Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger, die Betriebsratswahl vom 17.3.1994 für ungültig zu erklären. Die wesentliche Meinungsverschiedenheit zwischen der klagenden Partei und dem beklagten Betriebsrat besteht darin, ob für die Wiener Niederlassung der klagenden Partei ein eigener Betriebsrat zu wählen ist oder nicht. Die klagende Partei bestritt das Vorliegen eines Betriebes im Sinne des § 34 ArbVG. Die dort in einem Teilbereich durchgeführte Betriebsratswahl sei daher ungültig.
Die beklagte Partei beantragt die Klageabweisung mit der Behauptung, daß dem Wiener Baustellenbüro Betriebsqualifikation zukomme.
In der mündlichen Streitverhandlung vom 29.1.1996 brachte die Beklagte vor, daß für den Wiener Betrieb eine GesmbH gegründet worden sei und es dadurch außer Zweifel stehe, daß es sich hiebei um einen Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn handelt. Es sei somit auch das rechtliche Interesse der Klägerin an der Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl weggefallen.
Die klagende Partei stellte hiezu außer Streit, daß die Arbeitsstätte in Wien durch Umstrukturierungsmaßnahmen, Änderungen der Entscheidungszuständigkeit und organisatorische Änderungen spätestens seit Mitte 1995 ein eigenständiger Betrieb im Sinne des § 34 ArbVG geworden sei. Es stehe aber nicht außer Streit, ob die Arbeitsstätte auch zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl ein eigenständiger Betrieb gewesen sei.
Aufgrund dieser Außerstreitstellung wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es führte aus, daß die Anfechtung einer Betriebsratswahl mit einer Rechtsgestaltungsklage erfolge; maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Schluß der mündlichen Streitverhandlung. Zu diesem Zeitpunkt liege daher der Anfechtungsgrund, der sich auf das Nichtvorhandensein eines Betriebes stütze, nicht vor, sodaß die Klageabweisung gerechtfertigt sei. Auch den weiteren Anfechtungsgrund, daß die Betriebsratswahl ihrer Art und ihrem Umfang nach mangelhaft gewesen sei, es seien zu wenig Betriebsratsmitglieder gewählt worden, verneinte das Erstgericht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Mit der Außerstreitstellung der Betriebseigenschaft mit Wirkung Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz sei nichts gewonnen, weil die Betriebseigenschaft zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl vorliegen müsse. Das Nichtvorliegen eines Betriebes zum Zeitpunkt der Wahl sei im Wege der Anfechtung der Wahl nach § 59 Abs 2 ArbVG bekämpfbar. Über das Vorliegen der Betriebseigenschaft zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl seien aber keinerlei Feststellungen getroffen worden.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil in Stattgebung des Rekurses wiederherzustellen.
Die klagende Partei stellte den Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung erfolgte Ungültigkeitserklärung der Betriebsratswahl nach § 59 Abs 2 ArbVG beendet die nach § 61 Abs 1 ArbVG begonnene Tätigkeitsperiode des gewählten Betriebsrats. Als rechtsgestaltende Entscheidung wirkt sie nicht auf die Wahl zurück, sondern wirkt ex nunc (Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG Band 2, 289, 300; Floretta in Floretta/Strasser, KommzArbVG 342, 352; DRdA 1996/31 [Trost]; 9 ObA 2079/96t; 9 ObA 2187/96z). Der ungültig gewählte Betriebsrat übt daher bis zur Ungültigerklärung der Wahl Betriebsratsfunktionen aus; seine Rechtshandlungen werden durch die Wahlanfechtung nicht vernichtet. Erst von der Ungültigkeitserklärung der Wahl ab, können wirksame Rechtshandlungen nicht mehr vorgenommen werden. Die Entscheidung des Gerichtes beendet die Tätigkeitsperiode des Betriebsrats vorzeitig (Haas-Laßnigg aaO, 304 f; DRdA 1996/31 [Trost]).
Die Prüfung, ob eine Betriebsratswahl unzulässig war, ist jedoch auf den Zeitpunkt der Wahl abzustellen. Es sind nämlich Fehler im Wahlverfahren zu prüfen (Floretta aaO, 339), die zu einer ungültigen Wahl geführt haben. Die Außerstreitstellung der Betriebseigenschaft für einen Zeitpunkt nach abgeschlossener Betriebsratswahl hat wie die Feststellung der Betriebseigenschaft nach § 34 Abs 2 ArbVG keine Auswirkung auf den Bestand und die Tätigkeitsdauer eines bereits für diesen Bereich gewählten Betriebsrats (Schrammel, Einige Fragen zur Betriebsratswahl im "Nichtbetrieb", ZAS 1977 206; Tomandl, Offene Fragen des Betriebsverfassungsrechts, 44; Arb 9805). Diese Feststellung hat bindende Wirkung solange sich die Voraussetzungen nicht wesentlich geändert haben und hat nur insofern Bedeutung, als in einem anderen Verfahren, in dem das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Betriebes Vorfrage ist, von dieser Feststellung auszugehen ist (DRdA 1985, 318), was aber nicht auf einen Zeitpunkt vor Vorliegen der Betriebseigenschaft zurückwirkt.
Im vorliegenden Fall ist die Betriebsratswahl rechtzeitig angefochten worden, sodaß eine Sanierung der Unzulässigkeit derselben durch Versäumung der Anfechtungsfrist nicht eingetreten ist (Tomandl aaO, 32). Die nachträgliche Außerstreitstellung oder der Eintritt der Betriebseigenschaft saniert daher eine allfällige unzulässige Betriebsratswahl nicht. Die Unzulässigkeit ist nur dann zu verneinen, wenn im Zeitpunkt der angefochtenen Wahl ein Betrieb vorhanden war, sodaß die Betriebsratswahl in diesem Zeitpunkt nicht unzulässig war. Erst durch den späteren Eintritt der Betriebsqualifikation werden nur die Voraussetzungen für eine neue zulässige Betriebsratswahl geschaffen.
Anders ist die Sachlage zu beurteilen, wenn eine nicht wählbare Person in den Betriebsrat gewählt wird. Es ist dann nicht die Betriebsratswahl als Ganzes, sondern nur die Wahl dieser Person (§ 64 Abs 4 ArbVG) mit der Wirkung anfechtbar, daß dem betreffenden Betriebsratsmitglied die Mitgliedschaft vom Gericht aberkannt wird (Haas-Laßnigg aaO, 326). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes abzustellen (Floretta aaO, 364; Haas-Laßnigg aaO, 326), weil sich das Erlöschen des Mandats auf Umstände stützen kann, die erst nach der Wahl zum Betriebsratsmitglied eingetreten sind, als auch auf Umstände, die bereits vor der Wahl die passive Wahlberechtigung ausgeschlossen haben.
Die vom Rekurswerber zitierte Judikatur, die sich nur auf den Mangel der Wählbarkeit des Betriebsratsmitglieds zum Zeitpunkt der Wahl bezieht, der als saniert gilt, wenn die Wählbarkeit zur Zeit der Entscheidung gegeben ist (Arb 9635, 9827, 9929) hat daher lediglich auf das Mandat des betroffenen Betriebsrats Auswirkungen und muß mit eigener Klage des Betriebsinhabers geltend gemacht werden. Gegenstand dieses Verfahrens ist aber die Unzulässigkeit der gesamten Betriebsratswahl wegen des Fehlens der Betriebseigenschaft.
Es ist daher dem Berufungsgericht beizupflichten, daß das Vorliegen der Betriebseigenschaft im Zeitpunkt des Wahlverfahrens zu prüfen ist.
Da die Anfechtung einer Betriebsratswahl vom 17.3.1994 geltend gemacht wird, ist für die aktive Klagelegitimation entscheidend, ob sie zum Zeitpunkt der Wahl und der Anfechtung bestand, worüber ebenfalls keine Feststellungen vorliegen. Ob nachträglich eine Rechtsnachfolge in der Betriebsinhabung stattgefunden hat, berührt die Prüfung eines zur Zeit der Betriebsinhabung durch die Klägerin abgeführten Wahlverfahrens nicht, weil das Prüfungsergebnis stichtagsbezogen ist, wenn auch die Rechtsfolgen einer allfälligen unzulässigen Betriebsratswahl den Rechtsnachfolger betreffen. Durch einen bloßen Wechsel in der Betriebsinhabung ist der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nicht offenkundig geworden, zumal die Klägerin vorgebracht hat, daß ein rechtliches Interesse weiterhin bestehe und sich lediglich die Rechtsform des Unternehmens geändert habe.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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