldberufung die Täterschaft des Angeklagten in Frage gestellt wird.

Die im Rahmen der Verfahrensrüge vorgebrachte Neuerung, wonach die Beschwerdeführerin "in der Zwischenzeit Kenntnis davon bekam", daß sich Johann J***** jun. im Zeitpunkt seiner Benachrichtigung vom Brand - den Urteilsannahmen zuwider - nicht zu Hause aufhielt, kann im Nichtigkeitsverfahren nicht berücksichtigt werden (Mayerhofer StPO4 § 281 E 15 a ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Stichworte