OGH 8Ob2155/96m

OGH8Ob2155/96m24.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Brandstetter, Politzer & Pritz, Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr.Hans P*****, wider die beklagte Partei Dr.Robert K*****, vertreten durch Dr.Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,000.000,- sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23.Jänner 1996, GZ 11 R 228/95-25, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In der von der klagenden Partei erhobenen außerordentlichen Revision macht diese geltend, daß sich die Vorinstanzen mit erheblichen Rechtsfragen nicht ausreichend auseinandergesetzt bzw bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhaltes die oberstgerichtliche Judikatur zur hohen Sorgfaltspflicht des Treuhänders bei mehrseitiger Treuhand nicht beachtet hätten. Dies gelte insbesondere für die Frage der Zulässigkeit der Auszahlung der Treuhandvaluta vor Vorliegen aller Verbücherungsvoraussetzungen bzw für die Frage der Haftung, falls die Pfandrechtsverbücherung in der Folge unterbleibe; zur erhöhten Sorgfaltspflicht bei der Übertragung der Treuhandschaft bzw der Übernahme der Treuhandunterlagen an einen neuen Treuhänder fehle oberstgerichtliche Judikatur. Der Treuhänder habe seine Warnpflicht verletzt.

Dem ist zu erwidern, daß die Übernahme von mehrseitigen Treuhandschaften bei Liegenschaftsverkäufen mit Finanzierung des Kaufpreises durch Kreditinstitute zwar durchaus häufig ist, daß es sich hier aber dennoch um einen Einzelfall handelt, dem keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zuerkannt werden kann, weil sich die Beurteilung der Vorinstanzen, daß der beklagte Rechtsanwalt seine hohe Sorgfaltspflicht (§ 1299 ABGB) bei Abwicklung der Treuhandschaft nicht verletzt habe, im Rahmen der oberstgerichtlichen Judikatur hält und insbesondere der von der Rechtsmittelwerberin zitierten zahlreichen Judikatur nicht widerspricht. Es kommt nämlich darauf an, wozu sich der mehrseitige Treuhänder in concreto verpflichtet hat.

Der Treuhänder war nach der von der klagenden Partei - die als kreditgewährende Bank über entsprechende Fachkenntnisse verfügt und nicht besonders beraten werden muß - selbst verfaßten Treuhandvereinbarung lediglich verpflichtet dafür zu sorgen, daß bei Auszahlung des kreditierten Kaufpreises an den Erstverkäufer alle Voraussetzungen für die Eintragung des Pfandrechtes der klagenden Partei gegeben sind. Aus den mit dem Treuhandannahmeschreiben mitübersandten Kaufverträgen war ersichtlich, daß der Kaufpreis an die GmbH (Zweitverkäufer) sofort fällig war und der restliche Kaufpreis an den Erstverkäufer (Ing.S*****) nach Vorliegen der erforderlichen Urkunden für die Einverleibung ausgefolgt werden sollte. Die klagende Partei nahm das Treuhandannahmeschreiben kommentarlos zur Kenntnis, ohne den Beklagten darauf hinzuweisen, daß nach ihren Vorstellungen der kreditierte Kaufpreis erst nach Einverleibung ihres Pfandrechtes überwiesen werden dürfe; sie wies ihn also auf einen möglichen Dissens nicht hin, sodaß der Beklagte annehmen durfte, daß die klagende Partei mit der Auszahlung des Kaufpreises an den Erstverkäufer (Ing.S*****) auch vor Einverleibung des Pfandrechtes einverstanden war, sofern nur die hiefür nötigen Urkunden in verbücherungsfähiger Form vorlagen.

Da der Beklagte bei Vorliegen aller Voraussetzungen für die Eintragung des Eigentumsrechts und des Pfandrechts zur Auszahlung des Gesamtkaufpreises an den Erstverkäufer jedenfalls berechtigt, bzw diesem gegenüber hiezu auch verpflichtet war und die klagende Bank dies wußte, kann sie aus der danach erfolgten Überweisung keine Verletzung der Treuhandverpflichtung des Beklagten ihr gegenüber ableiten. Darauf, ob dies die übliche Vorgangsweise ist, kommt es nicht an. Die selbst branchenkundige Bank hat sich dem Treuhänder gegenüber damit zufrieden gegeben, daß das Pfandrecht zum Zeitpunkt der Auszahlung des Kaufpreises an den Verkäufer einverleibbar ist, und nicht verlangt, daß es bereits intabuliert ist.

Daß sich der Beklagte bei Auszahlung des Kaufpreises an den Erstverkäufer mit der vorerst nur mündlich avisierten grundverkehrsbehördlichen Genehmigung und Freilassungserklärung der Z begnügte, tut nichts zur Sache, weil diese Vorgangsweise zwar auf sein Risiko ging, aber die vorerst nur mündlichen Zusagen ohnedies danach problemlos schriftlich bestätigt wurden und für das Unterbleiben der pfandrechtlichen Sicherstellung, die der Beklagte vertragsgemäß bis 31.3.1992 zu bewerkstelligen gehabt hätte, in keiner Weise kausal waren.

Hiefür war vielmehr kausal, daß die klagende Bank den Beklagten vor diesem Zeitpunkt, nämlich im Spätsommer 1991, aufforderte, die Unterlagen an Dr.P***** zu übergeben, der neuer Treuhänder werden sollte; der Beklagte bemühte sich auch auftragsgemäß um Übernahme der Treuhandschaft durch Dr.P*****, die ihm dieser auch schriftlich zusagte. Wenn hierauf der Beklagte Dr.P***** alle Unterlagen in aufgelisteter Form übermittelte und hievon die klagende Bank verständigte, kann hierin kein unsorgfältiges Verhalten des Beklagten erblickt werden. Daß die klagende Bank damals unter einem auch erklärte, den Beklagten vor Übernahme der Treuhandschaft durch Dr.P***** nicht aus seiner Haftung als Treuhänder zu entlassen, kann nur die Konsequenz haben, daß die Haftung des Beklagten für die vor Übergabe der Unterlagen liegenden Handlungen und Unterlassungen aufrecht bleibt; für die Zeit danach war dem Beklagten die Möglichkeit zur Durchführung des Treuhandauftrages durch Einverleibung des Eigentumsrechtes des Darlehensnehmers und des Pfandrechtes der klagenden Partei entzogen, da hiefür entsprechende Urkunden erforderlich sind, die er auftragsgemäß bereits weitergeleitet hatte.

Da der Beklagte den teilweise durch Darlehen finanzierten Kaufpreis an den Erstverkäufer Ing.S***** somit nicht rechtswidrig, sondern vertragsgemäß auszahlte und für die grundbücherliche Einverleibung des Pfandrechtes, für das er bereits alle nötigen Urkunden in Händen hatte, vertragsgemäß noch ein halbes Jahr Zeit hatte, kann ihm kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß das Pfandrecht im Zeitpunkt der angeordneten Übergabe der Unterlagen noch nicht intabuliert war; nach diesem Zeitpunkt war ihm - wie ausgeführt - die Veranlassung der Intabulierung naturgemäß mehr möglich.

Die außerordentliche Revision der klagenden Bank ist daher zurückzuweisen.

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