OGH 5Ob189/97y

OGH5Ob189/97y10.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Baumann, Dr.Prückner und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Wolfgang G*****, 2. Hermine G*****, ebendort, und 3. Gertrud B*****, ********** alle vertreten durch Dr.Armin Haidacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Walter E*****, vertreten durch Dr.Helmut Thomich, Rechtsanwalt in Graz, und der weiteren Miteigentümer der Liegenschaft *****, als Beteiligte 1. Horst G*****,

2. Dr.Hans P*****, 3. Alexander W*****, 4. Frieda H*****, 5. Elisabeth W*****, 6. Henriette R*****, 7. Karl U*****, ***** 8. Maria U*****, 9. Heidemarie B*****, 10. Gerald B*****, wegen § 26 Abs 1 Z 5 und 7 WEG infolge Rekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 31. Jänner 1997, GZ 3 R 402/96a-33, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21.August 1996, GZ 8 Msch 23/95i-28, aufgehoben und der Sachantrag der Antragsteller zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller, der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind Miteigentümer der Liegenschaft mit dem Haus *****; mit ihren Miteigentumsanteilen ist jeweils Wohnungseigentum verbunden.

Die Antragsteller stellten den Antrag, den Antragsgegner von der Verwaltung zu entheben und ihm aufzutragen, ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen und den Überschuß an die Hausverwaltung herauszugeben, dem Antragsgegner die Vorlage einer gehörigen Abrechnung und Gewährung der Einsichtnahme in die dazugehörigen Belege unter Androhung einer Geldstrafe bis zu S 80.000 aufzutragen, und den Antragsgegner von jeglicher Verwaltungstätigkeit abzuberufen. Sie brachten vor, daß von der Eigentümergemeinschaft eine GmbH als Hausverwalter bestellt worden sei. Der Antragsgegner übe jedoch "de facto" eine Reihe von Verwaltungstätigkeiten aus, ohne hiezu von den Antragstellern bzw durch einen ordnungsgemäßen Beschluß der Eigentümergemeinschaft bevollmächtigt oder beauftragt zu sein.

Der Antragsgegner sprach sich gegen den Antrag der Antragsteller aus.

Das Erstgericht wies den Antrag mit Sachbeschluß wegen mangelnder Passivlegitimation des Antragsgegners ab.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses der Antragsteller den erstgerichtlichen Sachbeschluß und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies den Sachantrag der Antragsteller zurück. Es führte folgendes aus:

Maßgeblich für die Beurteilung, ob im außerstreitigen Verfahren oder im Rechtsweg zu entscheiden sei, seien der Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen. Ohne Einfluß sei es hingegen, was der Gegner einwende oder ob der behauptete Anspruch begründet sei. Der allgemeine Grundsatz, daß Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins Außerstreitverfahren verwiesen seien, auf den streitigen Rechtsweg gehörten, werde durch die §§ 37 ff MRG ebensowenig berührt, wie durch § 26 WEG oder § 22 WGG. Da nach den Behauptungen der Antragsteller für das gegenständliche Haus ein Verwalter rechtsgültig bestellt worden sei und der Antragsgegner sich nur Verwaltungstätigkeiten anmaße, liege schon nach dem Vorbringen der Antragsteller kein Fall vor, über den gemäß § 26 WEG im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sei. Vielmehr könnte nur im Rechtswege Abhilfe geschaffen und etwa ein Unterlassungsbegehren gestellt werden.

Der vorliegende Fall sei nicht vergleichbar mit demjenigen, in welchem von der Eigentümergemeinschaft kein Verwalter bestellt sei und der Mehrheitseigentümer - kraft seiner Anteilsmehrheit - de facto die Liegenschaft verwalte. In diesem Fall habe der Oberste Gerichtshof erkannt (5 Ob 2064/96g), daß die Minderheitseigentümer berechtigt seien, einen Antrag nach § 26 Abs 1 Z 7 WEG zur Abberufung des "de facto-Verwalters" zu stellen, wobei folgende Erwägungen angestellt worden seien: "Ein auf § 13a Abs 1 Z 6 WEG gestützter Antrag auf gerichtliche Verwalterbestellung führt zunächst nur dazu, daß die Selbstverwaltung formell beendet und den Miteigentümern ein Auftrag zur Bestellung eines Verwalters erteilt wird. Der Mehrheitseigentümer wäre daher nicht gehindert, sich selbst zum Verwalter zu bestellen, und zwar auch dann nicht, wenn Grund für die Anrufung des Gerichtes sein grob pflichtwidriges Verhalten bei der bisherigen Ausübung von Verwaltungsagenden war. Um von vornherein zu verhindern, daß der pflichtwidrige Mehrheitseigentümer die Verwaltung (erneut) an sich zieht, bedarf es daher einer Abberufung, die das (Wieder-)Bestellungsverbot des § 18 Abs 2 WEG auslöst. Das läßt sich nur über die als zulässig erkannte analoge Anwendung der Regelung des § 13a Abs 1 Z 6 iVm § 18 Abs 1 Z 3 zweiter Fall WEG auf den Fall eines Mehrheitseigentümers erreichen, der sich wie ein fremdbestimmter Verwalter geriert und eigenmächtig Verwaltungshandlungen setzt."

Hier werde aber behauptet, daß der Antragsgegner, der Minderheitseigentümer sei, neben dem bestellten Verwalter Verwaltungshandlungen setze, zu welchen er von der Miteigentümermehrheit nicht beauftragt worden sei, weshalb kein dem § 13a Abs 1 Z 6 oder § 18 Abs 1 Z 3WEG zu unterstellender Sachverhalt vorliege. Die Minderheit (wie hier die Antragsteller) könnte im außerstreitigen Verfahren nur beantragen, daß entweder ein bestellter Verwalter oder ein die Verwaltung faktisch ausübender Mehrheitseigentümer (wegen pflichtwidrigen Verhaltens) abberufen werde.

Da ein formell zulässiges Rechtsmittel vorliege, habe das Rekursgericht die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges von Amts wegen wahrzunehmen und sei dementsprechend die angefochtene Entscheidung und das dieser vorangegangene Verfahren als nichtig aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen. Sei ein im Rechtsweg wahrzunehmender Anspruch im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht worden, so habe das angerufene Gericht den "Antrag" als Klage zu werten, wenn der Antrag allen Anforderungen, die von der ZPO für eine mittels Schriftsatz eingebrachte Klage gestellt würden (§ 226 ZPO) entspreche. Diese Voraussetzung liege hier jedoch im Hinblick auf die Eigenart des Begehrens, welches auch nicht entsprechend umgedeutet werden könne, nicht vor, weshalb eine Überweisung des "Antrages" in das streitige Verfahren nicht in Betracht gekommen sei.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht aufzutragen, über den Rekurs der Antragsteller gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß in der Sache selbst zu entscheiden.

Der Antragsgegner beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist in sinngemäßer Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerber machen im wesentlichen geltend, die Durchsetzung aller in § 17 WEG genannten Pflichten desjenigen, der Verwaltungstätigkeiten ausübe, sei in das Außerstreitverfahren verwiesen. Der Antragsgegner habe typische Verwaltungstätigkeiten durchgeführt. Die in 5 Ob 2064/96g angestellten Erwägungen seien auch im Falle von angemaßten Verwaltungshandlungen eines Minderheitseigentümers zutreffend.

Der erkennende Senat hält diese Rechtsmittelausführungen für nicht stichhaltig, die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Beschlusses hingegen für zutreffend, weshalb er sich mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung begnügen kann (§ 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 16 MRG, §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

Die Rechtsmittelwerber berufen sich auf die Ausführungen von Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 3 zu § 26 WEG, wonach die Durchsetzung aller in § 17 WEG genannten Pflichten des Verwalters oder desjenigen, der diese Tätigkeit ausübe, ins Außerstreitverfahren verwiesen sei (vgl auch Anm 1 zu § 17 WEG). Dies heißt aber keineswegs, daß auch gegen einen Wohnungseigentümer, der faktisch Verwaltungshandlungen setzt, obwohl ohnehin ein gemeinsamer Verwalter bestellt ist, im außerstreitigen Verfahren vorgegangen werden kann. Ist nämlich - wie hier - ein gemeinsamer Verwalter bestellt, so hat dieser gemäß § 17 Abs 2 WEG die Aufgaben nach § 17 Abs 1 WEG zu erfüllen. Durch die Verwalterbestellung werden die Verwaltungsrechte des einzelnen Miteigentümers auf die Selbsthilfe nach § 13a Abs 2 WEG und die Abwehr von Übergriffen einzelner Wohnungseigentümer, die der Mehrheit auf Weisungen an den Verwalter reduziert (Würth in Rummel2 § 17 WEG Rz 5 mwN; vgl Palten, Wohnungseigentumsrecht Rz 196; Gamerith in Rummel2 § 837 ABGB Rz 7 mwN). § 26 Abs 1 Z 5 und 7 WEG betreffen im Falle der Existenz eines bestellten Verwalters nur die Durchsetzung von dessen Pflichten bzw dessen Abberufung und nicht die Abwehr von unzulässigen Eingriffen in die Verwaltung durch sogenannte Haussprecher oder Hausvertrauensleute.

Daß der vorliegende Fall anders gelagert ist als der in 5 Ob 2064/96g entschiedene, hat bereits das Rekursgericht dargestellt; damals war kein gemeinsamer Verwalter bestellt worden und hatte ein Mehrheitseigentümer die Verwaltung faktisch an sich gezogen.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

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