OGH 14Os29/97

OGH14Os29/9722.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bernhard B***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten E***** GmbH gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 8.Oktober 1996, GZ 11 Vr 524/94-117, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt I/1, im Ausspruch der Herbeiführung eines 500.000 S übersteigenden Betrugsschadens und demnach in der rechtlichen Beurteilung der zu Punkt I beschriebenen Taten als Verbrechen nach § 147 Abs 3 StGB sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird eine neue Hauptverhandlung vor dem Erstgericht angeordnet.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe auf Punkt I dieser Entscheidung verwiesen.

IV. Zur Entscheidung über die Berufung der Privatbeteiligten werden (zunächst) die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit von der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde betroffen, wurde Bernhard B***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er in L***** und W*****

I/ mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Angestellte nachgenannter Firmen durch Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen mit einem Gesamtschaden von 5,946.207,28 S verleitete, und zwar

1/ am 4.Feber 1992 den Mag.J***** der A*****-Bank durch die Vorspiegelung, neuwertige Videokassetten zu verkaufen und mit dem Erlös Videotheken zu errichten, zur Auszahlung von insgesamt 8,760.000 S im Rahmen eines "Sale- und Leaseback-Geschäftes" (Schaden der Bank: 5,842.000 S);

2/ im Oktober 1993 Angestellte der Firma E***** GmbH durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der M*****gesmbH zur Durchführung von Installationsarbeiten im Wert von insgesamt 104.207,28 S.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Nur ein effektiver Verlust an Vermögenssubstanz, welcher unmittelbar aus der infolge Täuschung bewirkten Verfügung entstanden ist, stellt einen Schaden im Sinne des § 146 StGB dar (Leukauf-Steininger Komm3 § 146 RN 40).

Zutreffend zeigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) insoweit Feststellungsmängel auf.

Die von ihr ins Treffen geführten Aufzeichungen der A*****-Bank (S 55 bis 77 in Bd III) enthalten nämlich deutliche Hinweise darauf, daß der dem Schuldspruch zu I/1 zugrunde liegende Vertrag der Umschuldung alter Verbindlichkeiten gegenüber diesem Kreditinstitut dienen sollte. Von einer strafrechtlich relevanten Vermögensschädigung könnte in einem solchen Fall mit Bezug auf die umgeschuldeten Beträge nur dann die Rede sein, wenn durch die Tilgung der alten Forderungen eine damit verbunden gewesene Sicherstellung oder Einbringungsmöglichkeit hätte wegfallen sollen (vgl SSt 57/2), wofür eine Basis in den Urteilsgründen fehlt.

Weil statt dessen die erwähnten Aufzeichnungen und die damit in Einklang stehende Verantwortung des Angeklagten auf eine Erhöhung der Sicherheit nicht nur durch weitere Einlagebücher, vielmehr auch durch die dem "Sale- und Leaseback-Geschäft" zugrunde liegenden insgesamt

18.250 Videokassetten (deren Wert die Tatrichter, wenngleich nicht mit je 400 S [ohne USt], so doch mit "ca 100 S bis maximal 200 S pro Kassette" [US 16] bezifferten) hinweisen, lassen die Urteilsfeststellungen selbst unter Berücksichtigung des Ausspruches, wonach dem Angeklagten ein Betrag von knapp einer Million Schilling zur freien Verfügung verblieb (US 21), die Beurteilung, ob durch die Tat ein betrugsrelevanter Schaden der A*****-Bank entstanden ist, nicht zu.

Die solcherart erforderlich gewordene Aufhebung des Schuldspruches zu I/1 (§ 285 e StPO) macht eine Erörterung der darauf bezogenen weiteren Argumente der Rechts- (Z 9 lit a) und Mängelrüge (Z 5) entbehrlich.

Im übrigen (I/2) geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl.

Der Zeuge B***** hat unmißverständlich deponiert, der Angeklagte sei bei der Auftragserteilung gegenüber der Firma E***** GmbH als Geschäftsführer der Firma M*****gesmbH aufgetreten (S 128 f Bd XII). Die Bemerkung, er wisse nicht, "wie das genau war", bedurfte demnach keiner Erörterung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), zumal sogar der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung einräumte, den Auftrag "irrtümlich" erteilt und dabei (bloß) "gedacht" zu haben, "für die Firma V*****" gehandelt zu haben, nicht ohne gleich darauf zuzugeben, daß die Rechnung "an die Firma M***** geschickt" hätte werden sollen (S 139 f Bd XII). Auf die Aussage des Zeugen P***** aber haben sich die Tatrichter zur Frage des Auftraggebers nicht berufen, womit sich die Mängelrüge (Z 5) als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) erweist.

Die Aufhebung des Schuldspruches zu I/1 samt Unterstellung des Betruges unter die Verbrechensqualifikation des § 147 Abs 3 StGB unter Einschluß des Strafausspruches und der Vorhaftanrechnung hat die Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung im aufgezeigten Umfang zur Folge (§ 285 e StPO).

Wegen der Zurückweisung der gegen den Schuldspruch zu I/2 gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde kommt die Entscheidung über die Berufung der Privatbeteiligten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zu (Mayerhofer StPO4 § 285 i E 5), dem die Akten aus Gründen der Verfahrensökonomie zunächst zuzuleiten waren.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

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