Spruch:
Der außerordentliche Rekurs der Mutter wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).
Text
Begründung
Die am 12.5.1993 geschlossene Ehe der Eltern wurde am 21.10.1996 geschieden. Beide Elternteile streben jeweils die alleinige Obsorge hinsichtlich des am 6.1.1994 geborenen Kindes an. Das Rekursgericht verfügte nach Beweisergänzung die alleinige Obsorge des Vaters. Nach den Angaben in der Scheidungsklage sind der Vater und das Kind deutsche Staatsbürger, die Mutter Österreicherin.
Nach den ergänzenden Feststellungen des Rekursgerichtes ist der Vater (etwas) besser zur Erziehung geeignet als die Mutter. Seine gehobenen Lebensverhältnisse sind eindeutig besser als die desolaten finanziellen Verhältnisse der Mutter (Unterhaltsrückstände hinsichtlich zweier Kinder aus der Vorehe). Das Kind ist derzeit unter der Woche bei der Mutter, an den Wochenenden beim Vater. Dieser müßte im Fall der Zuteilung der Obsorge an ihn das Kind unter der Woche in Drittpflege bzw in einen Kindergarten geben. Die Mutter ist derzeit arbeitslos, beabsichtigt eine Halbtagsbeschäftigung, dann wäre das Kind auch bei Obsorge der Mutter im Kindergarten zu betreuen.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht ist mit seiner Erstzuteilung der Obsorge an den Vater nicht von den in ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen abgewichen. Entscheidend ist immer eine Gegenüberstellung aller relevanten Umstände bei einem Elternteil mit denen beim anderen (EFSlg 75.176). Nur bei Gleichwertigkeit der Verhältnisse kann der Mutter bei der Obsorgezuteilung hinsichtlich eines Kleinkindes der Vorrang eingeräumt werden (EFSlg 75.179; SZ 59/144). Die Mutter kann hier auch nicht den Grundsatz der Erziehungskontinuität (EFSlg 75.180) und die Nachteile eines Pflegeplatzwechsels für sich ins Treffen führen, weil nach den Feststellungen nicht von einer schon so gefestigten Bindung des Kindes (nur) an die Mutter ausgegangen werden kann, daß deswegen ein Wechsel zum Vater aus Gründen des Kindeswohls nicht in Frage käme. Vorübergehende Irritationen sind in Kauf zu nehmen (SZ 59/144). Der notwendig werdende Pflegeplatzwechsel spricht bei der Erstzuteilung der Obsorge keine entscheidende Rolle (EFSlg 71.892). Wenn das Rekursgericht bei Abwägung aller maßgeblichen Kriterien zu der Ansicht gelangt ist, daß die Obsorge des Vaters dem Kindeswohl besser entspricht, so liegt darin keine aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung, sondern eine nach den maßgebenden Tatumständen getroffene Entscheidung des Einzelfalles, der keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zukommt (1 Ob 2296/96w mwN).
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt zwar vor (die Aussage der Zeugin E***** in ON 77 deckt nicht die Feststellungen zum Verhalten des Vaters gegenüber dem Kind im Haushalt des Vaters), sie ist aber nicht entscheidungswesentlich, weil sich das Rekursgericht bei seinen Feststellungen auf die beiden anderen, ebenfalls zitierten Beweismittel (Aussage des Vaters und der Zeugin M***** in ON 15) stützen konnte.
Ergänzend ist noch zu bemerken, daß auf den vorliegenden Fall gemäß Art 2 MSA auch dann österreichisches Sachrecht anzuwenden ist, wenn das Kind deutscher Staatsbürger sein sollte (Schwimann IPR 90).
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