OGH 10ObS154/97p

OGH10ObS154/97p4.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Stöcklmayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Werner S*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Februar 1997, GZ 11 Rs 11/97k-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 12.September 1996, GZ 21 Cgs 63/96d-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird keine Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 30.1.1942 geborene Kläger leidet unter den Folgen eines Kaudalipoms. Dieser Rückenmarkstumor wurde 1960 und 1990 operativ behandelt. In der Folge dieser Erkrankung kam es zu Gefühlsstörungen und motorischen Schwächen im Bereich beider Beine. 1993 mußte bei bestehender Stuhl- und Harninkontinenz ein künstlicher Harnausgang im rechten Unterbauch angelegt werden. Eine sich ausbildende Narbenhernie wurde 1995 operativ versorgt. Es kam jedoch sehr rasch zum Wiederauftreten eines Bauchwandbruches im Unterbauch, wodurch sich die Stuhlinkontinenz weiter verschlechterte. Der Kläger ist dadurch auf das Tragen von Windeln angewiesen. Er ist nicht in der Lage, frei zu gehen; wenn er sich festhält, kann er nur einige wenige Schritte gehen, wobei dies genügt, um aus dem Bett zum Rollstuhl zu gelangen. Der Kläger ist Rollstuhlfahrer. Im Bereich der oberen Extremitäten bestehen keine Läsionen. In seiner Fortbewegung ist er überwiegend auf den Rollstuhl angewiesen.

Auf Grund dieses Zustandes wird dem Kläger das Pflegegeld der Stufe 4 gewährt. Sein Antrag vom 11.9.1995 auf Erhöhung wurde mit Bescheid der beklagten Partei vom 25.1.1996 abgelehnt.

Das dagegen gerichtete Klagebegehren wurde sowohl vom Erst- als auch vom Berufungsgericht abgewiesen. Beide Vorinstanzen verneinten das Vorliegen eines außergewöhnlichen Pflegeaufwandes.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgericht auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor; dies bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Feststellungsmängel sind vielmehr der Rechtsrüge zuzuordnen (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 503).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird das Fehlen von (detaillierten) Feststellungen dahingehend gerügt, daß der Kläger eines täglich viermaligen Windelwechsels bedürfe, sohin "bis zu sechs Stunden in seiner Scheiße" liegen müsse, dies jedoch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte im Gegensatz zu einem Baby. Daraus ergebe sich bereits, daß bei ihm ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand bestehe, welcher Pflegegeld der Stufe 5 rechtfertige.

Dem Rechtsmittelwerber ist entgegenzuhalten, daß der Umstand einer Stuhl- bzw Harninkontinenz für sich allein noch nicht auch die Bejahung eines außergewöhnlichen Pflegeaufwandes im Sinne des § 6 EinstV rechtfertigt. Andernfalls wäre es nämlich nicht erforderlich gewesen, in § 8 leg cit bei Personen, die zur Fortbewegung - wie hier der Kläger - überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sind, in den einzelnen Ziffern 1 bis 3 gerade auf diesen Umstand des körperlichen Leidens besonders abzustellen und graduell abzustufen. Da der Kläger außer dem Hinweis auf die Inkontinenz und den damit verbundenen mehrmals täglich anfallenden Windelwechsel selbst keine Umstände anzuführen vermag, die den damit verbundenen Pflegeaufwand als "außergewöhnlich" zu qualifizieren geeignet wären, ist in der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, speziell des Berufungsgerichtes, eine Fehlbeur- teilung nicht zu erblicken. Der Kläger ist nämlich auch nicht vom Ausfall beider oder auch bloß einer oberen Extremität (10 ObS 87/97k, 10 ObS 128/97i) betroffen.

Seiner Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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