OGH 6Ob2275/96v

OGH6Ob2275/96v10.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jie H*, geboren am 1.Juli 1974, * vertreten durch Dr.Karl Endl ua Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr.Zhaohui H*, geboren am 10.Juni 1964, * vertreten durch Dr.Reinhard Junghuber, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 2.Mai 1996, GZ 21 R 123/96a‑32, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 17.November 1995, GZ 20 C 10/95w‑26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1997:E45962

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es lautet:

"Die zwischen den Parteien am 8.9.1992 vor der Stadtregierung Wenzhou/Provinz Zhejiang/Volksrepublik China geschlossene und am 22.12.1992 vor dem Standesamt Bad Reichenhall, Deutschland, wiederholte und dort zu Nr 116/1992 beurkundete Ehe wird geschieden, wobei das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe die beklagte Partei trifft.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 32.666,16 S (darin 990 S Barauslagen und 5.007,72 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 4.058,88 S (darin enthalten 678,48 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen."

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klägerin ist seit 1990 österreichische Staatsbürgerin. Sie begehrt die Scheidung der mit dem Beklagten, der nach wie vor Staatsbürger der Volksrepublik China ist, am 8.9.1992 vor der Stadtregierung Wenzhou/Provinz Zhejiang in der Volksrepublik China und am 22.12.1992 vor dem Standesamt Bad Reichenhall, Deutschland, geschlossenen Ehe.

Anläßlich der Eheschließung in China sei das (vom Magistrat der Stadt Salzburg ausgestellte) Ehefähigkeitszeugnis der Klägerin hinsichtlich des Geburtsdatums verändert worden, weil sie das damals notwendige Mindestalter nach chinesischem Recht noch nicht aufgewiesen habe. Als wegen dieses Umstandes die erforderliche Überbeglaubigung der chinesischen Heiratsurkunde gescheitert sei, hätten die Streitteile in Deutschland neuerlich die Eheschließung vorgenommen. Die Eheschließung in der Volksrepublik China sei jedoch nie annulliert oder für nichtig erklärt worden.

Der Beklagte bestritt die Zerrüttung der Ehe und sein Verschulden und stellte für den Fall des Ausspruches der Ehescheidung den Antrag, das überwiegende Verschulden der Klägerin an der Zerrüttung auszusprechen. Die Eheschließung in der Volksrepublik China sei gültig zustande gekommen, "der Abschluß zweier Ehen sei nicht möglich, die Klägerin könne daher nicht die Scheidung der in Deutschland geschlossenen Ehe, sondern lediglich deren Nichtigerklärung begehren".

Das Erstgericht hat die in China und in Deutschland geschlossene Ehe wegen Verschuldens des Beklagten geschieden. Es traf folgende wesentlichen Feststellungen:

Die Klägerin lebt seit 1979 ständig in Österreich, im Oktober 1990 wurde ihr die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen, zuvor war sie Staatsbürgerin der Volksrepublik China, deren Staatsbürger der Beklagte nach wie vor ist. Anläßlich eines Aufenthaltes in China im Jahre 1991 lernte die Klägerin den Beklagten, der dort als Facharzt tätig war, kennen. Am 8.September 1992 schlossen die Streitteile vor dem Standesamt der Stadtregierung Wenzhou/Provinz Zhejiang der Volksrepublik China die Ehe. Da die am 1.7.1974 geborene Klägerin das nach chinesischem Recht erforderliche Mindestalter noch nicht erreicht hatte und österreichische Staatsbürgerin war, wurde auf Veranlassung der beiden Brautleute auf dem vom chinesischen Standesamt benötigten Ehefähigkeitszeugnis des Magistrates der Stadt Salzburg das Geburtsjahr der Klägerin von 1974 auf 1971 abgeändert, weil es nach ihrer Ansicht sonst nicht, zumindest aber äußerst schwer möglich gewesen wäre, daß der Beklagte seiner Frau nach Österreich zur Aufnahme des gemeinsamen Haushaltes nachfolge. Die Heiratsurkunde hätte in der Folge im Wege des österreichischen Konsulates überbeglaubigt werden müssen. Bei der ersten Vorsprache des Beklagten beim Konsulat wurde er gefragt, warum in der Heiratsurkunde das Geburtsdatum der Klägerin nicht richtig angeführt sei. Dies führte dazu, daß sich der Beklagte nicht mehr darum bemühte, die Überbeglaubigung der Eheschließung in China zu erlangen. Um dennoch die Einreise des Beklagten nach Österreich zu ermöglichen und mit der Klägerin hier, wie dies beabsichtigt war, die eheliche Gemeinschaft zu führen, kam der Beklagte auf Einladung eines Bekannten nach Deutschland. Dadurch ergab sich für die Parteien die Möglichkeit, vor dem Standesamt Bad Reichenhall nochmals die Ehe zu schließen, wobei diesmal gegenüber der Behörde das richtige Geburtsdatum der Klägerin angeführt wurde. Anläßlich dieser am 22.12.1992 durchgeführten Eheschließung teilten die Parteien dem Standesamt Bad Reichenhall nicht mit, daß sie bereits in der Volksrepublik China die Ehe geschlossen hatten. Die Streitteile lebten in der Folge in der Ehewohnung in Salzburg, *. Der Beklagte, der zunächst im Einverständnis mit der Klägerin auf deren Kosten versuchte, deutsch zu lernen und sein medizinisches Doktorat nach Universitätsstudium nostrifizieren zu lassen, kam mit den Studien nicht voran, weigerte sich auch, eine Beschäftigung aufzunehmen und der Klägerin einen Beitrag für einen für seine Bedürfnisse aufgenommenen Kredit zu leisten, ließ sich auch andere Eheverfehlungen zuschulden kommen (Vernachlässigung der Ehefrau, Arbeitsunwilligkeit, Tätlichkeiten gegen die Klägerin, Geschlechtsverkehr gegen deren Willen), verließ die gemeinsame Ehewohnung im Oktober 1994 und löste die eheliche Gemeinschaft auf. Der Klägerin sind keine ins Gewicht fallenden Eheverfehlungen anzulasten.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach § 20 iVm § 18 Abs 1 Z 2 IPRG komme inländisches Recht zur Anwendung. Mangels eines gemeinsamen Pesonalstatutes der Streitteile während der Dauer ihrer Ehe sei das Recht jenes Landes maßgeblich, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Nach § 13 der 1.DVO zum Ehegesetz stehe das Verbot der Doppelehe (§ 8 EheG) einer Wiederholung der Eheschließung nicht entgegen, wenn die Ehegatten Zweifel an der Gültigkeit oder am Fortbestand ihrer Ehe hegten. Solche Zweifel seien hinsichtlich der in der Volksrepublik China geschlossenen Ehe angebracht gewesen, weil dieser ein gefälschtes Ehefähigkeitszeugnis zugrundegelegen sei. Wegen der vorliegenden schweren Eheverfehlungen des Beklagten im Sinne des § 49 EheG, die zu einer Zerrüttung der Ehe geführt hätten, sei die zweimal geschlossene Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten zu scheiden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Es billigte die Feststellungen des Erstgerichtes, aus denen sich das Alleinverschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe ergebe und führte zu der zweimal erfolgten Eheschließung aus, das Erstgericht sei offensichtlich davon ausgegangen, daß beide Eheschließungen der Streitteile gültig seien und habe deshalb beide Ehen geschieden. Eine konkrete Feststellung, daß die Streitteile tatsächlich Zweifel an der Gültigkeit ihrer in China geschlossenen Ehe gehabt hätten, enthalte das Ersturteil nicht, es lägen auch keine entsprechenden Behauptungen oder Beweisergebnisse vor. Aus § 13 der 1.DVzum EheG sei daher nichts zu gewinnen. Da eine nach österreichischem IPR nicht bestehende Ehe nicht Gegenstand einer Scheidung sein könne, sei zu beurteilen, ob die Eheschließung in der Volksrepublik China am 8.9.1992 rechtsgültig zustande gekommen sei. Die Formvorschriften der Eheschließung richteten sich nach § 16 IPRG nach dem Ort der Eheschließung, während deren sachliche Voraussetzungen gemäß § 17 IPRG nach dem jeweiligen Personalstatut der Verlobten, hinsichtlich der Klägerin daher nach österreichischem Recht zu beurteilen seien. Daß Formvorschriften anläßlich der Eheschließung in der Volksrepublik China verletzt worden wären, sei von keiner der Parteien behauptet worden. Es sei nur vorgebracht worden, daß die Klägerin im Hinblick auf ihr damaliges Alter nach chinesischem Recht noch nicht ehefähig gewesen wäre. Für die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung sei aber das Personalstatut der Frau maßgeblich, die nach § 1 Abs 1 EheG bereits ehemündig gewesen sei. Hinsichtlich der Gültigkeit der in der Volksrepublik China geschlossenen Ehe komme es daher nicht auf chinesische Rechtsgrundlagen an. Diese Ehe sei daher als gültig anzusehen. Nach § 24 der 4.DV zum EheG bedürften Entscheidungen ausländischer Behörden über die Auflösung einer Ehe zu ihrer Rechtswirksamkeit eines österreichischen Verwaltungsaktes, nicht aber die Eheschließung selbst. Aus dem Fehlen einer "Überbeglaubigung" der chinesischen Eheschließung sei für die Gültigkeit oder Ungültigkeit nichts zu gewinnen, weil davon lediglich abhängig wäre, ob die Streitteile für den österreichischen Rechtsbereich über eine im Inland verwendbare, das heißt übersetzte und beglaubigte Heiratsurkunde verfügten. Die Streitteile hätten in Deutschland nicht deshalb noch einmal geheiratet, weil sie die chinesische Eheschließung nicht für gültig gehalten, sondern in Österreich über keine beglaubigte Heiratsurkunde verfügt hätten. Die Nichtigkeitssanktion des § 24 EheG setze voraus, daß ein Ehegatte zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in gültiger Ehe lebe; heirateten jedoch Ehepartner, die schon miteinander aufrecht verheiratet seien, habe dies nichts mit der Gültigkeit der Eheschließung zu tun. § 8 EheG, wonach niemand eine Ehe eingehen dürfe, bevor seine frühere Ehe für nichtig erklärt oder aufgelöst sei, stelle nur eine Ordnungsvorschrift dar, die durch § 13 der 1.DV zum EheG für bestimmte Fälle aufgelockert werde. Die in Deutschland geschlossene zweite Ehe führe daher nicht zur Nichtigkeit, sondern nur dazu, daß, wie dies auch das Erstgericht getan habe, die Ehe der Streitteile unter Bezugnahme auf beide erfolgten Eheschließungen zu scheiden sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil die zu beurteilenden Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Doppelehe der Streitteile an Bedeutung das vorliegende Verfahren überstiegen.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach § 16 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung. Beide Streitteile gehen übereinstimmend davon aus, daß die Form der Eheschließung eingehalten wurde. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers geht aus dem in Kopie vorgelegten "Marriage Certificate", das vom Gerichtsdolmetsch auch hinsichtlich der in chinesischer Schrift verfaßten Überschrift mit "Heiratsurkunde" übersetzt wurde, nichts Gegenteiliges hervor. Der linken Innenseite der Urkunde ist zu entnehmen, daß der nach chinesischem Eheschließungsrecht erforderliche Nachweis (der Angaben über die Personalien, Geburtsdatum, Volksgruppenzugehörigkeit, Zivilstand und anderes enthält und vom zuständigen Komitee als Voraussetzung für eine Eheregistrierung mit beschränkter Gültigkeit ausgestellt wird) für die Registrierung erbracht ist, während die rechte Seite den mit einem Doppelfoto beider Streitteile versehenen eigentlichen, von der Behörde gestempelten, datierten und unterfertigten Trauschein darstellt, mit dessen Empfangnahme die Ehe beginnt (siehe Bergmann/Ferid in Ehe‑ und Kindschaftsrecht VR China, 84 bis 86).

Die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und Aufhebung sind für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen (§ 17 Abs 1 IPRG). Diese Gesetzesstelle regelt nicht nur die sachlichen Ehevoraussetzungen, sondern auch die Rechtsfolgen ihrer Verletzung, und zwar alle Rechtsfolgen des maßgeblichen Rechtes, die an die Mißachtung sachlicher Voraussetzungen geknüpft sind. Über die Folgen der Verletzung materieller Ehevoraussetzungen entscheidet das "verletzte" Recht, also jenes Personalstatut, dessen Vorschriften nicht eingehalten wurden. Von der Wirkung einer derartigen Verletzung wird aber immer das gesamte Eheverhältnis erfaßt, unabhängig davon, ob die Verletzung beide Personalstatuten oder nur eines von ihnen betrifft (EvBl 1990/8). Zu den materiellen Voraussetzungen zählt auch die Ehemündigkeit. Die Bestimmungen des österreichischen und des für den Beklagten maßgeblichen chinesischen Rechtes sind einander daher gegenüberzustellen. Die Klägerin stand im Zeitpunkt der Heirat in der Volksrepublik China im 19.Lebensjahr, sie war daher nach ihrem Personalstatut bereits ehemündig. Nach jenem des Beklagten beträgt das vorgeschriebene Heiratsalter für den Mann die Erfüllung des 22., für die Frau des 20.Lebensjahres, wobei in der Volksrepublik China auf Eheschließungen eines chinesischen Bürgers mit einem Ausländer das Recht am Ort der Eheschließung angewendet, das Personalstatut des Ausländers also nicht berücksichtigt wird. Die Eheregisterbehörde hat vor Registrierung der Ehe ‑ nach Vorliegen des bereits erwähnten, auf einem amtlichen Formular zu erbringenden Nachweises ‑ zu überprüfen, ob die materiellen Voraussetzungen, auch die Befolgung des gesetzlichen Heiratsalters, gegeben sind. Entsprechen die Überprüfungen allen Anforderungen, wird die Heirat registriert und der Trauschein ausgestellt. Das chinesische Ehegesetz enthält keine Bestimmungen über die Nichtigkeit bzw Ungültigerklärung der Ehe. Falls die Eheregisterbehörde aber feststellt, daß die Parteien gegen das Ehegesetz verstoßen oder bei der Registrierung falsche Angaben gemacht und sich den Trauschein erschwindelt haben, hat sie die Eheschließung für nichtig zu erklären und die erschwindelten Trauscheine wieder einzuziehen. Eine Ehe, die vor Erreichen des Heiratsmindestalters geschlossen wurde, ist ebenfalls als ungültig aufzulösen. Wurde das Heiratsalter inzwischen erreicht, gilt die Ehe als gültig (Nachweise bei Bergmann/Ferid aaO 85 bis 87).

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß die in der Volksrepublik China geschlossene der Streitteile wegen der damals fehlenden Ehemündigkeit der Klägerin mit der Auflösung bedroht war, wäre deren unrichtig angegebenes Geburtsdatum richtiggestellt worden; eine (rückwirkende) Heilung wäre erst mit Erreichen der Ehemündigkeit der Klägerin nach chinesischem Recht eingetreten. Die in China geschlossene Ehe ist daher nunmehr in formeller und materieller Hinsicht als von Anfang an gültig anzusehen.

Den Vorinstanzen ist zuzustimmen, daß die in Deutschland geschlossene Ehe der Streitteile nicht als Doppelehe mit der in § 24 EheG normierten Nichtigkeitssanktion anzusehen ist. Voraussetzung hiefür wäre, daß einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in gültiger Ehe lebt. Die Wiederholung einer Eheschließung kann keine Doppelehe im Sinne des Gesetzes sein, sie bedeutet nur eine doppelte Eheschließung. Nach § 13 der 1.DV zum EheG steht das Verbot der Doppelehe (§ 8 EheG) einer Wiederholung der Eheschließung nicht entgegen, wenn die Ehegatten Zweifel an der Gültigkeit oder an dem Fortbestand ihrer Ehe hegen. Zweck dieser Bestimmung ist es, den Fortbestand der Ehe für die Zukunft zu sichern. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung genügen Zweifel an der Gültigkeit allein oder Zweifel am Fortbestand der Ehe allein. Solche Zweifel können bestehen, wenn die Ehe mit Nichtigkeit bedroht ist, aber auch, wenn kein ordnungsgemäßer Heiratseintrag besteht oder ein solcher zwar besteht, es aber den Ehegatten so gut wie unmöglich ist, sich einen Auszug oder eine Abschrift davon zu beschaffen. Der Zweifel ist in diesem Fall in der Tatsache begründet, daß das Fehlen des Nachweises der Ehe die Ehegatten immer wieder in Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten im Verkehr mit den Behörden bringt, denen sie ihre Ehe nachweisen müssen und die ihre Eheschließung in Frage stellen werden, bis sie nachgewiesen ist (ÖStA 1948, 24; Edelbacher in ÖStA 1956, 44 f). Gerade ein solcher Fall liegt nach den Feststellungen hier aber vor. Die in der Volksrepublik China geschlossene Ehe der Streitteile war jedenfalls zum Zeitpunkt der Wiederholung der Ehe für den Fall der Berichtigung des falsch angegebenen Geburtsdatums von der Auflösung und Einziehung des Trauscheines bedroht. Eine Übersetzung und Beglaubigung durch die österreichischen Vertretungsbehörden konnten die Streitteile nicht erwarten, weil das Geburtsdatum der Klägerin in der Heiratsurkunde von jenem im Ehefähigkeitszeugnis des Magistrates Salzburg beurkundeten abwich; ein Nachweis der Eheschließung, der Voraussetzung für die Einreise des Klägers und dessen Aufenthalt in Österreich gegenüber den österreichischen Behörden war, konnte daher nicht erbracht werden.

Die Streitteile haben nach den Feststellungen weder die erste noch die wiederholte Eheschließung zu dem Zweck vorgenommen, dem Beklagten Einreise und Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen, vielmehr wollten sie von vornherein hier die eheliche Gemeinschaft aufnehmen, was sie zwei Jahre hindurch bis zur Zerrüttung ihrer Ehe aus dem Verschulden des Beklagten auch tatsächlich getan haben. Die Nichtigkeit einer Ehe nach § 24 EheG setzt, auch wenn dieser Tatbestand von der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausdehnend nicht nur auf Fälle der Eheschließung zur unmittelbaren Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft, sondern auch zur Erlangung einer Aufenthalts‑ oder Beschäftigungsbewilligung angewendet wird, voraus, daß die Ehe ausschließlich zu einem solchen Zweck geschlossen wird, ohne daß die eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden soll. Die vor dem Standesamt Bad Reichenhall nur wiederholte Eheschließung der in der Volksrepublik China jedenfalls zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz formell und materiell gültigen Ehe ist daher mit keinem Nichtigkeitsgrund behaftet und äußert keinerlei rechtliche Wirkungen, auch wenn sich die Ehegatten mangels tauglicher Unterlagen über ihre erste Eheschließung tatsächlich nur auf die zweite Eheschließung berufen haben. Diese Ehe kann daher auch nicht geschieden werden, es ist aber im Spruch der Entscheidung auf die Wiederholung hinzuweisen, damit im Standesregister die notwendigen Eintragungen erfolgen können. Dies wollte auch das Berufungsgericht zum Ausdruck bringen, zur Verdeutlichung war dies auch im Spruch mit Maßgabebestätigung festzuhalten.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

 

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