OGH 5Ob240/97y

OGH5Ob240/97y24.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann und Dr.Baumann, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dr.Michael F*****, vertreten durch Dr.Walther Leeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin T*****ges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Willi Fuhrmann u.a. Rechtsanwälte in Baden, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26.Februar 1997, GZ 18 R 280/96x-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 16.Oktober 1996, GZ 8 Msch 84/95x-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin ist Bestandnehmerin der im "Zentrum A*****" gelegenen Büroräume in *****, die im Eigentum der Gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft "W*****" stehen und von letzterer auf Grund einer Baubewilligung vom 6.4.1990 auch errichtet wurden.

Der Antragsteller mietete mit Untermietvertrag vom 23.12.1992 von der Antragsgegnerin das im ersten Stock des Blocks D gelegene Büro Nr. 1. In der Präambel dieses Untermietvertrages ist festgehalten, daß "sämtliche Büroräumlichkeiten ohne Zuhilfenahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet wurden". Tatsächlich bestreitet auch der Antragsteller nicht, daß dies auf den "klagsgegenständlichen Raum in Block D" zutrifft.

§ 5 Z 1 letzter Absatz des Untermietvertrages lautet:

"Zusätzlich zum Untermietzins ist ein unverzinslicher, einmaliger, nicht rückzahlbarer Baukostenbeitrag für die gemieteten Räumlichkeiten in Höhe von S 3.200/m2 für die im ersten Stock gelegenen Räumlichkeiten Zug um Zug mit der Unterfertigung dieses Untermietvertrages zu bezahlen."

Der Antragsteller überwies der Antragsgegnerin am 28.12.1992 einen als "Baukostenbeitrag für Büroraum ... " in Rechnung gestellten Betrag von S 95.040; ein Betrag von S 9.182,70 wurde ihm von der Antragsgegnerin vor Einbringung des gegenständlichen Antrags refundiert.

Im jetzt anhängigen Verfahren, in dem der Antragsteller unter Berufung auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG die Rückzahlung des (restlichen) Baukostenbeitrags begehrt, weil er darin eine unzulässige Ablöse erblickt, ist nur noch die Rechtsfrage zu lösen, ob der Antragsgegnerin die Bestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zugutekommt, wonach (ua) § 27 MRG nicht für Mietgegenstände gilt, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30.Juni 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind.

Das Erstgericht bejahte diese Frage und wies den Sachantrag des Antragstellers ab; das Rekursgericht verneinte sie und erkannte die Antragsgegnerin schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen S 85.857,30 samt 4 % Zinsen seit 28.12.1992 zurückzuzahlen (daß dies in Anwendung des § 37 Abs 4 MRG - bei gleichzeitiger Feststellung der Unzulässigkeit der geleisteten Zahlung - geschah, widerspricht zwar der Kompetenznorm des § 37 Abs 1 Z 14 MRG [WoBl 1994, 217/59 ua], kann jedoch mangels diesbezüglicher Beschwerdeführung auf sich beruhen). Zur strittigen Rechtsfrage führte dabei das Rekursgericht aus:

Die vom Erstgericht für seinen Standpunkt zitierte Entscheidung MietSlg 39.217 (5 Ob 64/87) sei in ihrer für den vorliegenden Fall bedeutsamen Begründung in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes WoBl 1993/78 (5 Ob 160/92) nicht aufrecht erhalten worden. In der letztgenannten Entscheidung heiße es unter anderem: "Soweit aus ... (MietSlg 39.217) die Rechtsmeinung erschlossen werden könnte, § 1 Abs 4 Z 1 MRG wäre in allen Fällen so auszulegen, als lautete er, nur solche Mietgegenstände, die unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem in dieser Gesetzesstelle genannten Stichtag errichtet worden seien, sollten dem vollen Anwendungsbereich des MRG unterstellt werden, werde vom erkennenden Senat eine derartige Rechtsmeinung nicht aufrecht erhalten. Eine solche Verallgemeinerung läßt sich nämlich aus dem Gesetzeswortlaut, über dessen äußersten Wortsinn nicht hinausgegangen werden darf, nicht ableiten".

In der Entscheidung WoBl 1993/78 sei der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis gekommen, es sei zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG erforderlich, daß sowohl die Neuerrichtung als auch die Förderungsgelder das Gebäude betreffen, in dem der Mietgegenstand liegt. Ess komme daher nicht darauf an, ob der Mietgegenstand selbst ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu errichtet wurde, sondern darauf, ob diese Voraussetzung auf das Gebäude zutrifft, in dem der Mietgegenstand gelegen ist. Der Umstand, daß ein Gebäude gemischten Zwecken dient, nämlich Wohn- und Geschäftszwecken, verwirklichen den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG auch dann nicht, wenn die zu Geschäftszwecken dienenden Büroräumlichkeiten ohne öffentliche Förderungsmittel errichtet worden sein sollten, die Wohnräume jedoch mit Zuhilfenahme von Förderungsmitteln, weil die Ausnahmevoraussetzungen des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht auf die Mietgegenstände, sondern, wie ausgeführt, auf das Gebäude zutreffen müßten. Der von der Antragsgegnerin ins Auge gefaßten Unterteilung in geförderte Wohn- und nicht geförderte Büroräume stehe der Gesetzeswortlaut entgegen, wenn alle diese Räumlichkeiten in einem "Gebäude" liegen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß es zu einem Fall wie dem gegenständlichen, in welchem einzelne Mietgegenstände mit, andere ohne Zuhilfenahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet wurden, nach dem Überblick des erkennenden Senates keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gebe. Neuere Entscheidungen hätten sich damit befaßt, ob eine Neuerrichtung im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorliegt (5 Ob 2033/96y) oder ob der genannte Ausnahmetatbestand hinsichtlich des ganzen Mietverhältnisses verwirklicht ist, auch wenn nur ein Teil des Gebäudes frei finanziert wurde (5 Ob 85/93); ob in einem Gebäude (Komplex) gelegene geförderte Wohnräumlichkeiten einerseits und nicht geförderte Geschäftsräumlichkeiten andererseits im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG unterschiedlich beurteilt werden können und unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, sei - soweit für den erkennenden Senat überschaubar - bisher nicht entschieden worden.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragsgegnerin geltend, daß es bei der Auslegung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht auf die technisch-räumliche Trennung geförderter und nichtgeförderter Bauwerke ankommen könne, sondern ausschließlich auf deren organisatorische Trennung. Eine solche sei im konkreten Fall eindeutig gegeben. Die Probleme der Finanzierung heute üblicher Einkaufszentren habe der Gesetzgeber des MRG offenbar nicht bedacht, worauf durch eine teleologische Auslegung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG Rücksicht genommen werden müsse. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung so abzuändern, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Vom Antragsteller liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die Entscheidung des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß die Ausnahmeregelung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG, wonach Teile des MRG - insbesondere auch das Verbot von Ablösezahlungen - auf bestimmte Mietverhältnisse nicht anzuwenden sind, nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur für Mietgegenstände in nicht geförderten Gebäuden in Frage kommt. Die gegenteilige Rechtsauffassung, die auch von der Judikatur vertreten wurde (siehe insbesondere 5 Ob 64/87 = WoBl 1988, 18/3), ist sofort auf fundierte Kritik der Lehre gestoßen (Würth in einer Anmerkung zur genannten Entscheidung) und mittlerweile aufgegeben worden (5 Ob 160/92 = WoBl 1993, 144 mit zustimmender Anmerkung von Würth). Es liegen jetzt schon mehrere Entscheidungen vor, in denen der Oberste Gerichtshof ausdrücklich oder auch nur implizit bekräftigte, daß der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht erfüllt ist, wenn nur ein einzelner Mietgegenstand, nicht aber das ganze Gebäude ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurde (vgl neben den bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen auch noch 5 Ob 1030/93 = JusExtra 1427 und 1428 sowie die begründungslosen Zurückweisungen außerordentlicher Rechtsmittel in 5 Ob 1083/94 und 5 Ob 1177/95).

Gegen diese Rechtsansicht läßt sich auch nicht einwenden, dem Gesetzeszweck würde eher eine Auslegung gerecht, die nicht nach Gebäuden, sondern nach den spezifisch finanzierten Organisationseinheiten - auf der einen Seite geförderte Wohnungen, auf der anderen Seite nicht geförderte Geschäftslokale - differenziert. Abgesehen davon, daß sich eine solche Auslegung nicht mehr mit dem äußeren Wortsinn der fraglichen Gesetzesbestimmung vereinbaren läßt (vgl Würth zu WoBl 1988, 19; WoBl 1993, 114/78), könnte die öffentliche Förderung eines gemischten Objektes kaum jemals so zielgerichtet eingesetzt werden, daß sie nur bestimmten Mietgegenständen - etwa den Wohnungen - zugute kommt, weil sie ja bei Neubauten zwangsläufig auch in allgemeine Teile des Hauses fließt. Unter diesen Gegebenheiten kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, sich bei der Wortwahl "Gebäude" begriffen zu haben, als er den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG eingrenzen wollte.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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