OGH 11Os14/97 (11Os40/97)

OGH11Os14/97 (11Os40/97)29.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sturmayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf R***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 12.November 1996, GZ 24 Vr 2826/96-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen §§ 146, 147 Abs 2 StGB (Punkt 1) des Urteilssatzes) und demgemäß im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung und die Widerrufsentscheidung sowie im Adhäsionserkenntnis aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf R***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachstehend angeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese Personen oder andere am Vermögen schädigten, wobei der Schaden insgesamt 25.000 S überstieg, und zwar

1) am 5.September 1996 in Reutte die Isolde St***** zur Überlassung eines PKWs im Wert von ca 80.000 S durch Täuschung über die Absicht zur Reparatur und Rückgabe des Fahrzeuges;

2) durch Täuschung über seine Zahlungsunfähigkeit und Zahlungswilligkeit in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Einmiet- und Konsumationsbetrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

a) in der Zeit vom 11. bis zum 13.September 1996 in Passau Verfügungsberechtigte des Hotels "Sp*****" zur Überlassung von Quartier und Konsumation im Wert von 235,20 DM;

b) im Zeitraum vom 13. bis zum 16.September 1996 in Linz Verfügungsberechtigte des Hotels "W*****" zur Überlassung eines Quartiers im Wert von 2.100 S;

c) zwischen 13. und 16.September 1996 in Linz Verfügungsberechtigte eines unbekannten Lokales zur Überlassung von Getränken, Speisen und Zigaretten im Gesamtwert von ca 400 S;

d) am 16.September 1996 in Kirchdorf an der Krems Verfügungsberechtigte des Gasthauses "Z*****" zur Gewährung von Quartier; Schaden 380 S.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen betrügerischen Herauslockens eines PKWs (Punkt 1) richtet, Berechtigung zukommt:

Nach den insoweit maßgebenden Feststellungen hat der Angeklagte am 5. September 1996 in Reutte (Tirol) Isolde St***** deren PKW unter dem Vorwand herausgelockt, ihn zur Reparatur von Rostschäden nach Oberösterreich zu bringen und am 9.September 1996 repariert wieder zurückzustellen. Tatsächlich hatte er von vornherein beabsichtigt, zumindest einige Wochen "wie ein Eigentümer über das Fahrzeug zu verfügen" und es nicht zurückzugeben. In der Folge fuhr der Angeklagte mit dem PKW nach Frankfurt, Nürnberg und Passau und legte insgesamt bis zu seiner mit der Sicherstellung des Fahrzeuges verbundenen Festnahme am 17.September 1996 in Windischgarsten ca 3.000 km zurück. Nicht auszuschließen vermochte das Erstgericht, daß der Angeklagte plante, das Fahrzeug nach einigen Wochen mit montierten Kennzeichen irgendwo in Österreich zurückzulassen und er für diesen Fall mit der Ausforschung der Eigentümerin St***** sowie der Rückstellung des Fahrzeuges an sie rechnete (US 5, 7).

Abgesehen davon, daß letztere Annahme vorliegenden falls dem festgestellten Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, worauf die Beschwerde zutreffend verweist, widerstreitet (Z 5), entbehrt diese Konstatierung auch einer zureichenden Begründung. Das Erstgericht stützt diese Feststellung nämlich nur auf die tatsächliche Nutzungsdauer des PKWs (von zwölf Tagen) sowie auf die Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren, wonach er den PKW in "Veruntreuungsabsicht" übernommen habe (S 23), um von seiner in Reutte/Tirol lebenden Freundin wegzukommen und das Fahrzeug einfach eine Zeit lang zu benutzen (S 36). Es übergeht aber die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung mit Stillschweigen, wonach er ursprünglich vorhatte, mit dem Auto (aus Reutte) bloß wegzufahren und es dann irgendwo stehen zu lassen, in der Folge aber immer weitergefahren sei (S 131). Diese unerörtert gebliebene (Betrugsvorsatz in Abrede stellende) Verantwortung läßt aber auch unter Berücksichtigung der vom Erstgericht angestellten Erwägungen Tatsachenfeststellungen zu, die gegebenenfalls eine Beurteilung der Tat als unbefugten Gebrauch eines Fahrzeuges (§ 136 Abs 1 StGB), allenfalls in Verbindung mit dauernder Sachentziehung (§ 135 StGB) oder als Veruntreuung (§ 133 StGB) nicht ausschließen.

In diesem Umfang war daher der Schuldspruch aufzuheben und eine Verfahrenserneuerung anzuordnen, worauf der Beschwerdeführer mit seiner Subsumtionsrüge (Z 10) zu verweisen war.

Dem Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Einmiet- und Zechbetruges (2 a bis d) haftet dagegen weder ein Begründungsmangel noch ein Rechtsirrtum an.

Die gewerbsmäßige Tatbegehung wurde mit dem Hinweis auf die Tatumstände (mehrfach wiederholte Einmiet- und Zechbetrügereien des unbemittelten Angeklagten, der zudem geplant hatte, in dem von ihm zuletzt ohne Bezahlung benutzten Gasthaus noch öfter zu nächtigen) und auf das durch gleichartige, monatelang fortgesetzte Straftaten geprägte Vorleben des Angeklagten zureichend begründet (US 7 und 8).

Der Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider muß ein gewerbsmäßig handelnder Täter auch keineswegs darauf abzielen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine regelmäßige und ständige Einnahmsquelle zu verschaffen. Für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit genügt vielmehr (auch gemäß der zur Stützung des Beschwerdevorbringens zitierten Entscheidung EvBl 1975/259) die aus der - wenn auch erst einmaligen - Tat erkennbare Absicht des Täters, sich durch die Wiederholung der strafbaren Handlung eine für längere Zeit wirksame, der Sicherstellung zumindest eines Teiles des Unterhaltes oder eines zusätzlichen Aufwandes dienende Einkommensquelle zu erschließen. Die in der Legaldefinition der Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) verwendeten Begriffe "wiederkehrend" und "fortlaufend" bedeuten nämlich nicht "zeitlich unbegrenzt" (JBl 1989, 732). Die Erschließung fortlaufender, dh für einen längeren Zeitraum wirksamer Einnahmen aus der wiederkehrenden Begehung von Straftaten kann sich vielmehr auch jemand zum Ziel setzen, der seinen Lebensunterhalt nicht ständig und überwiegend aus Straftaten bestreitet. Eine solche Absicht ist daher auch bei zahl- und zeitmäßig begrenzter Tatbegehung denkbar (EvBl 1983/135, 13 Os 23/90).

Der längere Tatzeitraum, für welchen sich der Täter durch Wiederholung gleichartiger Straftaten ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen trachtet, muß - den weiteren Beschwerdeausführungen zuwider - auch keineswegs "zumindest etwa drei Monate" dauern. In der vom Angeklagten in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung JBl 1989, 732 wird lediglich fallbezogen ein derartiger Zeitraum jedenfalls als ausreichend für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit bezeichnet. Eine bestimmte Mindestdauer dieses "längeren Zeitraumes" wird weder vom Gesetz noch von der Judikatur verlangt, vielmehr reicht es auch aus, daß der Täter - wie hier - seine strafbaren Handlungen über einen Zeitraum von "zumindest einigen Wochen" mit gewerbsmäßiger Tendenz zu wiederholen beabsichtigte (vgl 12 Os 97/95).

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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