OGH 6Ob2383/96a

OGH6Ob2383/96a19.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Hanspeter Z*****, vertreten durch Dr.Michael Leuprecht, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Dr.Lothar S*****, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Unterlassung, Widerrufs und Veröffentlichung (hier wegen einstweiliger Verfügung), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 24.Oktober 1996, GZ 5 R 40/96p-58, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 26.August 1996, GZ 11 Cg 16/96t-44, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Zusammenhang mit einer Grundstückstransaktion (Vertragsverfasser und bevollmächtigter Vertreter des Verkäufers, dessen Geschäftsfähigkeit in der Folge bestritten wurde, war der Kläger, der Beklagte war als oppositionelles Mitglied des Gemeinderates der Stadt Innsbruck, der Käuferin, mit der Angelegenheit befaßt) äußerte der Beklagtenvertreter anläßlich eines Pressegespräches am 22.2.1996 unter anderem: "Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man das Vertragsfälschung..... und diese wundersame Textvermehrung läßt den dringenden Verdacht der Vertragsfälschung aufkommen und die muß im Notariat Z***** passiert sein". Diese Äußerung bezog sich auf eine Änderung der Textierung des Übergabevertrages zwischen dem Verkäufer der Liegenschaft und der Käuferin. Diese Äußerungen wurden in der "Tiroler Krone" und der "Tiroler Tageszeitung" veröffentlicht. Der Verkäufer erteilte am 26.6.1994 dem Notariatssubstituten des Klägers eine Spezialvollmacht zur Veräußerung seiner Liegenschaft. Tatsächlich ist es "aufgrund eines entsprechenden Aktenvermerkes" zu einer Änderung des ursprünglichen Vertragstextes in dessen Punkt 3. gekommen. Es kann nicht festgestellt werden, ob es sich bei der Änderung des ursprünglichen Vertragstextes um eine Vertragsfälschung handelt.

Die klagende und gefährdete Partei (Kläger) begehrt, soweit hier noch zu beurteilen, 1. zur Sicherung des Anspruches dem Gegner der gefährdeten Partei (Beklagter) für die Dauer dieses Rechtsstreites mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, durch Dritte, insbesondere seinen Rechtsvertreter, insbesondere über Medien Tatsachenbehauptungen wie "im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man das Vertragsfälschung und/oder diese wundersame Textvermehrung läßt den dringenden Verdacht der Vertragsfälschung aufkommen und die muß im Notariat Z***** passiert sein", weiters 2. dem Beklagten zu verbieten, durch Dritte, insbesondere durch seinen Rechtsvertreter insbesondere über die Medien und/oder Eingaben an das Landesgericht Innsbruck und/oder die Staatsanwaltschaft Innsbruck und/oder Notariatskammer für Tirol und Vorarlberg weitere kreditschädigende Äußerungen und Äußerungen, der Kläger würde strafbare Handlungen insbesondere gegen Klienten setzen und/oder der Kläger würde Urkunden und/oder Verträge fälschen.

Der Beklagte habe für die Äußerungen seines Rechtsvertreters einzustehen, zumal diese Behauptungen vom Beklagten selbst stammten und von ihm ausdrücklich gebilligt wurden, schließlich sei ja er der entsprechende Mandatar in I*****.

Der Beklagte äußerte sich dahin, sein Vertreter habe gerechtfertigt gehandelt, und zwar im Rahmen des ihm erteilten Vollmachtsverhältnisses und in Wahrung der Interessen des Beklagten, und bot für die Richtigkeit der Äußerungen den Wahrheitsbeweis an.

Das Erstgericht gab dem Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung im Umfang des Punktes 1. statt und wies das Mehrbegehren (Punkt 2.) ab. Der Ausdruck "Vertragsfälschung" erwecke beim verständigen Zeitungsleser den Eindruck, daß der Kläger seine Klienten durch Vertragsfälschung benachteilige und unseriös arbeite. Der Beklagte habe versucht, den Wahrheitsbeweis einer Vertragsfälschung anzutreten. Zu einer solchen Feststellung sei es nun fahrlässig oder vorsätzlich, sei die Durchführung eines Strafverfahrens, jedenfalls aber eines Beweisverfahrens erforderlich, das den Rahmen eines Provisorialverfahrens sprenge. Der Beklagte habe für die Äußerungen seines Rechtsvertreters einzustehen, der Umstand der Bevollmächtigung spreche prima facie dafür, daß die Äußerungen durch die Vollmacht gedeckt und gewollt seien. Daß der Beklagtenvertreter überschießend und ohne Einverständnis des Beklagten tätig geworden sei, sei nicht behauptet worden. Das Mehrbegehren sei als viel zu weit gefaßt und nicht mehr den Kern der Verletzungshandlung betreffend abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten keine Folge. Im summarischen Provisiorialverfahren sei ohne eingehende Beweisaufnahme aufgrund eines prima-facie-Beweises eine einstweilige Anordnung für die Dauer des Verfahrens zu treffen. Es seien nur parate Bescheinigungsmittel aufzunehmen. Unter einer Verträgsfälschung verstehe ein Medienkonsument aber nicht bloß einen Verstoß gegen Ordnungsvorschriften, sondern ein strafgesetzwidriges Verhalten. Ein solches sei nach dem bisherigen Beweisverfahren aber nicht bescheinigt.

Bei einem im Rahmen eines Vollmachtsverhältnisses tätig werdenden Rechtsanwalt könne zunächst davon ausgegangen werden, daß der Rechtsvertreter im Rahmen seiner Vollmacht, seines Auftrages und der ihm von seinem Mandanten erteilten Information mit Zustimmung des Mandanten tätig geworden sei, jedenfalls dann, wenn es sich um Äußerungen in Erfüllung des Auftrages selbst handle. Es stehe außer Streit, daß die Äußerungen in Wahrung der Interessen des Beklagten gefallen seien. Es wäre dessen Sache gewesen zu behaupten und zu bescheinigen, daß sein Rechtsvertreter eigenmächtig, womöglich sogar gegen seinen Willen gehandelt habe.

Das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs zugelassen, weil der Verantwortlichkeit eines Mandanten für Äußerungen seines Vertreters weit über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 11.4.1986, 6 Ob 2010/96y zu einem auch die Streitteile betreffenden, gleichgelagerten Sachverhalt ausgeführt, daß Ansprüche nach § 1330 ABGB sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen, die den Täter bewußt fördern, richten. Hat ein Rechtsanwalt bei namens seines Klienten abgegebenen Erklärungen den Vollmachtsrahmen nicht überschritten, muß der Beklagte für die Äußerungen seines Vertreters dann einstehen, wenn er diesen durch Übermittlung der entsprechenden Tatsachen dazu angeleitet hat. Auch alle mittelbaren Tathandlungen als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen sind von der Haftung umfaßt. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nach dem Vorbringen des Klägers, er habe für die Äußerungen seines Rechtsvertreters einzustehen, zumal diese Behauptungen vom Beklagten selbst stammten und von ihm ausdrücklich gebilligt worden seien, schließlich sei ja er der entsprechende Mandatar in I*****, sich in keiner Weise von den Äußerungen seines Vertreters distanziert, vielmehr nach der Außerstreitstellung der Äußerungen ausdrücklich bekräftigt, der Beklagtenvertreter habe gerechtfertigt im Rahmen des ihm erteilten Vollmachtsverhältnisses und in Wahrung der Interessen des Beklagten - also mit seiner Zustimmung - gehandelt. Er hat in einer ganzen Reihe umfangreicher Schriftsätze die Bescheinigung der Wahrheit der erhobenen Vorwürfe, insbesondere auch durch seine Einvernahme versucht und durch seine Identifizierung mit den inkriminierten Äußerungen den unmittelbaren Täter jedenfalls bewußt gefördert. Aufgrund dieses Verhaltens bedurfte es keiner weiteren Sachverhaltsfeststellungen zur Zurechenbarkeit, die erstmals im Rekurs des Beklagten als "verfehlt" bezeichnet wurde, dies aber noch immer unter Aufrechterhaltung seines Standpunktes, die (doch eindeutig und ausschließlich auf seinen Informationen beruhenden) Vorwürfe seien berechtigt. Es ist daher von einer mittelbaren Tathandlung (als Gehilfe) des Beklagten auszugehen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen wurde, beruht auf § 391 EO.

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