OGH 7Ob257/97p

OGH7Ob257/97p28.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.I.Huber und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Reinhold N*****, wider die beklagte Partei Jörg N*****, wegen Anfechtung eines Unterhaltsvergleichs (Streitwert S 349.874,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 28. Juli 1997, GZ 1 R 188/97z-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 8.Juli 1997, GZ 8 Cg 158/97f-1, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Aufhebung des zwischen ihm und dem Beklagten am 16.6.1997 vor dem Bezirksgericht Feldkirch zu 2 C 56/97b abgeschlossenen (Unterhalts-) Vergleiches. Der Kläger habe sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von S 7.000,-- ab 1.7.1997, eines einmaligen Betrages von S 60.000,-- und zum Kostenersatz nur deshalb verpflichtet, weil er einen Beitrag zur Verbesserung des Vater-Sohnverhältnisses habe leisten wollen und der Beklagte erklärt habe, daß Schulden in der Höhe des einmal zu zahlenden Betrages bestünden. In einem Fax vom 23.6.1997 habe der Beklagte jedoch erklärt, daß der Kläger "verarscht und gelinkt" werde. Der Beklagte habe unrichtige Angaben bei Abschluß des Unterhaltsvergleiches gemacht und gewußt, daß die ehemalige Kanzleiangestellte des Klägers gegen ihn (unberechtigte) Forderungen stellen werde, wozu sie der Beklagte angestiftet habe. Der verglichene Unterhaltsbetrag entspräche außerdem nicht dem Gesetz.

Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es handle sich um eine in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes fallende Familienrechtsstreitigkeit im Sinne des § 49 Abs 2 Z 2 JN.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zwar habe die ältere Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß ein Begehren auf Feststellung, daß ein Unterhaltsvergleich nicht rechtsgültig zustandegekommen sei, keine Klage wegen Leistung des aus dem Gesetz gebührenden Unterhalts sei. § 49 Abs 2 Z 2 JN laute nunmehr dahin, daß "sonstige Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt" in die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes fielen. Die Formulierung "über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt" sei gewählt worden, um auch die Anfechtung von Unterhaltsvergleichen in den Zuständigkeitstatbestand einzubeziehen. Deshalb werde auch von der neueren Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß der Zuständigkeitstatbestand alle Rechtsfragen des gesetzlichen Unterhaltsrechts erfasse. Für die Klage auf Aufhebung eines Unterhaltsvergleichs sei daher die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes gegeben. Daran ändere auch nichts, daß der Kläger behauptet habe, daß der verglichene Unterhaltsbetrag den gesetzlichen Unterhaltsanspruch übersteige.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Kläger erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO.

Gemäß § 49 Abs 2 Z 2 JN gehören ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes "sonstige Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt" vor die Bezirksgerichte. Diese Fassung erhielt die Bestimmung durch das EherechtsänderungsG BGBl 1978/280 und durch das FamilienrechtsG BGBl 1985/90. Das Wort "wegen" wurde nach der RV 916 BlgNR 14. GP 23 deshalb durch das Wort "über" ersetzt, um die nach der bisherigen Rechtsprechung strittige Frage zu lösen, ob die Anfechtung des Unterhaltsvergleiches und die Klage auf Ersatz eines für ein eheliches Kind geleisteten Aufwandes nach § 1042 ABGB ebenfalls in diesen Zuständigkeitstatbestand fällt. Mit den in § 49 Abs 2 genannten familienrechtlichen Kompetenzen sollte eine besondere familienrechtliche Zuständigkeit auf bezirksgerichtlicher Ebene geschaffen werden (RV aaO 21). Der Oberste Gerichtshof hat deshalb auch schon ausgesprochen, daß das Bezirksgericht aufgrund dieses Zuständigkeitstatbestandes wegen des aus dem Gesetz hervorleuchtenden Zwecks auch für die Klage auf Herausgabe der Familienbeihilfe zuständig ist (SZ 64/148). In der in IPRax 1992, 103 veröffentlichten Entscheidung sprach der dritte Senat aus, daß § 49 Abs 2 Z 2 JN nicht nur auf durch Urteil zu entscheidende Streitigkeiten anzuwenden ist, die sich auf den erstmaligen Zuspruch eines Unterhaltsanspruchs oder auf die Erhöhung oder Herabsetzung eines schon titulierten Unterhaltsanspruchs beziehen, sondern davon "alle Rechtsfragen des gesetzlichen Unterhaltsrechts erfaßt" sind, sodaß in diesem Rahmen auch ein Rechtsstreit fällt, in dem zu klären ist, ob ein gerichtlicher Unterhaltsvergleich überhaupt rechtswirksam zustandegekommen ist (so auch 3 Ob 2084/96h).

Auch die Frage, ob ein Unterhaltsvergleich durch Irreführung zustandegekommen ist, berührt nach der dargelegten neueren Rechtsprechung eine Frage des gesetzlichen Unterhalts im Sinne des Zuständigkeitstatbestandes des § 49 Abs 2 Z 2 JN. Wegen der Klärung dieser Frage durch die dargestellte Gesetzesänderung, die erklärte Absicht des Gesetzgebers und die seither ergangene Rechtsprechung liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht vor. Der Revisionsrekurs war daher ungeachtet des nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts, daß er zulässig sei, zurückzuweisen.

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