OGH 11Os27/97

OGH11Os27/9726.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.August 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ursula M***** wegen des Verbrechens des Beischlafes und der Unzucht mit Unmündigen nach §§ 206 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall sowie § 207 Abs 1 StGB, jeweils begangen als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 20. November 1996, GZ 15 Vr 667/96-122, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ursula M***** wurde mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch enthält, der Verbrechen des Beischlafs und der Unzucht mit Unmündigen nach §§ 206 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall sowie § 207 Abs 1 StGB, jeweils begangen als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie von August 1994 bis Juli 1995 in Rohrbach und anderen Orten zur Ausführung nachgenannter Taten des gesondert verfolgten Adolf M*****, der wiederholt

I) mit der am 25.Februar 1984 geborenen unmündigen Manuela M***** den

außerehelichen Beischlaf unternahm, wobei die Tat eine Schwangerschaft zur Folge hatte und

II) Unmündige auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte, indem er

1) Manuela M***** an den Brüsten und ihrem Geschlechtsteil betastete und mindestens einmal den beidseitigen Oralverkehr vornahm sowie

2) die am 14.März 1985 geborene Melanie M***** und die am 10.Mai 1986 geborene Iris M***** an den Brüsten angriff und mit einem Finger in die Scheide eindrang,

dadurch beigetragen, daß sie Adolf M***** in Kenntnis dessen sexueller Neigung und Übergriffe an ihren obgenannten Töchtern ein gemeinsames Schlafzimmer zur Verfügung stellte, aus dem Zimmer ging, wenn M***** mit Manuela M*****, deren sexuelle Reife ihr bekannt war, alleine sein wollte, ihn tagsüber mit dem Mädchen alleine ließ und als "Gegenleistung" Bargeldbeträge und Sachgeschenke für die Kinder entgegengenommen hat.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5 und 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Durch die als Verfahrensmangel (Z 5) reklamierte Abweisung von Beweisanträgen wurden Verteidigungsrechte der Angeklagten nicht verletzt.

Das mit dem Begehren auf Vernehmung der Zeugen Franz K*****, Adolf H***** und Annemarie K***** sowie der Zeugen Alois W*****, Gerhard und Franziska M***** und Peter und Angelika Sch***** verbundene Beweisthema (S 401) betrifft lediglich die Frage finanzieller Zuwendungen des Hermann G***** und anderer Personen an die Familie M***** und damit keine für die rechtliche Beurteilung des Verhaltens der Angeklagten entscheidende Tatsache, weshalb die Verfahrensrüge insoweit schon deshalb ins Leere geht; ist es doch für den gegenständlichen Schuldspruch ohne jeden Belang, ob für den sexuellen Mißbrauch der unmündigen Tatopfer an deren Eltern ein Entgelt geleistet wurde oder nicht.

Ebensowenig kommt dem Umstand Rechtserheblichkeit zu, ob anläßlich einer im Oktober 1994 vorgenommenen gynäkologischen Untersuchung der Manuela M***** deren Jungfräulichkeit festgestellt wurde. Nach den Verfahrensergebnissen befand sich Manuela M***** am 31.August 1995 bereits in der 22.Schwangerschaftswoche, woraus erhellt, daß mit Manuela M***** jedenfalls während des bis Juli 1995 inkriminierten Tatzeitraumes ein Geschlechtsverkehr stattgefunden haben mußte. Damit wurden auch durch die Ablehnung des Antrages auf Vernehmung des Arztes Dr.A***** Verteidigungsrechte der Angeklagten nicht beeinträchtigt.

Die in der Beschwerde unternommene Ausweitung des Beweisthemas auch darauf, daß der Angeklagten die sexuellen Kontakte zwischen Adolf M***** und Manuela M***** nicht bekannt waren, konnte keine Berücksichtigung finden, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets auf die Verfahrenslage im Zeitpunkt der Antragstellung und den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40 f). Davon abgesehen läßt das unsubstantiierte Beschwerdevorbringen nicht erkennen, inwieweit die der Ablehnung verfallene Beweisaufnahme Rückschlüsse auf die behauptete Unkenntnis der Angeklagten überhaupt ermöglicht hätte.

Die Kritik an der Fragestellung (Z 6) läßt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen. Mit ihr rügt die Beschwerdeführerin die Unterlassung der Stellung einer "uneigentlichen Zusatzfrage" zur anklagekonformen Hauptfrage nach dem Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen (I) dahingehend, "ob im Falle der Bejahung der Schuldfrage Tatsachen hervorgekommen sind, die einen strafsatzändernden Milderungsgrund begründen würden". Dabei verkennt sie das angewendete Strafgesetz, denn § 206 StGB enthält keinen strafsatzändernden Milderungsgrund, dessen Vorliegen von den Geschworenen hätte geprüft werden sollen. Der damit relevierte Nichtigkeitsgrund wird, weil die Beschwerde von nicht existenten Prämissen ausgeht, nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Der zur Begründung dieses Vorbringens herangezogenen Beschwerdeargumentation kann zudem nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, welchen Inhalt die angestrebte Erweiterung des Fragenschemas nach Auffassung der Beschwerdeführerin überhaupt aufweisen soll. Damit wird aber das Beschwerdevorbringen nicht dem für die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Substantiierungsgebot (§§ 344, 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO) gerecht, welchem auch durch den Hinweis auf die Angaben des unmittelbaren Täters Adolf M*****, der mit der Behauptung eines Irrtums über seine Zeugungsfähigkeit die Zurechnung der qualifikationsbegründenden Schwangerschaft des Tatopfers zu bestreiten sucht, nicht Rechnung getragen wird. Denn die von der Beschwerdeführerin daraus gezogenen Schlußfolgerungen mangelnder Fahrlässigkeitsschuld des unmittelbaren Täters für die Herbeiführung der Erfolgsqualifikation, welcher Umstand die Strafbarkeit der Beitragstäterschaft ebenso ausschließe wie das Fehlen ihres auf den Eintritt der Erfolgsqualifikation gerichteten (zumindest bedingten) Vorsatzes, weshalb sie äußerstenfalls wegen Tatbeitrags zum Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 StGB hafte, schaffen keine Klarheit darüber, welche Zusatzfrage ihrer Meinung nach den Geschworenen hätte vorgelegt werden müssen und vermögen die mangelhafte Konkretisierung des relevierten Nichtigkeitsgrundes nicht zu ersetzen. Solcherart sind die Beschwerdeeinwendungen jedoch einer sachlichen Erörterung entzogen.

Im übrigen sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß für die Strafbarkeit des Beitragstäters ungeachtet dessen, ob auch dem unmittelbaren Täter Fahrlässigkeit zum Vorwurf gemacht werden kann, infolge des dem funktionalen Einheitstäterbegriff des Strafgesetzbuches (§ 12 StGB) innewohnenden Ausschlusses einer qualitativen Akzessorietät nur seine eigene Schuld maßgebend ist (§ 13 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Sitzung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus sich die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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