OGH 2Ob551/95

OGH2Ob551/9510.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna W*****, vertreten durch Dr.Gottfried Hammerschlag und Dr.Wilhelm Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Wilhelm W*****, vertreten durch Dr.Christian Kleinszig und Dr.Christian Puswald, Rechtsanwälte in St.Veit/Glan, wegen S 144.000 sA und Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 19. April 1995, GZ 3 R 193/95-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 24.Jänner 1995, GZ 3 C 1263/94y-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

8.370 (darin S 1.395 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der am 2.3.1955 geborene Beklagte ist der Sohn der am 8.5.1920 geborenen Klägerin. Mit Notariatsakt vom 13.12.1956 übergab der Lebensgefährte der Klägerin dem Beklagten eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft. Der Übergeber behielt sich bis zum 25. Lebensjahr des Übernehmers für sich und die Klägerin die Fruchtnießung vor. Als Entgelt wurden für den Fall der Rücklegung der Fruchtnießungsrechte Auszugsrechte mit näher festgelegtem Inhalt in folgender Art vereinbart: Die Dienstbarkeit der holz- und lichtfreien Wohnung an den bisher von den Berechtigten bewohnten Räumen samt deren Reinigung und Instandhaltung bei freiem Ein- und Ausgang; die Reallast des Auszuges folgenden Inhaltes: der erforderlichen Bekleidung, Wäsche, Schuhe und deren Reinigung und Instandhaltung; der ortsüblichen Verpflegung in ausreichender Menge und Beschaffenheit entweder am Tisch des Besitzers oder in das Zimmer bzw an das Bett des Berechtigten gestellt unter Berücksichtigung der besonderen verordneten Krankenkost; bei zunehmendem Alter und in Krankheitsfällen der erforderlichen Wartung und Krankenpflege sowie (Verschaffung) der notwendigen Medikamente und ärztlicher Behandlung einschließlich der Behandlung im Krankenhaus; eines standesgemäßen Begräbnisses und einer ebensolchen Graberrichtung; für die Zweitberechtigte (Klägerin) ein monatliches Brauchgeld im Betrag, der für einen Raummeter Brennholz an Ort und Stelle zum Tagespreis bezahlt wird, wobei dieses Taschengeld jeweils verlangt werden muß, weil es bei Nichtbehebung innerhalb von drei Monaten verfallen würde. Für den Fall der schlechten und lieblosen Behandlung oder unpünktlichen Leistung durch den jeweiligen Besitzer oder dessen Hausgenossen sind die Auszügler berechtigt, nach Anhörung des Gerichtes die bare Ablöse ihrer Rechte unbeschadet des bisherigen Verbrauches in einer solchen Höhe zu verlangen, daß sie mit diesem Betrag sich anderweitig einen gleichwertigen Auszug erwerben können.

Der Übergeber verstarb 1974. Mit Nachtragsvertrag vom 28.2.1980 legte die Klägerin das ihr eingeräumte Fruchtgenußrecht zurück. Damit traten die dargestellten Auszugsrechte der Klägerin in Kraft. Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 1.3.1994 wurde der Beklagte des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er ua Anfang Dezember 1993 die Klägerin tätlich angegriffen hatte, wodurch diese gegen einen harten Gegenstand (Türe oder Türecke) prallte und eine leichte Verletzung, nämlich eine Prellung und eine Rißquetschwunde am Hinterkopf, erlitt. Als der Beklagte am 10.12.1993 auch seinen Bruder, als dieser seine Mutter besuchen wollte, im Verlaufe einer tätlichen Auseinandersetzung durch einen Faustschlag verletzte, verließ die Klägerin schließlich den Hof, den sie gemeinsam mit dem Beklagten bislang bewohnt hatte.

Mit der vorliegenden Klage vom 21.7.1994 begehrte die Klägerin wegen behaupteten Eintritts des sogenannten "Unvergleichsfalles" (dessen Feststellung sie ursprünglich in der Klage begehrte, welches Begehren mittlerweile rechtskräftig abgewiesen ist) die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des den Auszugsrechten entsprechenden Geldbetrages von monatlich S 4.000, und zwar des Betrages von S 28.000 für die Monate Jänner bis Juli 1994 sowie von monatlich S 4.000 ab 1.7.1994 (richtig wohl: 1.8.1994), die bis zur Rechtskraft des Urteiles fälligen Beträge binnen 14 Tagen, die weiterhin fällig werdenden Beträge am Ersten jeden Monats im vorhinein. Der Beklagte habe sie "schon immer nicht gut behandelt", er habe sie mehrmals bedrängt und mißhandelt, ihr Kleider vom Leib und sie an den Haaren gerissen. Am 10.12.1993 sei der Beklagte sowohl gegen ihren Sohn (seinen Bruder) Hermann aggressiv geworden und letztlich auch gegen sie tätlich vorgegangen, wodurch sie Verletzungen erlitten habe. Dafür sei der Beklagte auch rcehtskräftig gerichtlich bestraft worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und erhob folgende Einwendungen: Der Unvergleichsfall sei nicht eingetreten, ihn treffe kein Verschulden am Auszug der Klägerin. Er sei von seiner Mutter von klein auf gegenüber deren anderen Kindern benachteiligt und regelrecht drangsaliert worden. Die Mutter und auch seine Geschwister hätten ihn durch Jahre hindurch teilweise menschenunwürdig behandelt. Regelmäßige Beschimpfungen und Herabsetzungen seien noch das Geringste gewesen. Ihm sei nur "gestattet worden, rund um die Uhr zu arbeiten". Nicht einmal "eine Frau habe er haben dürfen". Die Mutter und die Geschwister hätten ihn soweit getrieben, daß er sich wegen psychischer Beschwerden, insbesondere wegen Schlafstörungen, seit Jahren in ärztliche Behandlung habe begeben müssen. Typisch für die jahrelangen Schikanen der Klägerin sei, daß sie ihm nicht nur untersagt habe, sich eine Frau zu suchen, sondern, daß sie sogar seine Vorschläge über getrennte Haushaltsführung auf der gegenständlichen Liegenschaft abgelehnt habe. All die Jahre hindurch habe sie ständig gedroht, daß sie weggehen werde und er zahlen müsse, wenn er nicht das tue, was sie sage. Der Vorfall vom 10.12.1993 sei "die einzig menschlich verständliche Reaktion" auf die jahrelangen Herabsetzungen und Mißhandlungen gewesen und daher von der Klägerin verschuldet. Im übrigen sei ihm bei einem jährlichen Einkommen aus der Landwirtschaft von nur S 58.342 und einem dringenden Investitionsbedarf in den nächsten fünf bis zwanzig Jahren die begehrte Zahlung wirtschaftlich nicht möglich. Die Klägerin könne aufgrund einer Berechnung der Landwirtschaftskammer bei einer monatlichen "Ausgleichsrente von S 2.000" zuzüglich einer ihr sodann gebührenden Ausgleichszulage mehr als monatlich S 4.000 bekommen. Auch aus diesem Blickwinkel erweise sich die vorliegende Klageführung als schikanös und sittenwidrig.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren zur Gänze statt, wobei es den monatlichen Wert der Auszugsrechte - vermeintlich - mangels dessen substantieller Bestreitung der Klage entnahm und - insoweit praktisch ausschließlich dem Sachverständigengutachten sowie den vom Beklagten beim Sachverständigen gemachten Angaben folgend - noch folgende weitere Feststellungen traf:

Die Klägerin habe den Beklagten während seiner Erziehung immer kurz gehalten, wobei er nur darauf determiniert worden sei, fleißig zu arbeiten, den Hof zu bestellen und (zusätzlich) auswärtig zu arbeiten, um Investitionen in der Landwirtschaft tätigen zu können. Der Beklagte habe sich benachteiligt und unterdrückt gefühlt und "mit relativ typischen Symptomen eines psychovegetativen Dysfunktionssyndromes" mit den Beschwerden der leichten Nervosität und Erregbarkeit und zusätzlichen körperlichen Symptomen der Atemnot bzw Fehlatmung und Schlafstörungen reagiert. Symptome einer Psychose seien nicht vorgelegen, ebensowenig solche einer Persönlichkeitsstörung im Sinne von Psychopathie. Die "exogenen" Belastungen in körperlicher und psychischer Hinsicht hätten durch Medikamente mit dem behandelnden Arzt weitgehend in den Griff gebracht werden können. Infolge der vom Beklagten empfundenen Beeinträchtigung habe er dazu geneigt, die im Gefühlsleben angestauten, nicht ausgelebten Probleme dadurch loszuwerden, daß er Aggressionen gegen die Klägerin entfaltete. Er habe sie bisweilen geschlagen, ihr die Kleider vom Leib gerissen und in der Melkkammer mit Eimern kalten Wassers beschüttet. Die Ursache dieses Verhaltens - einschließlich der als strafbar qualifizierten Handlungen - sei in der psychischen Entwicklung des Beklagten bedingt, wobei die "Wahrscheinlichkeit zu etwa zwei Dritteln der Mutter (Klägerin) und dem Verhalten der Mutter, zu einem Drittel auch der Erotik und Sexualität des heranwachsenden und unterdrückten Beklagten zuzuordnen sei". Hätte der Beklagte mit der Erotik, insbesondere mit einer eventuellen Partnerin, anders umgehen können, als ihm dies möglich gewesen sei, hätte sich das Zusammenleben mit der Klägerin bessern können. Tatsächlich habe jedoch das Verhalten der Klägerin bewirkt, daß keine der vom Beklagten ausgewählten Partnerinnen auf dem Hof verbleiben habe können und solche Personen der Klägerin nicht recht gewesen bzw nicht zu Gesicht gestanden seien. "Hätte der Beklagte seine Sexualität zu Partnerinnen ausleben oder anders gestalten können", wäre ein relativ friedliches Nebeneinanderleben möglich und die Heftigkeit der Auseinandersetzungen geringer gewesen. Subjektiv habe der Beklagte das Verhalten der Klägerin aus Ausnützung empfunden. Er habe sich von ihr zurückgezogen, aber immer stärkeren subjektiven inneren Druck bekommen, wobei er das Vorgehen der Klägerin als Zynismus empfunden habe, sich dieses Symptombild verstärkt und dazu beigetragen habe, daß er gegenüber der Klägerin strafbare Handlungen gesetzt habe. Der "konstant zunehmende subjektive Druck" habe sich zwingenderweise in Form der ua als strafbar qualifizierten Handlungen explosiv entladen. Für den als Schwächling zu bezeichnenden Beklagten sei dies die einzige Möglichkeit gewesen, sich von der dominanten Mutter, die ihn allzeit beherrscht habe, zu lösen. Die Bewältigungsstrategien zur Problemlösung seien für den Beklagten entsprechend seiner Charakterartung in körperlichen Attacken gegenüber der Klägerin gelegen. Der Beklagte sei grundsätzlich imstande, den Übergabsvertrag zu erfüllen, zumal er keine psychischen Krankheiten oder Defekte aufweise. Ein Zuammenleben am Hof mit der Klägerin sei jedoch nicht möglich. Sollte es notwendig sein, würden die alten Spannungen immer wieder auftreten und neue, deutlich stärkere Eruptionen der aufgestauten Emotionen erfolgen. Die Heilungsmöglichkeit bei psychotherapeutischer Behandlung liege unter 10 %. Der Beklagte sei keinesfalls von Natur aus gewalttätig, sondern labil und unsicher. Als er vom Alter her so weit herangewachsen gewesen sei, daß er von sich selbst erwartete, es nunmehr der Mutter und den Geschwistern "zu zeigen", sei es zu ähnlichen Vorgängen subjektiver Erniedrigung und Beeinträchtigung seines Selbstwertgefühles durch die Klägerin gekommen. In objektiver Hinsicht sei die von der Klägerin gepflogene Erziehungsmethode die eines strengen bäuerlichen Lebens, wobei sie die Erziehungsmethode der "Doppelsperre" angewendet habe, dem Beklagten scheinbar gewisse Freiheit zu gestatten, als Folgereaktion ihm aber negative Folgen vorzuhalten, wobei ihn die Blockade und die Möglichkeit, seine Gefühle und Vorstellungen auszuleben, fortlaufend verwehrt gewesen seien und ihn ständig eingeschränkt hätten.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung den Unvergleichsfall hier als Grund des Klagsanspruchs verwirklicht, weil der Klägerin wegen des festgestellten Verhaltens des Beklagten ein Verbleib auf dem Hof und die dort geschuldete Entgegennahme der vereinbarten Auszugsleistungen nicht mehr zuzumuten sei. Ihr Verhalten bei der Erziehung des Beklagten, aber auch sonst während des gemeinsamen Lebens am Hofe könne nicht als Provokation erkannt werden, die ihre an die Stelle der Naturalleistungen tretenden Geldansprüche vermindern oder gar beseitigen könnte. Sei ihr Verhalten auch als Ursache des unvermeidbaren Reaktionsverhaltens des Beklagten anzusehen, so stelle es keine willentlich gestaltete Provokation dar. Das Verhalten des Beklagten sei vielmehr grobe Vertragsverletzung und begründe somit sein Verschulden. Die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft sei ohne Einfluß auf den Umfang der vertraglichen Leistungen, weshalb Feststellungen hierüber unterbleiben könnten. Auch sei rechtlich belanglos, inwieweit der Klägerin aufgrund sozialrechtlicher Zuwendungsmöglichkeiten eine erhöhte Ausgleichszulage zustünde. Der darauf gegründete Schikaneeinwand sei somit unbeachtlich. Daß der vom Beklagten substantiell nicht bestrittene Wert der Naturalausgedingsrechte der Klägerin zumindest S 4.000 monatlich betrage, sei aus zahlreichen Sachverständigengutachten, die in anderen Unvergleichsfällen eingeholt oder im Rahmen von Exekutionsverfahren über den Wert der zu übernehmenden Leistungen ermittelt worden seien, gerichtsbekannt.

Das Gericht zweiter Instanz hob infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichts im Umfang der Bekämpfung auf, verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen zur Gänze und gelangte in rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht zu dem Ergebnis, daß der Unvergleichsfall hier gegeben sei und den Beklagten hieran auch ein Verschulden treffe. Habe sich beim Beklagten aufgrund seiner festgestellten Persönlichkeitsartung auch die subjektive Empfindung eines konstant zunehmenden Druckes zwingenderweise in Form der Mißhandlungen explosiv entladen müssen und sei dies auch für den Beklagten die einzige Möglichkeit gewesen, sich von der dominanten Mutter zu lösen, wie das Erstgericht aufgrund des Sachverständigengutachtens festgestellt habe, so müsse im vorliegenden Fall doch auch die Persönlichkeit der Klägerin berücksichtigt werden, die aufgrund ihrer Erziehung, ihres Arbeitslebens, ihrer Auffassung über (Kinder)Erziehung und ihres mangelnden Einfühlungsvermögens nicht in der Lage gewesen sei, umzudenken, die schwächliche Persönlichkeit ihres Sohnes zu erkennen und sich seinen Bedürfnissen anzupassen. Die verfehlte Erziehungsmethode der Klägerin möge in Verbindung mit der besonderen Persönlichkeitsartung des Beklagten Hauptursache für die körperlichen Mißhandlungen durch den Beklagten gewesen sein, rechtfertige diese Tätlichkeiten aber in keiner Weise, zumal nicht hervorgekommen sei, daß der Beklagte unzurechnungsfähig sei. Da der Klägerin das weitere Zusammenleben mit dem Beklagten auf dem Hof billigerweise nicht mehr zuzumuten sei, stehe ihr ein Anspruch auf Ablösung des Ausgedinges in Geld zu. Dieser Anspruch bestehe sowohl für die Vergangenheit (ab dem berechtigten Verlassen des Hofes) als auch für die Zukunft.

Allerdings habe der Beklagte den Wert der monatlichen Naturalausgleichsleistungen entgegen der Auffassung des Erstgerichtes tatsächlich bestritten, weshalb darüber die beantragten Beweise aufzunehmen gewesen wären, zumal die vom Erstgericht zitierten Sachverständigengutachten und Ermittlungen über vergleichbare Bewertungen in anderen Verfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Beweisverfahrens gewesen seien. Allein dieser Umstand erfordere die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils. Die Frage, ob ungeachtet jahrelanger Erziehungsfehler des Ausgedingsberechtigten, welche die Ursache für eine grobe Vertragsverletzung des Ausgedingsverpflichteten bildeten, dennoch eine Umwandlung der Naturalleistungen in einen Geldanspruch gerechtfertigt sei, sei über den konkreten Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs des Beklagten ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz, worauf die klagende Partei zutreffend in der Rekursbeantwortung hinweist, nicht zulässig:

Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß nach herrschender Lehre (Petrasch in Rummel2 Rz 5 zu § 530; Pimmer in Schwimann Rz 19 zu § 530; Klang in Klang2 II 631 f; Gschnitzer, Sachenrecht 161 ua) und Rechtsprechung (SZ 19/105; SZ 23/305; EvBl 1970/90; EvBl 1971/248; SZ 47/54; SZ 53/15 = JBl 1981, 88; NZ 1982, 157 uva) der Ausgedingsberechtigte in einem vom Ausgedingsverpflichteten verschuldeten Unvergleichsfall (Nichtvertragsfall) ohne Unterschied, ob dies, wie hier, vertraglich vorgesehen ist oder nicht, die Ablösung des Ausgedinges in Geld verlangen kann, wenn ihm der Genuß des Naturalausgedinges nach dem Verhalten des Ausgedingspflichtigen (oder dessen Familienangehöriger) billigerweise nicht zugemutet werden kann. Die familien- und erbrechtlichen Grundlagen der vertraglich vereinbarten Ausgedingsleistungen des Beklagten (hier) an seine Mutter bestimmen die als mitvereinbart geltenden Nebenpflichten wechselseitiger Achtung und liebevoller Begegnung (so NZ 1992, 157). Da die Ablösung des Naturalausgedinges in Geld den Übernehmer ungleich schwerer belastet als die Reichung der Naturalien, wird es wohl in erster Linie am Ausgedingspflichtigen liegen, durch friedfertiges und verständnisvolles Verhalten gegen die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oft auch wunderlich oder starrsinnig werdenden Auszügler den Nichtvertragsfall gar nicht entstehen zu lassen (Demmelbauer, Der "Nichtvertragsfall" in StB 1970/11, 3). Wird für den Berechtigten wegen schwerwiegender Verletzung dieser vertraglichen Nebenpflicht ein Verbleib auf dem Hof und damit im Regelfall auch größtenteils verbunden die Annahme der Naturalleistungen unzumutbar, so wandelt sich der vereinbarte Anspruch auf Naturalleistungen in den Geldersatzanspruch auf das Interesse, wobei diese Umwandlung weder ein Wahlrecht des Berechtigten noch einen Verzug des Verpflichteten mit der vereinbarten Hauptleistung voraussetzt, sondern bereits die Rechtsfolge des Wegfalls der als übereinstimmend zugrundegelegten Voraussetzungen für die Annahme der Naturalleistungen ist, soferne nicht die Beeinträchtigung dieser Voraussetzungen in der vom Berechtigten selbst zu vertretenden Lebenssphäre begründet ist (NZ 1982, 157). Im Vordergrund steht dabei das triftige Interesse des Berechtigten an einer getrennten Wohnungnahme, etwa - wie hier - wegen der Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder auch nur der persönlichen Ehrerbietung und Achtung, und nicht so sehr das (dabei im Regelfall vorliegende) schuldhafte Verhalten des Ausgedingspflichtigen, weil durch die Umwandlung der Natural- in Geldleistungen allein der Versorgungszweck des Ausgedinges verwirklicht werden soll. Die Bewertung des Geldinteresses hat sich einerseits am Standard der vereinbarten Leistungen am Ort des Hofes, andererseits aber an den Kosten für die Beschaffung von Ersatzgütern am Ort des notwendig gewordenen abgesonderten Wohnens des Berechtigten auszurichten (NZ 1982, 157 ua).

Die von der Vorinstanz für die Zulässigkeit des Rekurses als maßgeblich erachtete Frage der "jahrelangen Erziehungsfehler" (s dazu weiter oben) ist im vorliegenden Fall nicht weiter relevant, weil die Klägerin ihren Anspruch auf den Vertrag gründet, der allein auf die - hier festgestellte - schlechte und lieblose Behandlung durch den "Besitzer" abstellt. Die Annahme des Unvergleichsfalles durch die Vorinstanzen findet daher schon im Vertrag seine Grundlage, dessen Auslegung wegen der über den Anlaßfall nicht hinausgehenden Bedeutung, von einer - hier nicht dargetanen - groben Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht abgesehen, die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen vermag (RZ 1994/45 ua).

Dies führt zur Zurückweisung des unzulässigen Rekurses.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 41, 50 ZPO; dabei bildet der Betrag von S 144.000 die Bemessungsgrundlage, weil das Feststellungsbegehren nicht mehr streitverfangen ist.

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