Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beabsichtigte der Geschäftsführer der beklagten Partei, der Eigentümerin von 2/3-Anteilen einer städtischen Liegenschaft mit einem darauf errichteten Wohnhaus, den Verkauf dieser Anteile; eine ensprechende Annonce ergab eine sehr große Nachfrage. Die Klägerin als eine Interessentin erklärte immer wieder in vielen Telefonaten, "dieses Haus" unbedingt haben zu wollen. Der Verkauf der Anteile sollte schnell erfolgen, weil der Geschäftsführer der beklagten Partei beim Erwerb einer anderen Liegenschaft zeitlich gebunden war. Bei einem Treffen zwischen der Klägerin, dem Geschäftsführer der beklagten Partei und dessen Gattin am 11.Juni 1993 brachte die Klägerin folgende maschinschriftliche Urkunde Beilage A mit, die sie dem Geschäftsführer der beklagten Partei und dessen Gattin vorlas:
"... (beklagte Partei)
Mit Erhalt der Anzahlung von
S 100.000,--
von Frau ... (Klägerin) für das Haus ...
Kaufpreis S
verpflichte ich mich dieses nur an Frau ... (Klägerin) zu verkaufen
und Ihr somit das Vorkaufsrecht einzuräumen. Sollte der Kauf nicht zustandekommen, wird die Anzahlung binnen 14 Tagen rückerstattet.
..."
Bei der Besprechung erfolgten über Wunsch des Geschäftsführers der beklagten Partei handschriftlich folgende Ergänzungen: bei Angabe des Kaufobjekts "2/3 Anteil", beim Kaufpreis "4,7 Mill", der letzte Satz wurde überhaupt gestrichen und hinzugefügt "Frist bis 30.6.1993". Der Geschäftsführer der beklagten Partei und dessen Gattin waren mit dem Passus, daß bei Nichtzustandekommen des Kaufs die Anzahlung binnen 14 Tagen rückerstattet werde, nicht einverstanden, weil sie viele andere Interessenten weggeschickt hätten und der gesamte bisherige Aufwand im Fall eines Rücktritts umsonst gewesen wäre. Die Klägerin erklärte sich daraufhin mit der Streichung dieses Passus einverstanden. Der Geschäftsführer der beklagten Partei und die Klägerin vereinbarten bei Leistung der Anzahlung von 100.000 S, daß die Anzahlung auf jeden Fall verfällt, auch wenn der Kauf nicht zustandekäme. Innerhalb der festgelegten Frist bis 30.Juni 1993 wollte die Klägerin die Finanzierung "abgeklärt" haben. Der Geschäftsführer der beklagten Partei und dessen Gattin vereinbarten mit der Klägerin, daß die Frist bis 30.Juni 1993 auch dafür diene, daß bis dahin ein Termin beim Notar, der dann den endgültigen Kaufvertrag errichten sollte, vereinbart wird. Bei diesem Gespräch äußerte die Klägerin in keiner Weise, daß die 2/3-Anteile von ihr nicht erworben würden, oder irgendwelche Bedenken, daß der restliche Liegenschaftsanteil nicht zu erwerben sei oder der Kauf bei Nichterwerb der restlichen Anteile nicht zustande komme. Über Ersuchen der Klägerin nahm der Geschäftsführer der beklagten Partei auch mit der Mutter der Klägerin Kontakt auf, die den Erwerb mitfinanzieren und einen Teil des Kaufpreises "schwarz" zahlen wollte. Der Geschäftsführer der beklagten Partei war mit einer "Schwarzzahlung" nicht einverstanden. Er nannte auf Wunsch der Mutter der Klägerin noch einen günstigen Notar und vereinbarte mit diesem einen Termin. Der Geschäftsführer der beklagten Partei traf dann zufällig auf seiner Bank die Mutter der Klägerin, die gerade mit dem Bankdirektor über die große Summe für den "Hauskauf" sprach und dann dem Geschäftsführer der beklagten Partei erklärte, er werde nicht gebraucht. Zwei Tage später teilte die Klägerin dem Geschäftsführer der beklagten Partei telefonisch mit, daß sie das Haus nicht mehr wolle, weil ihr Gatte so dagegen sei.
Das Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Rückzahlung der geleisteten 100.000 S sA ab. Das Erstgericht vertrat die Auffassung, es sei (auch) bereits ein Kaufvertrag zustande gekommen, die zweite Instanz verneinte dies und vermeinte, der "Vorvertrag" wäre in Wahrheit eine der Klägerin eingeräumte Option gewesen. Die Vereinbarung, wonach die Anzahlung verfalle, auch wenn der Kauf nicht zustandekomme, sei eine zulässige Entgeltsvereinbarung für die Einräumung des Optionsrechts. Da aus bei der Klägerin gelegenen Gründen kein verbücherungsfähiger Kaufvertrag errichtet worden sei, bestehe keine Rückzahlungsverpflichtung der beklagten Partei.
a) Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
b) Nach der mit der Lehre übereinstimmenden Rechtsprechung (zuletzt 1 Ob 585/94 = SZ 67/137 mwN; Koziol/Welser, Grundriß10 I 117) - weshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keineswegs jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Option fehlt - wird unter einer Option ein Vertrag verstanden, durch den einem Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen. Im Optionsvertrag nicht aufscheinende Vertragsbestimmungen, wie der Zeitpunkt der Berichtigung des Kaufpreises, der Übernahme des Kaufgegenstands und der Errichtung des schriftlichen Kaufvertrags sowie der Stichtag der Verrechnung sind nicht wesentlich, sodaß ihr Fehlen der Annahme einer Option, die freilich alle wesentlichen Vertragsbestimmungen enthalten muß, nicht entgegensteht. Sie sind mangels Vereinbarung dem dispositiven Recht zu entnehmen (NZ 1977, 56 = MietSlg 27121; RIS-Justiz RS0019207).
Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanz(en) mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung (§§ 914 f ABGB, Text, Übung des redlichen Verkehrs) im Einklang, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (4 Ob 528/94; 4 Ob 56/94 ua). Nur dann kann eine erhebliche Rechtsfrage vorliegen, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, daß die Auslegung nicht gesetzeskonform ist (MietSlg 38/32; 4 Ob 528/94 uva), wenn eine wesentliche Verkennung der Rechtslage mit einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gegeben ist. Davon kann hier keine Rede sein. Die Rechtsmittelbehauptung, das Berufungsgericht wäre von den erstgerichtlichen Feststellungen abgewichen, ist nicht zutreffend. Der Erstrichter verwendete den Begriff "Anzahlung" nicht als Begriffsgegensatz zu Angeld iSd § 908 ABGB, sondern bezeichnete damit, wie sich auch aus seiner rechtlichen Beurteilung ergibt, rein faktisch die Zahlung von 100.000 S durch die Klägerin. Bei Vorauszahlung eines Teils des Kaufpreises wird vielfach angenommen werden müssen, daß die Parteien damit nicht die Absicht der Vertragsbekräftigung und der Sicherstellung der Erfüllung, sondern nur eine bloße Anzahlung ohne Rechtsfolgen des § 908 ABGB, somit als Teil-, An- oder Acontozahlung beabsichtigten (JBl 1982, 255). Zur Abgrenzung von Angeld und Vorauszahlung hat der Oberste Gerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen Stellung genommen (SZ 24/289; RZ 1979/46, SZ 54/46 uva; RIS-Justiz RS0017734). Was die Parteien selbst als Anzahlung bezeichnen, ist im Zweifel nicht Angeld, sondern Teilzahlung (JBl 1958, 445; JBl 1982, 255; SZ 54/186 ua; RIS-Justiz RS0017729), doch schließt auch eine solche Bezeichnung für sich allein den Angeldcharakter nicht aus (JBl 1982, 255). Gleiches muß auch für das Entgelt für eine Optionseinräumung gelten. Daß eine solche Optionseinräumung auch entgeltlich erfolgen kann, wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Daher konnte ungeachtet der - im übrigen durchgestrichenen - Bezeichnung "Anzahlung" in Beilage A die Zahlung in Wahrheit Entgelt für eine Optionseinräumung sein; Feststellungen über den Zahlungszweck entsprechend der Parteienabsicht liegen ja vor. Auf die rechtliche Qualifikation eines Sachverhalts durch die Parteien kommt es nicht an.
c) Die Vorschriften des § 1336 Abs 2 ABGB über das richterliche Mäßigungsrecht bei Konventionalstrafen sind auch auf das Angeld analog anzuwenden (SZ 54/46). Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn das Entgelt für eine Optionseinräumung gemindert werden soll, muß hier nicht beurteilt werden. Die Klägerin als Zahlungsversprecherin ist jedenfalls mit dem Beweis belastet, daß die Konventionalstrafe unbillig hoch ist (RZ 1976/90; JBl 1992, 663 uva; zuletzt 1 Ob 567/95 = ecolex 1995, 629 [Fischer-Czermak]; RIS-Justiz RS0032195; Reischauer in Rummel2 § 1336 ABGB Rz 18; Harrer in Schwimann, § 1336 ABGB Rz 33 f, je mwN). Diese Beweislast schließt auch den Beweis ein, daß der erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer ist als der bedungene Vergütungsbetrag (7 Ob 515/85), dazu ist ein entsprechendes Tatsachenvorbringen notwendig (SZ 58/152). Die Klägerin hat im vorliegenden Fall nur vorgetragen, der beklagten Partei sei kein Schaden entstanden. Ein allfälliger Anspruch der beklagten Partei sei zu mäßigen. Damit ist die Klägerin aber ihrer entsprechenden Behauptungslast (vgl dazu Reischauer in Rummel2 § 1336 ABGB Rz 18 mwN) nicht nachgekommen. Ob ein Beweisnotstand aufgetreten wäre, kann wegen des Fehlens eines ausreichend deutlichen Vorbringens nicht beurteilt werden. Die Klägerin hat auch nicht etwa in ihrer Berufung einen möglichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens infolge der Nichterörterung der Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechts iSd § 182 ZPO geltend gemacht (SZ 58/152). Daß die beklagte Partei das Vorbringen der Klägerin, es wäre kein Schaden eingetreten, mangels substantiierter Bestreitung anerkannt hätte, ist nicht zutreffend.
Auf Fragen der Übermäßigkeit der Vertragsstrafe - die nach stRspr insbesonders dann vorliegt, wenn der erlittene Schaden unverhältnismäßig kleiner ist als der bedungene Vergütungsbetrag (EvBl 1979/170; EvBl 1980/65 uva, zuletzt JBl 1992, 663; RIS-Justiz RS0032138) - kommt es nicht mehr an.
Erhebliche Rechtsfragen stellen sich somit nicht zur Beurteilung.
Die Revision ist zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 40 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen.
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