OGH 3Ob131/97d

OGH3Ob131/97d23.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Bank ***** Aktiengesellschaft, 6021 Innsbruck, Erlerstraße 5-9, vertreten durch Dr.Ernst Chalupsky, Dr.M. Gumpoldsberger und Dr.Alexander Anderle, Rechtsanwälte in Wels, wider die verpflichteten Parteien 1) Eva-Angelika L*****, und 2) Mag.Christian B*****, vertreten durch Dr.Axel Reckenzaun, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter in dem zu 50 S 8/97 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz eröffneten Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der zweitverpflichteten Partei, wegen Bewilligung der Zwangsversteigerung (betriebene Forderung 1,991.907 S sA), infolge Revisionsrekurses der zweitverpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Wels als Rekursgerichts vom 15.Jänner 1997, GZ 22 R 678/96d-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Gmunden vom 29.November 1996, GZ 5 E 6576/96g-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der zweitverpflichteten Partei wird nicht Folge gegegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Exekutionsbewilligung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Aufgrund der vollstreckbaren Versäumungsurteile des Landesgerichts Wels vom 31.Mai 1996, AZ. 3 Cg 125/96h, und des Landesgerichts Graz vom 9.September 1996, AZ. 11 Cg 110/96m, wird der betreibenden Partei wider die verpflichteten Parteien zur Hereinbringung ihrer unter C-LNr 3 auf den Anteilen 12 und 13 der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** bis zum Höchstbetrag von 2,860.000 S pfandrechtlich sichergestellten vollstreckbaren Forderung von 1,991.907 S samt 10 % Zinsen seit 19.März 1996 sowie der Kosten des Exekutionsantrags von 16.740,68 S (darin 1.906,78 S Umsatzsteuer und 5.300 S Barauslagen) die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums (je 2740/20.000 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, C-LNr 12 und 13, verbunden mit Wohnungseigentum an W 5) der verpflichteten Parteien bewilligt.

Das Bezirksgericht Gmunden hat die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens als Grundbuchsgericht anzumerken."

Die zweitverpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Verpflichteten sind (offenbar geschiedene) Ehegatten und und zu je 2740/20000 Anteilen Miteigentümer einer Liegenschaft, womit Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung in der gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 angeordneten Verknüpfung verbunden ist. Aufgrund eines vollstreckbaren Versäumungsurteils des Landesgerichts Wels vom 31.Mai 1996 ist die Erstverpflichtete schuldig, der betreibenden Partei 1,991.907 S samt 10 % Zinsen seit 19.März 1996 zu bezahlen. Aufgrund eines weiteren vollstreckbaren Versäumungsurteils des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 9.September 1996 ist auch der Zweitverpflichtete schuldig, der betreibenden Partei 1,991.907 S samt 10 % Zinsen seit 19.März 1996 zu bezahlen. Aufgrund der Pfandurkunde vom 8.März 1991 ist der gesamte Mindestanteil der (jetzt offenbar geschiedenen) Ehegatten zur Sicherstellung einer Forderung der betreibenden Partei bis zum Höchstbetrag von 2,860.000 S hypothekarisch belastet. Über das Vermögen des Zweitverpflichteten wurde mit Beschluß des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Februar 1997 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Dem Zweitverpflichteten wurde die Eigenverwaltung über die Konkursmasse entzogen und Dr.Axel Reckenzaun, Rechtsanwalt in Graz, zum Masseverwalter bestellt.

Am 13.November 1996 beantragte die betreibende Partei aufgrund der oben bezeichneten Exekutionstitel die Bewilligung der Exekution durch Zwangsversteigerung des den Verpflichteten gehörenden gesamten Mindestanteils zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 1,991.907 S samt 10 % Zinsen seit 19.März 1996 und brachte überdies vor, "gegenständliches Pfandrecht" diene "zur Realisierung des bereits bestehenden Pfandrechts".

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab, weil die begehrte Zwangsvollstreckung gem § 9 Abs 2 WEG 1995 nur aufgrund eines "beide Verpflichteten zur ungeteilten Hand zur Zahlung verurteilenden Exekutionstitels" hätte bewilligt werden können.

Das Rekursgericht gab dem Exekutionsantrag dagegen statt und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund deshalb nicht vorliege, weil sich aus den dem Begehren auf Bewilligung der Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils zugrundeliegenden Exekutionstiteln eindeutig eine Soldiarhaftung der Verpflichteten für "ein- und dieselbe Forderung" ergebe. Die betreibende Partei hätte zwar "in die Urteilsbegehren einen Hinweis auf die Solidarhaftung mit dem jeweils anderen Verpflichteten" aufnehmen können, die Unterlassung eines solchen Hinweises rechtfertige jedoch nicht die Abweisung des Exekutionsantrags. Weil gegen beide Verpflichteten je "ein völlig gleichlautender Titel, wenn auch aus unterschiedlichen Verfahren und von verschiedenen Gerichten" bestehe, liege auch kein Anwendungsfall des § 9 Abs 2 Satz 2 WEG 1975 vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Zweitverpflichteten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat sprach in 3 Ob 8/96 (RZ 1997/17 = RPflSlgE

1996/118 = JUS Z 2055, 2082) aus, daß das Absonderungsrecht an

Massebestandteilen mit Wirkung für die Konkursmasse wider den durch den Masseverwalter vertretenen Verpflichteten ausgeübt wird. Demnach ist die Beziehung des Masseverwalters zum Gemeinschuldner bei der von einem Absonderungsgläubiger betriebenen Zwangsversteigerung einer Liegenschaft (oder von Liegenschaftsanteilen) als Fall einer gesetzlichen Vertretung aufzufassen.

Das durch die KO-Nov 1993 BGBl 974 normierte Schuldenregulierungsverfahren für natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben, ist ein Konkursverfahren (Mohr, Privatkonkurs [1994] 8). Wird dem Schuldner - wie hier dem Zweitverpflichteten - die Eigenverwaltung entzogen, verliert er die Verfügungsmacht über die Konkursmasse (Mohr aaO 13). Es ist dann ein Masseverwalter zu bestellen, der alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte, für die dem Schuldner die Befugnis mangelt, mit Wirkung für die Masse und für die Konkursgläubiger vornehmen kann (Mohr aaO 14). Hier fiel der halbe Mindestanteil des Zweitverpflichteten durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens in die Konkursmasse (ZIK 1996, 207). Absonderungsgläubiger sind jedoch - neben anderen Personen - von der in § 206 KO angeordneten Exekutionssperre ausgenommen (Jelinek, KO4 [MTA] Anm zu § 206; Mohr aaO 17, 23). Die Beziehung des Masseverwalters zum Schuldner ist daher - wie in anderen Konkursverfahren - auch bei der von einem Absonderungsgläubiger während eines Schuldenregulierungsverfahrens betriebenen Zwangsversteigerung einer Liegenschaft (oder von Liegenschaftsanteilen) als gesetzliche Vertretung anzusehen.

Der betreibende Gläubiger kann im Exekutionsantrag auf die Identität der betriebenen mit einer bereits hypothekarisch sichergestellten Forderung hinweisen und damit erreichen, daß darauf im Beschluß auf Exekutionsbewilligung Bezug genommen wird. Ein solcher Hinweis erübrigt sich jedoch dann, wenn sich die Identität schon eindeutig aus jenem Titel ergibt, den der betreibende Gläubiger seinem Exekutionsantrag zugrundelegt (NZ 1985, 191). Sind keine Umstände aktenkundig, die einer Exekutionsbewilligung entgegenstehen, muß der betreibende Gläubiger daher auch nicht bereits mit dem Exekutionsantrag dartun, die betriebene Forderung sei auf der zu versteigernden Liegenschaft oder auf den zu versteigernden Liegenschaftsanteilen durch ein bücherliches Pfandrecht gesichert. Er kann vielmehr den kraft dieses Pfandrechts besseren Befriedigungsrang auch noch im Meistbotsverteilungsverfahren geltend machen und dort urkundlich nachweisen, daß seine vollstreckbare Forderung in dem für diese früher erworbenen und durch die Konkurseröffnung nicht berührten Absonderungsrecht Deckung findet. Beantragt dagegen der Masseverwalter gemäß § 12 Abs 2 KO die Einstellung des Verwertungsverfahrens, weil das durch die Exekutionsbewilligung im Rang der Einbringung des Zwangsversteigerungsantrags begründete Befriedigungsrecht - wie hier gegen den Zweitverpflichteten - innerhalb der letzten 60 Tage vor Konkurseröffnung erworben wurde, kann der betreibende Gläubiger eine derartige Beschlußfassung durch den Nachweis abwehren, daß für die betriebene Forderung ein schon früher erworbenes und durch die Konkurseröffnung nicht berührtes Absonderungsrecht bücherlich einverleibt wurde (JUS Z 1359). Wird daher die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils gemäß § 9 Abs 2 WEG 1975 - wie hier - vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Ehegatten beantragt und bewilligt, kann in dem vom betreibenden Gläubiger schließlich erst im Meistbotsverteilungsverfahren zu erbringenden Nachweis der Identität der betriebenen mit der pfandrechtlich sichergestellten Forderung noch keine Umgehung der im Schuldenregulierungsverfahren geltenden Exekutionssperre für Forderungen liegen, die nicht durch konkursfeste Absonderungsrechte gesichert sind, steht es doch dem Masseverwalter bei fehlender Identität der betriebenen mit der durch ein konkursfestes Absonderungsrecht gesicherten Forderung frei, gemäß § 12 Abs 2 KO die Einstellung des Verwertungsverfahrens zu beantragen. Es ist daher im derzeitigen Verfahrensstadium nicht anzunehmen, daß die betreibende Partei infolge der Exekutionsbewilligung ein exekutives Absonderungsrecht im Verhältnis zum Zweitverpflichteten erworben hätte, auf das § 12 Abs 1 KO anwendbar wäre und das deshalb die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils wegen der in § 9 Abs 2 Satz 1 WEG 1975 angeordneten besonderen Verbindung der jeweils halben Mindestanteile der Ehegatten verhindern könnte. Derartiges wird vom Masseverwalter im Revisionsrekurs auch nicht behauptet. Dieser vertritt vielmehr den Standpunkt, eine Exekutionsbewilligung setze - entsprechend der Rechtsansicht des Erstgerichts - eine "titelmäßig festgestellte Solidarverpflichtung" beider Verpflichteten voraus. Das trifft jedoch nicht zu.

Nach den Gesetzesmaterialien (AB 1681 BlgNR 13.GP 5) sollen durch § 9

Abs 2 WEG 1975 "die Rechte des anderen Ehegatten gegen den kein

Exekutionstitel besteht und dem daher die Hälfte des Meistbots

abzugsfrei zusteht, ... durch die vorgesehene Beteiligtenstellung und

Rechtsmittellegitimation gewahrt" werden. Die exekutionsrechtlichen

Sonderbestimmungen in § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 WEG 1975 greifen daher

lediglich "bei Schulden nur eines Ehegatten" ein (Dirnbacher,

Wohnungseigentumsgesetz i.d.F. der Novellen 1997, 63). Bestehen

dagegen (titulierte und vollstreckbare) Ansprüche gegen beide

Ehegatten, ist die Exekution auf den gesamten Mindestanteil ohne

Besonderheiten zulässig (Schweighofer, Lebensgemeinschaft,

Ehegattenwohnungseigentum und die eingetragene Erwerbsgesellschaft,

WoBl 1996, 95 [102]). Deshalb betont auch die Rechtsprechung immer

wieder, die hier erörterten Sonderbestimmungen seien nur anwendbar,

wenn ein Exekutionstitel bloß gegen einen Ehegatten bestehe (SZ 65/66

= JUS Z 1091, 1094; NZ 1992, 60 = MietSlg 42.433 = JUS Z 686; WoBl

1991, 18 [zustimmend Call] = EvBl 1990/132 = MietSlg 42.432/18 =

EFSlg 64.300 = JUS Z 475). Beantragt dagegen der betreibende

Gläubiger - wie hier - aufgrund je eines gegen jeden Ehegatten erwirkten Exekutionstitels über Forderungen in gleicher Höhe die Bewilligung der Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und macht er nach dem Inhalt seines Exekutionsantrags eine Solidarschuld, also inhaltlich weniger geltend, als er aufgrund der beiden Exekutionstitel ohne Hinweis auf eine Solidarverbindlichkeit betreiben könnte, stehen die Bestimmungen des § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 WEG 1975 einer Exekutionsbewilligung nicht entgegen, könnte doch aufgrund solcher Exekutionstitel - nach dem vom Gesetzgeber in den Materialien behandelten Regelungszweck - jedenfalls keinem der Ehegatten "die Hälfte des Meistbots abzugsfrei" zustehen. Die erörterten Sonderbestimmungen wollen daher nur den Ehegatten schützen, der nicht auch selbst aufgrund eines vollstreckbaren Exekutionstitels Schuldner des betreibenden Gläubigers ist. Die Bewilligung der Zwangsversteigerung des gesamten Mindestansteils setzt daher nicht jedenfalls Exekutionstitel voraus, nach deren Inhalt die Ehegatten für ein und dieselbe Forderung solidarisch haften. Einem Exekutionsantrag kann vielmehr auch dann stattgegeben werden, wenn dem Begehren auf Zwangsversteigerung Exekutionstitel zugrundeliegen, die sich auf je eine gesonderte vollstreckbare Forderung gegen jeden der beiden Ehegatten beziehen.

Die Bestimmung des § 11 WEG 1975 ist hier nicht von Bedeutung, weil die Verbindung der halben Mindestanteile der (jetzt offenbar geschiedenen) Ehegatten gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 WEG 1975 nach wie vor aufrecht ist.

Der beantragten Exekutionsbewilligung steht daher kein rechtliches Hindernis entgegen. Die vom betreibenden Gläubiger behauptete, jedoch aus den dem Vollstreckungsbegehren zugrundegelegten Exekutionstiteln nicht ableitbare Identität der betriebenen mit der hypothekarisch sichergestellten Forderung ist durch einen entsprechenden Hinweis in der Exekutionsbewilligung ersichtlich zu machen.

Gemäß § 78 EO sowie § 40 und § 50 ZPO hat der Zweitverpflichtete die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

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